Entscheidungsdatum: 20.06.2012
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 129,25 € festgesetzt.
Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten, mit dem sie zu Kosten für eine Maßnahme der Lebensmittelüberwachung herangezogen wurde. Bei der Überprüfung einer Bäckereifiliale der Klägerin am 27. Oktober 2009 stellte das Landesuntersuchungsamt Koblenz - Institut für Lebensmittelchemie - fest, dass dort lose vertriebene Backwaren unter der Bezeichnung "Nussecken mit Kuvertüre und kakaohaltiger Fettglasur" angeboten wurden. Mit Prüfbericht vom 25. November 2009 führte das Landesuntersuchungsamt aus, bei dem Überzug der Nussecken handele es sich um eine Mischung von Schokoladenkuvertüre mit kakaohaltiger Fettglasur. Damit entspreche die Überzugsmasse nicht den Anforderungen für Schokoladenkuvertüre nach der Verordnung über Kakao- und Schokoladenerzeugnisse (Kakaoverordnung) vom 15. Dezember 2003 (BGBl I S. 2738), sondern sei als kakaohaltige Fettglasur einzustufen. Nach Angaben der Klägerin betrug das Mischungsverhältnis 2/3 Kuvertüre und 1/3 kakaohaltige Fettglasur. Mit Bescheid vom 6. April 2010 informierte der Beklagte die Klägerin über das Untersuchungsergebnis und forderte sie auf, die Kennzeichnung der Nussecken entsprechend zu korrigieren. Zugleich machte der Beklagte Untersuchungskosten und Verwaltungsgebühren in Höhe von insgesamt 129,25 € geltend. Den Widerspruch der Klägerin wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2010 zurück. Auf die Klage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht Trier mit Urteil vom 17. Februar 2011 die beiden Bescheide aufgehoben. Der Kostenbescheid sei rechtswidrig, weil die Klägerin nicht gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften verstoßen habe; mit der Angabe "mit Kuvertüre und kakaohaltiger Fettglasur" komme zutreffend zum Ausdruck, dass es sich um Ausgangsprodukte für die Herstellung der Überzugsmasse handele. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 26. Oktober 2011 die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen. Die fragliche Bezeichnung sei irreführend im Sinne von § 11 Abs. 1 des Lebensmittel-und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB), weil sie den Eindruck erwecke, auf den angebotenen Backwaren befänden sich eigenständige Kuvertürebestandteile. Darüber hinaus verstoße die Angabe gegen Vorschriften der Kakaoverordnung.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts bleibt ohne Erfolg. Der Rechtssache kommt nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu.
Die von der Klägerin als klärungsbedürftig bezeichnete Frage,
ob bei Mischungen verschiedener Rohstoffe (hier: 2/3 Kuvertüre und 1/3 kakaohaltige Fettglasur) zur Herstellung von Überzügen die in den Leitsätzen für Feine Backwaren in der Fassung vom 8. Januar 2010 (Bundesanzeiger Nr. 16 vom 29. Januar 2010) in Kapitel I Nr. 8 nur beispielhaft angegebene Kennzeichnung "mit kakaohaltiger Fettglasur" verwendet werden muss oder ob nicht stattdessen auch eine Kennzeichnung der für die Herstellung der Überzüge verwendeten Ausgangsstoffe "Kuvertüre" und "kakaohaltige Fettglasur" zulässig ist,
wirft keine fallübergreifende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf.
Das Berufungsgericht hat für die Beurteilung, ob die Angabe "Nussecken mit Kuvertüre und kakaohaltiger Fettglasur" im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 LFGB irreführend ist, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschlüsse vom 5. April 2011 - BVerwG 3 B 79.10 - LRE 63, 110 und vom 18. Oktober 2000 - BVerwG 1 B 45.00 -Buchholz 418.711 LMBG Nr. 34) auf die Sicht eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abgestellt. Die darauf beruhenden berufungsgerichtlichen Feststellungen zur Verbrauchererwartung sind Teil der Tatsachenfeststellung und binden den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO, weil die Klägerin hiergegen keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen erhoben hat (vgl. Beschluss vom 5. April 2011 a.a.O. = juris Rn. 4 m.w.N.).
Die Beschwerde zeigt auch weder auf, dass die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen zur Verbrauchererwartung gegen allgemeine Erfahrungssätze verstoßen würden, noch dass dessen Annahme einer Irreführung im Sinne von § 11 Abs. 1 LFGB auf Rechtsfehlern beruhte, die eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache begründen könnten. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts weckt die streitige Bezeichnung bei dem durchschnittlichen Verbraucher die Vorstellung, auf den Nussecken befänden sich selbstständige Anteile sowohl von Kuvertüre als auch von kakaohaltiger Fettglasur; der Überzug sei indes eine einheitliche Masse, die sich aus einer Mischung von Kuvertüre und kakaohaltiger Fettglasur zusammensetze; die Produktangabe der Klägerin täusche über diesen Sachverhalt hinweg und sei daher irreführend; der verständige Durchschnittsverbraucher dürfe sich darauf verlassen, dass mit der Bezeichnung "Kuvertüre" ein hochwertiges Schokoladenerzeugnis im Sinne von Nr. 3 Buchst. b 2. Spiegelstrich der Anlage 1 zur Kakaoverordnung gemeint sei. Die Klägerin meint, die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts stehe in Widerspruch zu den Vorschriften über die Lebensmittelkennzeichnung, die einen Hinweis auf Lebensmittelzutaten auch dann erlaubten, wenn diese im Enderzeugnis nicht separat vorhanden seien. Damit stellt sie die Würdigung der Vorinstanz nicht durchgreifend in Frage. Zu Unrecht erweckt die Beschwerde den Eindruck, das Berufungsgericht habe ein "Verbot der Zutatenbenennung für unverpackte Lebensmittel" angenommen. Das Berufungsgericht hat die in Rede stehende Bezeichnung gerade nicht als Zutatenliste behandelt, sondern als Produktkennzeichnung im Sinne einer Verkehrsbezeichnung ("Nussecke") mit einer ergänzenden Angabe zur Art des Überzugs.
Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden; denn die von der Klägerin gewählte Bezeichnung enthält gerade keinen klarstellenden Hinweis darauf, dass mit der Aufzählung "Kuvertüre" und "kakaohaltige Fettglasur" lediglich im Überzug verarbeitete Zutaten benannt werden sollen. Deshalb führen auch weder die Ausführungen der Klägerin zur Zutatenkennzeichnung nach Art. 6, Art. 14 der Richtlinie 2000/13/EG vom 20. März 2000 über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln (ABl Nr. L 109 S. 29, zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 596/2009 vom 18. Juni 2009, ABl Nr. L 188 S. 14) weiter, noch kann sie für ihre Argumentation aus § 6 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung (LMKV) etwas herleiten, der für die Kennzeichnung der Zutaten von Lebensmitteln in Fertigpackungen vielmehr ausdrücklich bestimmt, dass der Aufzählung von Zutaten ein geeigneter Hinweis voranzustellen ist, in dem das Wort "Zutat" erscheint.
Es mag zutreffen, dass es sich bei dem Erzeugnis Kuvertüre um eine zusammengesetzte Zutat (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 LMKV) handelt, die im Zutatenverzeichnis von Fertigpackungen aufgezählt werden darf (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3, § 6 Abs. 2 Nr. 8 LMKV). Das schließt aber nicht aus, dass der Verbraucher durch eine Verwendung der Bezeichnung "Kuvertüre", wie sie hier in Rede steht, in die Irre geführt werden kann, weil er die Angabe "mit Kuvertüre und kakaohaltiger Fettglasur" nicht als Aufzählung von Zutaten für eine einheitliche Überzugsmasse versteht und sich deshalb falsche Vorstellungen über die Qualität des Überzugs macht. Hierbei hat das Berufungsgericht zu Recht in den Blick genommen, dass die Verwendung von Verkehrsbezeichnungen, die den von der Anlage 1 der Kakaoverordnung erfassten Erzeugnissen vorbehalten sind, einem besonderen Schutz unterliegt (vgl. § 3 Abs. 6, § 4 Nr. 1 KakaoV).
Entgegen dem Beschwerdevorbringen kann auch nicht die Rede sein von einer "gespaltenen Verkehrsauffassung im Irreführungsschutz zwischen verpackten und unverpackten Lebensmitteln". § 11 Abs. 1 Satz 1 LFGB verbietet generell, Lebensmittel unter einer irreführenden Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen oder für Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Aussagen zu werben. Hierbei unterscheidet die Norm nicht zwischen verpackten und unverpackten Lebensmitteln. Ob die bei einem Lebensmittel verwendete Bezeichnung, Angabe, Aufmachung, Darstellung oder sonstige Aussage über dessen Eigenschaften zur Täuschung des Verbrauchers geeignet und deshalb im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB als irreführend anzusehen ist, beurteilt sich stets nach den Umständen des konkreten Einzelfalls und unter Einbeziehung des Kontextes, in dem die Verwendung der Bezeichnung, Angabe etc. steht. Zu diesen Umständen zählt auch, dass die betreffende Produktaussage sich auf ein in nicht vorverpackter Form angebotenes Lebensmittel bezieht oder zur Beschreibung eines in Fertigpackungen abgegebenen Erzeugnisses dient.
Von einer weiteren Begründung seines Beschlusses sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.