Entscheidungsdatum: 16.03.2010
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 24. Juli 2008 - 6 Sa 530/08 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung für dem Kläger von seiner ehemaligen Arbeitgeberin gewährte Hausbrandleistungen und einen Zuschuss zum Anpassungsgeld einzustehen hat.
Der Kläger ist am 6. November 1956 geboren. Er war ab dem Jahr 1984 bei der D GmbH beschäftigt. Am 15. September 2006 schlossen der Kläger und seine Arbeitgeberin eine „Vereinbarung“, die ua. folgenden Wortlaut hat:
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„... |
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1. |
Herr A scheidet mit Ablauf des 30.11.2006 über die Gewährung von Anpassungsmaßnahmen bei D aus. |
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2. |
Für die Zeit vom 01.10.2006 bis 30.11.2006 wird D für Herrn A Transferkurzarbeitergeld nach § 216 b SGB III beantragen. Der Mitarbeiter stimmt der Kurzarbeit zu. |
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3. |
Als Zuschuss zum Transferkurzarbeitergeld zahlt D an Herrn A einen monatlichen Zuschuss in Höhe von EUR 300,-- brutto. |
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4. |
Es besteht Einvernehmen darüber, dass D die Differenz zwischen dem endgültigen ungekürzten Anpassungsgeld und dem festgelegten Garantiesatz in Höhe von EUR 1.350,-- brutto als monatlichen betrieblichen Zuschuss an Herrn A überweist. Dieser Betrag wird erstmalig für den Monat Dezember 2006 und letztmalig für den Monat November 2011 fällig. |
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5. |
Ein Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung besteht nicht. |
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8. |
Der Anspruch auf die Gewährung von Deputatkohle richtet sich dem Grunde und der Höhe nach nach den einschlägigen Tarifverträgen.“ |
Der Kläger ist Inhaber eines Bergmannsversorgungsscheins. Er erhält Anpassungsgeld vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle.
Die ehemalige Arbeitgeberin zahlte dem Kläger einen Zuschuss zum Anpassungsgeld von monatlich 448,35 Euro. Außerdem hat er ihr gegenüber Hausbrandkohle für das Jahr 2007 im Wert von 315,77 Euro geltend gemacht.
Über das Vermögen der D GmbH als ehemaliger Arbeitgeberin des Klägers hat das Amtsgericht Dortmund am 1. Juni 2007 das Insolvenzverfahren eröffnet.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Beklagte sei sowohl für die Hausbrandleistungen als auch für das Anpassungsgeld einstandspflichtig. Hinsichtlich der Hausbrandleistungen hat er deshalb für das Jahr 2007 315,77 Euro und hinsichtlich des Anpassungsgeldes für die Monate von Dezember 2006 bis September 2007 - unter Berücksichtigung gezahlter 900,00 Euro - 3.583,50 Euro verlangt.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an ihn 3.899,11 Euro nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. August 2007 aus 3.583,50 Euro und aus 315,77 Euro seit dem 14. Januar 2008 zu zahlen. |
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beklagte sieht sich nicht einstandspflichtig.
Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger den zuletzt gestellten Klageantrag weiter. Der Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.
Die Revision ist unbegründet. Der Beklagte ist nicht einstandspflichtig für Hausbrandleistungen, die die Arbeitgeberin an den Kläger zu erbringen hatte, und den Zuschuss zum Anpassungsgeld. Es liegen keine Leistungen der betrieblichen Altersversorgung vor, für die der Beklagte einstandspflichtig sein könnte.
I. Hinsichtlich des Begriffs der betrieblichen Altersversorgung sind folgende Grundsätze maßgebend:
1. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG handelt es sich um betriebliche Altersversorgung, wenn Leistungen der Alters-, der Invaliditäts- oder der Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugesagt sind. Die Zusage muss einem Versorgungszweck dienen und die Leistungspflicht nach dem Inhalt der Zusage durch ein im Gesetz genanntes biologisches Ereignis, nämlich Alter, Invalidität oder Tod ausgelöst werden. Erforderlich und ausreichend ist weiter, dass durch die vorgesehene Leistung ein im Betriebsrentengesetz angesprochenes biometrisches Risiko teilweise übernommen wird. Die Altersversorgung deckt einen Teil der „Langlebigkeitsrisiken“, die Hinterbliebenenversorgung einen Teil der Todesfallrisiken und die Invaliditätssicherung einen Teil der Invaliditätsrisiken ab. Die Risikoübernahme muss in einer Versorgung bestehen. Der Begriff der Versorgung ist weit auszulegen. Versorgung sind alle Leistungen, die den Lebensstandard des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Versorgungsfall verbessern sollen(vgl. BAG 28. Oktober 2008 - 3 AZR 317/07 - Rn. 21 ff., AP BetrAVG § 1 Nr. 56 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 92).
2. Bei der rechtlichen Beurteilung ist dabei darauf abzustellen, welches Ereignis die Versorgung auslöst, nicht darauf, aus welchem Grund die Zusage erteilt wurde. Es ist deshalb nicht Voraussetzung für betriebliche Altersversorgung, dass damit Betriebstreue belohnt wird, auch wenn dies regelmäßig der Fall ist(BAG 8. Mai 1990 - 3 AZR 121/89 - zu I 2 der Gründe, AP BetrAVG § 7 Nr. 58 = EzA BetrAVG § 7 Nr. 35). Der Leistungsbegriff des Betriebsrentengesetzes umfasst dabei nicht nur Geldleistungen, sondern auch Sach- und Nutzungsleistungen, insbesondere Deputate, selbst wenn derartige Leistungen auch den aktiven Arbeitnehmern gewährt werden (BAG 12. Dezember 2006 - 3 AZR 476/05 - Rn. 43, BAGE 120, 330).
3. Bei der Abgrenzung der vom Betriebsrentenrecht erfassten Risiken knüpft das Gesetz an die gesetzliche Rentenversicherung an. Das führt dazu, dass in anderen Versicherungszweigen der gesetzlichen Versicherung abgesicherte Risiken, insbesondere das der Arbeitslosigkeit und das der Krankheit sich von den Versorgungsrisiken des Betriebsrentenrechts unterscheiden(vgl. BAG 10. Februar 2009 - 3 AZR 653/07 - Rn. 19, EzA BetrAVG § 1 Betriebsvereinbarung Nr. 6). Auch eine reine Notlagenunterstützung - entsprechend dem Sozialhilferecht - ist keine Leistung der betrieblichen Altersversorgung (vgl. BAG 25. Oktober 1994 - 3 AZR 279/94 - AP BetrAVG § 1 Nr. 31 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 68).
Die Anknüpfung an das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung verlangt allerdings keinen vollen Gleichklang. Grundsätzlich ist in der Versorgungsordnung der Leistungsfall zu definieren. Der Regelungsgeber ist nicht gehalten, sich den Regeln der gesetzlichen Sozialversicherung anzuschließen und für die betriebliche Versorgung gleiche oder entsprechende Regeln aufzustellen(BAG 6. Juni 1989 - 3 AZR 401/87 - zu B 2 a der Gründe, AP BetrAVG § 1 Invaliditätsrente Nr. 8 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 53). Wie sich schon aus § 6 BetrAVG ergibt, ist es aber umgekehrt auch zulässig, wenn die Leistungsvoraussetzungen an die Rentenberechtigung aus dem Sozialversicherungsrecht anknüpfen, soweit dadurch Voraussetzungen definiert werden, die der Absicherung eines der genannten biometrischen Risiken dienen. Gleiches gilt, wenn an andere gesetzliche Regelungen angeknüpft wird.
II. Entsprechend diesen Grundsätzen stellen weder der Zuschuss zum Anpassungsgeld noch die Hausbrandleistung betriebliche Altersversorgung, für die der Beklagte einstehen müsste, dar.
1. Das gilt zunächst für den Zuschuss zum Anpassungsgeld.
a) Rechtsgrundlage für Anpassungsgeld im Bergbau sind die Richtlinien vom 25. Oktober 2005(BAnz. Nr. 218 vom 18. November 2005 S. 16032 f.). Der Zuschuss zum Anpassungsgeld ist eine daran geknüpfte Versorgungsleistung.
Eine an das Anpassungsgeld geknüpfte Versorgungsleistung deckt keines der im Betriebsrentengesetz angesprochenen biometrischen Risiken, insbesondere nicht das Altersrisiko, ab. Voraussetzung für die Gewährung von Anpassungsgeld ist nämlich(Nr. 3.2 der Richtlinie), dass der Arbeitnehmer wegen einer ministeriell genehmigten Stilllegungs- oder Rationalisierungsmaßnahme entlassen worden ist. Ebenso wie das aufgestockte Anpassungsgeld knüpft die betriebliche Versorgungsleistung deshalb nicht an das „Langlebigkeitsrisiko“ Alter, sondern den Verlust des Arbeitsplatzes und damit an das Risiko der Arbeitslosigkeit an. Dieses Risiko ist nicht im Betriebsrentengesetz angesprochen (BAG 10. Februar 2009 - 3 AZR 783/07 - Rn. 16 ff., AP BetrAVG § 1 Nr. 58). Letztlich geht es um die Überbrückung einer erwarteten Arbeitslosigkeit; dafür vorgesehene Leistungen sind keine betriebliche Altersversorgung (vgl. BAG 18. Mai 2004 - 9 AZR 250/03 - zu A der Gründe mwN, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 9).
b) Entgegen der Auffassung des Klägers liegt darin auch keine unzulässige Altersdiskriminierung. Das AGG gilt nicht, da es sich um die Anwendung von im Betriebsrentengesetz enthaltenen Regelungen handelt(§ 2 Abs. 2 Satz 2 AGG; BAG 11. Dezember 2007 - 3 AZR 249/06 - Rn. 22 ff., BAGE 125, 133). Auch Unionsrecht steht dem Ergebnis nicht entgegen:
Maßgeblich wären allenfalls die Grundsätze der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf(ABl. EG Nr. L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16), mit dem der nunmehr in Art. 21 Abs. 1 der Grundrechtscharta der Europäischen Union primärrechtlich gesicherte Grundsatz des Verbots der Diskriminierung wegen ua. des Alters konkretisiert wird (vgl. EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] ABl. EU Nr. C 63 vom 13. März 2010 S. 4).
Danach wäre die Festsetzung einer Altersgrenze als Voraussetzung für Alters- oder Invaliditätsleistungen zulässig, solange dies nicht zu Diskriminierungen wegen des Geschlechts führt(Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie). Eine mittelbare Anknüpfung an das Lebensalter durch die gesetzliche Abgrenzung der Leistungsrisiken des Beklagten als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung wäre danach erst recht zulässig.
Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage ist eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 234 EG-Vertrag bzw. Art. 267 AEUV entbehrlich(„acte clair“, zB EuGH 6. Oktober 1982 - C-283/81 - [C.I.L.F.I.T.] Slg. 1982, 3415, 3430 f.).
2. Ebenso wenig hat der Kläger Anspruch auf Hausbrandleistungen unter Voraussetzungen, die an die Abdeckung eines biometrischen Risikos nach dem Betriebsrentengesetz anknüpfen.
Der Kläger hat nicht behauptet, eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu erhalten. Ein Anspruch auf Leistung von Hausbrandkohle beruht deshalb entweder darauf, dass der Kläger Anpassungsgeld erhält oder dass er Bergmannsversorgungsscheininhaber ist. In beiden Fällen wird nicht an ein biometrisches Risiko angeknüpft. Soweit es um eine Anknüpfung an die Zahlung von Anpassungsgeld geht, gilt das oben(II. 1.) Gesagte. Aber auch soweit der Anspruch auf Hausbrand daran anknüpft, dass der Kläger Inhaber eines Bergmannsversorgungsscheins ist, ergibt sich nichts anderes.
Rechtsgrundlage für die Erteilung von Bergmannsversorgungsscheinen ist das „Gesetz über einen Bergmannsversorgungsschein im Land Nordrhein-Westfalen (Bergmannsversorgungsscheingesetz - BVSG NW)“ vom 20. Dezember 1983 (GV.NRW. S. 635), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Mai 2009 (GV.NRW. S. 299). Zielrichtung dieses Gesetzes ist - unabhängig von den Voraussetzungen für die Erteilung des Bergmannsversorgungsscheins (§ 2 BVSG NW) - die Eingliederung in das Arbeitsleben, insbesondere durch den besonderen Kündigungsschutz (§§ 10 ff. BVSG NW). Dementsprechend sieht das Gesetz keine besondere Altersvoraussetzung vor und knüpft deshalb nicht an das „Langlebigkeitsrisiko“ an. Das Gesetz kommt ferner Arbeitnehmern nicht zugute, die aufgrund ihrer Berufsunfähigkeit dem Arbeitsmarkt ohnehin nicht mehr zur Verfügung stehen (vgl. LSG NW 10. Januar 2007 - L 2 KN 180/04 -). Es dient damit auch nicht der Abdeckung des Invaliditätsrisikos.
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