Entscheidungsdatum: 25.06.2013
Auf die Revision der Beklagten wird das Zwischenurteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. November 2010 - 8 Sa 336/10 - aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Betriebsrente und dabei vorab über die Zulässigkeit der Klage.
Die Beklagte ist die Konzernobergesellschaft der B-Gruppe. Sie hat ihren Sitz in Princeton, USA. Über eine Reihe von ausländischen Gesellschaften betreibt die Beklagte weltweit Sprachschulen unter dem Markenzeichen „B“. Dieses Geschäftsfeld der „B L Services“ ist räumlich in verschiedene Regionen der Welt unterteilt, ua. die „European Division“. Bei der „European Division“ handelt es sich um eine organisatorische Zusammenfassung der einzelnen rechtlich selbständigen Ländergesellschaften des Konzerns in Europa und den angrenzenden Ländern. Das „European Division Headquarter“ nimmt für diese Konzerngesellschaften Koordinierungs- und Unterstützungsaufgaben wahr. Zu der „European Division“ gehört auch die in Deutschland tätige B D GmbH, deren alleinige Gesellschafterin die B I Corporation - eine Tochtergesellschaft der Beklagten - ist. Die B D GmbH hatte ihren Sitz ursprünglich in Eschborn und hat ihn jetzt in Frankfurt am Main. Das „European Division Headquarter“ befindet sich in den Räumlichkeiten der B D GmbH.
Der Kläger stand von Anfang 1984 bis Ende 2009 in einem Arbeitsverhältnis mit der B D GmbH. Er leitete zuletzt bis zu seiner Freistellung Mitte September 2001 als „Division Vice President Europe“ das „European Division Headquarter“. Sein Gehalt erhielt er von der B D GmbH. Die anderen im „European Division Headquarter“ tätigen Mitarbeiter waren ebenfalls bei der B D GmbH angestellt.
Die Beklagte sagte dem Kläger am 1. Januar 1996 eine Altersversorgung nach einem „Supplemental Executive Retirement Plan“ (im Folgenden: Pensionsplan) zu. Nach Art. II Ziff. 1 des Pensionsplans können in diesen die leitenden Angestellten der Beklagten oder ihrer Tochtergesellschaften aufgenommen werden. Art. VII Ziff. 6 des Pensionsplans sieht vor, dass der Pensionsplan und seine Auslegung den Gesetzen des Bundesstaates New York unterliegt.
Der Kläger schloss im Januar 2000 mit der B D GmbH eine Altersteilzeitvereinbarung. Im September 2001 kündigte die B D GmbH das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31. März 2002. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage des Klägers war in beiden Instanzen erfolgreich. Ebenfalls Mitte September 2001 kündigte die Beklagte ein Beschäftigungsverhältnis mit dem Kläger als „Vice President“. Die gegen diese Kündigung gerichtete Klage des Klägers wurde rechtskräftig als unzulässig abgewiesen.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Zahlung einer monatlichen Betriebsrente.
Der Kläger hat geltend gemacht, die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte sei gegeben. Die Beklagte besitze im Zuständigkeitsbereich des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main eine Niederlassung. Zumindest habe sie einen entsprechenden Rechtsschein erweckt. Zudem unterhalte sie in Frankfurt am Main das „European Division Headquarter“. Jedenfalls sei die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte durch den besonderen Gerichtsstand des Vermögens und des Erfüllungsortes gegeben.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn beginnend ab dem 1. November 2009 monatlich 7.179,33 Euro zu zahlen. |
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Klage sei unzulässig. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte sei nicht gegeben. Jedenfalls habe der Kläger sein Klagerecht verwirkt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat durch Beschluss vom 10. November 2010 angeordnet, dass über die Zulässigkeit der Klage abgesondert verhandelt wird. Durch Zwischenurteil hat es die Zulässigkeit der Klage festgestellt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.
Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Zwischenurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO). Auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob die Klage zulässig ist. Hierzu bedarf es weiterer tatrichterlicher Feststellungen und Würdigungen.
I. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht angenommen werden. Ob die deutschen Gerichte für den Rechtsstreit zuständig sind, bedarf noch weiterer Aufklärung.
1. Die internationale Zuständigkeit folgt grundsätzlich der örtlichen Zuständigkeit nach den §§ 12 ff. ZPO. Fällt ein Rechtsstreit nach den §§ 12 ff. ZPO in die örtliche Zuständigkeit eines deutschen Gerichts, ist die internationale Zuständigkeit regelmäßig indiziert und sind die deutschen Gerichte auch im Verhältnis zu einem ausländischen Gericht zuständig. Allerdings sind bei der Beurteilung der internationalen Zuständigkeit insbesondere die Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) zu beachten. Die EuGVVO ist seit ihrem Inkrafttreten am 1. März 2002 in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar. Sie geht nationalem Recht im Rang vor (BAG 20. Dezember 2012 - 2 AZR 481/11 - Rn. 19; 8. Dezember 2010 - 10 AZR 562/08 - Rn. 15; 24. September 2009 - 8 AZR 306/08 - Rn. 26, BAGE 132, 182).
2. Der sachliche Anwendungsbereich der Verordnung nach Art. 1 Abs. 1 Satz 1 EuGVVO ist eröffnet. Danach gilt die EuGVVO mit Ausnahme der in Art. 1 Abs. 2 EuGVVO ausdrücklich angegebenen Rechtsbereiche für alle Rechtsstreitigkeiten in Zivil- und Handelssachen. Bei den vom Kläger geltend gemachten Ansprüchen aus dem Pensionsplan handelt es sich um eine zivilrechtliche Streitigkeit.
3. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach der EuGVVO könnte sich vorliegend nur aus Art. 19 Nr. 1 iVm. Art. 18 Abs. 2 EuGVVO ergeben. Ob die Voraussetzungen dieser Bestimmungen gegeben sind, kann der Senat auf der Grundlage der bisherigen tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend entscheiden.
a) Nach Art. 19 Nr. 1 EuGVVO kann ein Arbeitgeber vom Arbeitnehmer vor den Gerichten des Mitgliedstaates verklagt werden, in dem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat. Die Anwendbarkeit dieser Bestimmung setzt voraus, dass Gegenstand des Verfahrens ein individueller Arbeitsvertrag oder Ansprüche aus einem individuellen Arbeitsvertrag sind (Art. 18 Abs. 1 EuGVVO; vgl. EuGH 19. Juli 2012 - C-154/11 - [Mahamdia] Rn. 10). Gesellschaften und juristische Personen haben ihren Wohnsitz an dem Ort, an dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung befindet (Art. 60 Abs. 1 EuGVVO). Darüber hinaus bestimmt Art. 18 Abs. 2 EuGVVO, dass derjenige Arbeitgeber, der mit dem Arbeitnehmer einen individuellen Arbeitsvertrag geschlossen hat und der im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung besitzt, für Streitigkeiten aus deren Betrieb so behandelt wird, als hätte er seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates. Für diesen Fall setzt die EuGVVO eine Niederlassung dem Wohnsitz gleich. Folglich kann nach Art. 19 Nr. 1 EuGVVO der „externe“, nicht in einem Mitgliedstaat ansässige Arbeitgeber in dem Mitgliedstaat verklagt werden, in dem er seine Niederlassung hat, sofern Streitigkeiten aus ihrem Betrieb vorliegen (vgl. BAG 13. November 2007 - 9 AZR 134/07 - Rn. 71, BAGE 125, 24).
b) Die Beklagte hat ihren Sitz in den USA und nicht in einem Mitgliedstaat. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach Art. 19 Nr. 1 iVm. Art. 18 EuGVVO kann daher nur gegeben sein, wenn zwischen den Parteien ein Arbeitsvertrag bestanden hat, Gegenstand des Verfahrens Ansprüche aus diesem sind, die Beklagte in der Bundesrepublik Deutschland eine Niederlassung iSd. Art. 18 Abs. 2 EuGVVO unterhält und den Gegenstand des Rechtsstreits eine Streitigkeit aus dem Betrieb dieser Niederlassung bildet. Auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts konnte das Landesarbeitsgericht nicht davon ausgehen, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.
aa) Die Anwendung des Art. 19 Nr. 1 iVm. Art. 18 Abs. 2 EuGVVO scheitert allerdings nicht schon daran, dass der Kläger Ruhegeldleistungen aus einem Pensionsplan einklagt. Auch bei diesen kann es sich um Ansprüche „aus einem individuellen Arbeitsvertrag“ iSd. Art. 18 Abs. 1 EuGVVO handeln. Nach seinem unmissverständlichen Wortlaut schränkt Art. 18 Abs. 1 EuGVVO die Art der arbeitsvertraglichen Ansprüche nicht ein. Die Regelung erfasst daher individualrechtliche Ansprüche aller Art aus dem Arbeitsverhältnis (Hk-ZPO/Dörner 5. Aufl. Artikel 18 EuGVVO Rn. 4; Däubler NZA 2003, 1297, 1299) einschließlich Ansprüche aus bereits beendeten Arbeitsverhältnissen (Musielak/Stadler ZPO 10. Aufl. VO [EG] 44/2001 Artikel 18 Rn. 2a). Auch Ansprüche aus einer vom Arbeitgeber erteilten Versorgungszusage, mit der dieser sich verpflichtet, dem Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Betriebsrente zu zahlen, fallen deshalb unter den Anwendungsbereich des Art. 18 Abs. 1 EuGVVO. Eine derartige Zusage steht mit dem Arbeitsvertrag in unmittelbarem Zusammenhang.
bb) Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen tragen jedoch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, es habe ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden, nicht.
(1) Art. 18 Abs. 2 EuGVVO setzt voraus, dass zwischen den Parteien ein „individueller Arbeitsvertrag“ geschlossen wurde. Der Begriff des „individuellen Arbeitsvertrags“ ist nicht nach nationalen Kriterien zu bestimmen, sondern als genuiner Begriff der EuGVVO unter Berücksichtigung von Art. 45 AEUV autonom auszulegen (zur vertragsautonomen Auslegung der in der EuGVVO enthaltenen Rechtsbegriffe vgl. EuGH 19. Juli 2012 - C-154/11 - [Mahamdia] Rn. 42). Danach ist ein „individueller Arbeitsvertrag“ eine Vereinbarung, die eine abhängige, weisungsgebundene Tätigkeit für eine bestimmte Dauer zum Inhalt hat, bei der der Arbeitnehmer regelmäßig in einer bestimmten Weise in den Betrieb des Arbeitgebers eingebunden ist und für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält (vgl. EuGH 26. Februar 1992 - C-357/89 - [Raulin] Leitsatz 1, Slg. 1992, I-1027; 26. Februar 1992 - C-3/90 - [Bernini] Rn. 14, Slg. 1992, I-1071; BAG 24. September 2009 - 8 AZR 306/08 - Rn. 40, BAGE 132, 182; Zöller/Geimer ZPO 29. Aufl. Anh. I EG-VO Zivil- und Handelssachen Art. 18 Rn. 1; Hk-ZPO/Dörner 5. Aufl. Artikel 18 EuGVVO Rn. 4; Musielak/Stadler ZPO 10. Aufl. VO [EG] 44/2001 Artikel 18 Rn. 2).
(2) Das Landesarbeitsgericht hat keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob und wie zwischen den Parteien ein solcher Arbeitsvertrag zustande gekommen ist. Die Beklagte hat ausweislich des Urteils des Hessischen Landesarbeitsgerichts in dem Kündigungsschutzverfahren zwar behauptet, es habe zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden. Der Kläger hat das Verhältnis zur Beklagten angesichts seines Arbeitsvertrags mit der B D GmbH allerdings als „Konzernleihe“ bezeichnet. Konkrete Tatsachenfeststellungen zum Zustandekommen eines Arbeitsvertrags hat das Landesarbeitsgericht nicht getroffen. Der Umstand, dass dem Kläger von der Beklagten Leistungen nach dem Pensionsplan versprochen wurden, lässt noch nicht den Schluss zu, es habe zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden. Nach Art. II Ziff. 1 des Pensionsplans können in diesen auch leitende Angestellte von Tochtergesellschaften der Beklagten aufgenommen werden.
cc) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts lassen die bisherigen Feststellungen auch nicht den Schluss zu, dass es sich bei der B D GmbH um eine Niederlassung der Beklagten iSd. Art. 18 Abs. 2 EuGVVO handelt oder zumindest ein entsprechender Rechtsschein erweckt wurde.
(1) Die in den Vorschriften der EuGVVO über die Zuständigkeit für Arbeitsverträge enthaltenen Begriffe sind in Übereinstimmung mit den Kriterien auszulegen, die der Europäische Gerichtshof zu den gleich lautenden Begriffen im Brüsseler Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüsseler Übereinkommen, ABl. EG L 299 vom 31. Dezember 1972 S. 32) entwickelt hat (vgl. EuGH 19. Juli 2012 - C-154/11 - [Mahamdia] Rn. 47). Danach setzt der Begriff der „Zweigniederlassung“, „Agentur“ oder „sonstigen Niederlassung“ iSd. Art. 18 Abs. 2 EuGVVO voraus, dass es einen Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit gibt, der auf Dauer als Außenstelle des Stammhauses hervortritt. Dieser Mittelpunkt muss eine Geschäftsführung haben und sachlich so ausgestattet sein, dass er in der Weise Geschäfte mit Dritten betreiben kann, dass diese sich nicht unmittelbar an das Stammhaus zu wenden brauchen (EuGH 19. Juli 2012 - C-154/11 - [Mahamdia] Rn. 48; 18. März 1981 - C-139/80 - [Blanckaert & Willems] Rn. 11, Slg. 1981, 819). Eine Zweigniederlassung, eine Agentur oder eine sonstige Niederlassung ist eine Einheit, die als hauptsächlicher, wenn nicht ausschließlicher Gesprächspartner von Dritten in Vertragsverhandlungen auftreten kann (vgl. EuGH 6. April 1995 - C-439/93 - [Lloyd's Register of Shipping] Rn. 19, Slg. 1995, I-961). Diese Einheit wird dadurch charakterisiert, dass sie der Aufsicht und Leitung des Stammhauses unterliegt (EuGH 6. Oktober 1976 - C-14/76 - [De Bloos] Rn. 20, Slg. 1976, 1497). Auch ein vom „Stammhaus“ gesellschaftsrechtlich unabhängiges Unternehmen kann eine Niederlassung sein, wenn das Stammunternehmen seine Tätigkeit mit Hilfe dieser Gesellschaft in dem Mitgliedstaat entfaltet, beide den gleichen Namen führen und das Unternehmen im Namen des „Stammhauses“ verhandelt und Geschäfte abschließt (EuGH 9. Dezember 1987 - C-218/86 - [SAR Schotte] Slg. 1987, 4905 zu Art. 5 Nr. 5 Brüsseler Übereinkommen). Entscheidend ist, dass aufgrund der Art und Weise, wie sich die beiden Unternehmen im Geschäftsleben verhalten und wie sie sich Dritten gegenüber in ihren Rechtsbeziehungen darstellen, der Anschein erweckt wird, bei dem Unternehmen handele es sich um eine Niederlassung des „Stammhauses“. Dritte, die Geschäfte mit einem Unternehmen abschließen, das als Außenstelle einer anderen Gesellschaft tätig wird, müssen sich auf den so erweckten Anschein verlassen und dieses als eine Niederlassung der anderen Gesellschaft ansehen können, selbst wenn die beiden Gesellschaften gesellschaftsrechtlich voneinander unabhängig sind (vgl. EuGH 9. Dezember 1987 - C-218/86 - [SAR Schotte] Rn. 15, aaO).
(2) Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, dass die B D GmbH im Geschäftsverkehr gegenüber Dritten als Außenstelle der Beklagten aufgetreten ist und in deren Namen Geschäfte mit Dritten abgeschlossen oder in sonstiger Weise am Rechtsverkehr teilgenommen hat. Dass die Internetseite der Beklagten für Deutschland auf die Internetseite der B D GmbH verweist und diese ein Sprachunterrichtskonzept anwendet, das einheitlich im Konzern zur Anwendung gelangt, begründet nicht die Annahme, dass die B D GmbH im Geschäftsverkehr für die Beklagte aufgetreten ist. Auf den Abschluss eigener Rechtsgeschäfte durch die B D GmbH, wie etwa den Altersteilzeitvertrag des Klägers oder die Anstellungsverträge der anderen Mitarbeiter des „European Division Headquarter“, kommt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht an. Voraussetzung für die Qualifizierung als Niederlassung iSd. Art. 18 Abs. 2 EuGVVO ist vielmehr die Vornahme von Geschäften im Namen des „Stammhauses“ (vgl. Geimer/Schütze EuZVR 3. Aufl. A 1 Art. 5 EuGVVO Rn. 308).
II. Das angefochtene Zwischenurteil erweist sich auch deshalb als rechtsfehlerhaft, weil das Landesarbeitsgericht sich nicht mit dem von der Beklagten erhobenen Einwand der Prozessverwirkung auseinandergesetzt hat. Da sich das Zwischenurteil nicht nur auf die Frage der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit beschränkt (zur Möglichkeit im Rahmen eines Zwischenurteils nur einzelne Sachurteilsvoraussetzungen festzustellen vgl. BGH 16. Juni 2005 - IX ZR 219/03 - zu 1 der Gründe), sondern auf die Zulässigkeit der Klage insgesamt bezieht, hätte es diesen Einwand bei einer die Zulässigkeit feststellenden Entscheidung würdigen müssen.
III. Die rechtsfehlerhafte Würdigung führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.
1. Im Rahmen der neuen Verhandlung wird das Landesarbeitsgericht unter Beachtung der nachfolgenden Erwägungen zunächst zu prüfen haben, ob die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben ist.
a) Dabei ist vorrangig aufzuklären, ob die Zuständigkeit nach Art. 19 Nr. 1 und Art. 18 Abs. 2 EuGVVO gegeben ist.
aa) Das Landesarbeitsgericht wird aufzuklären haben, ob zwischen den Parteien ein individueller Arbeitsvertrag iSd. Art. 18 Abs. 2 EuGVVO bestanden hat. Es wird den Parteien daher Gelegenheit geben müssen, dazu vorzutragen, ob und wie zwischen ihnen eine Vereinbarung zustande gekommen ist, nach der der Kläger eine abhängige, weisungsgebundene Tätigkeit für eine bestimmte Dauer für die Beklagte erbringen und für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhalten sollte. Der ausschließliche Bestand einer Versorgungsvereinbarung zwischen den Parteien ist für die Anwendung des Art. 18 Abs. 2 EuGVVO nicht ausreichend. Nach seinem eindeutigen Wortlaut gilt die Norm nur, wenn zwischen den Parteien des Rechtsstreits ein Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde. Art. 18 Abs. 2 EuGVVO gehört zu den vom Grundsatz des Art. 2 Abs. 1 EuGVVO abweichenden Zuständigkeitsregeln, die nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union strikt auszulegen sind; eine Auslegung über die ausdrücklich in der Verordnung vorgesehenen Fälle hinaus ist daher unzulässig (vgl. EuGH 22. Mai 2008 - C-462/06 - [Laboratoires Glaxosmithkline] Rn. 28, Slg. 2008, I-3965; 11. Oktober 2007 - C-98/06 - [Freeport] Rn. 35, Slg. 2007, I-8319 zu Art. 6 Nr. 1 der EuGVVO; 13. Juli 2006 - C-103/05 - [Reisch Montage] Rn. 23, Slg. 2006, I-6827; vgl. BGH 12. Juni 2007 - XI ZR 290/06 - Rn. 18 zu Art. 15 Abs. 2 EuGVVO).
bb) Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass zwischen den Parteien ein individueller Arbeitsvertrag iSd. Art. 18 Abs. 2 EuGVVO bestanden hat, wird es prüfen müssen, ob die Beklagte zum Zeitpunkt der Klageerhebung eine Niederlassung iSd. Art. 18 Abs. 2 EuGVVO in der Bundesrepublik Deutschland unterhalten hat.
(1) Dabei wird es zu berücksichtigen haben, dass die - juristisch selbständige - B D GmbH nur dann als Niederlassung der Beklagten in Betracht kommen kann, wenn sie in deren Namen am Geschäftsverkehr teilgenommen und damit als Außenstelle der Beklagten gegenüber Dritten aufgetreten ist. Da der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des Art. 19 Nr. 1 iVm. Art. 18 Abs. 2 EuGVVO trägt, wird das Landesarbeitsgericht ihm Gelegenheit geben müssen, hierzu ergänzend vorzutragen.
(2) Das Landesarbeitsgericht wird ggf. auch in Erwägung ziehen müssen, ob das rechtlich nicht selbständige „European Division Headquarter“ eine Niederlassung iSd. Art. 18 Abs. 2 EuGVVO der Beklagten darstellt. Das „European Division Headquarter“ erbringt gegenüber den rechtlich selbständigen Ländergesellschaften der B-Gruppe Koordinierungs- und Unterstützungsaufgaben. Der Kläger hat vorgetragen, dass diese Leistungen „intercompanymäßig“ abgerechnet werden und das „European Division Headquarter“ über eigene Räumlichkeiten mit einer Büroausstattung verfügt. Das Landesarbeitsgericht wird aufzuklären haben, ob das „European Division Headquarter“ im Geschäftsverkehr gegenüber Dritten für die Beklagte aufgetreten und Geschäfte für diese abgeschlossen hat. Dies hat die Beklagte bislang bestritten. Demgegenüber hat der Kläger vorgetragen, das „European Division Headquarter“ und die B D GmbH hätten getrennte Mietverträge für ihre Räumlichkeiten abgeschlossen. Dies wird vom Landesarbeitsgericht aufzuklären und zu würdigen sein. Das Landesarbeitsgericht wird zudem in Betracht zu ziehen haben, dass auch den Dienstleistungen, die das „European Division Headquarter“ für die überwiegend rechtlich selbständigen Ländergesellschaften erbringt, rechtsgeschäftliche Vereinbarungen zugrunde liegen könnten. Hierzu wird es erforderlichenfalls weitere Feststellungen, auch zum Inhalt der Aufgaben, die dem „European Division Headquarter“ obliegen, treffen müssen. Dabei ist zu beachten, dass die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 2 EuGVVO beim Kläger liegt. Sollte das Landesarbeitsgericht zum Ergebnis kommen, dass das „European Division Headquarter“ im Namen der Beklagten im Geschäftsverkehr aufgetreten ist und Geschäfte für diese abgeschlossen hat, wird es zudem zu klären haben, ob das „European Division Headquarter“ im Zeitpunkt der Klageerhebung noch eine Geschäftsführung besessen hat. Dies ist ebenfalls zwischen den Parteien streitig.
cc) Sofern das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass die Beklagte im Zeitpunkt der Klageerhebung eine Niederlassung iSd. Art. 18 Abs. 2 EuGVVO in Deutschland unterhalten hat, wird es zu prüfen haben, ob es sich bei dem Streit der Parteien um eine Streitigkeit „aus dem Betrieb“ der Niederlassung handelt. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erfordert dies, dass der Rechtsstreit entweder Handlungen betrifft, die sich auf den Betrieb der Niederlassung beziehen, oder Verpflichtungen, die diese im Namen des Stammhauses eingegangen ist (vgl. EuGH 19. Juli 2012 - C-154/11 - [Mahamdia] Rn. 48; 6. April 1995 - C-439/93 - [Lloyd's Register of Shipping] Rn. 22, Slg. 1995, I-961). Dabei wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, dass sich eine Rechtsstreitigkeit dann auf den Betrieb der Niederlassung bezieht, wenn Gegenstand derselben vertragliche oder außervertragliche Rechte und Pflichten in Bezug auf die eigentliche Führung der Niederlassung sind. Hierzu gehören auch Rechtsstreitigkeiten, die Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der vor Ort vorgenommenen Einstellung des in der Niederlassung beschäftigten Personals betreffen (vgl. EuGH 22. November 1978 - C-33/78 - [Somafer] Rn. 13, Slg. 1978, 2183).
b) Sollten die Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 1 oder Abs. 2 EuGVVO nicht vorliegen, wird sich das Landesarbeitsgericht unter Beachtung der nachstehenden Erwägungen damit zu befassen haben, ob sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach den nationalen Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit nach den §§ 12 ff. ZPO ergibt (vgl. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO).
aa) Sollte die Beklagte keine Niederlassung in Deutschland unterhalten oder sich die Klage nicht auf den Betrieb derselben beziehen, wird auch eine Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach § 21 Abs. 1 ZPO nicht in Betracht kommen.
bb) Soweit das Landesarbeitsgericht den besonderen Gerichtsstand des Vermögens nach § 23 ZPO prüft, wird es zu beachten haben, dass dieser über die Vermögensbelegenheit hinaus einen hinreichenden Inlandsbezug des Rechtsstreits erfordert (vgl. BAG 13. November 2007 - 9 AZR 134/07 - Rn. 21 mwN, BAGE 125, 24). Hierfür reicht es aus, wenn der Kläger deutscher Staatsbürger mit Wohnsitz in Deutschland ist (vgl. auch BAG 13. November 2007 - 9 AZR 134/07 - Rn. 23, aaO; Zöller/Vollkommer ZPO 29. Aufl. § 23 Rn. 13 mwN). Das für die Begründung des besonderen Gerichtsstands erforderliche Vermögen der Beklagten ergibt sich allerdings nicht schon daraus, dass deren Tochtergesellschaft - die B I Corporation - die Gesellschaftsanteile an der B D GmbH hält. Der Gerichtsstand des § 23 ZPO soll die Rechtsverfolgung im Inland erleichtern und bewirken, dass dort vorhandenes Vermögen als Gegenstand der Zwangsvollstreckung herangezogen werden kann (vgl. BGH 20. April 1993 - XI ZR 17/90 - zu II 3 der Gründe). Daher werden nur dem Vollstreckungszugriff der beklagten Partei unterliegende Vermögensgegenstände vom Vermögensbegriff des § 23 ZPO erfasst. Hieran fehlt es, wenn der Vermögensgegenstand einer anderen juristischen Person zusteht, mag sie diese auch „beherrschen“ (Zöller/Vollkommer ZPO § 23 Rn. 7a). Die Voraussetzungen des besonderen Gerichtsstands des Vermögens können jedoch erfüllt sein, wenn die Beklagte an einem Ort in der Bundesrepublik Deutschland ein Büro unterhält, unter dessen Anschrift sie wirtschaftliche Aktivitäten entwickelt, und das über eine Büroausstattung verfügt (vgl. BAG 13. November 2007 - 9 AZR 134/07 - Rn. 22, aaO). § 23 ZPO verlangt nicht, dass sich das gesamte Vermögen der Beklagten im Inland befindet. Es reicht aus, wenn das dort befindliche Vermögen nicht nur geringwertig oder unpfändbar ist (vgl. BAG 13. November 2007 - 9 AZR 134/07 - Rn. 22, aaO; Zöller/Vollkommer ZPO § 23 Rn. 7). Erforderlichenfalls wird das Landesarbeitsgericht daher Feststellungen dazu treffen müssen, ob die Büroausstattung in den Räumlichkeiten des „European Division Headquarter“ im Eigentum der Beklagten steht.
cc) Sofern das Landesarbeitsgericht prüfen sollte, ob der Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach § 29 ZPO besteht, wird es zu beachten haben, dass die dafür erforderliche „Streitigkeit aus einem Vertragsverhältnis“ im Streitfall gegeben ist. Über die Abgrenzung vertraglicher von nichtvertraglichen Ansprüchen entscheidet das deutsche materielle Recht als lex fori (BAG 20. April 2004 - 3 AZR 301/03 - zu A II 1 der Gründe, BAGE 110, 182; 17. Juli 1997 - 8 AZR 328/95 - zu II 3 a der Gründe ). Unter den Begriff des Vertragsverhältnisses fallen unabhängig von der Art der Verpflichtung alle schuldrechtlichen Verträge (vgl. BAG 20. April 2004 - 3 AZR 301/03 - zu A II 1 der Gründe, aaO; BGH 28. Februar 1996 - XII ZR 181/93 - zu I 2 b der Gründe, BGHZ 132, 105). Diese Voraussetzung erfüllt das rechtsgeschäftlich begründete Versorgungsverhältnis der Parteien. Der Erfüllungsort iSd. § 29 ZPO wäre dem auf das Versorgungsverhältnis der Parteien anzuwendenden materiellen Recht (lex causae) zu entnehmen (vgl. BAG 20. April 2004 - 3 AZR 301/03 - zu A II 2 der Gründe, aaO; 17. Juli 1997- 8 AZR 328/95 - zu II 3 b der Gründe). Dieses ist nach Art. 27 ff. EGBGB zu bestimmen. Die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I-VO) findet erst auf die ab dem 17. Dezember 2009 geschlossenen Verträge Anwendung (Art. 28 VO 593/2008/EG). Altverträge unterstehen weiter dem bisherigen Recht (vgl. BAG 23. August 2012 - 8 AZR 394/11 - Rn. 23; 20. April 2011 - 5 AZR 171/10 - Rn. 11, BAGE 137, 375). Dabei wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, dass die Parteien in Art. VII Ziff. 6 des Pensionsplans für ihr Versorgungsverhältnis eine Rechtswahl gemäß Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB zugunsten des Rechtes des Bundesstaates New York getroffen haben. Diese wäre als auf das Versorgungsverhältnis bezogene Teilrechtswahl nach Art. 27 Abs. 1 Satz 3 EGBGB auch dann zulässig, wenn das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis kommen sollte, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Das Versorgungsverhältnis ist trotz seiner arbeitsvertraglichen Grundlage eine vom Arbeitsverhältnis klar abgrenzbare Rechtsbeziehung, die einer darauf beschränkten Rechtswahl zugänglich ist ( BAG 20. April 2004 - 3 AZR 301/03 - zu A II 2 a der Gründe, aaO ). Auch Art. 30 Abs. 1 EGBGB stünde dem nicht entgegen. Die Regelung schränkt die freie Rechtswahl nur insoweit ein, als sie nicht dazu führen darf, dass dem Arbeitnehmer der Schutz zwingender Bestimmungen des ansonsten nach Art. 30 Abs. 2 EGBGB maßgeblichen Rechts entzogen wird. Diese Schutzvorschriften sind anzuwenden, im Übrigen bleibt die Rechtswahl wirksam. § 269 BGB enthält indes keine zwingenden Regelungen, sondern überlässt die Bestimmung des Erfüllungsortes den Parteivereinbarungen (BAG 20. April 2004 - 3 AZR 301/03 - zu A II 2 a der Gründe, aaO). Damit bestimmt sich der Erfüllungsort für die streitbefangenen Ansprüche des Klägers aus dem Pensionsplan nach dem Recht des Bundesstaates New York. Dessen Inhalt wird das Landesarbeitsgericht erforderlichenfalls nach § 293 ZPO ermitteln müssen. Dabei gelten die Grundsätze des Freibeweises (BAG 10. April 1975 - 2 AZR 128/74 - zu IV 2 der Gründe, BAGE 27, 99). Das Landesarbeitsgericht hat das von der Beklagten eingereichte Gutachten zur Kenntnis zu nehmen; es ist allerdings nicht gehindert, noch weitere Nachforschungen anzustellen und insbesondere das Gutachten eines mit den einschlägigen Fragen vertrauten wissenschaftlichen Instituts einzuholen.
2. Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben ist, wird es sich auch mit dem von der Beklagten erhobenen Einwand der Prozessverwirkung zu befassen haben.
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Gräfl |
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Schlewing |
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Silke Nötzel |
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Blömeke |