Entscheidungsdatum: 19.12.2017
Ein bestandskräftiger eisenbahnrechtlicher Planfeststellungsbeschluss kann auf Antrag eines betroffenen Dritten nur unter den Voraussetzungen der §§ 48 oder 49 VwVfG geändert werden.
Der Kläger begehrt die Änderung einer naturschutzrechtlichen Ersatzmaßnahme eines Planfeststellungsbeschlusses.
Mit Planfeststellungsbeschluss (PFB) des Eisenbahn-Bundesamtes vom 10. August 1995 wurde der Plan für das Vorhaben "Neubaustrecke Erfurt - Leipzig/Halle, Planfeststellungsabschnitt 1.4, 110-kV-Bahnstromleitung" festgestellt. Das Vorhaben ist Teil des Verkehrsprojekts Deutsche Einheit Nr. 8 und betrifft die Stromversorgung der Neubaustrecke.
Sein Landschaftspflegerischer Begleitplan (LBP) sieht im Bereich der Hochspannungsmasten 5 und 6 die Anpflanzung einer Gehölzfläche (F/E 2) und eines zweigliedrigen Gehölzstreifens (F/E 3) vor; sie sind in der Maßnahmekarte 4.5.2 (Blatt 3) und in dem Grunderwerbsplan Blatt 3.3.2 (Blatt 2) räumlich dargestellt. Der Gehölzstreifen soll als Ersatzmaßnahme die Trennung von Aktionsräumen der Avifauna und eine mögliche Gefährdung einzelner Tiere (Drahtanflug) kompensieren. Der westliche Teil des Gehölzstreifens befindet sich auf dem Grundstück der Gemarkung G., Flur ..., Flurstück .... Er fügt sich südlich an einen Weg, der - soweit ersichtlich - auf der Dammkrone der ehemaligen "Buchenwaldbahn" verläuft, und erstreckt sich mit einer Breite von etwa 10 bis 18 m von der östlichen Grundstücksgrenze rund 218 m entlang der südlichen Grundstücksgrenze. Der Kläger ist Inhaber eines Saatgutunternehmens und seit 10. Juni 2005 Eigentümer dieses Grundstücks. In der Bilanztabelle des Landschaftspflegerischen Begleitplans (Tabelle 15) ist die Maßnahme (Nr. F/E 3) mit der "Kurzbeschreibung" "Anpflanzung eines Gehölzstreifens" genannt. Darunter finden sich zu "Ziel und Begründung" der Maßnahme die Aussagen "Bepflanzung eines ehemaligen Bahndammes" und "Schaffung anderweitiger Lebensräume".
Die Beigeladene hat den Gehölzstreifen im Mai 2012 anlegen und einzäunen lassen, ohne hierüber mit dem Kläger eine Verständigung herbeigeführt zu haben oder vorzeitig in den Besitz eingewiesen worden zu sein.
Mit Schriftsatz vom 27. Dezember 2013 beantragte der Kläger unter Bezugnahme auf § 18d AEG, den Landschaftspflegerischen Begleitplan des Planfeststellungsbeschlusses zu ändern. Der Gehölzstreifen solle verlegt und entsprechend einer beigefügten Karte auf dem ehemaligen Bahndamm verwirklicht werden. Dazu solle die Fläche des Weges genutzt werden, die ebenfalls zu seinem Grundstück gehöre. Selbst unter Belassung des Weges sei beidseits auf dem Bahndamm ausreichend Fläche für den Gehölzstreifen vorhanden. Bei der planungsrechtlichen Abwägung sei übersehen worden, dass nicht der Bahndamm, sondern wertvolle landwirtschaftliche Nutzfläche in Anspruch genommen werde. Von den Voreigentümern seien keine Einwände erhoben worden, offenbar in der Annahme, es solle der Bahndamm und nicht das Ackerland bepflanzt werden.
Mit Bescheid vom 23. Oktober 2014 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Das Änderungsbegehren sei unbegründet, weil ihm die Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses entgegenstehe. Lasse ein Eigentümer einen Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar werden, stünden auch seinem Rechtsnachfolger Abwehrrechte nicht mehr zu. In einem Begleitschreiben führte die Beklagte weiter aus, sie habe aus Anlass des Antrags geprüft, ob eine Änderung des festgestellten Vorhabens im Zuge einer eventuellen Rücknahme oder eines Widerrufs des Planfeststellungsbeschlusses in Betracht zu ziehen sei. Das sei nicht der Fall. Eine Rücknahme scheide jedenfalls deshalb aus, weil der Planfeststellungsbeschluss ohne Abwägungsmängel ergangen sei. Planungsalternativen hätten sich nach Lage der Dinge nicht aufgedrängt, Einwendungen seien von den Rechtsvorgängern des Klägers nicht erhoben worden. Die Regelung des § 15 Abs. 3 BNatSchG sei erst mit der Bekanntmachung des Gesetzes vom 29. Juli 2009 in Kraft getreten.
Der Kläger hat am 24. November 2014 Klage erhoben. Zur Begründung hat er weiter ausgeführt: Die Kurzbeschreibung der landschaftspflegerischen Begleitmaßnahme widerspreche der Maßnahmekarte. Insoweit sei der Planfeststellungsbeschluss auch nicht bestandskräftig, wenngleich die Voreigentümer - eine Erbengemeinschaft - keinen Rechtsbehelf eingelegt hätten. Seinem Alternativvorschlag stehe der Untergrund des Weges nicht entgegen. Auch bestehe weder eine Grunddienstbarkeit noch ein Notwegerecht. Seine Klage ziele auf die Behebung eines erheblichen Mangels, der bei der Abwägung unbemerkt geblieben sei. Hinzu komme, dass die Maßnahme von der Beigeladenen rechtswidrig durchgeführt worden sei und sie hierdurch nicht begünstigt werden dürfe.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 23. Oktober 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss vom 10. August 1995 dahin zu ändern, dass der Gehölzstreifen auf dem Grundstück der Gemarkung G., Flur ..., Flurstück ... gemäß der dem Antrag vom 27. Dezember 2013 beigefügten Skizze anzupflanzen ist.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist die Beklagte auf den angefochtenen Bescheid nebst Begleitschreiben. Auf den Karten sei klar zu erkennen, welche Teilfläche des Grundstücks beansprucht werde. Dem stehe die Maßnahmebeschreibung der Bilanztabelle nicht entgegen.
Der Senat (Berichterstatter) hat einen Orts- und Erörterungstermin durchgeführt. Bemühungen um eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits sind erfolglos geblieben. Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Änderung der planfestgestellten Regelung.
1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich aus § 5 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2, § 11 Abs. 2 des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes - VerkPBG - vom 16. Dezember 1991 (BGBl. I S. 2174), zuletzt geändert durch Art. 464 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474). Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet danach über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren der von diesem Gesetz erfassten Vorhaben betreffen (§ 5 Abs. 1 VerkPBG). Diese Zuständigkeit ist grundsätzlich weit zu verstehen. Sie erfasst alle Verwaltungsstreitsachen, die einen unmittelbaren Bezug zu konkreten Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren nach § 1 VerkPBG haben, also Teil der genehmigungsrechtlichen Bewältigung des Vorhabens sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Dezember 2016 - 3 VR 4.16 [ECLI:DE:BVerwG:2016:151216B3VR4.16.0] - Buchholz 407.3 § 5 VerkPBG Nr. 23 Rn. 11 m.w.N.).
Die planfestgestellte Bahnstromleitung ist eine für den Betrieb der Neubaustrecke Erfurt-Leipzig/Halle notwendige Anlage, deren Planung vor dem 17. Dezember 2006 begonnen wurde. Sie fällt damit in den Anwendungsbereich des Gesetzes (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2, § 11 Abs. 2 VerkPBG). Soweit mit der Klage der Planfeststellungsbeschluss und dessen Regelungsgehalt selbst in Rede stehen, ergibt sich daraus die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts ohne weiteres. Sie ist aber auch für das den Planfeststellungsbeschluss unmittelbar betreffende Begehren gegeben, diesen nachträglich im Rahmen einer Rücknahme oder eines Widerrufs zu ändern (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 2016 - 4 A 2.15 [ECLI:DE:BVerwG:2016:280416U4A2.15.0] - BVerwGE 155, 81 Rn. 15 f.).
2. Planfestgestellt ist der Gehölzstreifen auf den in der Maßnahmekarte 4.5.2 (Blatt 3) und im Grunderwerbsplan Blatt 3.3.2 (Blatt 2) dargestellten Flächen.
Für die Auslegung des Inhalts eines Planfeststellungsbeschlusses ist entsprechend der §§ 133, 157 BGB der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Adressatenkreis bei objektiver Würdigung verstehen muss (vgl. allgemein zum Verwaltungsakt BVerwG, Urteil vom 24. Juli 2014 - 3 C 23.13 - Buchholz 451.505 Einzelne Stützungsregelungen Nr. 7 Rn. 18 m.w.N.).
Der Landschaftspflegerische Begleitplan mit dem Erläuterungsbericht und seinen Maßnahmekarten ist ebenso wie das Grunderwerbsverzeichnis nebst den Grunderwerbsplänen Teil der planfestgestellten Unterlagen (PFB S. 2 ff.). Nach dem Erläuterungsbericht zum Landschaftspflegerischen Begleitplan werden alle Maßnahmen mit ihrem konkreten Flächen- und Objektbezug in Maßnahmekarten im Maßstab 1:2 000 dargestellt (LBP S. 42). Entsprechend stellt die Maßnahmekarte 4.5.2 den Gehölzstreifen (Maßnahme F/E 3) auf einer Flurkarte zeichnerisch dar und bestimmt so die räumliche Inanspruchnahme des Grundstücks des Klägers. Der Gehölzstreifen fügt sich südlich an den vorhandenen Weg und nimmt damit die dort befindliche landwirtschaftliche Nutzfläche in Anspruch. Die Maßnahmekarte deckt sich mit dem Grunderwerbsplan Blatt 3.3.2 (Blatt 2). Er ist dem Grunderwerbsverzeichnis beigegeben und ermöglicht den Eigentümern der dort genannten Grundstücke, die konkrete Betroffenheit der Grundstücke zu bestimmen. Im Übrigen enthält der Landschaftspflegerische Begleitplan keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass der vorhandene, sich östlich wie westlich fortsetzende Weg hätte beseitigt werden sollen.
Allerdings mag die Beschreibung der Maßnahme in der Bilanztabelle des Landschaftspflegerischen Begleitplans mit der Aussage "Bepflanzung eines ehemaligen Bahndammes" Fehlvorstellungen hervorrufen, soweit sie isoliert in den Blick genommen wird. Dazu ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Bilanztabelle ohne Hinzunahme der Maßnahmekarte schon keinen Bezug zu den betroffenen Grundstücken ermöglicht. Vor allem aber enthält die Tabelle lediglich eine stichwortartige Kurzbeschreibung. Die hier bedeutsame Aussage findet sich bei dem Unterpunkt "Ziel und Begründung", dient also ersichtlich nicht dazu, die Maßnahme räumlich abzugrenzen. Unter diesen Umständen ist aus Sicht eines objektiven Empfängers nicht zweifelhaft, dass sich die örtliche Lage des Gehölzstreifens und damit die Grundstücksbetroffenheit allein aus der Maßnahmekarte und dem Grunderwerbsplan ergeben. Der Planfeststellungsbeschluss leidet daher nicht an einem unauflösbaren Widerspruch (Perplexität), weshalb auch keine Teilnichtigkeit - Nichtigkeit der angeordneten Ersatzmaßnahme - in Betracht kommt (§ 43 Abs. 3, § 44 Abs. 1, § 37 Abs. 1 VwVfG).
3. Der Planfeststellungsbeschluss ist mit der streitigen Regelung zu dem Gehölzstreifen gegenüber den Voreigentümern des Grundstücks unanfechtbar geworden, weil diese nach Bekanntmachung des Planfeststellungsbeschlusses keine Klage erhoben haben. Die damit eintretende Bestandskraft muss sich der Kläger, der das Grundstück im Jahr 2005 von den Voreigentümern erworben hat, als Rechtsnachfolger entgegenhalten lassen. Das hat zur Folge, dass er die Inanspruchnahme des Grundstücks für die Anpflanzung des Gehölzstreifens als naturschutzrechtliche Ersatzmaßnahme zu dulden hat (§ 75 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Selbst wenn die Beschreibung des Gehölzstreifens in der Bilanztabelle bei den Voreigentümern zu einer Fehlvorstellung geführt haben sollte und sie deshalb die Klagefrist haben verstreichen lassen, so ließe sich allenfalls eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erwägen (§ 60 VwGO). Sie scheidet ungeachtet § 60 Abs. 3 VwGO schon deshalb aus, weil der Regelungsgehalt des Planfeststellungsbeschlusses bei der gebotenen Sorgfalt ohne weiteres hätte erkannt werden können (§ 60 Abs. 1 VwGO).
4. Aus § 18d AEG lässt sich ein Anspruch des Klägers auf die begehrte Planänderung nicht ableiten.
Anknüpfend an den Grundsatz der Planerhaltung, der die Fehlerfolgen erheblicher Mängel der Planfeststellung begrenzt (§ 18c AEG i.V.m. § 75 Abs. 1a VwVfG), und für den Fall der Planänderung vor Fertigstellung des Vorhabens regelt § 18d AEG mit seinem Verweis auf § 76 VwVfG, in welchen Fällen von der Durchführung eines neuen Planfeststellungsverfahrens abgesehen werden kann und welche Verfahrenserleichterungen darüber hinaus in Betracht kommen. Die Verfahrensvorschrift setzt damit voraus, dass eine Planänderung überhaupt möglich ist, regelt aber nicht "ob", sondern nur "wie" diese gegebenenfalls durchzuführen ist.
Jenseits der Fälle, in denen die Anfechtung eines Planfeststellungsbeschlusses zu einem ergänzenden Verfahren führt, ermöglicht § 18d AEG i.V.m. § 76 Abs. 2 VwVfG dem Vorhabenträger, vor Fertigstellung des Vorhabens unwesentliche Änderungen des festgestellten Plans in einem vereinfachten Verfahren feststellen zu lassen. Sind diese Voraussetzungen gegeben, so hat der Vorhabenträger Anspruch auf Durchführung eines Planänderungsverfahrens ebenso, wie er allgemein die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens verlangen kann (§§ 73, 22 Satz 2 Nr. 1 VwVfG). Dritte haben keinen Anspruch auf den Fortbestand der ursprünglichen Planung, auch wenn der Planfeststellungsbeschluss bestandskräftig geworden ist (BVerwG, Urteil vom 14. September 1992 - 4 C 34.89 - BVerwGE 91, 17 <23>).
Geht eine Planänderung hingegen nicht vom Vorhabenträger aus, so hat die Planfeststellungsbehörde die Bestandskraft eines Planfeststellungsbeschlusses zu beachten (vgl. § 75 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Das Planfeststellungsrecht verweist hierfür auf die allgemeinen Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes, wovon lediglich § 51 VwVfG ausgenommen ist (§ 18 Satz 3 AEG, § 72 Abs. 1 VwVfG). Entsprechend ist anerkannt, dass die Vorschriften über die Rücknahme und den Widerruf eines Verwaltungsaktes (§§ 48, 49 VwVfG) grundsätzlich auch auf Planfeststellungsbeschlüsse anwendbar sind. Auf Antrag eines betroffenen Dritten kann ein bestandskräftiger Planfeststellungsbeschluss mithin nur unter den Voraussetzungen der §§ 48 oder 49 VwVfG geändert werden. Ein auf diese Vorschriften gestützter Anspruch kann allerdings nicht weiter gehen als der durch den Planerhaltungsgrundsatz modifizierte Aufhebungsanspruch bei fristgerechter Anfechtung (BVerwG, Urteil vom 28. April 2016 - 4 A 2.15 - BVerwGE 155, 81 Rn. 22, 31 m.w.N.).
5. Die Voraussetzungen des § 48 VwVfG liegen nicht vor. Für eine Rechtswidrigkeit der streitigen Regelung des Planfeststellungsbeschlusses zu dem Gehölzstreifen ist nichts ersichtlich.
a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage der Rechtmäßigkeit eines (eisenbahnrechtlichen) Planfeststellungsbeschlusses ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seines Erlasses (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Januar 2013 - 7 B 18.12 - juris Rn. 27 m.w.N.). Folglich ist das in dem Gesetz zur Neuregelung des Rechts des Naturschutzes und der Landschaftspflege vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542) in § 15 Abs. 3 BNatSchG ausdrücklich enthaltene Rücksichtnahmegebot, insbesondere für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden nur im notwendigen Umfang in Anspruch zu nehmen, für die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ohne Bedeutung. Der Hinweis des Klägers auf § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG führt dabei nicht weiter. Es geht hier nicht um nicht voraussehbare Wirkungen eines festgestellten Plans, die zu Schutzansprüchen führen können.
b) Die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ergibt sich auch nicht aus einem Abwägungsfehler. Der Kläger meint, es sei übersehen worden, dass nicht der Bahndamm, sondern wertvolle landwirtschaftliche Nutzfläche in Anspruch genommen werde. Damit greift er auf die Beschreibung der Ersatzmaßnahme in der Bilanztabelle des Landschaftspflegerischen Begleitplans zurück. Diese Beschreibung ist jedoch - wie ausgeführt - für die Lage des Gehölzstreifens nicht aussagekräftig. Aus der Maßnahmekarte wie auch aus dem Grunderwerbsplan ergibt sich klar, dass der Gehölzstreifen nicht auf dem Weg, sondern auf der angrenzenden landwirtschaftlichen Nutzfläche verwirklicht werden soll. Entsprechend weist das Grunderwerbsverzeichnis die Nutzung des Grundstücks mit A (Ackerbau) und VS (Straßenverkehrsfläche) aus. Die Anordnung des Gehölzstreifens entlang des Weges entspricht im Übrigen der Grundaussage des Erläuterungsberichts, Gehölzreihen vorrangig an vorhandenen landschaftlichen Leitstrukturen auszurichten (LBP S. 22). Es besteht daher kein Anhaltspunkt dafür, dass die Planfeststellungsbehörde von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen sein könnte oder sonst nach damaliger Lage der Dinge abwägungsfehlerhaft entschieden hätte.
6. Auch auf die Bestimmung über den Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsakts vermag der Kläger sein Begehren nicht zu stützen. Der Planfeststellungsbeschluss ist ein die Beigeladene begünstigender Verwaltungsakt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG). Der danach einzige hier näher in Betracht zu ziehende Widerrufstatbestand des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwVfG ist nicht gegeben.
Es ist bereits sehr zweifelhaft, ob mit dem Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 3 BNatSchG eine Rechtsänderung eingetreten ist, aufgrund der die Planfeststellungsbehörde berechtigt gewesen wäre, eine andere Regelung zu erlassen. Das spezielle Rücksichtnahmegebot wäre bei der Prüfung und Abwägung eventueller Alternativen von Bedeutung. Im Rahmen dieser Prüfung war es jedoch bereits zum Zeitpunkt der Planfeststellung möglich und geboten, die Bedeutung der landwirtschaftlichen Nutzung zu berücksichtigen. Jedenfalls aber fehlt es an einer Gefährdung des öffentlichen Interesses. Das wäre nur der Fall, wenn ohne den Widerruf ein wichtiges Gemeinschaftsgut gefährdet wäre (BVerwG, Urteil vom 24. Januar 1992 - 7 C 38.90 - Buchholz 316 § 49 VwVfG Nr. 25 S. 8). Die Bestimmung des § 15 Abs. 3 BNatSchG bringt lediglich ein allgemeines öffentliches Interesse an der Rücksichtnahme auf agrarstrukturelle Belange zum Ausdruck. In dem hier vorliegenden Entzug einer begrenzten landwirtschaftlichen Nutzfläche zugunsten eines Gehölzstreifens lässt sich aber jenseits der privaten Interessen des Klägers keine Gefahr für ein wichtiges Gemeinschaftsgut erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen dem unterlegenen Kläger aufzuerlegen, da sie einen eigenen Sachantrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.