Entscheidungsdatum: 15.07.2013
Mark Twain
Üblicherweise dienen Namen berühmter historischer Personen in der Branche der Schreibgeräte ihnen zur Ehrung oder als Widmung und nicht als Marke.
Es gibt auf Schreibgeräten keine fest fixierte Stelle, an der Widmungsnamen üblicherweise angebracht sind (vgl. BGHZ 185, 152 = GRUR 2010, 825 - Marlene-Dietrich-Bildnis II).
Das Gericht ist nicht verpflichtet, seine Recherche auf die theoretische Möglichkeit auszudehnen, in welcher Form der Name von Mark Twain vom angesprochenen Verkehrskreis als betrieblicher Herkunftshinweis angesehen werden könnte (vgl. EuGH GRUR 2013, 519 ff. – Deichmann/gestrichelter Winkel).
In der Beschwerdesache
…
…
betreffend die Marke 30 2010 060 066
Löschungsverfahren S 217/11
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15. Mai 2013 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker sowie der Richterinnen Kortge und Uhlmann
beschlossen:
Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 22. Mai 2012 wird aufgehoben.
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat die Marke 30 2010 060 066 zu löschen.
I.
Die Beschwerdeführerin begehrt die Löschung der am 4. November 2010 für die Waren der Klasse 16 „Schreibgeräte“ eingetragenen Wortmarke 30 2010 060 066
MARK TWAIN
gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2, 4 und 10 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft, Freihaltebedürfnis, Täuschung des Verkehrs und bösgläubiger Anmeldung.
Die Antragsgegnerin hat dem Löschungsantrag vom 28. Juli 2011 mit Schreiben vom 11. August 2011 widersprochen.
Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Antragsgegnerin ist auch Inhaberin der am 17. Juli 2008 eingetragenen Gemeinschaftsmarke 006 306 311 MARK TWAIN, die unter anderem für die Waren der Klasse 16 „Schreibgeräte“ eingetragen ist. Sie verwendet diese Marke seit 2008 auch für Schreibgeräte.
Im August 2010 brachte die Antragstellerin im Rahmen ihrer seit 1992 jährlich erscheinenden Sonderedition „Limited Writers Edition“ ihrerseits Schreibgeräte mit der Aufschrift „Mark Twain“ auf den Markt. Die Antragsgegnerin mahnte die Antragstellerin daraufhin ab und erwirkte gegen sie am 14. September 2010 eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Nürnberg auf Unterlassung wegen Verletzung ihrer Schutzrechte aus der Gemeinschaftsmarke.
Nachdem die Antragstellerin der Antragsgegnerin mit Schadensersatzansprüchen bei Vollstreckung der einstweiligen Verfügung in Millionenhöhe gedroht und behauptet hatte, die Gemeinschaftsmarke sei wegen älterer europäischer Schutzrechte an dem Namen MARK TWAIN löschungsreif, sah die Antragstellerin von der Zustellung der einstweiligen Verfügung ab.
Sie beantragte die Eintragung der verfahrensgegenständlichen Marke für Schreibgeräte beim DPMA und erhob nach deren Eintragung am 4. November 2010 mit Schreiben vom 18. November 2010 Unterlassungs- und Schadensersatzklage gegen die Antragstellerin, der durch Urteil des Landgerichts Nürnberg vom 18. November 2011 weitgehend stattgegeben wurde. Die Berufung der Klägerin hiergegen ist durch Urteil des OLG Nürnberg vom 18. September 2012 zum überwiegenden Teil zurückgewiesen worden.
Über mehrere Löschungsanträge gegen die Gemeinschaftsmarke MARK TWAIN hat das HABM noch nicht entschieden.
Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Löschungsantrag durch Beschluss vom 22. Mai 2012 zurückgewiesen. Der Löschungsantrag sei unbegründet. Auch Namen bekannter Personen könnten Unterscheidungskraft aufweisen. Das Publikum sei daran gewöhnt, dass Spitzensportler und Künstler ihre Namen als Werbeträger bestimmten Unternehmen zur Verfügung stellten. Zwar könnten die Namen historisch bekannter Personen auch Teil des der Allgemeinheit zustehenden kulturellen Erbes sein. Wenn sie als Namen öffentlicher Einrichtungen verbreitet seien, liege der Bezug zu einem bestimmten Warenhersteller fern. Hier sei aber nach den beanspruchten Waren- und Dienstleistungsgruppen zu unterscheiden. Solchen Namen fehle die Unterscheidungskraft für Waren und Dienstleistungen, bei denen die angesprochenen Verbraucher einen thematischen oder sonstigen sachlichen Bezug zwischen Ware und der bekannten Person herstelle und den Namen deshalb als beschreibenden Hinweis auffasse. Sei der Name dagegen nicht beschreibend, so könne die Eintragung nicht schon wegen der Verwendung des berühmten Namens als Werbemittel versagt werden. Schreibgeräte repräsentierten nicht das Werk des berühmten Schriftstellers Mark Twain. Sie wiesen keinen Zusammenhang zu dessen Werken auf. Die angesprochenen Verbraucher gingen auch nicht davon aus, dass die unter dem Namen verkauften Stifte denen glichen, mit denen Mark Twain geschrieben habe. Der Schriftsteller sei im Inland auch nicht so bekannt wie berühmte deutsche Dichter. Eine allgemeine Übung, Schreibgeräte nach berühmten Schriftstellern zu benennen, bestehe nicht. Vielmehr handele sich um eine Verkaufsstrategie, die gerade auf das Unternehmen des jeweiligen Anbieters hinweisen solle. Das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sei nicht erfüllt, da „Mark Twain“ keine beschreibende Angabe für Schreibgeräte sei.
Die Anmeldung sei auch nicht bösgläubig im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG gewesen. Es liege kein sittenwidriger Behinderungswettbewerb vor. Sie greife nicht in einen schutzwürdigen Besitzstand der Antragstellerin ein und verfolge nicht als vorrangiges Ziel, die Marke im Behinderungswettkampf einzusetzen. Dabei könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Markeninhaberin für die Marke Mark Twain bereits seit 2008 Schutz genieße und diese auch für Schreibgeräte seit 2008 unstreitig verwende. Das nachvollziehbare Ziel, mit der deutschen Markenanmeldung als Folgeanmeldung der Gemeinschaftsmarke Rechtslücken im Falle der Umwandlung zu schließen, stelle ein anerkennenswertes Interesse dar.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie sinngemäß beantragt,
den Beschluss der Markenstelle vom 22. Mai 2012 (Az. 30 2010 060 066 – S 217/11 Lösch) aufzuheben und das Deutsche Patent- und Markenamt anzuweisen, die Löschung der Wortmarke MARK TWAIN anzuordnen.
Sie ist der Auffassung, der angegriffenen Marke habe bereits bei Eintragung jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gefehlt und sie sei bösgläubig angemeldet worden.
Zur fehlenden Unterscheidungskraft:
Die Verwendung von Namen weltberühmter Persönlichkeiten der Zeitgeschichte für Erinnerungsstücke sei auch im Bereich der Schreibwaren und Schreibgeräte sehr gebräuchlich. Die angesprochenen Verbraucher, jedenfalls der Fachverkehr und der abgrenzbare Verbraucherkreis der Sammler derartiger Schreibwaren, seien daran gewöhnt und verstünden sie als beschreibenden und dekorativen Hinweis auf die Persönlichkeit und als eine Übertragung des Images auf die jeweiligen Produkte. Sie führten die Namen jedoch nicht auf ein bestimmtes Unternehmen zurück, jedenfalls nicht ohne die Hinzufügung weiterer unterscheidungskräftiger Merkmale. Dabei werde der Firmenname als Herkunftshinweis und der berühmte Name als Hommage an den jeweiligen Namensträger verstanden. Derartige Namen gehörten zum kulturellen Erbe und müssten jedermann frei zugänglich sein. So existierten viele Waren mit der Bezeichnung „Mark Twain“, der Verbraucher gehe aber nicht davon aus, dass sie vom gleichen Hersteller stammten. Mark Twain sei wesentlich bekannter als Thomas Mann, Heine, Herder oder Fontane. Wegen seiner großen Bekanntheit und der engen Verbindung zwischen diesem Schriftsteller und Schreibgeräten werde der Name nicht als Herkunftshinweis wahrgenommen.
Zur Böswilligkeit der Anmeldung:
Die Antragsgegnerin habe selbst eingeräumt, dass Ziel der deutschen Anmeldung ausschließlich Schadensersatzansprüche gegen die Unternehmensgruppe der Antragstellerin seien. Der Umstand, dass die Antragsgegnerin die Bezeichnung „Mark Twain“ für Schreibgeräte bereits verwendet habe, schließe die Bösgläubigkeit der Anmeldung nicht aus. Zur Schließung einer Schutzlücke im Fall der Umwandlung sei die Anmeldung in Deutschland nicht erforderlich gewesen. Zudem könne eine Umwandlung nicht erfolgen, wenn fehlende Unterscheidungskraft der Gemeinschaftsmarke festgestellt werde. Sollte deren Löschung wegen fehlender Unterscheidungskraft erfolgen, fehle es an der Berechtigung der Antragsgegnerin eine gleichlautende deutsche Marke anzumelden, nachdem die Antragstellerin bereits mit der Verwendung des Namens „Mark Twain“ begonnen habe.
Die Beschwerdegegnerin stellt den Antrag,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie trägt vor, die Namen berühmter Persönlichkeiten würden als betriebliche Herkunftshinweise für Produkte unterschiedlichster Art verwendet, wie z. B. „Marco Polo“ für Reiseführer, „Leibnitz“, für Biscuits, „Verdi“ für Dienstleistungen einer Gewerkschaft oder „Rasputin“ für Wodka. Da Schreibgeräte anders als etwa Druckereierzeugnisse keinen inhaltlichen Bezug hätten, könne „Mark Twain“ mit diesen auch nicht in einen beschreibenden Zusammenhang gebracht werden. Bei Anbringung des Namens etwa auf einem Zierring des Schreibgerätes werde der Verbraucher den Begriff als Herkunftshinweis wahrnehmen, da er an die Anbringung von betrieblichen Herkunftshinweisen an dieser Stelle gewöhnt sei. Eine Gewöhnung der inländischen Verkehrskreise könne durch das Angebot von Sondereditionen mit Namen berühmter Persönlichkeiten durch die Beschwerdeführerin nicht eingetreten sein. Zum einen seien die im Inland verkauften Stückzahlen verschwindend gering, sodass sie den Markt nicht bestimmen könnten. Zum anderen sei auch die Verwendung im Sinne einer „Hommage“ eine markenmäßige Verwendung der betreffenden Namen. Dies zeige sich aus vergleichbaren Markeneintragungen von berühmten Namen wie „Rembrandt“, „Albrecht Dürer“, „Van Dyke“ für Schreibgeräte oder „da Vinci“ für Pinsel.
Die für eine bösgläubige Anmeldung im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG erforderlichen Umstände seien nicht gegeben. Die Anmeldung müsse im Zusammenhang mit der Anmeldung und Verwendung der gleichlautenden EU-Marke gesehen werden. Es sei nicht sittenwidrig, eine Marke flankierend zum Vorgehen gegen zwischenzeitlich auftretende Verletzungen schon bestehender Rechte anzumelden. Da die Beschwerdegegnerin die Behauptung der Beschwerdeführerin, der Gemeinschaftsmarke stünden ältere Rechte entgegen, nicht habe einschätzen können, aber jedenfalls derartige Rechte in Deutschland nicht bestanden hätten, könne die Gemeinschaftsmarke bei Nichtigerklärung aus Gründen, die nur in einem Teilgebiet der EU bestünden, im Wege der Umwandlung in eine inländische Marke mit dem Zeitrang des Anmeldetages der EU-Marke umgewandelt werden, wobei der Schutzbereich für die Zwischenzeit unklar sei. Die inländische Marke sei deshalb nur eine Folgemarke, die nicht über den Schutzbereich der Gemeinschaftsmarke hinausgehe.
Zum weiteren Vortrag wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
1.
Die Marke ist gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen Nichtigkeit zu löschen, da ihr bereits bei Eintragung und auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegenstand und entgegensteht.
a)
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EUGH GRUR 2008, 608, 611 Rdnr. 66 f. – EUROHYPO; BGH GRUR 2010, 825, 826 Rdnr. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; 935 Rdnr. 8 – Die Vision; GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EUGH GRUR 2006, 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; 229, 230 Rdnr. 27 - BioID; a. a. O. Rdnr. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710 Rdnr. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949 Rdnr. 10 - My World; a. a. O. – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard;). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2009, 411 Rdnr. 8 - STREETBALL; 778, 779 Rdnr. 11 – Willkommen im Leben; 949 f. Rdnr. 10 - My World; a. a. O. – FUSSBALL WM 2006). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EUGH GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 - SAT 2; BGH a. a. O. – FUSSBALL WM 2006). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EUGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - DeutschlandCard; a. a. O. 854 Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten –Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH a. a. O. 855 Rdnr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006).
b)
Diese Kriterien gelten auch für Personennamen. Sie sind nach der ausdrücklichen Regelung von § 3 Abs. 1 MarkenG abstrakt markenfähig. Sie sind schon von Hause aus grundsätzlich unterscheidungskräftig und unterliegen denselben Kriterien der Schutzrechtsprüfung wie andere Markenkategorien (EUGH GRUR 2004, 946 – Nichols). Nichts anderes gilt für die Namen bekannter Personen. Es wird die Auffassung vertreten, dass die Namen besonders bedeutender historischer Persönlichkeiten Teil des kulturellen Erbes der Allgemeinheit seien und ihnen daher vom Verkehr in der Regel kein Markencharakter zugeordnet werde (BPatG GRUR 2006, 591 – GEORG SIMON OHM; MarkenR 2008, 33, 36 – Leonardo da Vinci). Soweit sie zur Benennung öffentlicher Einrichtungen benutzt würden oder dem Publikum von Gedenkjahren vertraut seien, fänden sie zwar auch für Merchandisingprodukte Verwendung. Darin liege aber in erster Linie ein werbender Gebrauch. Einen betrieblichen Herkunftshinweis entnehme das Publikum ihnen nicht. Es ist daher immer konkret zu prüfen, welche Bedeutung den Namen in Bezug auf die konkreten Waren und Dienstleistungen zukommt und wie sie von den beteiligten Verkehrskreisen wahrgenommen werden (EUGH a. a. O. – Nichols). Ein allgemeines Freihaltebedürfnis unabhängig von dem Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 8 Abs. 2 Nr. 1 - 10 MarkenG existiert nicht (BGH GRUR 2012, 1044, 1047 Rdnr. 28 – Neuschwanstein). Allerdings sind nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des BGH die Kennzeichnungsgewohnheiten in dem betreffenden Warengebiet mit einzubeziehen und bei der Beurteilung auf die Eignung des Zeichens als betrieblicher Herkunftshinweis für die beanspruchten Waren zu berücksichtigen. Dazu gehört, dass Unterscheidungskraft auch dann gegeben sein kann, wenn praktisch bedeutsame und naheliegende Möglichkeiten der Anbringung des Zeichens an verschiedenen Stellen auf oder außerhalb der Ware oder Dienstleistung in Betracht kommen, bei denen das Zeichen vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden wird (BGH GRUR 2010, 825 – Marlene-Dietrich-Bildnis II). Nach der Rechtsprechung des EUGH (GRUR Int 2013, 134, 137 – gestrichelter Winkel) kann bei dieser Prüfung auf diejenige Verwendung abgestellt werden, die die prüfende Stelle mit Hilfe ihrer Sachkunde auf diesem Gebiet als die wahrscheinlichste erkennt.
c)
Nach diesen Grundsätzen besaß die angegriffene Wortmarke MARK TWAIN bei Anmeldung keine Unterscheidungskraft. Wegen der Besonderheiten auf dem Markt der Schreibgeräte, der Namen bedeutender historischer Persönlichkeiten als Hommage-Editionen kennt, können diese nicht als betrieblicher Herkunftshinweis dienen.
aa)
Mark Twain ist das bekannte Pseudonym von Samuel Langhorne Clemens, (30.11.1835 – 21.04.1910), der bereits zu seinen Lebzeiten berühmt wurde und zu den wegweisenden amerikanischen Schriftstellern gehört. Die Romane „The Adventures of Tom Sawyer“ und „The Adventures of Huckleberry Finn“ gehören zur Weltliteratur und gehören auch in Deutschland noch heute zu den wichtigsten Werken der Kinder- und Jugendliteratur. Die anhaltende inländische Bekanntheit seiner Abenteuerromane zeigt sich in deren aktuellen deutschen Verfilmungen zuletzt in den Jahren 2011 (Tom Sawyer) und 2012 (Die Abenteuer des Huck Finn). Von ihm ist bekannt, dass er ab 1874 auf einer Reiseschreibmaschine arbeitete und als erster Autor dem Verlag ein maschinengeschriebenes Manuskript ablieferte.
bb)
Die angegriffene Marke „Mark Twain“ ist für die geschützten Waren der Klasse 16 „Schreibgeräte“ nicht glatt beschreibend, da der Name des Schriftstellers keine Eigenschaft eines Schreibgerätes wiedergibt. Die angesprochenen allgemeinen Verbraucher werden nicht annehmen, dass die Schreibgeräte mit dem Namen Mark Twain ein bestimmtes Aussehen haben. Denn es ist im Inland nicht bekannt, mit welchen Schreibgeräten Mark Twain gearbeitet hat, und das Publikum verbindet daher mit dem Namen des amerikanischen Schriftstellers keinerlei Vorstellung über Aussehen und Qualität eines Schreibgerätes.
Der Name wird jedoch wegen der Besonderheiten in der Branche der Schreibgeräte nicht als betrieblicher Herkunftshinweis, sondern als Hinweis auf eine Ehrung der Person durch Widmung des Schreibgerätes an den berühmten Schriftsteller im Rahmen von Hommage-Editionen aufgefasst.
cc)
Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen und der Warenkunde des seit vielen Jahren mit der Klasse 16 befassten Senats steht Folgendes fest: Weder der allgemeine Verbraucher noch der Fachverkehr für Schreibgeräte nehmen einen Namen auf einem Schreibgerät ohne weiteres und ausschließlich als betrieblichen Herkunftshinweis wahr. Namen sind nämlich auf Schreibgeräten in verschiedenen Funktionen zu finden. Sie können ein Herstellerhinweis sein, wie z. B. Schneider, Staedler, Faber-Castell, Parker, Waterman. Schreibgeräte werden aber auch verbreitet als Werbegeschenke verteilt und tragen dann – meist deutlich sichtbar auf dem Schaft – den Namen oder das Logo des werbenden Unternehmens. Der Herstellername kann bei diesen Stiften fehlen oder zusätzlich angebracht sein.
Es besteht außerdem nach den Feststellungen des Senats in dieser Branche eine verbreitete Übung, hochwertige Schreibgeräte in Sondereditionen anzubieten, die bestimmten Themen gewidmet sind, etwa bedeutenden Persönlichkeiten wie Schriftstellern, Musikern, Entdeckern oder Wissenschaftlern, historischen Ereignissen oder bedeutenden Errungenschaften der Menschheit, um diese zu „ehren“, deren Image auf den Hersteller und nach Erwerb auf den Besitzer zu übertragen und damit einen Kaufanreiz für Bewunderer dieser Persönlichkeiten, Ereignisse oder Errungenschaften zu schaffen. Diese Editionen werden als Reihen unter den jeweiligen thematischen Oberbegriffen oft über Jahre in regelmäßigen Abständen auf den Markt gebracht und sind begehrte Sammelobjekte. Bei solchen Widmungen an berühmte Persönlichkeiten ist der Name der Persönlichkeit meist auf den Schreibgeräten – in erster Linie Füllfederhaltern, Kugelschreibern und Tintenrollern – abgebildet.
dd)
Die Beschwerdeführerin, die zu den führenden Herstellern im Bereich hochpreisiger Schreibgeräte gehört, nimmt im Bereich der Sondereditionen eine herausragende Stellung ein. Sie bietet limitierte Editionen mit Namen berühmter Schriftsteller bereits seit 1992 auch im Inland an: 1992 Hemmingway, 1993 Agatha Christie, 1994 Oscar Wilde, 1995 Voltaire, 1996 Alexandre Dumas, 1997 Dostoevsky,1998 Edgar Allen Poe, 1999 Marcel Proust, 2000 Friedrich Schiller, 2001 Charles Dickens, 2002 F. Scott Fitzgerald, 2003 Jules Vernes, 2004 Franz Kafka, 2005 Miguel de Servantes, 2006 Virginia Woolf, 2007 William Faulkner, 2008 George Bernard Shaw, 2009 Thomas Mann.
ee)
Daneben wurden Sondereditionen zu Ehren berühmter Persönlichkeiten nach den Feststellungen des Senats bereits bei Anmeldung der Marke im Jahr 2010 auf dem deutschen Markt auch von folgenden Herstellern angeboten:
- Caran d’Ache (stationärer Schreibwarenhandel): Mario Botta, Tolstoi, Voltaire, Chateaubriand;
- DELTA (stationärer Schreibwarenhandel, Amazon.com): Amerigo Vespucci, Guiseppe Garibaldi, Giacomo Puccini;
- OMAS (stationärer Schreibwarenhandel): Pushkin;
- Montegrappa: (stationärer Schreibwarenhandel): Muhammad Ali, Paolo Coelho;
- ACME: (Amazon.com, goldspot.com): Beatles, Buzz Aldrin;
- Curtis Australia (Amazon.com): Jack Nicklaus US Open, Lincoln Limited Edition,
- David Oscarson (Amazon.com): Alfred Bernhard Nobel.
ff)
Der Senat bezieht bei der Bestimmung der inländischen Kennzeichnungsgewohnheiten auch diejenigen bei Produkten ausländischer Hersteller mit ein, die im Inland über internationale Online-Anbieter zu beziehen sind. Aufgrund einer zunehmenden Globalisierung und der bereits vor 2010 steigenden Umsatzanteile des Onlinehandels stehen die Produkte ausländischer Hersteller in unmittelbarer Konkurrenz neben denen inländischer Warenanbieter. Da weite Teile der deutschen Bevölkerung Grundkenntnisse des Englischen beherrschen, steht der Inanspruchnahme der Angebote internationaler Anbieter kein entscheidendes Hindernis entgegen.
Darüber hinaus geht der Senat auch davon aus, dass die für hochwertige Schreibgeräte weithin bekannte Beschwerdeführerin mit ihrem langjährigen Angebot von Sondereditionen mit berühmten Namen und ihre Wettbewerber auch im stationären Einzelhandel die Wahrnehmung der Verkehrskreise dahingehend geprägt haben, dass sie zwischen der Bedeutung von Namen unterscheiden und die Kennzeichnung von Schreibgeräten mit den Namen berühmter Persönlichkeiten als Ehrenedition verstehen. Auch wenn die Allgemeinheit der Verbraucher sich derartige Schreibgeräte wegen ihrer Exklusivität und Hochpreisigkeit nicht kauft, so ist doch ihre Auffassung von der Sinngebung des Namens als Hommage durch diese in den entsprechenden Fachgeschäften prominent ausgestellten Waren beeinflusst.
gg)
Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist aber auch die Auffassung des Fachverkehrs als maßgeblich miteinzubeziehen. Er setzt sich aus den Beschäftigten in stationären Schreibwarengeschäften und -abteilungen und entsprechenden Versandhandelsgeschäften zusammen. Zwar richtet sich das Angebot von Schreibgeräten im allgemeinen an die Gesamtheit der Verbraucher. Der EUGH definiert als maßgebliche Verkehrskreise aber auch den Handel. (EUGH, GRUR 1999, 723 - Windsurfing Chiemsee; GRUR 2004, 428 – Henkel; GRUR 2006, 411 - Matratzen Concord/Hukla). Diesen Fachverkehrskreisen ist die Übung, Sondereditionen von Schreibgeräten zu bestimmten Themen, wie einer historischen Persönlichkeit, einem historischen Ereignis oder besonderen Errungenschaften der Menschheit anzubieten, bekannt. Zwar werden diese Stifte nur in einer sehr kleinen Zahl von Schreibwarengeschäften und – gemessen an dem Gesamtumsatz der Branche - in verschwindend geringen Stückzahlen angeboten und nur an einen sehr kleinen Kundenkreis verkauft. Dem diesbezüglichen Beweisantrag der Beschwerdegegnerin, wonach in Deutschland über … Händler für Schreibgeräte existieren und jährlich … Schreibgeräte auf den Markt gebracht werden, musste der Senat nicht nachgehen, da diese Behauptungen als wahr unterstellt werden können. Sie geben den Gesamtmarkt der Schreibgeräte nach den Kenntnissen des Senats in etwa zutreffend wieder. Die Präsentation von Sondereditionen nimmt gleichwohl nach den Feststellungen des Senats aufgrund der Marketingstrategien der Anbieter in den betreffenden Geschäften einen prominenten Platz ein. Über sie wird zudem in inländischen Fachzeitschriften berichtet. Auf internationaler Ebene werden seit 2005 sogar Preise für sogenannte „Theme Pens“ verliehen, was auch im Inland Beachtung findet:
- pbsreport - Magazin für Büro und Ambiente, Händler des Monats März 2012: „Wer sich für Schreibkultur interessiert oder Sammler von Editionen ist, für den bietet das Bürocenter Lehr in der Papeterie etwas Besonderes. Neben den aktuellsten Limited und Writer‘s Editions präsentiert Lehr aus der Reihe „Patron of Art“ von Montblanc die Edition „Gaius Maecenas“ (Bl. 605 f. GA);
- Office&Paper, Handelsmagazine für PBS, Bürotechnik und ITK-Reseller: „Pelikan gewinnt mit „Hanging Gardens of Babylon“ den Watches, Jewellery and Pens Award … Montag, den 08. November 2010 um 9.00 Uhr … Die Sonderedition Hanging Gardens of Babylon des Traditionsunternehmens Pelikan hat den diesjährigen Watches, Jewellery and Pens Award gewonnen …Im Jahr 2010 beteiligte sich Pelikan … erstmals an der exklusiven Preisverleihung und präsentierte … gleich drei hochwertige Füller ….“Fire“ im Bereich „bestes Thema“ und Hanging Gardens of Babylon im Bereich „bestes historisches Symbol“.
- Office&Paper, Handelsmagazine für PBS, Bürotechnik und ITK-Reseller: Hochwertige Schreibgeräte von Pelikan preisgekrönt: Mittwoch, den 05. Dezember 2012 um 15.30 Uhr, … Mit dem auf 500 Exemplare weltweit limitierten „Fire“, dem dritten Füllfederhalter der Serie „Herausragende Errungenschaften der Zivilisation“ würdigt Pelikan die Fertigkeit des Menschen, sich Feuer nutzbar zu machen. Beim diesjährigen Watches, Jewellery & Pens Award wurde das Schreibgerät als Sieger in der Kategorie „Best Theme Pen“ ausgezeichnet.“ (Bl. 604 GA).
Auch Fachgeschäfte, die derartige Schreibgeräte nicht selbst vertreiben, sind mit ihnen dann konfrontiert, wenn die Besitzer Ersatzminen dafür benötigen. Aus diesen Gründen sind derartige Schreibgeräte auch bei minimalen Umsatzzahlen geeignet, das Verständnis der Fachkreise für die Benennung von Schreibgeräten mitzuprägen. Den Beweisangeboten der Beschwerdegegnerin im Schriftsatz vom 10. Mai 2013 (Bl. 425 f. der Akten) zu dem Verständnis des Zeichens als Herkunftshinweis in Fachkreisen war nicht nachzugehen, da es sich bei der Frage, ob ein Zeichen als Herkunftshinweis verstanden werden kann, um eine Rechtsfrage handelt. Über die Bekanntheit der Editionen der Beschwerdeführerin in Fachkreisen war ebenfalls kein Gutachten einzuholen, da sich aus den Recherchen des Senats und den durch die Beschwerdeführerin vorgelegten Umsatzzahlen hinreichende Rückschlüsse auf deren Bekanntheit ziehen lassen. Deren Eignung, die Verkehrserwartungen zu beeinflussen, ist einem Sachverständigenbeweis aus denselben Gründen nicht zugänglich.
hh)
Nach den Kennzeichnungsgewohnheiten im Bereich der Schreibgeräte gibt es auch keine praktisch bedeutsamen und naheliegenden Möglichkeiten, die angegriffene Marke so zu verwenden, dass sie durch den Platz ihrer Anbringung vom Verkehr ohne weiteres als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden wird (BGHZ 185, 152-165 - Marlene Dietrich Bildnis II). Die Anbringung des Herstellerhinweises wird in dieser Branche und selbst innerhalb des Sortiments einzelner Hersteller sehr unterschiedlich gehandhabt und ist der fixen Anbringung auf einem Etikett bei Kleidungsstücken nicht vergleichbar.
Der Senat hat festgestellt, dass Marken bei Schreibgeräten in der Regel auf der Ware selbst erscheinen. Dort werden sie teils in Alleinstellung, teils kumulativ an unterschiedlichen Stellen angebracht. Eine eindeutige Anbringungsart für Herstellerhinweise wie der Herstellerhinweis auf einem Etikett bei Kleidungsstücken existiert bei Schreibgeräten nicht.
Am Schaft in Längsrichtung:
Am Schaft in Form eines Rings:
Auf dem Endstück des Schaftes:
Auf der Kappe in Längsrichtung:
Auf der Kappe in Querrichtung
S. 594, Pelikan
Auf dem Endstück der Kappe:
Auf der Oberfläche der Klemme:
An der Seite der Klemme
S. 328
Auf der Feder:
Bl. 326
An den gleichen Stellen befinden sich die Namen berühmter Persönlichkeiten bei Schreibgeräten, die einer Persönlichkeit gewidmet sind:
Klemme: Mario Botta Caran d’Ache 2005:
Schaft: T.S. Dumont: Humphrey Bogart:
Ring im Schaft: Delta Amerigo Vespucci
Quer zum Schaft: Montegrappa: Sinatra:
Kappe oder Feder: Muhammad Ali:
Ring an der Kappe: Montegrappa Guiseppe Verdi:
Quer auf der Kappe: Montegrappa Paul Coelho:
ii)
Ein Name, der an diesen Stellen angebracht ist, kann deshalb nicht ohne weiteres im Sinne der Rechtsprechung des BGH (a. a. O. – Marlene Dietrich II) als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden werden. Jedenfalls dann, wenn es sich um den Namen einer berühmten Persönlichkeit wie Mark Twain handelt, ist die nächstliegende Bedeutung die einer Widmung oder „Hommage“. Daher ist es nach den Feststellungen des Senats am wahrscheinlichsten, dass jedenfalls der Fachverkehr die angegriffene Wortmarke nicht als betrieblichen Herkunftshinweis, sondern als Widmung an den berühmten Schriftsteller versteht.
Der Auffassung der Beschwerdegegnerin, dass die Verwendung des Zeichens als Widmung eine markenmäßige Verwendung nicht ausschließe, folgt der Senat nicht. Denn eine Widmung an eine berühmte Persönlichkeit gibt keinerlei Aufschluss über den Hersteller des gewidmeten Stiftes.
Nach der Rechtsprechung des EUGH (a. a. O. – gestrichelter Winkel) kann sich die Prüfung der Unterscheidungskraft auf die Art der Verwendung beschränken, die das Gericht aufgrund seiner Sachkunde als die wahrscheinlichste erkennt. Der Senat ist der Überzeugung, dass dies ist im Fall des Namens eines berühmten Schriftstellers die Verwendung als Widmung ist.
d)
Die Tatsache, dass in einzelnen Fällen berühmte Namen wie Dürer, Rembrandt van Dyke oder Da Vinci als Marken für Schreibgeräte eingetragen sind und verwendet werden, ist entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin nicht als Beleg für ein Verständnis des hier relevanten Fachverkehrs von der Verwendung der Namen bedeutender Persönlichkeiten der Zeitgeschichte als betrieblicher Herkunftshinweis geeignet. Die aus dem Jahr 1896 stammende Wortmarke 888 Rembrandt gehört dem Schreibwarenhersteller Lyra und wird nach den Feststellungen des Senats nur zusammen mit der Marke Lyra verwendet. Gleiches gilt für die 1927 und 1940 eingetragenen Marken „Van Dyke“ und VAN DYKE der Fa. Staedler, die wie die Beschwerdeführerin selbst dargelegt hat, seit 2009 nicht mehr benutzt wird. Name Albrecht Dürer ist isoliert nicht als Marke für Schreibwaren eingetragen und stellt nur ein Element zweier Wort-/Bildmarken der Firma Faber-Castell (495378 und 1071209) dar, in denen zusätzlich der Name Faber-Castell enthalten ist. Allein in dieser Kombination findet der Name auch Verwendung, sodass die Unterscheidungskraft der Marke aus den übrigen Bestandteilen hergeleitet werden kann. Die Marke „Da Vinci“ bezieht sich auf Pinsel, nicht auf Schreibgeräte und ist daher nicht geeignet, die Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise für Schreibgeräte zu beeinflussen. Im Übrigen resultiert aus der Eintragung nicht unterscheidungskräftiger Zeichen kein Eintragungsanspruch, zumal die von der Beschwerdegegnerin aufgeführten Drittmarken bereits seit Jahrzehnten eingetragen sind und keinen Aufschluss auf die Kennzeichnungsgewohnheiten bei Eintragung der angegriffenen Marke zulassen.
2.
Der Eintragung der Marke stand auch das Eintragungshindernis des Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, das in erster Linie die Wettbewerber vor ungerechtfertigten Einschränkungen schützen soll.
Da wie oben bereits ausgeführt zahlreiche Wettbewerber mit einer oder mehreren Hommage-Editionen auf dem Markt auftreten, ist die Verwendung des Namens einer historischen Persönlichkeit auf Schreibgeräten als eine diesen anhaftende Merkmalsangabe zu bewerten, die die Besonderheit in sich trägt, zur Ehrung von Personen und zur Erhaltung des Gedächtnisses an diese im Sinne der Bewahrung kultureller Güter der Menschheit beizutragen.
Ausgehend von der Definition des EUGH zum maßgeblichen Verkehrskreis – wobei dieser nicht in dem Maß unterscheidet zwischen Freihaltebedürfnis und Unterscheidungskraft wie das deutsche Markenrecht – ist auch der Fachverkehr als allein bestimmender Verkehrskreis hier in Betracht zu ziehen. Der EUGH definierte den einzubeziehenden Verkehrskreis nämlich als „den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen in dem Gebiet, für das die Eintragung beantragt wird“, worin die Implizierung der Berücksichtigung auch allein des Fachhandels liegt (EUGH, GRUR 1999, 723 - Windsurfing Chiemsee; GRUR 2004, 428 – Henkel; GRUR 2006, 411 - Matratzen Concord/Hukla; EUGH GRUR 2004, 682 Rdnr. 26 – Bostongurka). Daraus wurde in der ständigen und einheitlichen Rechtsprechung des Bundespatentgerichts seit der Entscheidung zu dem Wortzeichen UMAMI (BPatG 24 W (pat) 51/05 – UMAMI) gefolgert, dass stets dann, wenn für den Fachverkehr das Zeichen aufgrund tatsächlicher Ermittlungen des Senats belegbar als Sachangabe bzw. Merkmalsangabe in Betracht kam, dieser allein entscheidend war und es nicht auf das Verständnis der allgemeinen Verkehrskreise ankam (vgl Ströbele/Hacker Markengesetz, 10 Aufl., § 8 Rdnr. 392 ff.). Da nach Auffassung des Senats in der Verwendung dieses Namenszeichens aufgrund der Besonderheiten in diesem speziellen Warenbereich eine Hommage liegt, ist daher der Fachhandel entscheidend für die Bejahung eines Freihaltebedürfnisses. Aufgrund der obigen Ausführungen zur Bekanntheit und prominenten Stellung derartiger Schreibgeräte mit Personenehrung kann daher im Interesse der Bewahrung und Erhaltung eines freien Wettbewerbs zwischen den Konkurrenten der Name einer berühmten historischen Persönlichkeit nicht der Monopolisierung Einzelner unterliegen. Ein anderes Ergebnis würde dazu führen, dass innerhalb einer Branche eine Übung zur Traditionserhaltung, die im übrigen auch weltweit bei zahlreichen ausländischen Herstellern zu finden ist und entsprechend internationalen Widerhall bei Sammlern und in der Fachliteratur hat, in sich zusammenbräche.
3.
Eine Löschung der angegriffenen Marke wegen bösgläubiger Anmeldung nach § 50 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG kam dagegen nicht in Betracht. Deshalb scheidet eine Auferlegung der Verfahrenskosten auf die Beschwerdegegnerin aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG aus.
Zur Auslegung des Begriffs der Bösgläubigkeit knüpft die Rechtsprechung an ihre zum außerkennzeichenrechtlichen Löschungsanspruch nach § 1 UWG und § 826 BGB entwickelten Grundsätze an. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Markenanmeldung bösgläubig im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG, wenn der Anmelder das angemeldete Zeichen nicht als Marke, d. h. als Herkunftshinweis, benutzen, sondern die formale Rechtsstellung als Inhaber eines Kennzeichenrechts lediglich zum Zwecke der rechtsmissbräuchlichen oder sittenwidrigen Behinderung Dritter einsetzen will (BGHZ 167, 278 Rdnr. 41 - FUSSBALL WM 2006; BGH GRUR 2005, 581, 582 = WRP 2005, 881 - The Colour of Elégance, jeweils m. w. N.; BGH MarkenR 2009, 313 - Ivadal). Die Bösgläubigkeit muss, wie bereits aus dem Gesetzeswortlaut folgt, im Zeitpunkt der Anmeldung gegeben sein. Bei der Auslegung des Begriffs der Bösgläubigkeit sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die dem zu entscheidenden Fall eigen sind und zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung eines Zeichens vorliegen, insbesondere
– die Tatsache, dass der Anmelder weiß oder wissen muss, dass ein Dritter ein gleiches oder ähnliches Zeichen für eine gleiche oder mit dem angemeldeten Zeichen verwechselbar ähnliche Ware verwendet,
– die Absicht des Anmelders, diesen Dritten an der weiteren Verwendung eines solchen Zeichens zu hindern, sowie
– den Grad des rechtlichen Schutzes, den das Zeichen des Dritten und das angemeldete Zeichen genießen (EUGH GRUR 2009, 763, 765 Rdnr. 38 – Lindt & Sprüngli/Franz Hauswirth).
In der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind mehrere Fallgruppen der bösgläubigen Anmeldung herausgearbeitet worden, nämlich u. a. (1) die Anmeldung sogenannter Spekulations- oder Sperrmarken, um Dritte mit Unterlassungs- oder Geldforderungen zu überziehen, ohne dass ein genereller Benutzungswille des Markenanmelders vorliegt, (2) die Anmeldung von Marken mit dem Ziel, den erkannten im Inland bestehenden schutzwürdigen Besitzstand eines Vorbenutzers einer gleichen oder verwechselbar ähnlichen Bezeichnung für gleiche oder ähnliche Waren bzw. Dienstleistungen ohne rechtfertigenden Grund zu stören oder den weiteren Gebrauch der vorbenutzten Bezeichnung durch den Vorbenutzer zu sperren (vgl. BGH MarkenR 2009, 312, 313 - Ivadal), (3) die Anmeldung der Marke mit der Absicht einer zweckfremden Nutzung des Zeichens, um Dritte in wettbewerbswidriger Weise zu behindern, und (4) der Fall der Markenerschleichung, d. h. wenn der Anmelder falsche Angaben macht oder Umstände verschweigt, um die Eintragung der Marke zu erreichen (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8 Rdnr. 531 m. w. N.; Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 8 Rdnr. 667 - 678; Grabrucker, Mitt. 2008, 532, 537).
Bei Anwendung sämtlicher vorgenannter Grundsätze kann die Markenanmeldung der Antragsgegnerin nicht als bösgläubig eingestuft werden.
a)
Die angemeldete Marke ist keine Spekulationsmarke. Darunter versteht man Marken, die ohne eigenen Benutzungswillen regelmäßig für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen zu dem Zweck, Dritte mit missbräuchlichen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zu überziehen, angemeldet worden sind. Hier fehlt es bereits an einem breiten Waren- und Dienstleistungsverzeichnis, das regelmäßig Indiz für eine Spekulationsmarke ist. Zudem nutzt die Anmelderin das Zeichen bereits seit Jahren ihrerseits markenmäßig, wodurch ihr Benutzungswille zum Ausdruck kommt. Der Umstand, dass die Anmelderin bereits europaweit Schutz für das Zeichen durch die gleichlautende Gemeinschaftsmarke besitzt, lässt die Absicht der markenmäßigen Nutzung der deutschen Marke nicht entfallen. Denn zusätzliche flankierende Markenanmeldungen gehören zu den üblichen Markenstrategien und sind zur effektiven Rechtsdurchsetzung grundsätzlich gerechtfertigt, wenn wie hier für das entsprechende Zeichen ein genereller Benutzungswille gegeben ist.
b)
Auch ein Fall der Anmeldung mit dem Ziel der Störung eines fremden schutzwürdigen Besitzstandes ist nicht gegeben. Dieses Schutzhindernis setzt neben einem der Anmelderin bekannten schutzwürdigen Besitzstand eines Dritten zusätzliche Umstände voraus, die das Verhalten des Anmelders bei Gesamtabwägung aller Umstände als rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erscheinen lassen. Zwar hatte die Beschwerdeführerin bei Anmeldung der angegriffenen Marke bereits die Nutzung des Zeichens „Mark Twain“ durch Produktion und Vertrieb der limitierten Auflage der nach dem Schriftsteller benannten Stifte aufgenommen und dürfte damit einen gewissen Besitzstand erworben haben, was der Anmelderin unstreitig auch bekannt war. Dieser Besitzstand war aber nicht schutzwürdig, da die Benutzung ihrerseits das Schutzrecht der gleichlautenden Gemeinschaftsmarke der Anmelderin verletzte. Der Senat schließt sich insoweit den zutreffenden Feststellungen des Landgerichts und Oberlandesgerichts Nürnberg zu der Verletzung angegriffenen Marke an. Eine Nutzung, die gegen ein älteres Schutzrecht verstößt, kann einen schutzwürdigen Besitzstand des Benutzers nicht begründen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Löschungsantrag hinsichtlich der Gemeinschaftsmarke „MARK TWAIN“ begründet ist. Denn bereits die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin in Kenntnis eines existierenden Schutzrechtes Dritter die Nutzung des Zeichens aufgenommen hat, verhindert, dass sie einen schutzwürdigen Besitzstand erwerben konnte. Denn sie musste von Anfang an damit rechnen, dass ihre Tätigkeit durch das Gemeinschaftsschutzrecht gefährdet war und konnte daher nicht darauf vertrauen, ihre Vertriebstätigkeit ungehindert zum Erfolg führen zu können. Ein Vertrauensschutz kann ihr daher nicht zugebilligt werden.
Aber selbst wenn man abweichend davon ausgeht, dass die Beschwerdeführerin bei Anmeldung des angegriffenen Zeichens bereits einen schutzwürdigen Besitzstand erworben hatte, fehlt es an besonderen Umständen, die das Vorgehen der Anmelderin als rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen. Denn die mit der Anmeldung verbundene Absicht, das aus der Gemeinschaftsmarke erwachsene Schutzrecht für das Inland zu sichern und seine rechtliche Durchsetzung im Inland zu erleichtern, ist nicht sittenwidrig. Sie diente letztlich dazu, die auf der Gemeinschaftsmarke basierende jahrelange wirtschaftliche Tätigkeit der Beschwerdegegnerin zu schützen und sicherzustellen. Im Mittelpunkt der Anmeldung stand also die Verbesserung der eigenen Wettbewerbssituation und damit ein berechtigtes Interesse an der Abwehr von Beeinträchtigungen durch die Beschwerdeführerin. Entsprechend besteht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein solches Interesse, wenn der Anmelder die Kennzeichnung in beachtlichem Umfang selbst benutzt hat und deren markenrechtliche Absicherung gegenüber Dritten für erforderlich hält, z. B. durch Fortschreibung einer eigenen Markenfamilie (BGH a. a. O. 582 - The Colour of Elégance; Fezer, a. a. O., § 8 Rdnr. 667; Ströbele, a. a. O., § 8 Rdnr. 556).
Auch wenn die Gemeinschaftsmarke nachträglich wegen fehlender Unterscheidungskraft oder relativer Nichtigkeit gelöscht werden sollte – eine bösgläubige Anmeldung der Gemeinschaftsmarke hat die Beschwerdeführerin selbst nicht behauptet und es fehlen auch jegliche Anhaltspunkte dafür -, wäre die inländische Anmeldung nicht als bösgläubig anzusehen, da die Anmelderin jedenfalls im Zeitpunkt der Anmeldung in der Absicht, ihr im Inland bestehendes Schutzrecht zu verteidigen, und nicht in Behinderungsabsicht gehandelt hat.
Es war der Antragsgegnerin auch nicht zuzumuten, den Ausgang eines von der Antragstellerin angestoßenen relativen Nichtigkeitsverfahrens vor dem HABM abzuwarten und eine rechtsverletzende Benutzung des auf europäischer Ebene für sie geschützten Begriffs „Mark Twain“ durch die Antragstellerin bis dahin hinzunehmen oder Rechtsunsicherheiten im Zusammenhang mit der Umwandlung der Gemeinschaftsmarke in eine nationale Marke gemäß in Kauf zu nehmen. Die Anmeldung stellt daher keine sittenwidrige Behinderung des Marktauftritts der Beschwerdeführerin dar.
Sonstige Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Verfahrenskosten auf die Beschwerdegegnerin gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG sind nicht ersichtlich.
4.
Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zuzulassen in Hinblick auf die nicht endgültig geklärte Rechtsfrage, welche Bedeutung der Anbringung eines Zeichens auf der Ware bei der Beurteilung seiner Unterscheidungskraft zukommt, wenn die Kennzeichnungsgewohnheiten die Herkunftsfunktion nicht eindeutig nahelegen, sondern eine andere Bedeutung wahrscheinlicher erscheinen lassen. Insofern ist dem Bundesgerichtshof mit der Zulassung die Möglichkeit zur Abgleichung seiner Rechtsprechung (al a. O. - Marlene II) mit der Entscheidung des EUGH zu Deichmann (a. a. O. – gestrichelter Winkel) eröffnet.