Entscheidungsdatum: 24.11.2017
Die Kläger begehren die verwaltungsrechtliche Rehabilitierung ihres Erblassers mit dem Ziel der Rückübertragung enteigneter Grundstücke.
Sie sind Erben oder Erbeserben des 1947 verstorbenen A. B. Dieser war Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft, der Betriebs- und Wohngrundstücke in N. bzw. P. gehörten. Diese Grundstücke wurden nach dem Krieg enteignet. Streitig ist, ob die Enteignung durch die sowjetische Besatzungsmacht oder die DDR erfolgte. Wegen der Enteignung beantragten die Kläger im Jahre 2001 die verwaltungsrechtliche Rehabilitierung. Der Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 30. April 2015 ab. Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht durch den angefochtenen Gerichtsbescheid abgewiesen. Die Klage sei mit dem auf Zurückübertragung der Grundstücke gerichteten Antrag mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Die Rehabilitierungsbehörde sei zu einer Rückgängigmachung der Enteignung rechtlich und faktisch nicht in der Lage. In Betracht komme nach § 1 Abs. 4 Satz 2 des Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (VwRehaG) nur die Feststellung der Rechtsstaatswidrigkeit der Enteignung. Es könne dahinstehen, ob der Klageantrag in einen solchen Antrag umgedeutet werden könne; denn eine solche Klage wäre unbegründet. Das Verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsgesetz sei jedenfalls gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 und 3 nicht auf einen solchen Enteignungssachverhalt anwendbar. Die Kläger seien auf das von ihnen bereits betriebene Verfahren nach dem Vermögensgesetz zu verweisen.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Es liegt keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vor, aus denen die Revision zugelassen werden kann. Dabei ist davon auszugehen, dass das Verwaltungsgericht dem Anliegen der Kläger mit der Umdeutung des von ihnen gestellten Klageantrags in einen Feststellungsantrag Rechnung getragen hat. Denn die Kläger haben mit der Beschwerde angekündigt, in einem zugelassenen Revisionsverfahren den Feststellungsantrag weiterverfolgen zu wollen.
1. Die sinngemäß geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt der Rechtssache nicht zu.
Die Beschwerde beruft sich insoweit auf aus Sicht der Kläger rechtsgrundsätzliche Fragestellungen "über die Anforderungen des Nachweises entscheidungserheblicher Feststellungen im Wirkungskreis angewendeter SMAD-Befehle". Sie macht geltend, die enteigneten Grundstücke könnten nicht Gegenstand einer besatzungshoheitlichen Enteignung geworden sein, weil eine solche nur im Zusammenhang mit dem SMAD-Befehl Nr. 154/181 vom 21. Mai 1946 habe stattfinden können. Das werde vom Bundesverwaltungsgericht nach wie vor verkannt. Im Fall der hier betroffenen Grundstücke zeigten die historischen Vorgänge, die die Beschwerde im Einzelnen schildert, dass keine wirksame Sequestrierung in diesem Sinne erfolgt sei. Auch aus anderen, vom Verwaltungsgericht nicht gewürdigten Dokumenten lasse sich herleiten, dass die Grundstücke nicht Gegenstand besatzungshoheitlicher Enteignung geworden seien. Es habe sich um einen ausgesprochenen Einzelfall gehandelt, auf den keine der zur Ausführung des SMAD-Befehls Nr. 64 erlassenen Richtlinien der Deutschen Wirtschaftskommission anwendbar gewesen sei. Vielmehr hätten die örtlichen Behörden ohne Wissen der Besatzungsmacht "ihre eigenen Dinge" gemacht.
Mit diesem Vortrag benennt die Beschwerde keine bestimmte fallübergreifende Rechtsfrage des revisiblen Rechts, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Vielmehr verlangt sie nach Art einer Berufungsbegründung eine erneute rechtliche Würdigung des historischen Sachverhalts im Sinne der Kläger. Dies ist dem Revisionsgericht jedoch verwehrt. Die Sachverhalts- und Beweiswürdigung ist den Instanzgerichten vorbehalten und nur auf Verfahrensmängel überprüfbar, die hier jedoch - wie zu zeigen ist - nicht vorliegen.
Abgesehen davon kann sich eine grundsätzliche Bedeutung nur mit Blick auf entscheidungserhebliche Rechtsfragen ergeben. Eine solche ist aus der Beschwerdebegründung nicht erkennbar. Nach der insoweit maßgeblichen Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts scheidet die von den Klägern verlangte Feststellung der Rechtsstaatswidrigkeit der Enteignung in jedem Fall nach § 1 Abs. 1 VwRehaG aus, weil die Enteignung entweder Satz 2 oder Satz 3 dieser Vorschrift unterfalle. Die Beschwerde beschäftigt sich hingegen nur damit, dass die Enteignung nicht auf besatzungshoheitlicher Grundlage erfolgt sein könne und daher, weil nicht zu den in § 1 Abs. 8 des Vermögensgesetzes erwähnten Fallgruppen gehörend, nicht gemäß § 1 Abs. 1 Satz 3 VwRehaG von der verwaltungsrechtlichen Rehabilitierung ausgeschlossen sei. Ob die Enteignung aber, diese Betrachtung unterstellt, dem gezielten Entzug eines Vermögensgegenstandes der Kommanditgesellschaft ohne Rücksicht auf die individuelle politische Gesinnung diente, damit vom Vermögensgesetz erfasst wird und gemäß Satz 2 der genannten Vorschrift nicht rehabilitiert werden kann (vgl. dazu Wysk, ZOV 2014, 126 <130 f., 135> mit Nachweisen aus der Rechtsprechung), wird von der Beschwerde weder thematisiert noch der Sache nach ausgeschlossen. Ein Fall nichtdiskriminierenden Vermögenszugriffs liegt aber gerade dann nahe, wenn man mit den Klägern verneint, dass die Enteignung eine besatzungshoheitliche Grundlage hatte. Das gestehen die Kläger letztlich zu, wenn sie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren - und der Sache nach auch in der Beschwerdebegründung (GA Bl. 179 ff.) - von einem der Besatzungsmacht nicht zurechenbaren "Enteignungsexzess" durch DDR-Behörden ausgehen. Daher kann nicht angenommen werden, dass die von der Beschwerde angesprochenen Fragen in einem Revisionsverfahren entscheidungserheblich wären.
2. Die Beschwerde rügt weiter einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz und eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, sinngemäß ferner Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung. Keiner dieser Mängel liegt vor.
a) Das Gericht verstößt gegen das Gebot des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen, wenn es von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, insbesondere Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Mai 2000 - 7 B 22.00 - ZOV 2000, 409 m.w.N.). Es trifft zwar zu, dass sich das Verwaltungsgericht mit dem dezidierten Vortrag und den Dokumenten, die belegen sollten, dass die für SMAD-Enteignungen zuständigen deutschen Stellen an dem Zugriff auf das Eigentum nicht beteiligt gewesen seien, nicht weiter befasst hat. Dadurch könnte das Gebot des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO allerdings nur verletzt worden sein, wenn es auf die von der Beschwerde bestrittene besatzungshoheitliche Grundlage der Enteignung ankäme. Wird die Enteignung dagegen, wie vom Verwaltungsgericht alternativ angenommen, vom Vermögensgesetz (§ 1 Abs. 7 VermG) erfasst, kommt es auf eine Würdigung der Tatsachen und Indizien, die aus Sicht der Kläger gegen eine besatzungshoheitliche Grundlage sprechen, nicht an.
b) Waren die in der Beschwerde enthaltenen Tatsachenschilderungen nicht entscheidungserheblich, liegt insofern auch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor. Dass das Verwaltungsgericht den Vortrag zur Kenntnis genommen hat, ergibt sich aus den Gründen des Gerichtsbescheids (GbA S. 3). Das ausdrückliche Offenlassen der rechtlichen Einordnung dieses Vortrags (GbA S. 5) kann deshalb nur dann eine Gehörsverletzung sein, wenn die Verneinung der Entscheidungserheblichkeit willkürlich wäre. Davon kann hier aber keine Rede sein, wie sich aus den Erwägungen zu 1 ergibt.
c) Entsprechend scheidet ein für die Revisionszulassung relevanter Fehler der Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts aus. Derartige Fehler sind revisionsrechtlich nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzurechnen (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 2. November 1995 - 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 18). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz anzunehmen, weil die angefochtene Entscheidung die Grenze einer objektiv willkürfreien, die Natur- und Denkgesetze sowie die allgemeinen Erfahrungssätze beachtenden Würdigung überschritten habe, kommt mit Blick auf die alternative Würdigung des Verwaltungsgerichts und den Vortrag der Beschwerde nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.