Entscheidungsdatum: 27.09.2010
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 305 14 576
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 27. September 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, des Richters Dr. Kortbein und der Richterin Kortge
beschlossen:
Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Mai 2008 und 22. Januar 2009 sind wirkungslos, soweit die Widersprüche gegen die angegriffene Marke 305 14 576 aus den Marken 399 83 256, 302 34 527, 303 63 899 und 304 12 304 und dem "Firmenkennzeichen medi" zurückgewiesen worden sind.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
I.
Mit den Beschlüssen vom 22. Mai 2008 und 22. Januar 2009 hat die Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts die Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG der angegriffenen Marke 305 14 576 mit den Widerspruchsmarken 399 83 256, 302 34 527, 303 63 899 und 304 12 304 verneint und die Widersprüche sowie den Widerspruch aus dem "Firmenkennzeichen medi" zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat die Widersprechende form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.
Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat sie mit Schriftsatz vom 23. Juni 2010 sämtliche Widersprüche zurückgenommen und mit Schriftsatz vom 12. August 2010 ausdrücklich Antrag auf Aussprechung der Wirkungslosigkeit der beiden Amtsbeschlüsse gestellt.
II.
Gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 ZPO war auszusprechen, dass die beiden angefochtenen Beschlüsse wirkungslos sind (vgl. BGH Mitt. 1998, 264 – Puma; Fezer/Grabrucker, Handbuch der Markenpraxis, Band I, Markenverfahrensrecht, 1. Teil, 2. Kap., Rdnr. 384).
Nach dem bei der Rücknahme des Widerspruchs gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG entsprechend anzuwendenden § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO ist, wenn die Klage zurückgenommen wird, der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen und ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Nach dem gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG analog anzuwendenden § 269 Abs. 4 ZPO entscheidet das Gericht auf Antrag über diese Wirkung durch (deklaratorischen) Beschluss. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift hat der Ausspruch der Wirkungslosigkeit auf Antrag zwingend zu erfolgen, ohne dass zwischen Urteilen unterschieden wird, welche der Klage stattgeben oder sie zurückweisen. Das gilt auch im Rahmen der analogen Anwendung dieser Vorschrift im Markenrecht bei einer Rücknahme eines Widerspruchs, so dass es auch hier keinen Unterschied machen darf, ob der Widerspruch zur Löschung der angegriffenen Marke geführt hat oder ob er zurückgewiesen worden ist.
Nach der Ansicht des 27. Senats des Bundespatentgerichts in seiner Entscheidung vom 2. November 2009 (27 W (pat) 55/09, GRUR 2010, 759, 760 - flow) erstrecken sich die Rechtswirkungen des § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO nur auf Entscheidungen, die zu Änderungen der materiellen Rechtslage geführt haben, weshalb er den Antrag auf Wirkungslosigkeitserklärung eines den Widerspruch zurückweisenden Amtsbeschlusses mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig zurückgewiesen hat. Wie bereits dargelegt, sieht das Gesetz eine solche Unterscheidung aber nicht vor, sondern verpflichtet das Gericht bei Antragstellung in jedem Fall zum Ausspruch der Wirkungslosigkeit.
Ferner fehlt dem Antrag eines Widersprechenden auf Feststellung der Wirkungslosigkeit von Amtsbeschlüssen, die Widersprüche zurückweisen, - wie hier - auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Der Zweck eines Beschlusses nach § 269 Abs. 4 ZPO besteht darin, den Rechtsschein wirkungsloser Entscheidungen zu beseitigen. An der Herbeiführung dieser Rechtssicherheit hat auch ein Widersprechender, dessen Widersprüche zurückgewiesen worden sind, ein schutzwürdiges Interesse. Denn in einem etwaigen Klageverfahren lässt sich die Wirkungslosigkeit einer die Verwechslungsgefahr verneinenden Entscheidung des Markenamtes einfacher und nachdrücklicher durch Vorlage eines entsprechenden Gerichtsbeschlusses belegen. Diesen kann der Markeninhaber ferner bei einer späteren Markenübertragung dem Rechtsnachfolger aushändigen und damit auch für ihn Rechtssicherheit schaffen (vgl. Kunz-Hallstein, GRUR 2010, 760).
Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zugelassen, weil die vorliegende Entscheidung vom Beschluss des 27. Senats des Bundespatentgerichts vom 2. November 2009 (27 W (pat) 55/09, GRUR 2010, 759, 760 - flow) abweicht.