Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 01.06.2015


BVerwG 01.06.2015 - 3 B 37/14

Rückforderung von Lastenausgleich vom Rechtsnachfolger


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
3. Senat
Entscheidungsdatum:
01.06.2015
Aktenzeichen:
3 B 37/14
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2015:010615B3B37.14.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend VG Berlin, 5. Februar 2014, Az: 9 K 349.13, Urteil
Zitierte Gesetze

Leitsätze

§ 349 Abs. 5 Satz 2 LAG ermöglicht die Rückforderung von Lastenausgleich auch von demjenigen, der den Schadensausgleich ohne angemessene Gegenleistung (hier: aufgrund einer Schenkung) von einem anderen, bereits zur Rückzahlung verpflichteten Empfänger der Ausgleichsleistung erlangt hat.

Gründe

1

Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung von Hauptentschädigung, die der Witwe des unmittelbar Geschädigten, Frau Eva B., für den Wegnahmeschaden an Grundvermögen in F., das der staatlichen Verwaltung der DDR unterlag, gewährt worden war. Nach der Wiedervereinigung übertrug Frau B. das Grundvermögen auf den Kläger. Die Auflassung erfolgte in einem notariellen Schenkungsvertrag vom 22. Januar 1991, die Eintragung des Klägers im Grundbuch erfolgte am 23. April 1993, nach dem Tod der Frau B., die im Mai 1992 von Frau Helga P. beerbt worden war. Wegen des Schadensausgleichs infolge der Beendigung der staatlichen Verwaltung nahm das Landesausgleichsamt Berlin den Kläger mit Leistungsbescheid vom 30. Mai 2013 auf Zahlung von 2 494,59 € in Anspruch. Die Klage hiergegen hat das Verwaltungsgericht mit der Begründung abgewiesen, der Kläger sei als (Einzel-)Rechtsnachfolger der Frau B. zur Rückzahlung verpflichtet. Es könne dahinstehen, ob die staatliche Verwaltung des Grundstücks bereits bei Abschluss des Schenkungsvertrages aufgehoben gewesen und der Schadensausgleich noch zu Lebzeiten der Frau B. eingetreten sei; jedenfalls sei er im Zeitpunkt der Eintragung in das Grundbuch in der Person des Klägers eingetreten. Es sei nicht erforderlich, dass zunächst Frau B. die Verfügungsgewalt wiedererlangt habe. Nach § 349 Abs. 5 Satz 2 des Lastenausgleichsgesetzes (LAG) könne neben dem Rückzahlungspflichtigen (hier: Frau B. oder deren Erben) der Rechtsnachfolger in Anspruch genommen werden, wenn er die Schadensausgleichsleistung ohne angemessene Gegenleistung erlangt habe. Das treffe auf den Kläger zu. Eine Auslegung des Schenkungsvertrages ergebe, dass ihm 1993 das Eigentum an dem geschädigten Grundstück unentgeltlich übertragen worden sei. Dass die Vorschrift des § 349 Abs. 5 Satz 2 LAG, die am 1. Januar 2000 in Kraft getreten sei, auch auf davor liegende Erwerbsvorgänge anwendbar sei, habe das Bundesverwaltungsgericht geklärt. Die Rückforderung sei schließlich nicht wegen des Zeitablaufs zwischen Schadensausgleich und Rückforderung ausgeschlossen.

2

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Die Beschwerde genügt nicht den Anforderungen, die § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung eines Grundes gemäß § 132 Abs. 2 VwGO stellt, der die Zulassung der Revision rechtfertigt.

3

Die Beschwerde bemängelt ausdrücklich und durchgängig eine vermeintlich fehlerhafte Anwendung des § 349 Abs. 5 LAG durch das Verwaltungsgericht. Das Gericht verkenne, dass das Lastenausgleichsgesetz den Eintritt des Schadensausgleichs bei derjenigen Person verlange, die den Lastenausgleich erhalten habe. Mit seiner anderslautenden Auffassung schaffe das Verwaltungsgericht einen neuen, nicht im Gesetz stehenden Haftungstatbestand. Diese Ausführungen halten dem Verwaltungsgericht indes lediglich Subsumtions- bzw. Rechtsanwendungsfehler vor, die als solche keinen Zulassungsgrund ausfüllen.

4

Die von der Beschwerde beanspruchte grundsätzliche, fallübergreifende Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist in keiner Weise dargelegt. Wenn die Beschwerde diese Bedeutung in dem Ziel sieht, mithilfe eines Revisionsverfahrens zu verhindern, dass ein außergesetzlicher Haftungstatbestand geschaffen werde, geht es ihr tatsächlich nur darum, die angefochtene Entscheidung zu korrigieren und eine aus ihrer Sicht zutreffende Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen auf ihren Einzelfall durchzusetzen. Das weist über die konkrete Rechtssache nicht hinaus. Unabhängig davon bietet der Fall keine Gelegenheit, durch eine höchstrichterliche Entscheidung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts beizutragen. Das Verwaltungsgericht hat sich im Ergebnis zu Recht auf § 349 Abs. 5 Satz 2 LAG gestützt. Nach dieser Bestimmung in der seit dem 1. Januar 2000 geltenden, auf den Fall des Klägers anwendbaren Fassung (Gesetz vom 16. Dezember 1999, BGBl. I S. 2422) kann ein Rechtsnachfolger des Rückzahlungspflichtigen in Anspruch genommen werden, wenn er die Schadensausgleichsleistung ohne angemessene Gegenleistung erlangt hat. Der Kläger ist Rechtsnachfolger eines der in § 349 Abs. 5 Satz 1 LAG legal definierten Rückzahlungspflichtigen. Er hat das Eigentum im April 1993 mit der Eintragung im Grundbuch von Frau P. als Alleinerbin der Empfängerin der Ausgleichsleistung (Frau B.) erworben. Diese hatte im Erwerbszeitpunkt bereits den Schadensausgleich erlangt. Denn gemäß § 11a Abs. 1 Satz 1 des Vermögensgesetzes war die staatliche Verwaltung über die entschädigten Grundstücke, die den Wegnahmeschaden begründete, mit Ablauf des 31. Dezember 1992 kraft Gesetzes beendet. Dass die Heranziehung eines Rechtsnachfolgers nicht vom Schadensausgleich schon in der Person des Empfängers des Lastenausgleichs abhängt, ergibt sich klar und deutlich aus dem Gesetz: Nach § 349 Abs. 5 Satz 1 LAG richtet sich die Rückforderung gegen Empfänger von Ausgleichsleistungen, deren Erben oder weitere Erben, soweit "diese oder deren Rechtsnachfolger“ die Schadensausgleichsleistung erlangt haben.

5

Die Revision ist auch nicht wegen Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Die Abweichungsrüge ist gleichfalls nicht ordnungsgemäß dargelegt worden. Die Beschwerde hat keine sich widersprechenden tragenden Rechtssätze aus der angefochtenen Entscheidung und dem herangezogenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Oktober 2008 - 3 C 10.08 - ( ZOV 2009, 45) herausgearbeitet und einander gegenübergestellt, wie es § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11. August 1999 - 11 B 61.98 - VIZ 2000, 27 <28> m.w.N. und vom 12. April 2012 - 3 B 68.11 - juris Rn. 7). Der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht habe fehlerhaft darauf abgestellt, dass der Schadensausgleich unmittelbar bei ihm als Rechtsnachfolger von Frau B. eingetreten sei und sich deshalb zu Unrecht auf die in Bezug genommene Passage der Senatsentscheidung vom 16. Oktober 2008 - 3 C 10.08 - (ZOV 2009, 45 <46>) gestützt, ist zwar berechtigt; denn das Verwaltungsgericht hat ausgeblendet, dass zunächst Frau P. als Erbin den Schadensausgleich erlangt hat und Rückzahlungspflichtige im Sinne von § 349 Abs. 5 Satz 1 LAG geworden ist. Jedoch macht die Beschwerde damit einen bloßen Rechtsanwendungsfehler geltend, der keine Abweichung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO begründet (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Mai 2011 - 3 B 8.11 - ZOV 2011, 143 <144> und vom 12. April 2012 - 3 B 68.11 - juris Rn. 7 m.w.N.) und der im Übrigen nichts daran ändert, dass das Verwaltungsgericht die Voraussetzungen des § 349 Abs. 5 Satz 2 LAG - wie gezeigt - im Ergebnis gleichwohl zutreffend bejaht hat.

6

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.