Entscheidungsdatum: 08.02.2019
Die Klägerin wendet sich gegen die Kürzung der Betriebsprämie und des Marktentlastungs- und Kulturlandschaftsausgleichs (MEKA III) des Jahres 2012 wegen eines Verstoßes gegen die Kennzeichnungspflicht von Rindern. Sie hält Rinder in offener Herde (Mutterkuhhaltung), die nach ihren Angaben nur geschlachtet werden, soweit zur Bestandsregulierung und zum Erhalt der Herde notwendig. Die Tiere waren nicht durch Ohrmarken gekennzeichnet, wie dies in Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juli 2000 grundsätzlich vorgeschrieben ist. Vielmehr hat die Klägerin den Tieren Mikrochips injiziert, die mittels Lesegerät ausgelesen werden können. Die schuldhafte Nichteinhaltung der Kennzeichnungspflicht führt gegebenenfalls dazu, dass Betriebsinhaber, die die genannten Landwirtschaftssubventionen in Anspruch nehmen wollen, durch eine Kürzung dieser Beihilfen zu sanktionieren sind. Der Verwaltungsgerichtshof hat die gegen die Kürzung gerichtete Klage unter Änderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen.
Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und eine Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Dies ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO darzulegen. Erforderlich ist die Formulierung einer bestimmten, jedoch fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2018 - 3 B 25.17 [ECLI:DE:BVerwG:2018:290118B3B25.17.0] - juris Rn. 3 m.w.N.). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht.
a) Mit Frage Nr. 1, mit der die Klägerin geklärt wissen möchte,
ob das Landratsamt Zollernalbkreis den Rinderbestand der Klägerin bereits mit Schreiben vom 9. März 1999 mit sofortiger Wirkung von der Verpflichtung zur Kennzeichnung von Rindern mit Ohrmarken gemäß sekundärem Unionsrecht, konkret Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000, die erst zeitlich später ab dem 14. August 2000 galt, befreien und die Kennzeichnung der Rinder mit Transpondern genehmigen konnte,
ist eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage nicht aufgeworfen. Das angefochtene Urteil stützt sich nicht darauf, was (abstrakt) hätte genehmigt werden können, sondern darauf, was das Landratsamt (konkret) tatsächlich genehmigt hat. Bezogen auf die Auslegung des Schreibens des Landratsamts vom 9. März 1999 zeigt die Frage aber keinen - zumal über den Einzelfall hinausweisenden - rechtlichen Klärungsbedarf auf.
b) Entsprechend führen die Frage Nr. 2,
ob das Schreiben des Landratsamtes Zollernalbkreis vom 9. März 1999 so ausgelegt werden kann, dass der Rinderbestand der Klägerin von der Verpflichtung zur Kennzeichnung von Rindern mit Ohrmarken gemäß Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 erst zeitlich später, d.h. mit Beginn der Geltung dieser Verordnung, d.h. ab dem 14. August 2000 befreit und die Kennzeichnung der Rinder mit Transpondern genehmigt wurde,
die Frage Nr. 3,
ob es für eine rechtliche Einstufung des Schreibens des Landratsamtes Zollernalbkreis vom 9. März 1999 als Befreiung eines Rinderbestandes von der Kennzeichnungsverpflichtung von Rindern mit Ohrmarken gemäß Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 erforderlich war, dass im Wortlaut dieses Schreibens ausdrücklich eine Fördermittelunschädlichkeit der Entscheidung des Landratsamtes Zollernalbkreis erwähnt werden musste,
und die Frage Nr. 4,
ob das Schreiben des Landratsamtes Zollernalbkreis vom 9. März 1999 eine Befreiung von der Kennzeichnungsverpflichtung von sämtlichen bzw. nur weiblichen Rindern mit Ohrmarken gemäß Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 und eine Ausnahmegenehmigung der Kennzeichnung von sämtlichen bzw. nur weiblichen Rindern mit Transpondern für das Antragsjahr 2012 beinhalten kann, obwohl ein nachträglicher Befreiungsantrag bzgl. männlicher Rinder der Klägerin mit Bescheid des Landratsamtes Zollernalbkreis vom 4. März 2003 abgelehnt wurde und danach bis zum Antragsjahr 2012 kein neuer Antrag durch die Klägerin gestellt wurde,
nicht zur Zulassung der Revision. Sie bleiben der konkreten Auslegung des Schreibens des Landratsamtes und dem Einzelfall verhaftet, ohne einen darüber hinausweisenden, rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf darzutun.
c) Mit ihrer Frage Nr. 5 möchte die Klägerin wissen,
ob die rechtlichen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Kennzeichnungsverpflichtung von Rindern mit Ohrmarken und die Genehmigung der Kennzeichnung der Rinder mit Ohrmarken gemäß Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 bzw. gemäß § 45 Abs. 2 ViehVerkV bei einem Rinderbestand wie dem der Klägerin im Antragsjahr 2012 erfüllt sind.
Das betrifft keine für die Revisionsentscheidung ohne weiteres erhebliche Frage. Denn das angefochtene Urteil stützt sich entscheidungserheblich nicht darauf, dass eine andere Kennzeichnung als jene der Ohrmarken nicht hätte genehmigt werden können, sondern allein darauf, dass eine solche Genehmigung nicht gegeben war. Bei den Ausführungen dazu, dass im Übrigen die unionsrechtlichen Voraussetzungen für die Genehmigung einer anderen Kennzeichnung nicht vorliegen dürften, handelt es sich lediglich um ein obiter dictum. Zudem ist auch im Lichte des Beschwerdevorbringens nicht erkennbar, dass es sich bei der Rinderhaltung der Klägerin um eine Tierhaltung für sportliche oder kulturelle Veranstaltungen handeln könnte (Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 3 VO
d) Des Weiteren möchte die Klägerin mit Frage Nr. 6 geklärt wissen,
ob die jahrelange Duldung der alternativen Kennzeichnung der Rinder der Klägerin mit Transponderchips durch das Landratsamt Zollernalbkreis und die jahrelange Gewährung der Fördermittel, konkret der Einheitlichen Betriebsprämie (EBP) und des Marktentlastungs- und Kulturlandschaftsausgleichs (MEKA III) durch das Landratsamt Zollernalbkreis an die Klägerin eine konkludente Befreiung von der Kennzeichnungsverpflichtung von Rindern mit Ohrmarken gemäß Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 und eine Genehmigung der Kennzeichnung von Rindern mit Transpondern darstellt.
Mit dieser, auf den Fall der Klägerin abstellenden Frage ist eine fallübergreifende und allgemein klärungsfähige Rechtsfrage nicht aufgezeigt. Die diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerde beschränken sich in der Art einer Berufungsbegründung auf Angriffe gegen die Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung des angefochtenen Urteils.
e) Nichts anderes gilt schließlich für die Frage Nr. 7, mit der geklärt werden soll,
ob es ein vorsätzliches Handeln bzw. Unterlassen der Klägerin darstellt, dass sie ihre Rinder im Vertrauen auf das Schreiben des Landratsamtes Zollernalbkreis vom 9. März 1999 sowie die jahrelange Gewährung der Einheitlichen Betriebsprämie (EBP) und des Marktentlastungs- und Kulturlandschaftsausgleichs (MEKA III) mit Transponderchips gekennzeichnet hat.
f) Zur grundsätzlichen Bedeutung ihrer in der Beschwerdebegründung formulierten Zulassungsfragen verweist die Klägerin zusammenfassend darauf, mit diesen solle geklärt werden,
in welcher zeitlichen Abfolge bzw. unter welchen Voraussetzungen bzw. in welcher Weise Rinderbestände, wie der Rinderbestand der Beschwerdeführerin von der Verpflichtung zur Kennzeichnung von Rindern mit Ohrmarken - ab dem 14. August 2000 - gemäß Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 bzw. - ab dem 14. Juli 2007 - gemäß § 45 Abs. 2 ViehVerkV befreit werden können.
Wenngleich mit dieser Zusammenfassung für sich gesehen nicht die Zulassung der Revision begehrt wird, ist anzumerken, dass auch mit ihr eine konkret entscheidungserhebliche und zugleich rechtsgrundsätzlich bedeutsame Frage nicht in der erforderlichen Weise dargelegt ist.
2. Der geltend gemachte Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor. Der Verwaltungsgerichtshof war nicht verpflichtet, eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen. Ein nationales Gericht kann Fragen zur Auslegung des Unionsrechts, soweit es eine Entscheidung darüber für erforderlich hält, dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Entscheidung vorlegen. Es ist hierzu grundsätzlich aber nur verpflichtet, wenn seine Entscheidung selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden kann (Art. 267 Abs. 2 und 3 AEUV). Die hier statthafte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist ein Rechtsmittel in diesem Sinne, weshalb eine Verpflichtung zur Einholung einer Vorabentscheidung nicht bestand (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 2013 - 3 B 90.12 - juris Rn. 12 m.w.N.). Ein im Einzelfall denkbar längeres Verfahren durch eine Vorlage, die erst durch das letztinstanzliche Gericht erfolgt, ist im System des Art. 267 AEUV angelegt und rechtfertigt nicht, ausnahmsweise von einer Vorlagepflicht der Vorinstanz auszugehen. Abgesehen davon präzisiert die Klägerin auch nicht in der gebotenen Weise, welche Fragen das Berufungsgericht dem Gerichtshof der Europäischen Union aus ihrer Sicht zur Vorabentscheidung hätte vorlegen müssen (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.