Entscheidungsdatum: 27.07.2010
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 24. April 2008 - 15 Sa 1867/07 - aufgehoben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten der Revision an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger geschuldeten Abfindung. In diesem Zusammenhang sind sie rechtlich unterschiedlicher Auffassung darüber, ob die Beklagte auch auf die Abfindung anfallende steuerliche Belastungen zu tragen hat.
Der Kläger ist am 1. Juli 1950 geboren. Er trat mit Wirkung vom 1. November 1978 in die Dienste der Stadtwerke H. Das Arbeitsverhältnis ging auf die Beklagte, ein Versorgungsunternehmen auf kommunaler Ebene, über. Diese beschäftigte den Kläger bis zum 15. Dezember 2003 als Gaszählermonteur.
Das Ausscheiden des Klägers beruhte auf einem zwischen ihm, der Beklagten und der P GmbH (im Folgenden: Transfergesellschaft) abgeschlossenen dreiseitigen Vertrag vom 2. Dezember 2003. Dieser lautet auszugsweise wie folgt:
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„… |
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§ 1 |
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Ende des Anstellungsverhältnisses mit M |
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1. |
Die M hat am 02.12.2003 den Anstellungsvertrag außerordentlich aus betrieblichen Gründen gekündigt. Das Arbeitsverhältnis wird als Folge dieser Kündigung zum 15.12.2003 beendet. |
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… |
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§ 2 |
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Anstellungsverhältnis mit der Transfergesellschaft |
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Der Arbeitnehmer wird unmittelbar nach der Beendigung des Anstellungsvertrags mit M durch die Transfergesellschaft eingestellt. Der Arbeitsvertrag beginnt am 16.12.2003. Er ist befristet und endet mit dem Wegfall des Anspruchs auf Kurzarbeitergeld, spätestens am 30.11.2005, ohne dass es einer Kündigung bedarf. |
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… |
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§ 5 |
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Bezüge |
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1. |
Während der Verweildauer in der Transfergesellschaft hat der Arbeitnehmer - vorbehaltlich nachfolgend abweichender Regelung - Anspruch auf ein Bruttomonatsentgelt gem. § 4 II Ziff. 1, 2 des SOZIALPLANS. Dieser Anspruch entfällt für den Fall der strukturellen Kurzarbeit, zu deren Einführung der Arbeitnehmer bereits heute sein Einverständnis erteilt. In der Zeit der Kurzarbeit zahlt die Transfergesellschaft an den Arbeitnehmer indes einen Aufstockungsbetrag und weitere Leistungen gemäß § 3 Ziff. 3 der BV Transfergesellschaft. |
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… |
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§ 10 |
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Abfindung |
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Endet das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Transfergesellschaft mit Ablauf des befristeten Arbeitsverhältnisses, erhält der Arbeitnehmer von der Transfergesellschaft im Namen und im Auftrag der M eine Abfindung gemäß § 3 Ziff. 6 der BV Transfergesellschaft. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diese Betriebsvereinbarung verwiesen. |
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Wegen der Regelung zur Entstehung und Fälligkeit der Abfindung einschließlich der Modalitäten ihrer Auszahlung findet § 4 Ziff. IV des SOZIALPLANS entsprechende Anwendung. |
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… |
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§ 12 |
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Nebenabreden ... |
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1. |
Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Dies gilt auch für die Schriftformklausel selbst. Mündliche Nebenabreden wurden nicht getroffen. |
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… |
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3. |
Losgelöst davon findet die BV Transfergesellschaft ... Anwendung.“ |
Die in § 10 des dreiseitigen Vertrages in Bezug genommene „Betriebsvereinbarung Transfergesellschaft“ vom 2. Dezember 2003 (hiernach: BV 2003) lautet auszugsweise wie folgt:
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„§ 3 |
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Leistungen der Transfergesellschaft |
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… |
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3. |
Die Transfergesellschaft ist verpflichtet, jedem Mitarbeiter im Rahmen der Transfergesellschaft folgende Leistungen zu erbringen: |
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Dabei gelten folgende Begriffsbestimmungen: |
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Basis A umfasst die monatliche Tabellenvergütung nebst der garantierten individuellen Zulage (GIZ) auf der Basis eines Monatsbetrages und der 13. Monatsvergütung./. 12, berechnet auf der Grundlage des Monats August 2003 ... Außerdem sind Zulagen ... einzubeziehen. ... |
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Basis B umfasst die monatliche Tabellenvergütung nebst GIZ auf der Basis eines Monatsbetrages, berechnet auf der Grundlage des Monats August 2003. |
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… |
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6. |
Endet das Arbeitsverhältnis zwischen Mitarbeiter und Transfergesellschaft, erhält der Mitarbeiter von der Transfergesellschaft im Namen und für Auftrag der M nach Maßgabe der folgenden Regelungen. ... |
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a) |
Der Grundbetrag der Abfindung berechnet sich wie folgt: |
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0,9 x Basis B x Dauer der Betriebszugehörigkeit |
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Der Mindestbetrag der Abfindung beträgt 10.000 Euro (brutto). |
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Sofern der Mitarbeiter noch nicht das 53. Lebensjahr vollendet hat, erhält er mit Ausscheiden aus der Transfergesellschaft eine Abfindung in Höhe von 0,9 x Basis B x Dauer der Betriebszugehörigkeit abzüglich des für die Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses mit der Transfergesellschaft insgesamt gezahlten Kurzarbeitergeldes, der Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld (Aufstockungsbeträge), der Leistungen gemäß Ziff. 3 f) sowie der Vergütungsansprüche bei Urlaub und an Feiertagen. |
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… |
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Sofern der Mitarbeiter erst mit Ablauf der Befristung bei der Transfergesellschaft ausscheidet und das 53. Lebensjahr vollendet hat und einen Anspruch auf Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente mit Vollendung des 60. Lebensjahres hat, erhält er mit Ausscheiden aus der Transfergesellschaft eine Abfindung, die bis zum frühest möglichen Zeitpunkt für die Möglichkeit einer Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente die Differenz zwischen 85 % der Nettobeträge von Basis A und dem Arbeitslosengeld, sowie 15 % der anteiligen Abschläge auf den Zugangsfaktor der gesetzlichen Altersrente wegen vorzeitiger Inanspruchnahme sowie 20 % der wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Werkspension bzw. der ZKW-Rente auf Basis einer fiktiven Hochrechnung beim Rentenbeginn mit 60 eintretenden Nachteile, jeweils bezogen auf einen Zeitraum bis zum 80. Lebensjahr und mit 3 % als Rentenbarwert abgezinst, ausgleichen soll. Der Ausgleich der vorstehend genannten Nachteile wird abschließend zum Zeitpunkt des Abschlusses des dreiseitigen Vertrages und auf der Basis des zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechts unter Bezugnahme auf die Steuerkarte, die M am 01.08.2003 vorgelegen hat, berechnet. Dabei erfolgt die Berechnung nach Maßgabe einer Prognose auf der Grundlage der am Tage der Unterzeichnung dieser Betriebsvereinbarung geltenden Vorschriften und ihrer Handhabe durch die Verwaltung unter Berücksichtigung der Grundsätze, die in der Betriebsvereinbarung über vorzeitiges Ausscheiden aus dem Arbeitsleben vom 23.09.2003 festgelegt wurden. Spätere Anpassungen erfolgen nicht. Etwaige auf der Lohnsteuerkarte eingetragene Steuerfreibeträge oder ein Wechsel der Steuerklasse finden bei der Berechnung der Nettobeträge keine Berücksichtigung. Wegen der Kennzeichnung des Anspruchs auf Altersrente wird auf § 4 II 4 des SOZIALPLANS abgestellt. |
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b) |
Zuschläge zur Abfindung |
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Mitarbeiter, die das 53. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und gegenüber schwerbehinderten Kindern oder Kindern bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres, die auf der M im Monat der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorliegenden Steuerkarte eingetragen sind, erhalten einen Brutto-Zuschlag zur Abfindung in Höhe von 3.500 Euro pro unterhaltsberechtigtem Kind. |
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…“ |
Die ebenfalls in § 10 des dreiseitigen Vertrages in Bezug genommene Regelung des § 4 Nr. IV des Sozialplans vom 2. Dezember 2003 hat folgenden Wortlaut:
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„Entstehung, Fälligkeit und Abtretung der Abfindung |
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1. |
Der Abfindungsanspruch entsteht mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bzw. für den Fall einer Klage gegen die außerordentliche Kündigung aus betrieblichen Gründen oder den Aufhebungsvertrag mit dem Wirksamwerden einer Klagerücknahme oder der rechtskräftigen Abweisung der Klage. |
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2. |
Der Anspruch ist vier Wochen nach seiner Entstehung zur Zahlung fällig und wird nach den dann geltenden steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften bargeldlos ausgezahlt. |
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…“ |
Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Transfergesellschaft endete am 30. November 2005. Nach seinem Ausscheiden bezog der Kläger Leistungen der Arbeitslosenversicherung.
Die Transfergesellschaft errechnete unter dem 21. September 2005 zunächst den sich aus einer Bruttoabfindung von 48.829,63 Euro nach Abzug der Lohnsteuer ergebenden Nettobetrag. Diesen zahlte sie namens und im Auftrag der Beklagten an den Kläger aus. Die Lohnsteuer führte sie an das Finanzamt ab. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass das Arbeitslosengeld des Klägers niedriger war als das der Berechnung zugrunde gelegte, berechnete die Transfergesellschaft eine neue Bruttoabfindung iHv. 49.116,97 Euro und den sich daraus nach Abzug der Lohnsteuer ergebenden Nettobetrag. Die Differenz des Nettobetrages zahlte sie an den Kläger, die zusätzliche Lohnsteuer an das Finanzamt.
Mit Bescheid vom 24. Februar 2006 setzte das Finanzamt H die vom Kläger für das Jahr 2005 zu zahlende Einkommensteuer auf 6.396,00 Euro und den Solidaritätszuschlag auf 351,78 Euro fest. Unter Berücksichtigung der vorab einbehaltenen Lohnsteuer erstattete es dem Kläger 3.320,08 Euro.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, die von ihr geschuldete Abfindung netto an ihn zur Auszahlung zu bringen. Er hat sich dabei auf die Auslegung der BV 2003 berufen und behauptet, dies entspreche auch Aussagen auf Arbeitgeberseite, die im Zusammenhang mit seinem Ausscheiden bei der Beklagten gemacht worden seien.
Nachdem er einen angekündigten Feststellungsantrag zurückgenommen hatte, hat der Kläger zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.440,00 Euro netto nebst Zinsen zu zahlen. Das entsprach der auf den ursprünglich zugrunde gelegten Bruttobetrag der Abfindung entfallenden Lohnsteuer ohne Solidaritätszuschlag. Im Termin zur streitigen Verhandlung am 4. April 2007 hat der Kläger keinen Antrag stellen lassen. Daraufhin ist ein klageabweisendes Versäumnisurteil ergangen. Gegen dieses hat der Kläger Einspruch eingelegt mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.801,31 Euro netto, hilfsweise 1.946,47 Euro netto nebst Zinsen zu zahlen. Er hat diese Forderung darauf gestützt, die Beklagte sei nach § 3 Nr. 6 der BV 2003 verpflichtet, eine Abfindung ua. in Höhe der Nettodifferenz zwischen 85 % der Nettobeträge und dem Arbeitslosengeld der „Basis A“ zu zahlen. Der Einwand der Beklagten, sie sei nicht verpflichtet, für die mit dem Progressionsvorbehalt verbundenen steuerlichen Nachteile einzustehen, greife nicht. Die Entstehung der Steuern in der durch das Finanzamt festgesetzten Höhe sei unvermeidlich gewesen und habe in die Ermittlung der Abfindung einfließen müssen. Ohne die Progression wäre - so sein weiterer Vortrag - eine Steuererstattung iHv. 8.121,39 Euro erfolgt. Unter Zugrundelegung der tatsächlichen Erstattung von 3.320,08 Euro sei die Beklagte zur Zahlung eines Differenzbetrages von 4.801,31 Euro verpflichtet. Unter Berücksichtigung des Progressionsvorbehalts seien Steuern in Höhe von 1.946,47 Euro angefallen, die die Beklagte zu tragen habe.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
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unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 4. April 2007 |
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.801,31 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Dezember 2006 zu zahlen, |
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hilfsweise |
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.946,47 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Dezember 2006 zu zahlen. |
Die Beklagte hat beantragt, das klageabweisende Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
Sie hält die Abfindung für richtig berechnet.
Das Arbeitsgericht hat dem zuletzt gestellten Hauptantrag entsprochen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und das klageabweisende Versäumnisurteil aufrechterhalten. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.
I. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts beruht auf einem von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensfehler. Der Rechtsstreit ist deshalb an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 557 Abs. 3 Satz 2, § 562 ZPO). Das Landesarbeitsgericht hat übersehen, dass der Hauptantrag und dementsprechend der Inhalt des Urteilsausspruches unbestimmt sind (§ 253 Abs. 2 Nr. 2, § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO).
1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, dessen Voraussetzungen auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen sind (vgl. nur BGH 28. Januar 1994 - V ZR 90/92 - zu I der Gründe, BGHZ 125, 41), erfordert eine Klage „die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs“, da andernfalls unklar ist, über welchen Streitgegenstand sich eine Sachentscheidung verhält und damit der Umfang der Rechtskraft (§ 322 ZPO) des gerichtlichen Urteils nicht feststeht.
2. Diesen Anforderungen entspricht die Klage hinsichtlich des Hauptantrags nicht. Aus dem Sachvortrag des Klägers ergibt sich nicht, was er mit dem Antrag geltend macht, eine ihm zustehende Nettoabfindung - worauf seine Rechtsausführungen schließen lassen - oder - worauf seine zuletzt als maßgeblich in das Verfahren eingeführte Berechnung des Hauptantrags hindeutet - den Ausgleich von Nachteilen bei der Steuerprogression. Bei beidem handelt es sich jedoch um unterschiedliche Gegenstände.
Verlangt ein Arbeitnehmer einen Nettobetrag, so geht es darum, ob der Arbeitgeber im Innenverhältnis verpflichtet ist, den Arbeitnehmer von Abzügen, hier der im Lohnsteuerabzugsverfahren (§§ 38 ff. EStG) einzubehaltenden Steuern, freizustellen (BAG 25. Juni 2002 - 9 AZR 155/01 - zu I 1 a der Gründe, BAGE 101, 351). Der Arbeitgeber hat bei einer Nettolohnvereinbarung den gesamten vereinbarten Betrag an den Arbeitnehmer auszukehren, die hierauf entfallenden Abzüge selbst zu tragen und den für die Berechnung der Abzüge maßgeblichen Bruttobetrag durch „Abtastung“ bzw. Iteration zu ermitteln (vgl. BAG 29. September 2004 - 1 AZR 634/03 - zu II 1 b aa der Gründe, EzA EStG § 42d Nr. 2).
Demgegenüber betrifft die Steuerprogression die Frage, mit welchem Steuersatz das steuerpflichtige Einkommen zu versteuern ist (§ 32a EStG). Sie führt dazu, dass der Prozentsatz der Steuerpflicht umso höher ist, je höher das zu versteuernde Einkommen ist. Bezieht ein Steuerpflichtiger - wie der Kläger - auch Leistungen der Arbeitslosenversicherung, kommt zudem der Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG zum Tragen. Diese Leistungen sind zwar ihrerseits nicht steuerpflichtig, sie sind jedoch bei der Ermittlung des Steuersatzes, der auf steuerpflichtige Einnahmen zu zahlen ist, zu berücksichtigen. Der erhöhte Steuersatz wirkt sich nicht im Lohnsteuerabzugsverfahren durch den Arbeitgeber aus, sondern erst im Rahmen der jährlichen Veranlagung zur Einkommensteuer, zu deren Beantragung der Arbeitnehmer verpflichtet ist (§ 46 Abs. 2 Nr. 1, § 38a Abs. 1 Satz 1 EStG; vgl. zur Systematik BAG 25. Juni 2002 - 9 AZR 155/01 - zu I 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 101, 351 sowie 20. Mai 1999 - 6 AZR 451/97 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 91, 358).
3. Das Landesarbeitsgericht hat nicht geklärt, ob der Kläger mit dem Hauptantrag entsprechend einer Nettolohnvereinbarung eine restliche Abfindungszahlung in Höhe der im Lohnsteuerabzugsverfahren einbehaltenen Lohnsteuer - bzw. einen Teilbetrag hiervon - geltend macht oder ob er den Ausgleich der mit dem Progressionsvorbehalt verbundenen Nachteile begehrt. Das führt jedoch nicht zur Abweisung des Hauptantrags als unzulässig in der Revisionsinstanz. Nachdem die mangelnde Angabe des Gegenstandes des Anspruchs bislang in den Tatsacheninstanzen keine Rolle gespielt hat, ist dem Kläger die Möglichkeit zu geben, nach einer Zurückverweisung die notwendigen Klarstellungen vorzunehmen. Denn das Landesarbeitsgericht hätte den Hauptantrag ohne Hinweis nach § 139 ZPO nicht als unzulässig abweisen dürfen (vgl. BGH 20. Februar 1997 - I ZR 13/95 - zu II 3 der Gründe, BGHZ 135, 1).
4. Da über den Hauptantrag nicht entschieden werden kann, stellt sich die Frage einer Entscheidung über den Hilfsantrag nicht.
II. Für das weitere Verfahren im Falle der Zulässigkeit des Hauptantrags weist der Senat auf Folgendes hin:
Maßgeblich für die Berechnung des Anspruchs des Klägers sind - wie es auch in § 10 des dreiseitigen Vertrages vom 2. Dezember 2003 niedergelegt ist - die BV 2003 sowie der am selben Tag abgeschlossene Sozialplan. Dabei handelt es sich um kollektive Regelungen, deren Auslegung auch dem Revisionsgericht obliegt. Maßgeblich ist auf den im Wortlaut zum Ausdruck gelangten Willen der Betriebsparteien abzustellen. Zudem ist der von diesen beabsichtigte Sinn und Zweck der Regelung zu berücksichtigen, soweit diese in den Regelungen des Sozialplans bzw. der Betriebsvereinbarung ihren Niederschlag gefunden haben (vgl. BAG 21. Februar 2008 - 6 AZR 281/07 - Rn. 65 f.). Danach schuldet die Beklagte dem Kläger die Abfindung nach § 3 Nr. 6 BV 2003 als Nettobetrag. Sie ist jedoch nicht verpflichtet, aufgrund des Progressionsvorbehalts entstehende Nachteile auszugleichen.
1. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts schuldet die Beklagte die Abfindung als Nettoabfindung, nicht als Bruttoabfindung. Die Beklagte ist daher verpflichtet, durch Übernahme der im Lohnsteuerabzugsverfahren ermittelten Lohnsteuer die Auszahlung des Nettobetrages an den Kläger sicherzustellen.
a) Grundsätzlich schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Bruttobeträge (BAG 21. Juli 2009 - 1 AZR 167/08 - Rn. 14, EzA BGB 2002 § 611 Nettolohn, Lohnsteuer Nr. 4). Der Arbeitgeber ist zwar gegenüber den Finanzbehörden im Rahmen der ihm obliegenden Haftung Gesamtschuldner mit dem Arbeitnehmer (§ 42d Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 EStG). Im Innenverhältnis ist aber in der Regel allein der Arbeitnehmer Schuldner der Steuerforderung (BAG 29. September 2004 - 1 AZR 634/03 - zu II 1 b aa der Gründe, EzA EStG § 42d Nr. 2). Der Arbeitnehmer muss daher grundsätzlich auch steuerlich berechtigte Abzüge hinnehmen (BAG 24. Juni 2003 - 9 AZR 302/02 - zu A II 2 c aa der Gründe, BAGE 106, 345). Die Abzugsberechtigung folgt für Abfindungen, die - wie hier - ein Arbeitgeber an den Arbeitnehmer als Entschädigung anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlt, aus § 34 Abs. 2 Nr. 2 iVm. § 24 Nr. 1 Buchst. b und § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG.
Im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gilt dann etwas anderes, wenn sich das aus den für das Arbeitsverhältnis geltenden Regelungen ergibt (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 1 AZR 167/08 - Rn. 15, EzA BGB 2002 § 611 Nettolohn, Lohnsteuer Nr. 4), denn das Steuerrecht sagt nichts darüber aus, welche Partei des Arbeitsverhältnisses zivilrechtlich verpflichtet ist, die Steuer wirtschaftlich zu tragen (vgl. BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 628/04 - Rn. 17, AP EStG § 40a Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 611 Nettolohn, Lohnsteuer Nr. 2). Ob ein Nettoentgelt zu zahlen ist, muss durch Auslegung der maßgeblichen Regelungen ermittelt werden (BAG 21. November 1985 - 2 AZR 6/85 - zu II 4 e der Gründe, RzK I 9 j Nr. 2). Nettolohnvereinbarungen sind nicht die Regel, sondern die Ausnahme (BAG 19. Februar 2008 - 3 AZR 61/06 - Rn. 25, AP BetrAVG § 1 Nr. 52 = EzA BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 9). Sie müssen einen entsprechenden Willen klar erkennen lassen (BAG 29. September 2004 - 1 AZR 634/03 - zu II 1 b aa der Gründe, EzA EStG § 42d Nr. 2). Das gilt auch, wenn es - wie hier - um die Auslegung einer Betriebsvereinbarung geht (BAG 27. April 2000 - 6 AZR 754/98 - zu 3 a der Gründe).
b) Danach haben die Betriebsparteien hier eine Nettoabfindung vereinbart.
aa) Für den Abfindungsanspruch des Klägers ist § 3 Nr. 6 Buchst. a BV 2003 maßgeblich. Der Kläger ist erst mit Ablauf der Befristung bei der Transfergesellschaft ausgeschieden. Er hatte bei seinem Ausscheiden am 30. November 2005 das 53. Lebensjahr vollendet, da er am 1. Juli 1950 geboren wurde, und ein Recht auf Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente mit Vollendung des 60. Lebensjahres (§ 237 Abs. 1 SGB VI).
bb) Nach § 3 Nr. 6 Buchst. a BV 2003 erhält der Kläger eine Abfindung, die bis zum frühestmöglichen Zeitpunkt der Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente die Differenz zwischen 85 % der Nettobeträge von Basis A und dem Arbeitslosengeld sowie näher bezeichnete Nachteile in der Altersversorgung ausgleichen soll. Eine ausdrückliche Regelung, ob der so errechnete Betrag brutto oder netto zu leisten ist, enthält die BV 2003 nicht. Das unterscheidet diese Vorschrift von der Bestimmung über den Mindestbetrag der Abfindung, bei dem ausdrücklich vorgesehen ist, dass er in Höhe von 10.000,00 Euro brutto zu zahlen ist. Eine ausdrückliche Bruttoregelung enthält auch Buchst. b der genannten Vorschrift hinsichtlich des Zuschlags für jedes unterhaltsberechtigte Kind. Gleichwohl ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut des § 3 Nr. 6 Buchst. a BV 2003 als auch aus dessen Sinn und Zweck, dass der zugunsten des Klägers errechnete Betrag netto zu zahlen ist.
(1) Nach dem Wortlaut der Vorschrift soll die Abfindung die dort näher bezeichneten Nachteile „ausgleichen“. Anders als bei der Regelung für Mitarbeiter, die noch nicht das 53. Lebensjahr vollendet haben und deshalb nicht rentennah sind - dort ist lediglich eine Abfindungsformel vereinbart -, ist der von den Betriebsparteien gewollte Zweck der Abfindung, nämlich die genannten Nachteile auszugleichen, ausdrücklich und besonders hervorgehoben. In erster Linie berücksichtigt die Regelung den Unterschied zwischen 85 % des Nettoeinkommens nach Basis A und dem Arbeitslosengeld. Das zielt auf den Ausgleich eines sich netto errechnenden Nachteils. Die Bestimmung legt daher nicht lediglich fest, dass sich die Abfindung nach den in ihr genannten Berechnungsgrundlagen errechnet. Sie soll vielmehr eine bestimmte Nettovergütungsdifferenz ausgleichen. Das kann nur so geschehen, dass dem Arbeitnehmer der Nettodifferenzbetrag tatsächlich verbleibt. Dies erfordert die Zahlung der Abfindung als Nettobetrag.
(2) Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 4 Nr. IV 2 des Sozialplans vom 2. Dezember 2003. Diese nach dem dreiseitigen Vertrag geltende Regelung besagt lediglich, dass die Auszahlung nach den zum Fälligkeitszeitpunkt geltenden steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften zu erfolgen hat. Auch wenn eine Nettovereinbarung getroffen ist, bedarf es einer Regelung darüber, welche Vorschriften einschlägig sind, um die Auszahlung als Nettobetrag sicherzustellen. Nur so kann der entsprechende Bruttobetrag ermittelt werden.
(3) Es spricht nicht entscheidend gegen den Charakter der Leistung als Nettoabfindung, dass einige der Berechnungsfaktoren, insbesondere die Regelung über den Ausgleich von Nachteilen bei der Betriebsrente sowie die vergleichsweise heranzuziehende Regelung über die Mindestabfindung auf Bruttobeträge abstellen. Mit der Regelung soll sichergestellt werden, dass in jedem Fall die Differenz zwischen 85 % der Nettobeträge von Basis A und dem Arbeitslosengeld ausgeglichen wird. Ein Vergleich mit der brutto geschuldeten Mindestabfindung ist ohne Weiteres möglich. Auch bei der Auszahlung eines Nettobetrages ist immer der sich daraus ergebende Bruttobetrag zu errechnen, um die vom Arbeitgeber zu tragende Steuerlast zu ermitteln.
2. Hingegen finden sich in den genannten Regelungen keinerlei Hinweise darauf, dass die Beklagte verpflichtet sein soll, Progressionsnachteile - mögen sie durch den Progressionsvorbehalt oder aus sonstigen Gründen entstehen - auszugleichen. Dagegen spricht schon, dass nach § 3 Nr. 6 Buchst. b BV 2003 auch bei der Berechnung des der Abfindung zugrunde liegenden Nettonachteils individuelle Umstände, die durch die Eintragung eines Steuerfreibetrages beim Lohnsteuerabzugsverfahren Berücksichtigung gefunden haben (dazu § 39a EStG), keine Rolle spielen sollen. Es wäre systemwidrig, würden die Betriebsparteien derartige individuelle Umstände und dadurch entstehende Nachteile im Zusammenhang mit der jährlichen Festsetzung der Einkommensteuer bei der Berechnung der Abfindung berücksichtigen wollen.
3. Das Landesarbeitsgericht wird, soweit es noch darauf ankommen sollte, auch zu klären haben, was Gegenstand und Grund des Hilfsantrags sind. Weitere Hinweise hierzu erscheinen nicht veranlasst.
III. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Gräfl |
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Zwanziger |
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Schlewing |
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für den wegen Ablaufs der Amtszeit |
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Schmidt |
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