Entscheidungsdatum: 24.02.2016
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 19. Februar 2015 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 800 € festgesetzt.
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin bleibt ohne Erfolg. Der Rechtssache kommt nicht die von ihr behauptete grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu.
Die Klägerin wendet sich gegen eine Fahrtenbuchauflage. Mit dem auf sie zugelassenen Pkw wurde am 18. Februar 2009 ein Rotlichtverstoß begangen. Dazu wurde die Klägerin ausweislich zweier Datensatzauszüge in den Akten des Ordnungswidrigkeitenverfahrens mit Schreiben vom 9. März 2009 und vom 27. Mai 2009 angehört. Nachdem auf diese Schreiben keine Reaktion der Klägerin erfolgte, wurde das gegen sie eingeleitete Ordnungswidrigkeitenverfahren eingestellt; das wurde ihr mit Schreiben vom 4. Juni 2009 mitgeteilt und dort zugleich auf die Möglichkeit der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage hingewiesen. Mit Bescheid vom 29. Juni 2009 ordnete der Beklagte dann an, dass die Klägerin für die Dauer eines Jahres ein Fahrtenbuch zu führen habe. Ihr Widerspruch, zu dessen Begründung die Klägerin vortrug, keinerlei Anhörungsschreiben erhalten zu haben, weshalb sie an der Benennung des Fahrzeugführers nicht habe mitwirken können, wurde zurückgewiesen. Ihre Klage und die von ihr gegen die erstinstanzliche Klageabweisung eingelegte Berufung sind ebenfalls erfolglos geblieben. Zur Begründung führt das Berufungsgericht im Wesentlichen aus: Die Voraussetzungen des § 31a Abs. 1 StVZO für die Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, hätten vorgelegen. Die Feststellung des Fahrzeugführers sei nicht möglich gewesen, obwohl die Behörde alle nach den Umständen des Einzelfalls angemessenen und zumutbaren Maßnahmen zu dessen Ermittlung ergriffen habe. Die Klägerin berufe sich ohne Erfolg darauf, keinerlei Anhörungsschreiben erhalten zu haben. Davon, dass die in Rede stehenden Anhörungsschreiben schon nicht ordnungsgemäß zur Post gegeben worden seien, könne nicht ausgegangen werden. Der Senat sei von der ordnungsgemäßen Übersendung der Schreiben überzeugt. Die bei den Akten befindlichen Datensatzauszüge rechtfertigen den Schluss auf eine ordnungsgemäße Absendung. Der Senat sei auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller Umstände des vorliegenden Falles auch davon überzeugt, dass der Klägerin jedenfalls eines dieser Anhörungsschreiben tatsächlich zugegangen sei. Ob ein solcher Zugang für die Bejahung ausreichender behördlicher Ermittlungsmaßnahmen im Sinne von § 31a Abs. 1 StVZO überhaupt notwendig sei, könne danach offen bleiben. Diese Überzeugung des Senats ergebe sich aus folgenden Erwägungen: Die Behauptung der Klägerin, sie habe weder die beiden Anhörungsschreiben noch die Einstellungsnachricht vom 4. Juni 2009 erhalten, sei nicht glaubhaft. Nach dem Vorbringen der Klägerin solle nicht nur ein Schreiben, sondern sollten nacheinander innerhalb weniger Wochen gleich drei mit der richtigen Adresse versehene Schreiben nicht bei ihr angekommen sein, obgleich diese Schreiben auch nicht in den Postrücklauf geraten seien. Das widerspreche jeder Wahrscheinlichkeit. Der Senat gehe auf der Grundlage von Verlautbarungen in der Presse und eigener Erfahrung davon aus, dass das Postverlustrisiko "verschwindend gering" sei und sich die Verluste in einem "kaum messbaren Promillebereich" bewegten. Außerdem habe die Klägerin keinerlei Umstände vorgebracht, die ihr Vorbringen plausibel machten. Weder habe sie geltend gemacht, dass in der in Rede stehenden Zeit auch andere Postsendungen nicht bei ihr angekommen seien, noch habe sie besondere Umstände angegeben, die einen Zugang der Anhörungsschreiben verhindert haben könnten. Weitere Möglichkeiten, den Sachverhalt in Bezug auf den tatsächlichen Zugang der Schreiben bei der Klägerin näher aufzuklären, stünden dem Senat nicht zur Verfügung, nachdem die zunächst zum Termin gebetene Klägerin um die Entbindung von der Anordnung ihres persönlichen Erscheinens gebeten und dabei sinngemäß mitgeteilt habe, keine weiteren Angaben machen zu können.
1. Aus Sicht der Klägerin wirft das Verfahren zum einen die folgenden grundsätzlich zu klärenden Fragen auf:
Wen trifft im Rechtsstreit um die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage gemäß § 31a StVZO die Beweislast dafür, dass dem von der Maßnahme betroffenen Fahrzeughalter im vorausgegangenen Bußgeldverfahren wegen Verstoßes gegen eine Verkehrsvorschrift ein Anhörungsschreiben zugegangen ist? Ist das anders zu beurteilen, wenn es sich um mehrere Schreiben handelt?
Diese Fragen würden sich in dem von der Klägerin angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen; sie können daher nicht zu einer Revisionszulassung auf der Grundlage von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO führen. Entgegen der Fragestellung hat das Berufungsgericht gerade keine Beweislastentscheidung getroffen, sondern ist mit eingehender, auf die Umstände des Einzelfalls abstellender Begründung davon ausgegangen, dass die Behauptung der Klägerin unglaubhaft ist, keines der Anhörungsschreiben erhalten zu haben. Danach wäre, da gegen diese tatsächliche Feststellung des Berufungsgerichts keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen geltend gemacht werden, auch im Revisionsverfahren vom Zugang jedenfalls eines Anhörungsschreibens auszugehen.
2. Die weiteren von der Klägerin benannten Fragen rechtfertigen eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache ebenfalls nicht. Klärungsbedarf besteht nach Auffassung der Klägerin außerdem hinsichtlich der folgenden Fragen:
Welche Schlussfolgerungen sind daraus zu ziehen, wenn im Rechtsstreit um die Fahrtenbuchauflage der Zugang eines Anhörungsschreibens oder mehrerer Anhörungsschreiben nicht belegt werden kann? Darf dem Halter eines Kraftfahrzeuges die Führung eines Fahrtenbuches auch dann aufgegeben werden, wenn sich die für die Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten zuständige Behörde mangels anderweitiger erfolgversprechender Ermittlungsansätze auf die Übersendung von Anhörungsbögen und einer Fahreranfrage zu einer Kennzeichenanzeige beschränkt, der Halter aber in nicht zu widerlegender Weise behauptet, keines der ihm angeblich durch einfachen Brief übermittelten Behördenschreiben erhalten zu haben?
Auch insoweit gilt, dass auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts im Revisionsverfahren vom Zugang zumindest eines Anhörungsschreibens auszugehen wäre. Damit hat der Fahrzeughalter zugleich - anders als in der zweiten Teilfrage unterstellt wird - gerade nicht in nicht zu widerlegender Weise behauptet, keines der ihm durch einfachen Behördenbrief übermittelten Behördenschreiben erhalten zu haben. Die entsprechenden Angaben der Klägerin werden vom Tatsachengericht im vorliegenden Fall vielmehr als bloße Schutzbehauptung und unglaubhaft bewertet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG sowie Nr. 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.