Entscheidungsdatum: 30.06.2011
1. Der Erstattungsanspruch des Bundes aus § 6 Abs. 4 der Verwaltungsvereinbarung zu Art. 52 PflegeVG wegen zweckwidriger Verwendung von Finanzhilfen, die einem Land im Beitrittsgebiet für Investitionen in Pflegeeinrichtungen gewährt worden sind, setzt nicht voraus, dass das Land seinerseits die dem Träger des Investitionsvorhabens (Zuwendungsempfänger) ausgezahlten Fördermittel ganz oder teilweise zurückerlangt hat oder zurückerlangen kann.
2. Ob eine zweckwidrige Verwendung von Bundesmitteln vorliegt, beurteilt sich anhand der im Rechtsverhältnis zwischen Bund und Land festgelegten Zweckbestimmung für den Einsatz der Finanzhilfen.
Die Bundesrepublik Deutschland begehrt vom beklagten Freistaat die Erstattung von Finanzhilfen.
Gemäß Art. 52 des Gesetzes zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit (Pflege-Versicherungsgesetz - PflegeVG) vom 26. Mai 1994 (BGBl I S. 1014, 2797) gewährte der Bund den Ländern Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Finanzhilfen als zeitlich auf die Jahre 1995 bis 2002 beschränkte Anschubfinanzierung für Investitionen in Pflegeeinrichtungen im Beitrittsgebiet. Nach § 5 Abs. 1 der hierzu zwischen dem Bund und den Ländern geschlossenen Verwaltungsvereinbarung (VV) waren die jeweiligen Landesbehörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die Planung und Förderung der Pflegeeinrichtungen im Land auch für die Planung sowie für die Sicherstellung der Gesamtfinanzierung der Einrichtungen verantwortlich, die mit den Finanzhilfen des Bundes gefördert werden sollten. Eine Protokollerklärung zu § 5 Abs. 1 VV bestimmte, dass eine Belastung der Pflegebedürftigen mit Kosten der geförderten Investitionsmaßnahme während der Laufzeit des Investitionshilfeprogramms unzulässig war. Abweichend wurde zwischen der Klägerin und dem Beklagten mit Protokollerklärung vom 2. August 1996 vereinbart, dass in Sachsen die Pflegebedürftigen in geförderten Einrichtungen während der Laufzeit des Programms und darüber hinaus mit bis zu 20 v.H. der Kosten der Maßnahme belastet werden durften.
Mit Zuwendungsbescheid vom 28. Februar 1997 (i.d.F. der Änderungsbescheide vom 8. Januar 1998 und 8. Februar 1999) bewilligte das Regierungspräsidium Dresden dem "Verein zur Förderung und Entwicklung des oberen Bielatal e.V." Fördermittel in Höhe von 8 198 782 DM (4 191 970,67 €). Die vom Beklagten dafür eingesetzten Finanzhilfen des Bundes beliefen sich auf 7 287 806 DM (3 726 196,04 €). Die bewilligten Mittel waren zweckgebunden für den Neubau des Altenpflegeheims Bielatal (Landkreis Sächsische Schweiz). Die Zweckbindungsdauer war hinsichtlich der Fördermittel für Gebäude auf 40 Jahre ab Fertigstellung festgelegt und hinsichtlich der Mittel für Ausstattungsgegenstände (Inventar) auf 10 Jahre. Zur Sicherung des Verwendungszwecks und eines etwaigen Anspruchs auf Rückzahlung der bewilligten Mittel wurde zugunsten des Beklagten eine Grundschuld in Höhe der Fördermittel im Grundbuch eingetragen. Vorrangig gesichert waren die vom Vorhabenträger bei der Bank für Sozialwirtschaft (BfS) aufgenommenen Kreditmittel für den Investitionskosteneigenanteil (2 277 440 DM) und für Grundstückserwerbskosten (1 285 000 DM). Nach Inbetriebnahme des Pflegeheims am 28. Oktober 1999 meldete der Vorhabenträger im Juli 2001 Insolvenz an. Die Pflegeeinrichtung wurde auf Betreiben der BfS im August 2005 zwangsversteigert. Aus dem Versteigerungserlös konnten nach Abzug der Verfahrenskosten und der Kosten für den Insolvenzverwalter nur Forderungen der BfS bedient werden. Seit dem 1. September 2005 wird die Pflegeeinrichtung Bielatal von einem neuen Träger (AGO Bielatal Betriebsgesellschaft für Sozialeinrichtungen mbH) betrieben, der nicht in die Verpflichtungen und Bindungen aus dem Zuwendungsbescheid eingetreten ist.
Nachdem die Klägerin im Jahr 2008 über den aktuellen Verfahrensstand des Fördervorhabens Bielatal informiert worden war, verlangte sie von dem Beklagten die teilweise Rückzahlung der Finanzhilfen, was dieser zuletzt mit Schreiben vom 16. Juli 2009 zurückwies.
Mit der am 29. März 2010 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter. Der Beklagte sei gemäß § 6 Abs. 4 VV zur anteiligen Erstattung der für das Investitionsvorhaben Bielatal gewährten Finanzhilfen verpflichtet, weil die Bundesmittel seit der Zwangsversteigerung der Immobilie nicht mehr zweckentsprechend verwendet würden. Der Bund habe mit dem Finanzhilfeprogramm auch bezweckt, die finanziellen Belastungen der Pflegebedürftigen in den geförderten Einrichtungen zu begrenzen. Dieses Ziel werde seit dem Trägerwechsel verfehlt, weil die Pflegebedürftigen über die in der Protokollerklärung zu § 5 VV gezogene Grenze hinaus zu den Kosten der geförderten Investitionsmaßnahme herangezogen würden. Die Zweckbindung beschränke sich nicht auf die Laufzeit des Investitionshilfeprogramms; maßgeblich sei die vom Beklagten im Zuwendungsbescheid festgelegte Zweckbindungsdauer. Der Erstattungsanspruch aus § 6 Abs. 4 VV erfordere nicht, dass das Land seinerseits entsprechende Rückzahlungen des Zuwendungsempfängers erhalten habe.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 3 182 171,42 € nebst 6 % Zinsen ab dem 1. September 2005 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er macht geltend, die gewährten Bundesmittel würden weiterhin zweckentsprechend verwendet. Die geförderte Einrichtung werde auch durch den neuen Träger als Pflegeheim betrieben. Die Argumentation der Klägerin verlagere das Insolvenzrisiko auf die Länder. Diese weitreichende Konsequenz ergebe sich weder aus Wortlaut noch aus Sinn und Zweck des § 6 Abs. 4 VV. Eine zweckwidrige Mittelverwendung folge auch nicht aus der von dem neuen Träger berechneten höheren Pflegeumlage. Die Protokollerklärung vom 2. August 1996 sei keine geeignete Zweckbestimmungsregelung, weil sie nicht von allen Beteiligten der Verwaltungsvereinbarung unterzeichnet sei und sich im Übrigen weder auf die in der Präambel genannte Zweckbestimmung noch auf § 6 Abs. 4 VV beziehe. Ebenso wenig lasse sich aus der im Zuwendungsbescheid bestimmten Zweckbindungsfrist auf eine zweckwidrige Mittelverwendung schließen. Schließlich scheide ein Erstattungsanspruch auch deshalb aus, weil eine Rückforderung der Fördermittel beim Zuwendungsempfänger nicht habe realisiert werden können.
Die Klage ist zulässig und zum überwiegenden Teil begründet.
1. Das Bundesverwaltungsgericht ist nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 VwGO im ersten und letzten Rechtszug zuständig. Der Rechtsstreit betrifft eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Ob eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit zwischen dem Bund und einem Land verfassungs- oder verwaltungsrechtlicher Art ist, richtet sich danach, ob der Klaganspruch entscheidend im Verfassungsrecht wurzelt oder aber von Rechtssätzen des einfachen öffentlichen Rechts bestimmt wird (vgl. Urteil vom 24. Januar 2007 - BVerwG 3 A 2.05 - BVerwGE 128, 99 <101 f. Rn. 15> m.w.N.). Letzteres ist hier der Fall. Das Rechtsverhältnis, aus dem die Klägerin den geltend gemachten Erstattungsanspruch herleitet, ist einfachrechtlich durch Art. 52 PflegeVG und die hierzu getroffene Verwaltungsvereinbarung geprägt und damit verwaltungsrechtlicher Natur.
2. Die Klage ist hinsichtlich der Hauptforderung in Höhe von 3 034 922,60 € begründet. Der Erstattungsanspruch ergibt sich aus § 6 Abs. 4 Satz 1 VV. Danach sind Finanzmittel des Bundes, soweit sie nicht zweckentsprechend verwendet werden, von dem Land an die zuständige Bundeskasse zu erstatten (Halbs. 1). Eine zweckwidrige Mittelverwendung ist u.a. dann anzunehmen, wenn Bundesmittel nicht oder nicht mehr für die vorgesehene Investitionsmaßnahme verwendet werden (Halbs. 2).
a) § 6 Abs. 4 VV ist eine wirksame Rechtsgrundlage. Die auf der Grundlage von Art. 52 Abs. 2 Satz 4 PflegeVG i.V.m. Art. 104a Abs. 4 GG in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung (nunmehr Art. 104b Abs. 2 Satz 1 GG) abgeschlossene Verwaltungsvereinbarung leidet nicht an einem zu ihrer Unwirksamkeit führenden Rechtsfehler.
Die erforderliche Schriftform (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Februar 1976 - 2 BvG 1/74 - BVerfGE 41, 291 <304 f.>; Art. 8 der "Grundvereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern über die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an die Länder nach Art. 104a Abs. 4 des Grundgesetzes" vom 19. September 1986, MinBlFin S. 238) ist eingehalten. Der Verwaltungsvereinbarung mangelt es auch nicht am notwendigen Inhalt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssen ein das Nähere der Finanzhilfen regelndes Bundesgesetz oder eine an dessen Stelle tretende Verwaltungsvereinbarung mindestens Bestimmungen über die Art der zu fördernden Investitionsmaßnahmen, die Höhe des Bundesanteils an den förderungsfähigen Investitionskosten und den Schlüssel für die Aufteilung der Finanzhilfen auf die einzelnen Länder enthalten (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. März 1975 - 2 BvF 1/72 - BVerfGE 39, 96 <116>; Beschluss vom 10. Februar 1976 a.a.O. S. 306 f.). Diesen Anforderungen wird bereits durch Art. 52 PflegeVG genügt (vgl. Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 und 2, Abs. 5). Unabhängig davon erfüllt auch die Verwaltungsvereinbarung diese Voraussetzungen, indem sie die in Art. 52 PflegeVG getroffenen Regelungen zur Abwicklung des Finanzhilfeprogramms aufgreift und durch weitere Einzelheiten ergänzt (vgl. § 1 Abs. 1, §§ 2 f., 4 ff. VV).
b) Die Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs aus § 6 Abs. 4 Satz 1 VV sind erfüllt, weil die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel für die Investitionsmaßnahme in die Pflegeeinrichtung Bielatal nicht mehr zweckentsprechend verwendet werden.
aa) Ob eine zweckwidrige Mittelverwendung vorliegt, beurteilt sich anhand der im Finanzhilfeverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten festgelegten Zweckbestimmung. Denn der Erstattungsanspruch nach § 6 Abs. 4 VV stellt auf das Rechtsverhältnis zwischen Bund und Land ab. Davon zu unterscheiden ist das Zuwendungsverhältnis zwischen dem Land und dem jeweiligen Vorhabenträger (Zuwendungsempfänger), an den die dem Land zur Verfügung gestellten Bundesmittel und ergänzende Landesmittel durch Zuwendungsbescheid ausgereicht werden. In diesem Rechtsverhältnis ist nach Maßgabe des Landesrechts regelmäßig ebenfalls ein Verwendungszweck festgelegt, typischerweise - so auch hier - im Rahmen des Zuwendungsbescheids (vgl. Nr. 2 und hinsichtlich der Zweckbindungsdauer Nr. 9 im Bewilligungsbescheid vom 28. Februar 1997). Der für das Zuwendungsverhältnis maßgebliche Verwendungszweck wird von der zuständigen Landesbehörde bestimmt und ist nicht notwendig vollständig deckungsgleich mit der Zweckbestimmung im Zuweisungsverhältnis zwischen Bund und Land nach Art. 52 PflegeVG i.V.m. der Verwaltungsvereinbarung. Er kann hiervon abweichen, indem etwa ein weitergehender oder zusätzlicher Zweck festgelegt wird oder ein im Rechtsverhältnis zwischen Bund und Land definierter Verwendungszweck nicht oder in abgeänderter Form in das Zuwendungsverhältnis des Landes zum Vorhabenträger übernommen wird.
Der Rückforderungsanspruch des Bundes aus § 6 Abs. 4 VV knüpft nach seinem Wortlaut nicht an das rechtliche Schicksal des Zuwendungsbescheids, also das Rechtsverhältnis Land - Vorhabenträger an. Er nimmt vielmehr allein das Rechtsverhältnis zwischen Bund und Land in den Blick. So ist nach den beiden weiteren in § 6 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 VV beispielhaft genannten Tatbestandsvarianten eine zweckwidrige Mittelverwendung dann anzunehmen, wenn das Land die Finanzhilfen (Bundesmittel) vor Fälligkeit der zu begleichenden Zahlungen abruft oder die abgerufenen Bundesmittel nicht rechtzeitig im Sinne von § 6 Abs. 3 VV an den Vorhabenträger weiterleitet. Diese Fallgruppen betreffen ausschließlich die ordnungsgemäße haushaltsrechtliche Durchführung und Bewirtschaftung der Finanzhilfen im Zuweisungsverhältnis Bund - Land. Nichts anderes ergibt sich für den Erstattungstatbestand der nicht oder nicht mehr gegebenen Verwendung der Bundesmittel für die vorgesehene Investitionsmaßnahme nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 Var. 1 VV. Der Begriff der vorgesehenen Investitionsmaßnahme nimmt Bezug auf die Aufnahme einer Maßnahme in das Investitionsprogramm des Landes und das vorgeschaltete Verfahren zur Herstellung des Einvernehmens zwischen Bund und Land über die zweckentsprechende Verwendung der Finanzhilfen nach Art. 52 Abs. 5 Satz 4 PflegeVG, § 4 Abs. 1 Satz 2, § 5 Abs. 3 Satz 1 VV. Auch insoweit richtet sich die Erstattungsregelung demgemäß nur am Rechtsverhältnis zwischen Bund und Land aus.
bb) Danach macht die Klägerin zu Recht geltend, dass der Verwendungszweck der Finanzhilfen nach Art. 52 PflegeVG auch darauf gerichtet ist, die Umlagefähigkeit von Investitionskosten auf die Pflegebedürftigen zu begrenzen. Diese (weitere) Zweckbestimmung ergibt sich aus der Protokollerklärung zu § 5 der Verwaltungsvereinbarung, auf die in diesem Zusammenhang neben Art. 52 PflegeVG und der Präambel der Verwaltungsvereinbarung abzustellen ist.
Gemäß der in Art. 52 Abs. 1 Satz 1 PflegeVG und in der Präambel zur Verwaltungsvereinbarung formulierten Zweckbestimmung zielte das Finanzhilfeprogramm darauf ab, durch die finanzielle Förderung der Neuerrichtung und Sanierung von Pflegeeinrichtungen die Qualität der pflegerischen Versorgung der Bevölkerung im Beitrittsgebiet zügig und nachhaltig zu verbessern und die pflegerische Infrastruktur in qualitativer und quantitativer Hinsicht an das Versorgungsniveau im übrigen Bundesgebiet anzupassen. Damit hat es aber nicht sein Bewenden. Das Finanzhilfeprogramm bezweckte darüber hinaus, die Pflegebedürftigen in den geförderten Einrichtungen von den Investitionskosten zu entlasten und damit die Sozialhilfeausgaben zu reduzieren (BFH, Urteil vom 14. Juli 2009 - IX R 7/08 - BFHE 226, 289 <293 f.>; Abschlussbericht des Freistaates Sachsen, in: Bundesministerium für Gesundheit, Aufbau einer modernen Pflegeinfrastruktur in den neuen Bundesländern - Investitionsprogramm nach Art. 52 PflegeVG, 2010, S. 83). Die Entlastungswirkung ist Folge der Regelung in § 82 Abs. 3 SGB XI, wonach betriebsnotwendige Investitionsaufwendungen in öffentlich geförderten Pflegeeinrichtungen den Pflegebedürftigen nur insoweit berechnet werden dürfen, als sie durch die öffentliche Förderung nicht gedeckt sind. Das Ziel, die Belastung der Pflegebedürftigen mit Investitionskosten zu begrenzen, ist in der Festlegung der förderfähigen Maßnahmen nach Art. 52 Abs. 1 Satz 2 PflegeVG, § 3 VV (betriebsnotwendige Investitionsmaßnahmen) bereits angelegt und kommt in der zwischen der Klägerin und dem Beklagten geschlossenen Protokollerklärung zu § 5 Abs. 1 VV vom 2. August 1996 klar zum Ausdruck. Darin wird dem Beklagten die Möglichkeit eingeräumt, Pflegebedürftige in Einrichtungen, die mit Finanzhilfen nach Art. 52 PflegeVG gefördert werden, mit bis zu 20 v.H. der Investitionskosten zu belasten. Gemeint ist damit - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - der vom Zuwendungsempfänger zu finanzierende Eigenanteil, der in Sachsen bei teilstationären Pflegeeinrichtungen 10 v.H. und bei vollstationären Pflegeeinrichtungen 20 v.H. beträgt (vgl. § 8 der Pflegeheimverordnung - PflhVO - vom 10. August 1996, SächsGVBl 1996 S. 361). Dass die Protokollerklärung eine teilweise Refinanzierung der Investitionskosten in Höhe von maximal 20 v.H. im Wege der Heranziehung der Pflegebedürftigen gestattet, bedeutet umgekehrt, dass im Übrigen - also in Höhe von mindestens 80 v.H. - eine Umlage nicht möglich sein und die Entlastungswirkung eintreten soll. Dahinstehen kann, ob die ursprünglich zwischen dem Bund und den Ländern mit Ausnahme des Beklagten getroffene Vereinbarung rechtliche Bedenken aufwirft, weil sie eine Umlagefähigkeit der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen generell ausschloss. Die darin liegende Abweichung von § 82 Abs. 3 SGB XI weist die Protokollerklärung vom 2. August 1996 - und ebenso die nachfolgende inhaltsgleiche Erklärung zwischen der Klägerin und den übrigen neuen Ländern - nicht auf.
Die Wirksamkeit der Protokollerklärung vom 2. August 1996, die nach der Anmerkung (Fußnote) zu § 5 Abs. 1 VV als Bestandteil der Verwaltungsvereinbarung zu betrachten ist, steht nicht in Zweifel. Das für den Abschluss der Verwaltungsvereinbarung geltende Prinzip der Einstimmigkeit führt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht zur Unwirksamkeit der bilateralen Protokollerklärung. Das Bundesverfassungsgericht hat das prinzipielle Erfordernis allseitiger Zustimmung der Beteiligten einer Verwaltungsvereinbarung aus dem föderalen System, der gleichberechtigten Stellung der Länder und dem Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens abgeleitet (vgl. Beschluss vom 10. Februar 1976 a.a.O. S. 307 f.). Dies schließt indes nicht aus, dass zu einzelnen Punkten der Verwaltungsvereinbarung Erklärungen abgegeben werden können, die nur für einen Teil der Beteiligten gelten und sie binden. Solche Erklärungen sind unbedenklich, wenn sie die Funktion und Bedeutung der Verwaltungsvereinbarung nicht in Frage stellen und wenn im Verhältnis zu den nicht beteiligten Partnern das föderale Gleichbehandlungsgebot (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. März 1975 a.a.O. S. 119 f.) nicht verletzt ist. So liegt der Fall hier, weil die Protokollerklärung vom 2. August 1996 nicht in Widerspruch zu dem Regelungsgehalt des Art. 52 PflegeVG und der Verwaltungsvereinbarung steht und in ihren Auswirkungen nicht über den Zuständigkeitsbereich des Beklagten (vgl. § 5 Abs. 1 VV, § 9 SGB XI) hinausreicht. Zudem ist das Prinzip der Einstimmigkeit faktisch dadurch hergestellt, dass der Bund und die übrigen neuen Länder eine inhaltlich entsprechende Protokollvereinbarung getroffen haben.
cc) Gemessen daran liegt eine zweckwidrige Mittelverwendung vor, weil die Pflegeeinrichtung Bielatal seit dem Trägerwechsel nicht mehr der im Rechtsverhältnis Bund - Land festgelegten Zweckbestimmung entspricht und damit die dem Land zur Verfügung gestellten Bundesmittel nicht mehr im Sinne von § 6 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 VV für die vorgesehene Investitionsmaßnahme verwendet werden.
Die mit dem Finanzhilfeprogramm bezweckte Entlastung der Pflegebedürftigen wird seit dem Trägerwechsel verfehlt. Während der Zuwendungsempfänger und vormalige Träger der Pflegeeinrichtung bei der Umlage der Investitionskosten auf die Pflegebedürftigen den Beschränkungen des § 82 Abs. 3 SGB XI unterlag, berechnet der neue Träger den Pflegebedürftigen die betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen nach Maßgabe von § 82 Abs. 4 SGB XI. Infolge dessen hat sich die Umlage von 7,18 € pro Pflegeplatz und Betreuungstag (Stand August 2005) auf zunächst 9,50 € und später (Stand Ende 2008) auf 11,75 € erhöht. Der Anwendungsbereich des § 82 Abs. 4 SGB XI ist eröffnet, weil das Pflegeheim Bielatal nach dem durch die Insolvenz bedingten Trägerwechsel als Pflegeeinrichtung anzusehen ist, die nicht nach Landesrecht gefördert wird. Denn der neue Träger ist im Unterschied zum Vorgänger der Zweckbindung aus dem Zuwendungsbescheid nicht unterworfen. Die AGO Bielatal Betriebsgesellschaft für Sozialeinrichtungen mbH hat keine Rechtserklärung abgegeben, wonach sie in das durch den Zuwendungsbescheid begründete Rechtsverhältnis zwischen dem Land und dem Vorhabenträger eingetreten wäre. Der Zuwendungsbescheid ist auch kein dinglicher Verwaltungsakt, der infolge des Eigentumserwerbs der Immobilie durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung (§ 90 ZVG) als Annex auf den neuen Eigentümer oder einen sonst an der Sache Berechtigten übergeht (Urteil vom 26. August 1999 - BVerwG 3 C 17.98 - Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 95). Da der neue Betreiber der Pflegeeinrichtung an die Zweckbestimmung der Zuwendung, wie sie im Bewilligungsbescheid vom 28. Februar 1997 festgelegt ist, nicht gebunden ist, kann zudem nicht davon gesprochen werden, dass die Bundesmittel weiterhin für die vorgesehene Investitionsmaßnahme verwendet werden.
c) Unerheblich ist, dass der Beklagte im Rechtsverhältnis zum Zuwendungsempfänger einen Anspruch auf Rückzahlung der Fördermittel (vgl. § 1 SächsVwVfG a.F. - nunmehr § 1 SächsVwVfZG - i.V.m. § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, § 49a VwVfG) nicht realisieren konnte. Der Erstattungsanspruch aus § 6 Abs. 4 Satz 1 VV setzt nicht voraus, dass das Land die dem Vorhabenträger ausgezahlten Mittel ganz oder teilweise zurückerlangt hat. Dementsprechend ist das Risiko einer Insolvenz des Vorhabenträgers und eines dadurch bedingten Ausfalls der Rückzahlungsforderung vom Land zu tragen.
aa) Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 6 Abs. 4 VV hängt der Erstattungsanspruch des Bundes allein vom Tatbestand einer zweckwidrigen Verwendung der Bundesmittel ab. Es ist rechtlich nicht geboten, die Erstattungsregelung im Wege einer teleologischen Reduktion dahingehend einzuschränken, dass der Rückzahlungsanspruch nur besteht, wenn und soweit das Land seinerseits vom Zuwendungsempfänger entsprechende Geldbeträge erstattet bekommen hat. Die insoweit uneingeschränkte Inanspruchnahme des Landes im Falle einer zweckwidrigen Mittelverwendung entspricht der Zuordnung der Verantwortlichkeiten und finanziellen Lastentragung zwischen Bund und Land im Rahmen des Finanzhilfeverhältnisses nach Art. 104a Abs. 4 GG a.F. i.V.m. Art. 52 PflegeVG.
Die Vorhaltung einer leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden und wirtschaftlichen pflegerischen Versorgungsstruktur ist nach § 9 Abs. 1 SGB XI, Art. 83 GG Aufgabe der Länder. Die für die Erfüllung dieser Landesaufgabe zur Verfügung gestellten Finanzhilfen des Bundes bedeuten eine Modifikation der allgemeinen Lastenverteilungsregel des Art. 104a Abs. 1 GG, wonach der Bund und die Länder gesondert die Ausgaben tragen, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben. Die rechtliche Ausgestaltung des Zusammenwirkens von Bund und Ländern in Art. 104a Abs. 4 GG a.F. beschränkt den Bund auf eine finanzielle Beteiligung. Die Gewährung der Finanzhilfen darf nicht in das Recht der Länder zur eigenständigen Wahrnehmung ihrer Aufgaben eingreifen; Mitplanungs-, Mitverwaltungs- oder Mitentscheidungsbefugnisse sind dem Bund verwehrt (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. März 1975 a.a.O. S. 107 f., 117 ff.). Demzufolge steht den Ländern im Rahmen des Finanzhilfeprogramms nach Art. 52 PflegeVG die Planungsfreiheit (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB XI) und die alleinige Entscheidung darüber zu, ob ein Investitionsvorhaben durchgeführt und mit Finanzhilfen gefördert werden soll. Ihnen obliegt die Auswahl und Anmeldung geeigneter Investitionsprojekte; der Bund kann ein Investitionsvorhaben von der Förderung nur dann ausschließen, wenn es seiner Art nach nicht der festgelegten Zweckbindung der Finanzhilfen entspricht (vgl. § 4 Abs. 1 VV). Diese verfassungsrechtlich vorgegebene Kompetenzabgrenzung bringt § 5 Abs. 1 VV zutreffend zum Ausdruck, indem die Verantwortung für die Planung und Sicherstellung der Gesamtfinanzierung der mit Bundesmitteln geförderten Pflegeeinrichtungen ausdrücklich den Ländern zugewiesen wird.
Fällt die Verwendung der Bundesfinanzhilfen in die alleinige Sachzuständigkeit und -verantwortung des Landes, ist es gerechtfertigt, das Risiko einer Insolvenz des Trägers der geförderten Pflegeeinrichtung ebenfalls dem Land zuzuordnen. Weil der Bund nur sehr eingeschränkt Einfluss auf die Auswahl der zur Förderung vorgesehenen Investitionsmaßnahmen nehmen kann und ihm Mitwirkungsbefugnisse bei der Weiterleitung der Bundesmittel an den Zuwendungsempfänger nicht zukommen, nimmt das Land in besonderem Maße finanzielle Interessen des Bundes wahr. Die Einzelheiten der Planung und Finanzierung des Investitionsprojekts sowie die konkreten Modalitäten des Bewilligungsverfahrens mit der Prüfung der Zuwendungsvoraussetzungen entziehen sich der Kenntnis, Zuständigkeit und Verantwortung des Bundes ebenso wie die fortgesetzte verwaltungsmäßige Kontrolle der zweckentsprechenden Mittelverwendung im Anschluss an die Auszahlung der Fördermittel an den Zuwendungsempfänger. Den fehlenden Einwirkungsmöglichkeiten des Bundes bei der konkreten Umsetzung des Finanzhilfeprogramms entspricht es, dass er nicht mit finanziellen Risiken belastet wird, die dem Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Landes zuzuordnen sind. Dazu gehört das Risiko, infolge der Insolvenz des Vorhabenträgers einen Anspruch auf Rückzahlung der Fördermittel nicht realisieren zu können.
bb) Die mit der Sachkompetenz und -verantwortung korrespondierende Zuweisung des Insolvenz- und Ausfallrisikos in den Rechtskreis des Beklagten ist unabhängig davon gerechtfertigt, ob im Rechtsverhältnis zum Bund in Bezug auf das Investitionsprojekt Bielatal eine ordnungsgemäße Verwaltungsführung vorliegt und ob der Beklagte durch die Handhabung des Bewilligungsverfahrens oder durch sein Verhalten im Insolvenzverfahren dazu beigetragen hat, das Ausfallrisiko zu erhöhen.
Abgesehen davon hat sich der Beklagte gegenüber der Klägerin jedenfalls nicht deswegen pflichtwidrig verhalten, weil er der nachrangigen dinglichen Sicherung der öffentlichen Fördermittel auch im Verhältnis zu den Grundstückserwerbskosten zugestimmt hat. Dass - wie die Klägerin geltend macht - Einvernehmen zwischen ihr und den Ländern darüber bestand, dass ein unbelastetes erschlossenes Grundstück eingebracht werden sollte, lässt die Verwaltungsvereinbarung nicht erkennen. Auch die übrigen Umstände, insbesondere die Förderrichtlinien des Beklagten, lassen zumindest nicht auf eine keine Ausnahmen gestattende Übereinkunft in diesem Sinne schließen. Die Richtlinien erlaubten dem Zuwendungsempfänger, etwaige Kapitalmarktmittel für die Finanzierung des Eigenanteils der als zuwendungsfähig anerkannten Aufwendungen für das Investitionsvorhaben vorrangig im Grundbuch abzusichern. Zwar war eine vorrangige dingliche Sicherung für die Kreditfinanzierung von Grundstückserwerbskosten grundsätzlich nicht gestattet, weil die öffentlichen Fördermittel an zweiter Rangstelle noch über dem Beleihungswert des Investitionsobjekts gesichert sein sollten. Weil diese Festlegung nach Einschätzung des Beklagten bei einigen Trägern zu Schwierigkeiten führen und damit die Durchführung des Investitionsvorhabens gefährden würde, hatte er sich aber vorbehalten, im Einzelfall eine abweichende Entscheidung zu treffen. Auf dieser Grundlage stimmte er der nachrangigen Sicherung der öffentlichen Fördermittel für das Investitionsprojekt Bielatal zu.
Die nicht feststellbare Pflichtwidrigkeit des Verhaltens des Beklagten steht dem Erstattungsanspruch der Klägerin jedoch nicht entgegen. Im Unterschied zu Art. 104a Abs. 5 Satz 1 GG trifft Art. 104a Abs. 4 GG a.F. keine Haftungsregelung. Die Zuordnung von Finanzlasten und Verantwortlichkeiten im Finanzhilfeverhältnis zwischen Bund und Land knüpft nicht an einen Haftungstatbestand an. Demzufolge steht auch die Erstattungsregelung des § 6 Abs. 4 VV nicht unter dem Vorbehalt, dass dem Land eine ordnungswidrige oder zumindest risikoerhöhende Verwaltungsführung anzulasten ist. Vielmehr erweist sich der Umstand, dass der Beklagte eigenverantwortlich die Voraussetzungen für die Ausreichung der Fördermittel an den Vorhabenträger festgelegt und die Einschätzung über die Fördereignung des Vorhabens Bielatal getroffen hat, schon für sich genommen als hinreichend, um den Erstattungsanspruch zu tragen.
Offenbleiben kann, ob eine Modifizierung angezeigt ist, wenn sich das Insolvenz- und Ausfallrisiko anders als hier dem Einwirkungsbereich des Landes entzieht, etwa weil es auf Naturereignisse oder auf sonstige außerhalb des Verantwortungsbereichs des Landes liegende Umstände zurückzuführen ist. Insoweit ließe sich erwägen, unter Heranziehung des Verfassungsprinzips des bundesfreundlichen Verhaltens als staatsrechtliche Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (vgl. Urteil vom 9. Juli 1976 - BVerwG 7 A 1.76 - BVerwGE 50, 137 <148>; Sachs, in: ders., GG, 5. Aufl. 2009, Art. 20 Rn. 68) den Erstattungsanspruch des Bundes zu beschränken.
d) Für die Berechnung des Erstattungsanspruchs ist auf die im Zuwendungsbescheid vom 28. Februar 1997 festgelegte Zweckbindungsdauer abzustellen. Demzufolge ist für die Zweckbindungsdauer zwischen 40 Jahren (Gebäude) und 10 Jahren (Ausstattungsgegenstände) zu differenzieren. Für den Inventarwert kann in Anknüpfung an § 12 Abs. 2 Nr. 1 PflhVO ein Betrag von 13 500 DM (6 902 €) pro Pflegeplatz zugrunde gelegt werden (so auch der Ansatz des Beklagten im Bescheid vom 28. Dezember 2004 betreffend die Zustimmung zur gesonderten Berechnung nach § 82 Abs. 3 SGB XI). Danach ist die Klage in Höhe von 3 034 922,60 € begründet: Die als förderfähig anerkannten Gesamtkosten belaufen sich auf 11 387 198 DM, davon entfallen auf den Bund 7 287 806 DM. Die Kosten pro Pflegeplatz sind ausgehend von insgesamt 76 Plätzen mit 149 831,55 DM anzusetzen, davon 13 500 DM für Ausstattung und 136 331,55 DM für Gebäude. Für den Bund ergeben sich anteilig 656 640 DM (Ausstattung) und 6 631 166 DM (Gebäude). Der Zeitraum der zweckentsprechenden Mittelverwendung liegt bei 70,1 Monaten (28. Oktober 1999 bis 31. August 2005); der zugrunde zu legende Faktor für die Berechnung des Erstattungsbetrags ist mithin 70,1/120 (Ausstattung) und 70,1/480 (Gebäude). Daraus ergeben sich 273 052,84 DM (656 640 - <656 640 x 0,5841666>) und 5 662 739,90 DM (6 631 166 - <6 631 166 x 0,1460416>), umgerechnet (139 609,70 € + 2 895 312,90 € =) 3 034 922,60 €.
3. Der Zinsanspruch folgt aus § 6 Abs. 4 Satz 2 VV. Danach ist der Erstattungsbetrag vom Zeitpunkt der Entstehung des Erstattungsanspruchs an in Höhe von 6 % zu verzinsen. Entstanden ist der Erstattungsanspruch mit dem Wegfall der zweckentsprechenden Mittelverwendung, hier also (spätestens) mit der Betriebsübernahme der Pflegeeinrichtung durch den neuen Träger am 1. September 2005.