Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 03.09.2014


BPatG 03.09.2014 - 29 W (pat) 69/12

Markenbeschwerdeverfahren – „dm dm-folien gmbh (Wort-Bildmarke)/dm“ – zur Glaubhaftmachung der Benutzung bei Verwendung einer von der Registrierung abweichenden Form - teilweise Warenähnlichkeit bis -identität – klangliche Verwechslungsgefahr


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
03.09.2014
Aktenzeichen:
29 W (pat) 69/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2008 061 343

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 3. September 2014 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber, der Richterin Uhlmann und des Richters k. A. Portmann

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. Mai 2012 aufgehoben, soweit der Widerspruch hinsichtlich der Waren

Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist; Packungsmaterial;

zurückgewiesen worden ist. Wegen des Widerspruchs aus der Gemeinschaftsmarke 003 984 044 wird die Löschung der Marke 30 2008 061 343 für die vorgenannten Waren angeordnet.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wort-/Bildmarke 30  2008 061 343

Abbildung

2

des Beschwerdegegners ist am 25. September 2008 angemeldet und am 20. November 2008 in das Markenregister beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eingetragen worden für Waren und Dienstleistungen der

3

Klasse 16:

4

Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist;

5

Klasse 17:

6

Dichtungs-, Packungs- und Isoliermaterial;

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Klasse 39:

8

Verpackung und Lagerung von Waren.

9

Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 24. Dezember 2008.

10

Die Beschwerdeführerin hat gegen die Eintragung am 5. Februar 2009 Widerspruch erhoben aus der Gemeinschaftswortmarke 003 984 044

dm

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die am 13. August 2004 angemeldet und am 22. Januar 2009 für die Waren und Dienstleistungen der

12

Klasse 01:

13

Chemische Erzeugnisse für gartenwirtschaftliche und fotografische Zwecke und zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmitteln; lichtempfindliche und unbelichtete Filme; Fotopapier; Süßstoffe, destilliertes Wasser, Düngemittel, Kohlensäurepatronen;

14

Klasse 03:

15

Putz- und Reinigungsmittel auch für Geschirr, Wasch- und Bleichmittel auch Weichspülmittel und Stärkemittel; Seifen, Zahnputzmittel, Schuhpflegemittel, Abflussreinigungsmittel, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege auch Gesichtsmasken, Desodoriermittel für den persönlichen Gebrauch (Parfümeriewaren), Rasiermittel, Reinigungsmittel für Zahnprothesen, Mundpflegemittel (nicht für medizinische Zwecke), Haarentfernungsprodukte, Sonnenschutzmittel und kosmetische Mittel zur Hautbräunung, künstliche Nägel, Erfrischungs-, Reinigungs- und Pflegetücher; Entkalkungsmittel für Haushaltszwecke, Tiershampoos, Färbemittel für Wäsche, Fleckenentferner;

16

Klasse 04:

17

Kerzen, Teelichter, Leuchtstoffe, Schmiermittel;

18

Klasse 05:

19

Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege für medizinische Zwecke und für die Intimpflege, Babykost, Haftmittel für Zahnprothesen, Aknemittel, Desodoriermittel nicht für den persönlichen Gebrauch, Pflaster, medizinische Kräutertees, Verbandsmaterial, Schlankheitstees für medizinische Zwecke, Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren auch Ungezieferhalsbänder, Desinfektionsmittel, Fungizide, Herbizide, Stilleinlagen, Diagnostikmittel für medizinische Zwecke, Bonbons für medizinische Zwecke;

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Klasse 06:

21

Schlosserwaren- und Kleineisenwaren, Verschlüsse aus Metall;

22

Klasse 08

23

Handbetätigte Werkzeuge und Geräte, Rasierapparate auch elektrisch und Etuis für Rasierapparate, Messerschmiedewaren, Gabeln und Löffel, elektrische und nichtelektrische Haarentfernungsgeräte;

24

Klasse 09:

25

Brillen, Thermometer;

26

Klasse 10:

27

Babyflaschen, Flaschensauger, Kondome, orthopädische Artikel, insbesondere Bandagen, Beißringe, Nasensauger, Schnuller für Säuglinge;

28

Klasse 11:

29

Glühbirnen auch Schlummerlichtlampen, Flaschenwärmer, Öllampen auch Duftlampen, Anzünder, Wärmflaschen, elektrische Heizkissen nicht für medizinische Zwecke;

30

Klasse 14:

31

Juwelierwaren, Schmuckwaren, Uhren; Schlüsselanhänger;

32

Klasse 16:

33

Papier, Karton; Schreibwaren, Tücher aus Papier oder Zellstoff, Windeln aus Papier oder Zellstoff, Klebstoffe für Papier und Schreibwaren oder Haushaltszwecke, Fotoecken, Fotoalben, Folien aus Kunststoff für Verpackungszwecke, Abfallsäcke aus Papier oder Kunststoff, Verpackungsbeutel, Hüllen, Taschen aus Papier oder Kunststoff, Folien aus Metall für Verpackungszwecke, Papierhandtücher;

34

Klasse 18:

35

Waren aus Leder und Lederimitationen, Tierhalsbänder, Taschen, Koffer, Kosmetikkoffer, Rucksäcke, Regenschirme, Sonnenschirme, Schlüsselanhänger (Lederwaren), Tierleinen;

36

Klasse 20:

37

Kleinmöbel, Spiegel, Rahmen, Korbwaren, insbesondere Wäschekörbe; Schubladenstopper, Bettdeckenhalter, Eckenschützer, Türstopper, Fenstersicherungen, Rahmen, Kissen, Bilderhalter, Bilderklemmen, Verschlüsse nicht aus Metall;

38

Klasse 21:

39

Geräte und Behälter für Haushalt und Küche, Bürsten und Besen, Staubtücher, Haushaltshandschuhe, Zahnbürsten auch elektrisch, Zahnseide, Kämme und Schwämme, Grillzubehör insbesondere Grillschalen, Kaffee- und Teefilter, Wäscheklammern, Eimer aller Art, Zahnstocher, Putzzeug, Geräte zur Körperpflege, Toiletten-Necessaires;

40

Klasse 22:

41

Seile auch Wäscheleinen, Bindfaden, Planen, Säcke, Tierleinen;

42

Klasse 24:

43

Webstoffe und Textilwaren, Decken, Bett- und Tischwäsche, Handtücherwäsche, Tücher und Servietten aus textilem Material, Moskitonetze;

44

Klasse 25:

45

Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen, Schuhwaren, Einlegesohlen, ausgenommen Strumpfwaren und Unterwäsche; Windeln aus textilem Material, Badehauben;

46

Klasse 26:

47

Bänder und Schnürbänder, Lauflerngurte, Haarschmuck, Nadeln auch Sicherheitsnadeln, Reißverschlüsse;

48

Klasse 27:

49

Badematten, Fußmatten;

50

Klasse 28:

51

Spiele, Spielzeug, Babywippen, Christbaumschmuck;

52

Klasse 29:

53

Brotaufstriche, Fette, Wurst, Speiseöle;

54

Klasse 30:

55

Nahrungsmittel, Backwaren, Pudding, Getreidepräparate, Müsli, Teigwaren, Würzmittel, Tee, Kräutertees, Kaffee, Bonbons, Kaugummi, Traubenzucker, natürliche Süßungsmittel;

56

Klasse 31:

57

Sämereien, Futtermittel, Tierfutter, Streu für Tiere;

58

Klasse 32:

59

Mineralwässer, kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte, Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken;

60

Klasse 34:

61

Raucherartikel, Streichhölzer, Feuerzeuge, Gaspatronen für Feuerzeuge;

62

Klasse 40:

63

Entwicklung fotografischer Filme und digitaler Bilder, Erstellung fotografischer Abzüge

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eingetragen wurde.

65

Mit Beschluss vom 8. Mai 2012 hat die Markenstelle für Klasse 16 des DPMA den Widerspruch zurückgewiesen.

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Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, es bestehe keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Die Marken könnten sich zwar teilweise auf identischen Waren begegnen und würden von breiten Verkehrskreisen erworben. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei nur für typische Drogeriewaren überdurchschnittlich, nicht jedoch für die im vorliegenden Fall identischen Produkte wie Papierwaren und Verpackungsmaterial. Der erforderliche weite Abstand werde von der angegriffenen Marke daher insgesamt eingehalten.

67

Die angegriffene Wort-/Bildmarke werde der Verkehr als zusammengehörigen Begriff auffassen und „dm-folien gmbh“ benennen. Ein solches Unternehmen werde nicht als „folien GmbH“ bezeichnet, so dass eine genauere Differenzierungsmöglichkeit wie der Bestandteil „dm“ erforderlich sei, um das Unternehmen von anderen Folienherstellern abzugrenzen. Diesen Wörtern stehe die Widerspruchsmarke „dm“ gegenüber, deren Wortlänge deutlich unterschiedlich sei. Verwechslungen in klanglicher Hinsicht könnten somit ausgeschlossen werden. Darüber hinaus führe der Sinngehalt der Bestandteile „folien gmbh“ dazu, die Marken besser auseinanderhalten zu können und Hör- und Merkfehler zu vermeiden. Bei der visuellen Wahrnehmung werde die angegriffene Marke zudem mit ihren grafischen Bestandteilen wahrgenommen. Für andere Arten der Verwechslungsgefahr sei nichts dargetan oder ersichtlich.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

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Sie ist der Ansicht, es bestehe sowohl eine unmittelbare als auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichszeichen. Die Waren der angegriffenen Marke seien hinsichtlich der Waren der Klasse 16 und 17 identisch bzw. eng ähnlich. Die in Klasse 39 aufgeführte Dienstleistung „Verpackung und Lagerung von Waren“ sei zumindest eine Hilfsdienstleistung für die von der Widerspruchsmarke erfasste Dienstleistung „Entwicklung fotografischer Filme und digitaler Bilder“, da diese Fotodienstleistung in der Regel in einer externen Einrichtung erfolge und das Verpacken der entwickelten Fotos, Fotobücher, Poster etc. einschließe. Zudem bestehe eine Ähnlichkeit der Dienstleistung „Verpackung und Lagerung von Waren“ zu dem von der Widerspruchsmarke umfassten Verpackungsmaterial, da schon das Wort „Verpacken“ signalisiere, dass man für diese Tätigkeit entsprechendes Verpackungsmaterial brauche.

70

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei wegen ihrer Bekanntheit und des erheblichen Benutzungsumfangs deutlich erhöht und erstrecke sich auf ein breites Sortiment typischer Drogeriewaren und damit auch auf die im vorliegenden Fall betroffenen Papierwaren und Verpackungsmaterialien. Wenn die Benutzung der Widerspruchsmarke auch in Form einer Zweitmarke oder Dachmarke erfolge, ändere dies nichts an der umfangreichen Benutzung.

71

Der erforderliche Abstand sei nicht eingehalten, da es eine deutliche klangliche Ähnlichkeit zwischen den Vergleichsmarken gebe. Der Verbraucher werde den Wortbestandteil der angegriffenen Marke „dm-folien gmbh“ auf den Bestandteil „dm“ reduzieren, da es sich dabei um einen prägenden Bestandteil handele bzw. da er eine selbständig kennzeichnende Stellung einnehme. Die Bestandteile „folien“ und „gmbh“ seien für die in Rede stehenden Waren glatt beschreibend und daher nicht geeignet, die angegriffene Marke zu kennzeichnen. Der Bestandteil „dm“ trete in der angegriffenen Marke als besonders charakteristisches Element in Erscheinung, so dass der Verkehr diese Marke dem Unternehmen der Widersprechenden zuordnen werde. Zumindest werde der Verkehr annehmen, dass die identischen Waren und Dienstleistungen aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammten.

72

Zum Nachweis der Benutzung hat die Widersprechende im Beschwerdeverfahren ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie die rechtserhaltende Benutzung nur für die im vorliegenden Verfahren relevanten Waren der Klasse 16 und 22 belege. Ferner hat sie drei Versicherungen an Eides statt nebst zugehöriger Anlagenkonvolute vorgelegt (Bl. 241 ff.; Bl. 255 ff. und Bl. 298 ff.). Die rechtserhaltende Benutzung einer jüngeren Marke durch eine ebenfalls eingetragene ältere Marke stehe nicht im Widerspruch zur Entscheidung des EuGH in Proti/Rintisch. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs sei fernliegend und widerspreche auch der Auffassung des EuGH in der vorgenannten Entscheidung.

73

Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 vom 8. Mai 2012 aufzuheben und das DPMA anzuweisen, die Löschung der angegriffenen Marke 30 2008 061 343 anzuordnen.

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Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

77

Er ist der Ansicht, zwischen den Marken bestehe keine Verwechslungsgefahr. Der Widerspruchsmarke, deren Benutzung bestritten werde, komme schon deshalb keine gesteigerte Kennzeichnungskraft zu, da sie von der Widersprechenden überhaupt nicht benutzt werde. Eine Benutzung der Widerspruchs wort marke erfolge insbesondere nicht durch Benutzung der älteren Wortbildmarke mit den in blauer Farbe gehaltenen Buchstaben „dm“ und den sich in gelber und roter Farbe überschneidenden Wellenlinien. Die grafischen Bestandteile seien derart gewichtig, dass damit der kennzeichnende Charakter der Widerspruchsmarke verändert werde. Es handle sich bei dem Wort-/Bildzeichen im Übrigen um das Logo, das nicht zur Produktkennzeichnung, sondern ausschließlich firmenmäßig verwendet werde. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei vielmehr geschwächt, da der angesprochene Verkehr die Buchstaben „dm“ als Abkürzung für „Drogeriemarkt“ verstehe, so dass der Widerspruchsmarke ein stark beschreibender Charakter zukomme. Weiterhin führe eine erhebliche Anzahl von Drittzeichen zu einer Schwächung der Kennzeichnungskraft.

78

Zwischen den von der Widerspruchsmarke erfassten Waren und Dienstleistungen und denjenigen Waren und Dienstleistungen der Klassen 17 und 39 der angegriffenen Marke bestehe weder Identität noch Ähnlichkeit.

79

Zudem bestehe weder schriftbildliche noch klangliche Zeichenähnlichkeit. Die angegriffene Marke werde durch den Bildbestandteil dominiert und geprägt. Der Bildbestandteil werde von rechtserheblichen Verkehrskreisen nicht als die Buchstabenfolge „dm“ angesehen. Dies sei allenfalls im Rahmen einer analysierenden Betrachtungsweise möglich, auf die jedoch im Zeichenvergleich nicht abzustellen sei. Aufgrund der verfremdeten grafischen Gestaltung habe der Verkehr keine Veranlassung, darin die Einzelbuchstaben „d“ und „m“ zu erkennen. Der Bildbestandteil lasse vielmehr unterschiedlichste Interpretationen zu. In der Widerspruchsmarke fehle ein solcher Bildbestandteil. Der Grundsatz, dass der Wortbestandteil eines zusammengesetzten Wort-/Bildzeichens für den der Prüfung der klanglichen Zeichenähnlichkeit zugrunde zu legenden phonetischen Gesamteindruck maßgebend sei, gelte nur bei einer nichtssagenden, geläufigen und nicht ins Gewicht fallenden grafischen Gestaltung. Für alle übrigen Fälle sei kein Erfahrungssatz ersichtlich, nach dem der Verkehr auch bei rein visueller Wahrnehmung in erster Linie den Wortbestandteil, nicht jedoch den Bildbestandteil in sein Erinnerungsbild aufnehme. Zudem gehe die Buchstabenkombination „dm“ als Bestandteil der Markenwörter „dm-folien gmbh“ derart unter, dass diese Buchstabenkombination innerhalb des Gesamtzeichens keine selbständig kennzeichnende Stellung einnehme. Es bestehe auch keine mittelbare Verwechslungsgefahr. Die Widersprechende habe zu Serienzeichen bzw. zu einer Markenfamilie mit dem Stammbestandteil „dm“ nichts vorgetragen.

80

Es sei ferner rechtsmissbräuchlich, den Widerspruch auf die streitgegenständliche Widerspruchsmarke zu stützen, da diese Marke ausschließlich die Funktion einer Defensivmarke erfülle, die nur dazu diene, ohne jede Benutzungsabsicht den Schutzbereich anderer Marken der Widersprechenden abzusichern bzw. zu erweitern. Dies sei unter dem Gesichtspunkt der bösgläubigen Markenanmeldung im Rahmen der absoluten Schutzhindernisse oder des Rechtsmissbrauchs im Rahmen der Einwendungen gegen die Ausübung der Markenrechte beachtlich.

81

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

82

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache im tenorierten Umfang Erfolg. Zwischen den Vergleichsmarken besteht insoweit jeweils die Gefahr von Verwechslungen (§ 125b Nr.1 i. V. m. §§ 42 Abs.2 Nr.1, 9 Abs.1 Nr.2 MarkenG). Im Übrigen ist jedoch schon mangels Waren- bzw. Dienstleistungsähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen und insoweit die Beschwerde zurückzuweisen.

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1. Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr.2 MarkenG ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (EuGH, GRUR 2010, 1098, Rn. 44 – Calvin Klein/ HABM; GRUR 2010, 933, Rn. 32 – Barbara Becker; GRUR 2006, 237 – PICARO/PICASSO; BGH, GRUR 2012, 1040, Rn. 25 – pjur/pure; GRUR 2010, 235 Rn. 15 – AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484, Rn. 23 – METROBUS; GRUR 2008, 905, Rn. 12 – Pantohexal; GRUR 2008, 258, Rn. 20 – INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2006, 859, Rn. 16 – Malteser-kreuz I; GRUR 2006, 60, Rn. 12 – coccodrillo m. w. N.). Allerdings kann eine absolute Waren-/Dienstleistungsunähnlichkeit selbst bei Identität der Zeichen nicht durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke ausgeglichen werden (st. Rspr.; vgl. EuGH, GRUR Int. 2009, 911 Rn. 34 - Waterford Wedgwood/HABM [WATERFORD STELLENBOSCH]; BGH, GRUR 2014, 488, Rn. 9 – DESPERADOS/DESPERADO; GRUR 2012, 1145 Rn. 34 – Pelikan; GRUR 2009, 484 Rn. 25 - METROBUS).

84

Von Warenunähnlichkeit kann nur dann ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der Marken die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstands der Waren von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 12 – DESPERADOS/DESPERADO; a. a. O., Rn. 34 – Pelikan; GRUR 2006, 941 Rn. 13 - TOSCA BLU).

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a) Der Inhaber der angegriffenen Marke hat die Benutzung der Widerspruchsmarke in zulässiger Weise bestritten, so dass auf Seiten der Widerspruchsmarke gemäß §§ 125b Abs. 4, 43 Abs. 1 MarkenG i. V. m. Art. 15 GMV nur die Waren zu berücksichtigen sind, für die eine rechtserhaltende Benutzung glaubhaft gemacht worden ist. Dies ist der Widersprechenden mit den im Beschwerdeverfahren eingereichten Unterlagen für die Waren der Klasse 16 „Tücher aus Papier oder Zellstoff, Papierhandtücher, Fotoalben, Folien aus Kunststoff für Verpackungszwecke, Abfallsäcke aus Papier oder Kunststoff, Verpackungsbeutel, Hüllen, Taschen aus Papier oder Kunststoff“ gelungen, die damit dem Vergleich mit den Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke zugrunde zu legen sind.

86

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat undifferenziert die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Da die Widerspruchsmarke zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke noch nicht über fünf Jahre im Register eingetragen war, ist die Einrede nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG nicht zulässig. Der Zeitraum von fünf Jahren der Nichtbenutzung war jedoch im Zeitpunkt der Erhebung der Nichtbenutzungseinrede beendet. Die Benutzungsschonfrist ist am 2. Februar 2014 abgelaufen. Die Widersprechende hat mit Schriftsatz vom 11. August 2014 die Einrede der Nichtbenutzung erhoben. Damit oblag es der Widersprechenden gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, die wesentlichen Umstände der Benutzung ihrer Marke, insbesondere nach Art, Zeit, Ort und Umfang im maßgeblichen Benutzungszeitraum September 2009 bis September 2014 darzutun und glaubhaft zu machen.

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aa) Wird die Marke in einer von der Eintragung abweichenden Form benutzt, liegt eine rechtserhaltende Benutzung nach Art. 15 Abs. 1 lit. a GMV nur vor, wenn die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Das ist dann der Fall, wenn der Verkehr das abweichend benutzte Zeichen gerade bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit der eingetragenen Marke gleichsetzt, das heißt in der benutzten Form noch dieselbe Marke sieht (vgl. BGH, GRUR 2014, 662, Rn. 18 - Probiotik, GRUR 2013, 725 Rn. 13 - Duff Beer; GRUR 2011, 623 Rn. 55 - Peek & Cloppenburg II; GRUR 2010, 729 Rn. 17 - MIXI; BGH, GRUR 2009, 772 Rn. 39 - Augsburger Puppenkiste). Wird eine Wortmarke dergestalt benutzt, dass das Wortzeichen graphisch oder farblich gestaltet wird oder bildliche Elemente hinzugefügt werden, ist zu berücksichtigen, dass Marken in der Praxis regelmäßig nicht isoliert verwendet werden, sondern dem Verkehr häufig verbunden mit weiteren Angaben, Zeichen, Aufmachungen und Farben entgegentreten. Es ist deshalb zu prüfen, ob diese weiteren Elemente einen Bezug zur Funktion der Marke als Herkunftshinweis haben oder lediglich allgemeine Sachangaben oder werbliche Hervorhebungsmittel sind (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Auflage, § 26 Rn. 140, 159 ff.). So haben graphische und farbliche Hinzufügungen und Gestaltungen nicht selten einen lediglich dekorativen, verzierenden Charakter, denen der Verkehr keine Bedeutung für den kennzeichnenden Charakter der eingetragenen Marke und der benutzten Form beimisst (vgl. BGH a. a. O., Rn. 18 – Probiotik m. w. N.; Ströbele in Ströbele/Hacker, a. a. O., Rn. 164).

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So verhält es sich im vorliegenden Fall. Die registrierte Widerspruchsmarke ist eine Wortmarke mit den Buchstaben „dm“. Benutzt wird von der Widersprechenden die ebenfalls eingetragene Wort-/Bildmarke Abbildung zur Kennzeichnung ihrer Produkte. Die abweichenden Elemente bestehen aus einer farbigen Unterstreichung und einer grafischen Gestaltung der Einzelbuchstaben unter Verwendung von blauer Schriftfarbe. Durch die – geringfügige – grafische Gestaltung und farbige Hervorhebung der Einzelbuchstaben „dm“ wird der kennzeichnende Charakter der Widerspruchsmarke nicht verändert. Die Verwendung verschiedener Farben – insbesondere bei in schwarz/weiß eingetragenen Marken – ist werbeüblich. Das gilt auch für die Gestaltung eines einfachen Schriftbildes. Auch die rot/gelb gehaltene Wellenlinie, die der Unterstreichung der beiden Buchstaben dient, ist ein allgemeines Ausstattungselement und akzentuiert lediglich die werbemäßige Hervorhebung der beiden Buchstaben. Der Verkehr wird daher das abweichend benutzte Zeichen – trotz der Wahrnehmung der Unterschiede – dem Gesamteindruck nach noch mit der eingetragenen Marke gleichsetzen.

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bb) Es ist im Übrigen – entgegen der Auffassung des Inhabers der angegriffenen Marke – unschädlich, dass die – insoweit jüngere – Widerspruchswortmarke GM 003 984 044 durch die ältere Wort-/Bildmarke Abbildung rechtserhaltend benutzt wird, und zwar selbst dann, wenn es sich bei der Widerspruchswortmarke um eine sog. Defensivmarke bzw. Wiederholungsmarke handeln sollte, deren Eintragung nur dazu dient, den Schutzbereich der Wort-/Bildmarke auszuweiten. Der EuGH hat insoweit verneint, dass die Berufung auf Defensivmarken ausgeschlossen ist (EuGH GRUR 2012, 1257 Rn. 32-33 – Rintisch/Eder [PROTI]). Die subjektive Absicht bei der Anmeldung einer Marke für die Frage der rechtserhaltenden Benutzung sei völlig unerheblich. Die Berufung auf eine benutzte Marke zur Geltendmachung von Rechten aus einer unbenutzten Marke sei vielmehr nur in den Fällen ausgeschlossen, in denen der Schutz der benutzten Marke auf eine größere Zahl unbenutzter Marken derselben Markenserie oder –familie ausgeweitet würde (EuGH, a. a. O., Rn. 29 – PROTI; Ströbele in Hacker/Ströbele, a. a. O., § 26 Rn. 219).

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cc) Zur rechtserhaltenden Benutzung einer Marke reicht auch deren Verwendung als Zweitmarke aus. Es muss deshalb immer dann, wenn zur Kennzeichnung einer Ware zwei Zeichen verwendet werden, geprüft werden, ob der Verkehr darin ein aus zwei Teilen bestehendes zusammengesetztes Zeichen erblickt oder aber keinen einheitlichen Herkunftshinweis, sondern zwei voneinander zu unterscheidende Zeichen sieht (BGH, a. a. O., Rn. 23 – Probiotik; GRUR 2010, 729 Rn. 17 – MIXI; GRUR 2007, 592 Rn. 13 - bodo Blue Night).

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Die Verwendung der Widerspruchsmarke Abbildung neben anderen Zeichen wie „SauBär“, „Profissimo“ oder „Paradies“ steht der rechtserhaltenden Benutzung nach dem Vorgesagten ebenfalls nicht entgegen. Es handelt sich deutlich erkennbar um zwei Marken, die nebeneinander zur Kennzeichnung der Ware eingesetzt werden und damit um eine unschädliche Mehrfachkennzeichnung (vgl. BGH GRUR 2013, 840 Rn. 20 – PROTI II; Ströbele in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 26 Rn.168). Die Marken stehen dabei noch nicht einmal zwingend nebeneinander. Ausweislich der Anlage A1.1 (Bl. 247 d. A. beide Bilder und Bl. 248 oberstes Bild) steht „SauBär“ oben mittig auf der Verpackung, wohin gehend Abbildung unten rechts angebracht ist. Die unterschiedliche Ausgestaltung von Erst- und Zweitmarke lässt ebenfalls erkennen, dass „dm“ als Hauptmarke wahrgenommen werden soll, wogegen „SauBär“, „Profissimo“ und „Paradies“ als eigentliche Produkt- bzw. Spezialmarken eingesetzt werden. Hauptzeichen sind insoweit dazu bestimmt, sämtliche mit ihnen versehene Waren einem bestimmten Unternehmen zuzuordnen, während die zusätzlichen Spezialzeichen die einzelnen Waren kennzeichnen sollen. Eine funktionsgemäße Benutzung liegt daher vor, da beide Marken eine betriebliche Herkunftsfunktion erfüllen und damit als benutzt anzusehen sind.

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dd) Die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen lassen eine auch dem Umfang nach ausreichende Benutzung der Widerspruchsmarke im maßgeblichen Benutzungszeitraum, also innerhalb von 5 Jahren vor der Entscheidung über den Widerspruch, für die genannten Waren in Deutschland erkennen.

93

Eine Marke wird insoweit ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion, die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, für die sie eingetragen wurde, benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern. Ausgeschlossen sind die Fälle, in denen die Marke nur symbolisch benutzt wird, um die durch sie begründeten Rechte zu wahren. Die Ernsthaftigkeit der Benutzung der Marke ist anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu beurteilen, durch die die wirtschaftliche Verwertung der Marke im Geschäftsverkehr belegt werden kann. Dazu rechnen insbesondere der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung. Die Frage, ob eine Benutzung mengenmäßig hinreichend ist, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder hinzuzugewinnen, hängt somit von mehreren Faktoren und einer Einzelfallbeurteilung ab (vgl. EuGH, GRUR 2008, 343 Rn. 72 und 73 - Il Ponte Finanziaria/HABM [BAINBRIDGE]; BGH, GRUR 2013, 725 Rn. 38 – Duff Beer; GRUR 2012, 832 Rn. 49 – ZAPPA; GRUR 2010, 729 Rn. 15 – MIXI).

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Umsatzzahlen, wie sie in den drei eidesstattlichen Versicherungen von Produktmanagern der Widersprechenden aufgeführt sind, können insoweit einen maßgeblichen Umstand für die Feststellung einer ernsthaften Benutzung darstellen, allerdings müssen die Angaben zum Umfang der Benutzung den registrierten Waren auch konkret zugeordnet werden können. Andernfalls ist die nach § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG erforderliche Feststellung, welche Waren oder Dienstleistungen bei der Entscheidung über den Widerspruch zu berücksichtigen sind, nicht möglich. Eine solche Zuordnung lassen die im Beschwerdeverfahren eingereichten eidesstattlichen Versicherungen zweifelsfrei zu. Die Umsatzzahlen wurden warenbezogen aufgeschlüsselt und belegen der Höhe nach offensichtlich eine ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke.

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Eine Benutzung für die Waren „Tücher aus Papier oder Zellstoff, Papierhandtücher“ ergibt sich daraus, dass die Widerspruchsmarke für die Waren „feuchtes Toilettenpapier, feuchte Wisch-Waschtücher, Taschentücher, Toilettenpapier“ benutzt wurde (Bl. 227 d. A.). Der für die Marke „SauBär“ seit 2011 zuständige Produktmanager Danne hat mit der eidesstattlichen Versicherung vom 29. August 2014 bestätigt, dass der Gesamtumsatz für mit dieser Marke gekennzeichnete Produkte seit 2011 jährlich bei über 12 Mio. Euro liege. Nach Warengruppen geordnet, hat er sodann für die einzelnen Produkte Verkaufszahlen und –preise angegeben. Entsprechend wurde eine Benutzung für die Waren „Fotoalben“ glaubhaft gemacht durch die eidesstattliche Versicherung der Assistentin im Produktmanagement Leistner vom 1. September 2014. Sie hat bestätigt, dass unterschiedliche Arten von Fotoalben unter der Spezialmarke „Paradies“ in den Jahren 2012 bis 2014 verkauft wurden. Stückzahlen und Preise sind nach Ware und Jahren aufgeschlüsselt. Für den Nachweis einer rechtserhaltenden Benutzung der Waren „Folien aus Kunststoff für Verpackungszwecke“ hat die Widersprechende Benutzungsunterlagen für die Waren „Frischhaltefolie, Geschenkverpackungen; Abfall- und Müllbeutel aus Papier und Kunststoff“ vorgelegt. Eine Benutzung für die Waren „Verpackungsbeutel, Hüllen Taschen aus Papier oder Kunststoff“ ergibt sich aus den vorgelegten Benutzungsunterlagen betreffend die Waren „Butterbrotpapier, Frischhaltebeutel, Geschenkpapier, Geschenktüten, Gefrierbeutel“. In der eidesstattlichen Versicherung vom 29. August 2014 (Bl. 255 ff. d. A.) hat die Produktmanagerin Alisch, verantwortlich für das Produktmanagement der Spezialmarke „Profissimo“ insoweit dargelegt, dass die Widerspruchsmarke auf den vertriebenen Artikeln direkt oder auf deren Verpackung benutzt werde. Der Gesamtumsatz in Deutschland für Produkte der Marke „Profissimo“ sei von 23 Millionen Euro im Jahr 2011 auf über 34 Millionen Euro im Jahr 2013 gestiegen. Die Einzelumsätze für die Jahre 2012 bis 2014 wurde jeweils für „Alufolie, Butterbrotpapier, Frischhaltebeutel, Geschenkpapier, Geschenktüten, Gefrierbeutel, Abfall- und Müllbeutel aus Papier und Kunststoff, Frischhaltefolie und Geschenkverpackungen“ im Einzelnen aufgeschlüsselt. Ein Nachweis der Benutzung für die ebenfalls mit „dm“ und „profissimo“ in Klasse 22 registrierten Wäscheleinen ist nicht in hinreichender Weise geführt. Die lediglich für 2014 angegebenen Umsatzzahlen ohne weitere Bezugsgröße reichen nicht aus.

96

b) Bei der Entscheidung über den Widerspruch werden gem. § 43 Abs. 1. S. 3 MarkenG nur die Waren und Dienstleistungen berücksichtigt, für die die Benutzung glaubhaft gemacht worden ist. Zwischen den Waren der Klasse 16, für die die Widersprechende die Benutzung nachgewiesen hat, und den Waren der angegriffenen Marke der Klassen 16 besteht teilweise Warenidentität, teilweise hochgradige Warenähnlichkeit. Im Hinblick auf das für die angegriffene Marke in Klasse 17 registrierte „Packungsmaterial“ besteht durchschnittliche Warenähnlichkeit. „Dichtungs- und Isoliermaterial“ und die Dienstleistung „Verpackung und Lagerung von Waren“ sind den als benutzt nachgewiesenen Waren dagegen nicht ähnlich.

97

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Hierzu gehören insbesondere die Art der Waren und Dienstleistungen, ihr Verwendungszweck, ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren oder Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt oder erbracht werden oder ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen (EuGH, GRUR 1998, 922 Rn. 15 –Canon; BGH, GRUR 2012, 1145 Rn. 34 f.- Pelikan; GRUR 2009, 484 Rn. 25 –METROBUS; GRUR 2007, 321 Rn. 20 – COHIBA).

98

„Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind“ ist mit den von der Widersprechenden benutzten Waren „Tücher aus Papier oder Zellstoff, Papierhandtücher“, „Fotoalben“, „Abfallsäcke aus Papier“ und „Verpackungsbeutel, Hüllen, Taschen aus Papier“ teilweise identisch bzw. hochgradig ähnlich. Es handelt sich bei der Bezeichnung der Waren der angegriffenen Marke um einen Oberbegriff, der die Waren der Widerspruchsmarke einschließt. Für die weiteren Waren der angegriffenen Marke „Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist“ und den benutzten Waren der Widerspruchsmarke „Folien aus Kunststoff für Verpackungszwecke; Abfallsäcke aus Kunststoff; Verpackungsbeutel, Hüllen, Taschen aus Kunststoff“ gilt Entsprechendes.

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Das für die angegriffene Marke in Klasse 17 eingetragene „Packungsmaterial“ ist durchschnittlich ähnlich zu den von der Widersprechenden benutzten Waren der Klasse 16 „Folien aus Kunststoff für Verpackungszwecke; Verpackungsbeutel, Hüllen, Taschen aus Kunststoff“. Die Waren der Widerspruchsmarke dienen Verpackungszwecken, ebenso wie das Packungsmaterial der angegriffenen Marke. Es kann sich zudem jeweils um Produkte aus Kunststoff handeln. Packungsmaterial kann dabei neben Verpackungsmaterial eingesetzt werden, beispielsweise um Hohlräume in einer Verpackung aufzufüllen.

100

In Bezug auf die Waren der angegriffenen Marke „Dichtungs- und Isoliermaterial“ besteht keine Warenähnlichkeit. Dichtungs- und Isoliermaterial dient nicht Verpackungs-, sondern u. a. Bauzwecken und wird auch nicht gleichzeitig mit Verpackungsmaterial eingesetzt. Die Funktionsweise der Produkte zum Verpacken einerseits und zum Dichten und Isolieren andererseits unterscheiden sich deutlich voneinander.

101

Die Dienstleistungen der angegriffenen Marke in Klasse 39 „Verpackung und Lagerung von Waren“ sind entgegen der Auffassung der Widersprechenden zu den Waren der Widerspruchsmarke ebenfalls nicht ähnlich. Grundsätzlich ist von einer Unähnlichkeit zwischen Waren und Dienstleistungen auszugehen, da es eine grundlegende Abweichung zwischen der Erbringung der unkörperlichen Dienstleistung und der Herstellung bzw. dem Vertrieb von Waren gibt. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob bei den beteiligten Verkehrskreisen der Eindruck entsteht, Waren und Dienstleistungen unterlägen der Kontrolle desselben Unternehmens bei Herstellung und Vertrieb. Verneint wird dies u. a. dann, wenn die Waren und Dienstleistungen lediglich miteinander in Berührung kommen, ohne dass der Eindruck entsteht, sie würden von denselben Unternehmen in eigenständiger wirtschaftlicher Betätigung erbracht (Hacker in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 61). Ausgehend hiervon ist im vorliegenden Fall eine Ähnlichkeit zu verneinen. Die Recherche des Senats hat ergeben, dass die Hersteller von Verpackungen (u.a. die Markeninhaberin selbst) nicht zugleich die Dienstleistung „Verpackung und Lieferung“ anbieten. Allenfalls werden eigene Waren, nicht jedoch Waren für Dritte versandt. Zudem erwerben entsprechende Dienstleister die Verpackungen, mit denen sie die Lagerungs- und Verpackungsdienstleistungen erbringen, regelmäßig von Dritten (vgl. die dem Ladungszusatz vom 23. Juli 2014 beigefügten Internetausdrucke Bl. 83/99 d. A.).

102

c) Der Widerspruchsmarke kommt von Haus aus eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft und damit ein normaler Schutzumfang zu. Die Buchstabenfolge "dm" wird nicht als Hinweis auf „Drogeriemarkt“ verstanden und kann aus diesem Grund auch nicht als beschreibende Angabe aufgefasst werden. Abkürzungen können zwar als beschreibende Angaben in Betracht kommen, sie können jedoch nicht ohne weiteres der korrekten und vollständigen Wiedergabe der Sachbezeichnung gleichgestellt werden. Nur beschreibende Abkürzungen sind schutzunfähig, wenn sie als solche gebräuchlich oder aus sich heraus verständlich sind. Das trifft im vorliegenden Fall – zumindest in der Bedeutung „Drogeriemarkt“ nicht zu. Das Akronym „dm“ steht nämlich u. a. für Dezimeter und die Top-Level-Domain der zu den „Leeward Islands“ gehörenden Insel Dominica (http://abkuerzungen.woxikon.de/abkuerzung/dm.php).

103

Soweit der Inhaber der angegriffenen Marke auf Drittzeichen hinweist, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass solche Zeichen im Inland benutzt werden. Nur durch benutzte Drittmarken kann die Kennzeichnungskraft einer Marke verringert werden (Hacker in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 174). Eine verminderte Kennzeichnungskraft kommt somit nicht in Betracht. Ob der Widerspruchsmarke der geltend gemachte erhöhte Schutzumfang zuerkannt werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung, da auch auf der Grundlage eines normalen Schutzumfangs eine Verwechslungsgefahr zu bejahen ist.

104

d) Die sich gegenüberstehenden Waren der Klasse 16 und 17 richten sich als alltägliche Gebrauchsgüter (auch) an die breite Masse der Endverbraucher sowie an den Fachverkehr. Diese begegnen den Waren mit normaler Aufmerksamkeit.

105

e) Ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und bei Anwendung einer normalen Aufmerksamkeit des Verkehrs hält die angegriffene Marke selbst bei durchschnittlicher Warenähnlichkeit den erforderlichen Abstand zur Widerspruchsmarke in klanglicher Hinsicht nicht ein. Entgegen der Auffassung des Inhabers der angegriffenen Marke werden die sich gegenüberstehenden Marken auch klanglich benannt, beispielsweise bei mündlichen Empfehlungen oder telefonischen Bestellungen.

106

Maßgebend für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente (BGH, GRUR 2013, 833, Rn. 30 – Culinaria/ Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040, 1042, Rn. 25 – pjur/pure; GRUR 2008, 905, Rn. 12 – Pantohexal; GRUR 2008, 909, Rn. 13 – Pantogast), wobei von dem allgemeinen Erfahrungsgrundsatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH, GRUR 2004, 428, Rn. 53 – Henkel; BGH, MarkenR 2000, 420, 421 – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; GRUR 2001, 1151, 1152 –marktfrisch). Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, (Schrift-)Bild und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. EuGH GRUR 2006, 413, Rn. 19 - ZIRH/SIR; BGH GRUR 2010, 235, Rn. 15 - AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484, 487, 487, Rn. 32 -METROBUS). Dabei kann für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht genügen (st. Rspr. vgl. BGH, a. a. O., Rn. 18 - AIDA/AIDU).

107

In klanglicher Hinsicht ist der in ständiger Rechtsprechung anerkannte Erfahrungssatz zu berücksichtigen, dass der Verkehr beim Zusammentreffen von Wort- und Bildbestandteilen in der Regel einem kennzeichnungskräftigen Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform die größte Bedeutung beimisst (vgl. BGH GRUR 2014, 378 Rn. 30 – OTTO CAP). Der Verkehr wird deshalb „dm-folien gmbh“ lesen, und zwar unabhängig davon, ob er in dem größenmäßig deutlich hervorgehobenen Bildbestandteil der angegriffenen Marke ein stilisiertes „dm“ erkennt oder nicht. Sollte er es erkennen, wird er jedenfalls nicht im Sinne einer Dopplung „dm dm-folien gmbh“ sagen, sondern es bei der einfach lesbaren Bezeichnung „dm-folien gmbh“ belassen.

108

Die angegriffene Marke wird durch „dm“ geprägt. Die weiteren Wortbestandteile „folien“ und „gmbh“ beschreiben die in Rede stehenden Waren und die Rechtsform. Aus diesem Grund werden sie nicht in den Ähnlichkeitsvergleich mit einbezogen werden (BGH GRUR 2008, 714 Rn. 58 – idw). „Verpackungsmaterial aus Kunststoff“ und „Packungsmaterial“ kann Folie sein, also aus einem sehr dünnen Metall- oder Kunststoffblatt bestehen. Aber auch bei „Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien“ kann es sich um Folien handeln. Mit einem sogenannten Folienpapier können Bilder auf Stoff übertragen werden. Zudem ist Folienpapier dazu geeignet, Waren zu verpacken. Folienpapier wird im Handel neben Bogen- und Rollenpapier angeboten. Ebenso wie Folienpapier dient auch Folienkarton zu Verpackungszwecken. Folienkarton ist zudem als Bastelbedarf oder als Büroartikel erhältlich.

109

Somit stehen sich beim Zeichenvergleich „dm“ und „dm“ gegenüber. Da die Widerspruchsmarke und die angegriffene Marke damit klanglich identisch sind, liegt - im tenorierten Umfang - die Gefahr klanglicher Verwechslungen vor.

110

2. Der Einwand des Inhabers der angegriffenen Marke, es sei rechtsmissbräuchlich, einen Markenwiderspruch auf eine zu reinen Abwehrzwecken angemeldete Defensivmarke zu stützen, ist unbehelflich. Der Senat hat insoweit bereits in der mündlichen Verhandlung vom 3. September 2014 darauf hingewiesen, dass im registerlichen Verfahren kein Raum für den Einwand einer rechtsmissbräuchlichen Geltendmachung der Widerspruchsmarke ist (vgl. BPatG GRUR 2005, 773, 775 – Blue Bull/RED Bull; Ströbele in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 26 Rn. 285 m. w. N.).

111

3. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die Rechtsfrage, wie Fallgestaltungen rechtlich zu behandeln sind, in denen die Anmeldung und Eintragung einer jüngeren Defensivmarke dazu dient, den Schutzbereich anderer tatsächlich benutzter Marken abzusichern und auszuweiten, durch den EuGH bereits entschieden ist (vgl. EuGH GRUR 2012, 1257 Rn. 33 – Rintisch/Eder [PROTI]).

112

4. Zu einer Kostenauferlegung auf einen Beteiligten aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG bestand kein Anlass.