Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 20.04.2016


BPatG 20.04.2016 - 29 W (pat) 78/13

Markenbeschwerdeverfahren – "biz2people" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
20.04.2016
Aktenzeichen:
29 W (pat) 78/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2012 008 857.0

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 20. April 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-

Huber, der Richterin Akintche und des Richters am Landgericht Dr. von Hartz

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

biz2people

3

ist am 9. November 2012 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

4

Klasse 21: Haushaltsgeräte; Küchengeräte;

5

Klasse 25: Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen; Schuhwaren;

6

Klasse 35: Unternehmensberatung, Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten.

7

Mit Beschluss vom 2. September 2013 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung teilweise zurückgewiesen, nämlich für die Dienstleistungen der Klasse 35

8

Unternehmensberatung, Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten.

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Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, in diesem Umfang fehle dem Anmeldezeichen die erforderliche Unterscheidungskraft. Der Verkehr verstehe das angemeldete Zeichen dahingehend, dass es sich bei den Dienstleistungen um solche handele, die mit der Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden bzw. Menschen zu tun habe. Die Wortzusammensetzung stamme zwar aus der englischen Sprache, sei jedoch sprachüblich gebildet und die Abkürzungen in die deutsche Sprache eingegangen. Die zurückgewiesenen Dienstleistungen könnten alle der Kommunikation zwischen Menschen und Menschen dienen. Wie die Kommunikation zwischen Unternehmen und dem Kunden erfolge, müsse nicht genau definiert sein. Das Anmeldezeichen könne bewusst weit gefasst sein, um ein möglichst breites Feld abzudecken. Eine gewisse Unschärfe des Anmeldezeichens führe noch nicht zu seiner Schutzfähigkeit.

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Gegen den teilzurückweisenden Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie beantragt sinngemäß,

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den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. September 2013 aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.

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Sie ist der Auffassung, dass der deutschsprachige Verkehr, der der englischen Sprache lediglich eingeschränkt mächtig sei, keine Veranlassung habe, die Zahl „2“ im Sinne von „to“ zu verstehen, wie dies bei „B2B“ oder „call 2 day“ der Fall sei. Denn der erste Bestandteil des Anmeldezeichens „biz“ sei lexikalisch nicht erfasst und stelle einen Phantasiebegriff dar, der keinen unmittelbaren sachlichen Bezug aufweise. Der Wortbestandteil „biz“ stehe nicht nur für die Abkürzung „business“, sondern sei mehrdeutig. Er könne auch als Abkürzung für Berufsinformationszentrum der Arbeitsagentur stehen. Unüblich sei die Bildung des Anmeldezeichens schon deshalb, weil der Verkehr in dem Wortbestandteil „biz“ auch eine Endung für eine Top-Level Domain erkenne, die am Ende eines Wortes stehe. Insgesamt stelle das angemeldete Zeichen daher eine unübliche und insofern fantasievolle Kombination von für sich beschreibenden Wortbestandteilen zu einem einzigen Wortbegriff dar, der seinerseits nicht beschreibend sei. Schließlich weist die Anmelderin darauf hin, dass in anderen Ländern Zeichen eingetragen worden seien, bei denen die Annahme eines Freihaltebedürfnisses deutlich näher liege als beim angemeldeten Zeichen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

14

Die gemäß § 66 MarkenG zulässige, insbesondere form- und fristgerechte Beschwerde der Anmelderin ist unbegründet.

1.

15

Der Eintragung des Zeichens „biz2people“ steht für die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, so dass die Markenstelle die Anmeldung insoweit zu Recht zurückgewiesen hat.

a)

16

Unterscheidungskraft in diesem Sinne ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH MarkenR 2012, 304 Rn. 23 – Smart Technologies/HABM [WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH]; GRUR 2010, 228 Rn. 33 – Audi AG/ HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH WRP 2015, 1108 Rn. 10 – Nivea-Blau; GRUR 2015, 581 Rn. 9 – Langenscheidt-Gelb; BGH GRUR 2014, 872 Rn. 12 – Gute Laune Drops; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH GRUR 2014, 565 Rn. 12 – smartbook; GRUR 2012, 270 Rn. 8 - Link economy; GRUR 2009, 778 Rn. 11 – Willkommen im Leben).

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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 - Matratzen Concord AG/Hukla Germany SA [Matratzen Concord/Hukla]; BGH a. a. O. Rn. 11 – Kaleido; BGH a. a. O. Rn. 8 – Link economy).

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Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen im maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung (BGH, GRUR 2015, 173 Rn. 13 – for you; a. a. O. Rn. 10 - smartbook; GRUR 2013, 1143 Rn. 15 - Aus Akten werden Fakten) dann keine Unterscheidungskraft, wenn das Zeichenwort eine für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehende Sachaussage darstellt, es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom angesprochenen Publikum stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird oder das Zeichen sich auf Umstände bezieht, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Koninklijke KPN Nederland VN/Benelux-Merkenbureau [Postkantoor]; BGH a. a. O. Rn. 21 – Gute Laune Drops; a. a. O. Rn. 11 – Link economy; GRUR 2014, 569 Rn. 14 – HOT; GRUR 2010, 1100 Rn. 23 – TOOOR!; GRUR 2006, 850 Rn. 28f. – FUSSBALL WM 2006).

19

Ebenso ist vorliegend zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 53 – Henkel KGaA [Henkel]; BGH GRUR 2015, 173 Rn. 16 – for you). Eine analysierende Betrachtungsweise ist unzulässig, weil sich aus ihr keine in den Vordergrund drängende, für den Durchschnittsverbraucher ohne weiteres ersichtliche Beschreibung von Waren ergibt (BGH GRUR 2014, 564 Rn. 24 - smartbook). Allerdings schließt der Grundsatz der Gesamtbetrachtung es nicht aus, dass die einzelnen Markenbestandteile zunächst getrennt geprüft werden (EuGH GRUR 2010, 534 Rn. 43 Prana Haus GmbH/HABM [PRANAHAUS]; Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 186).

20

Setzt sich die angemeldete Marke aus mehreren beschreibenden Wörtern zusammen, kann sich aus dem Gesamteindruck eine Unterscheidungskraft nur dann ergeben, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination semantisch oder syntaktisch eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH GRUR 2010, 931 Rn. 61ff. – Lancôme parfums et beauté & Cie SNC/HABM [COLOR EDITION]; a. a. O. Rn. 99 – Koninklijke KPN Nederland NV/Benelux-Merkenbureau [Postkantoor]; BGH GRUR 2014, 1204 – Rn. 18 – DüsseldorfCongress; GRUR 2009, 949 Rn. 13 – My World).

b)

21

Unter Anwendung dieser Grundsätze steht dem angemeldeten Zeichen für die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen „Unternehmensberatung, Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten“ das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegen. Der von den beanspruchten Dienstleistungen angesprochene Verkehrskreis der Unternehmer, Gewerbetreibenden und Geschäftsinhaber wird dem Anmeldezeichen lediglich einen sachlichen Hinweis entnehmen, nämlich darauf, das die angebotenen Dienstleistungen das Geschäftsmodell des „business to people“ zum Gegenstand und Inhalt haben.

aa)

22

Die um Schutz nachsuchende Angabe setzt sich aus zwei zum englischen Grundwortschatz gehörenden und dem inländischen Verkehrskreis geläufigen Wortelementen „biz“ und „people“ und der Zahl „2“ zusammen.

(1)

23

Der Begriff „people“ bedeutet „Mensch, Leute, Volk oder Gemeinde“ (DUDEN-OXFORD, Großwörterbuch Englisch, Mannheim u. a. 1990, Stichwort: people).

24

Die Buchstabenfolge „biz“ ist die englische Abkürzung für „business“ (DUDEN Oxford, a. a. O., Stichwort: biz). Der Begriff „business“ selbst ist im deutschen Sprachgebrauch weit verbreitet und bedeutet „Geschäft“ (DUDEN, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Auflage, Stichwort: business; Brockhaus, Enzyklopädie, 21. Aufl., Band 5, Stichwort: business). Er wird in vielfältigen Begriffskombinationen verwendet, wie „Big Business, Businessman, Show-Business, Musik-Business, Profi-Business, Film-Business, Computer-Business, Business Class“ oder der Wortfolge „business as usual (vgl. Carstensen/Busse, Anglizismen-Wörterbuch, Berlin u. a. 2001, S. 186, 187 mit weiteren Nachweisen) und macht die Bekanntheit des Begriffs deutlich.Die Abkürzung „biz“ (in verschiedenen Ausprägungen) hat bereits vor dem Anmeldetag ebenfalls in der Bedeutung „Geschäft“ Eingang in die deutsche Sprache gefunden und ist als solche seit dem Jahr 1994 lexikalisch nachgewiesen (vgl. Bertelsmann Lexikon der Abkürzungen, 1994, Stichwort: „biz“; BPatG, Beschluss vom 31.01.2006, 27 W (pat) 179/04 - BizModel; Beschluss vom 04.09.2002, 29 W (pat) 184/01 - mobile bizz). Sie wird über den Wirtschaftsbereich hinaus auch im Technologie-Sektor als Abkürzung für „Business“ verstanden (vgl. Petrowski, PC- und IT-Abkürzungen von A-Z, 2003, Stichwort: biz).

25

Die Buchstabenfolge „biz“ steht zwar als Akronym auch für „Bank für Internationalen Zahlungsausgleich“ und „Berufsinformationszentrum“ (vgl. Bertelsmann Lexikon, a. a. O., Stichwort: „biz“) oder hat die weitere Bedeutung der generischen Top-Level-Domain „biz“ für Unternehmen. Die Annahme der ersten beiden Bedeutungen ist im vorliegenden Gesamtzusammenhang jedoch fernliegend, da es hier nicht um Finanzdienstleistungen/Geldgeschäfte in Klasse 36 oder Erziehung/Ausbildungsdienstleistungen in Klasse 41 geht, sondern um in Klasse 35 beanspruchte Dienstleistungen, nämlich Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten und Unternehmensberatung, die als Teilbereich des „Consultings“ verstanden werden. Consulting ist die individuelle Aufarbeitung betriebswirtschaftlicher Probleme durch Interaktion zwischen externen, unabhängigen Personen oder Beratungsorganisationen und einem um Rat suchenden Klienten (BPatG, Beschluss vom 09.10.2015, 29 W (pat) 578/12). Diese Dienstleistung betrifft die eigentliche unternehmerische Tätigkeit, mithin das „Geschäft“ des Dienstleistungsempfängers, welches nicht nur im täglichen Wirtschaftsleben auch als „business“ bezeichnet wird (DUDEN Oxford, a. a. O., Stichwort: Geschäft; DUDEN, a. a. O., Stichwort: business). „biz“ im Sinne einer Top-Level-Domain zu verstehen, liegt ebenfalls nicht nahe, da das angemeldete Zeichen keine strukturelle Ähnlichkeit mit einer Internet- oder eMail-Adresse aufweist. Bei einer Internetadresse steht die Top-Level-Domain „biz“ am Ende und nicht am Anfang einer Zeichenfolge und ist zudem durch einen Punkt von der Second-Level-Domain getrennt. Auch der weitere Bestandteil höherer Ordnung einer Internetadresse (www.) fehlt. Bei einer eMail-Adresse steht die Top-Level-Domain ebenfalls am Ende und enthält zusätzlich ein „@“-Zeichen. All dies ist beim angemeldeten Zeichen nicht der Fall.

26

Allein der Umstand, dass das angemeldete Zeichen die Zahl „2“ in der Mitte der Wortfolge verwendet, stellt ebenfalls keine sprachliche Besonderheit mehr dar. Vielmehr handelt es sich auch um das im Englischen lautidentisch wie „two“ ausgesprochene Wort „to“. Bestimmte Zahlen (u. a. 4 = for) werden als Ersatz für englische Wörter benutzt und auch vom Verkehr in diesem Sinne verstanden (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker, a. a. O. § 8 Rn. 193). Abkürzungen aus der Netzsprache, die aus Gründen der Schreibökonomie aus dem Bereich der Kurzmitteilungen entwickelt wurden (vgl. DUDEN, von HDL bis DUBIDODO, Mannheim 2009, S. 25), haben seit langem Eingang in die Sprache gefunden. Bereits Ende der 90iger Jahre war es üblich in der Netzsprache, Zahlen als Abkürzung für Worte in einer Unterhaltung zu verwenden, wie z. B. CUl8er für see you later/bis später oder f2f für face to face/von Angesicht zu Angesicht (vgl. Kreisel/Jargon, Net Jargon, Englisch fürs Internet, Hamburg 1996, Stichwort: talk mode jargon). Besonders verbreitet ist die Zahl „2“ in der Bedeutung „to“ als englische Präposition (DUDEN, von HDL bis DUBIDODO, Mannheim 2009, S. 27; vgl. BPatG, Beschluss vom 17.02.2011, 30 W (pat) 19/10 – cover2dry; Beschluss vom 22.12.2005, 33 W (pat) 1/04 – apotheke2u.de; Beschluss vom 02.07.2003, 29 W (pat) 102/01 – Call 2 day; Beschluss vom 18.10.2001, 25 W (pat) 21/01 – web2cad).

(2)

27

Das Zeichen „biz2people“ wird in seiner Gesamtheit daher ohne weiteres mit „business to people“ gleichgesetzt und im Sinne von „Geschäfte für/zwischen Menschen“ verstanden werden. Dieses Verständnis ergibt sich ohne analytische Gedankenschritte einfach aus der Kombination der Zeichenelemente des Anmeldezeichens.

28

Das angemeldete Wortzeichen erfährt durch die Kombination der vorgenannten Begriffe weder in syntaktischer noch in semantischer Art einen Bedeutungswandel, der über den Sinngehalt der Einzelzeichen hinausgeht. Der Geschäftsverkehr ist ständig mit neuen Begriffen konfrontiert, die beschreibend (und auch werbemäßig) formuliert und dementsprechend verwendet werden. Die Struktur des angemeldeten Zeichens findet sich – vor allem im Geschäftsleben – auf vielfältige Weise wieder, wie B2B (= Business to Business) oder B2C (= Business to Consumer). Ersteres wird als Handel mit Waren oder Dienstleistungen zwischen Unternehmen verstanden, letzteres als Geschäfte zwischen Unternehmen und Privatkunden (Brockhaus, Enzyklopädie, 21. Aufl., Band 5, Stichwort Business-to-Business). Aber auch andere Abkürzungen mit gleichartiger Struktur wurden und werden im Geschäftsleben und in der Werbebranche verwendet: B2E = Business to Employee; B2A = Business to Administration (vgl. Petrowski, PC- und IT-Abkürzungen von A-Z, 2003, Stichwort: B:“). Wie eine Vielzahl von derart gebildeten Zeichenzusammensetzungen zeigt, kommt hierdurch keine markenspezifische und eine damit verbundene Herkunftsfunktion zum Ausdruck. Der Umstand, dass das beanspruchte Wortzeichen in seiner Gesamtheit lexikalisch nicht erfasst ist, steht dem ebenfalls nicht entgegen (BGH GRUR 2012, 272 Rn. 12 – Rheinpark-Center Neuss).

29

Der Einwand der Mehrdeutigkeit, welche von der Anmelderin vorgetragen wird, verfängt nicht. Die in Rede stehenden Dienstleistungen werden aufgrund der geläufigen Struktur des Anmeldezeichens und der ohne weiteres zumindest für den geschäftlichen Verkehr verständlichen und eingängigen Begriffskombination lediglich inhaltsmäßig beschrieben. Das angesprochene Publikum wird das angemeldete Zeichen deshalb nicht als Herkunftshinweis auffassen.

bb)

30

Bei der Beurteilung des Verständnisses des angesprochenen Verkehrskreises des angemeldeten Zeichens ist in erster Linie auf ein unternehmerisch tätiges Publikum abzustellen, weil sich die Dienstleistungen der Klasse 35 im Wesentlichen an Geschäftskunden richten und nicht von Endverbrauchern in Anspruch genommen werden (BGH GRUR 2009, 949 Rn. 28 – My World; BPatG, Beschluss vom 30.04.2014, 29 W (pat) 113/11). Da der Geschäftsverkehr generell und im Bereich der Unternehmens- und Organisationsberatung im Besonderen über spezielle Kenntnisse der englischen Sprache verfügt, sind solche selbstverständlich zu berücksichtigen (vgl. EuGH a. a. O. Rn. 25 – 31 [PRANAHAUS]). Der Fachverkehr wird das beanspruchte Zeichen „biz2people“ ohne weiteres als Hinweis auf ein Geschäfts- oder Marketingkonzept verstehen, das die Ansätze „Geschäfte werden mit Menschen gemacht“ und eine andere – internetbasierte – Kommunikationsart verfolgt. Dies deshalb, weil der mit dem Anmeldezeichen vergleichbare Begriff „business to people/B2P“ bereits seit längerem als Geschäfts- oder Marketingkonzept sachbeschreibend verwendet wird. Es geht hier darum, dass Unternehmen über soziale Medien ihr Geschäft, also Produkte und Dienstleistungen, an ihre potentiellen (Geschäfts-)Kunden vermitteln wollen (vgl. Paitl, ERP-Markt.info 2/20, GTIO-Verlag, S. 23 „Von B2B to B2P“). Darüber hinaus agieren Unternehmen nicht mehr nur über soziale Medien gegenüber anderen Unternehmen, sondern auch direkt gegenüber Kunden selbst. Dieser unternehmensspezifische Vertriebskanal ist auch Gegenstand von Marketingstrategien (vgl. Angela Wells, Customer Relationship Marketing, 28.06.2013, „Forget About B2B And B2C – Technology Enables B2P (Business To People) Marketing; vgl. auch die weiteren übersandten Rechercheunterlagen zu „B2P“). Das Thema „B2P“ wurde dabei bereits vor dem Anmeldezeitpunkt der beanspruchten Bezeichnung im Geschäftsleben diskutiert (vgl. Auszug aus www.marketingprofis.de, „Ditch B2B and Think B2P (Business to People) vom 21.09.2011).

cc)

31

Das angemeldete Wortzeichen ist für die hier beanspruchte Dienstleistung „Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten“ sachbeschreibend. Organisationsberatung selbst zielt auf eine zweckmäßige Gestaltung der Organisationsbeziehungen innerhalb eines Unternehmens ab (Vahlens Großes Wirtschaftslexikon, 2. Aufl., Band 2, Stichwort: Organisationsberatung). Die Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten betrifft eine Beratungsleistung zu Fragen der Struktur der Organisation von Firmen, die auch Fragen zur geschäftlichen Ausrichtung gegenüber Drittkunden betreffen kann. Dies schließt Fragen und Beratungsleistungen über neue Vertriebskanäle (business to people) mit ein, für die die interne Struktur des Dienstleistungsempfängers geschaffen oder (neu-)geordnet werden muss.

32

Die Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten kann Gegenstand und Inhalt einer Beratungsdienstleistung von Dritten sein, wie die der Anmelderin übersandten Rechercheunterlagen belegen (vgl. initio Organisationsberatung; G… Organisationsberatung; Move Organisationsberatung; SYSTOPIA Organisationsberatung; BCO (Büro für Coaching und Organisationsberatung) Köln).

33

Soweit die Anmelderin die Dienstleistung „Unternehmensberatung“ beansprucht, hat die Beschwerde ebenfalls keinen Erfolg. Einer Eintragung als Marke für mit einem weiten Oberbegriff bezeichnete Dienstleistungen stehen Eintragungshindernisse nämlich schon dann entgegen, wenn sie hinsichtlich einzelner unter den Oberbegriff fallender Dienstleistungen vorliegen (BGH, a. a. O., Rn. 44 – Nivea-Blau; GRUR 2002, 262, 262 - AC). Die Dienstleistung „Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten“ kann im Rahmen der Unternehmensberatung erbracht werden. Das Leistungsspektrum eines Beraters ist vielfältig. Es erstreckt sich auf alle Probleme der Unternehmensleistung, unter anderem auch auf die Bereiche Planung und Organisation (vgl. Der Brockhaus Wirtschaft, 2. Aufl., 2008 – Stichwort: Unternehmensberatung).

c)

34

An dieser Sach- und Rechtslage vermögen auch die von der Anmelderin angeführten europäischen und internationalen Voreintragungen nichts zu ändern.

35

Ein Eingehen auf die genannten Voreintragungen ist nicht veranlasst, weil zum einen aus nicht begründeten Eintragungen anderer Marken keine weitergehenden Informationen im Hinblick auf die Beurteilung der konkreten Anmeldung entnommen werden können (BGH GRUR 2013, 522 Rn. 20 – Deutschlands schönste Seiten). Zum anderen darf auch unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht von einer den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Entscheidung abgesehen werden (vgl. BGH GRUR 2014, 376 Rn. 19 – GRILL MEISTER; GRUR 2012, 276 Rn. 18 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.; vgl. auch EuGH GRUR 2009, 667 Rn. 18 – Bild digital GmbH/DPMA [Volks.Handy]). Auch ausländische Voreintragungen identischer oder vergleichbarer Marken, auf die sich die Beschwerdeführerin im Verfahren vor dem DPMA berufen hat, haben hinsichtlich der Schutzfähigkeit weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 30 – HOT; Ströbele in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 45, 46 m. w. N.).

2.

36

Auf die Frage, ob ein Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht, kommt es nach den vorstehenden Ausführungen nicht mehr an.