Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 24.08.2011


BPatG 24.08.2011 - 29 W (pat) 64/10

Markenbeschwerdeverfahren – "Active Philanthropy" – keine Unterscheidungskraft – keine Verkehrsdurchsetzung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
24.08.2011
Aktenzeichen:
29 W (pat) 64/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 306 63 205.5

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 24. August 2011 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, der Richterin Kortge und der Richterin am Landgericht Werner

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortfolge

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Active Philanthropy

3

ist am 17. Oktober 2006 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Dienstleistungen angemeldet worden:

4

Klasse 35 Beratung bei der Organisation und Geschäftsführung von Unternehmen; Büroarbeiten; Unternehmensverwaltung;

5

Klasse 41 Veranstaltung und Durchführung von Workshops; Veröffentlichung von Büchern; Ausbildung;

6

Klasse 42 Dienstleistungen eines Juristen.

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Mit Beschluss vom 30. März 2009 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass sich die angemeldete Bezeichnung aus dem geläufigen englischen Begriff "Active" für "tatkräftig, aktiv" und dem bekannten englischen Wort "Philanthropy" mit der Bedeutung "Menschen- bzw. Nächstenliebe" zusammensetze. Diese Wortfolge sei eine die beanspruchten Dienstleistungen unmittelbar beschreibende Sachaussage. Denn sie weise lediglich auf Dienstleistungen hin, die der aktiven Philanthropie, also der Menschenliebe, dienen könnten. Workshops und veröffentlichte Bücher könnten "Aktive Nächstenliebe" thematisieren. Die angemeldete Wortfolge erschöpfe sich daher in einem beschreibenden Hinweis auf das Thema und den Zweck der beanspruchten Dienstleistungen. Bei den angesprochenen Verkehrskreisen handele es sich überwiegend um Fachkreise bzw. interessierte und informierte Laien, welche die Wortkombination "Active Philanthropie" ohne weiteres verstünden, weil sie dem entsprechenden deutschen Begriff "Aktive Philanthropie" sehr ähnlich sei. In der Unternehmensverwaltung, im Wirtschaftsleben usw. werde nicht mehr nur auf den rein ökonomischen Aspekt geachtet, sondern auch auf das emotionale, menschliche Miteinander, weil ein gutes Betriebsklima und zufriedene Mitarbeiter zum wirtschaftlichen Erfolg beitrügen. Die angemeldete Bezeichnung sowie die Wortfolge "Family Philantrophy" würden nicht nur von der Anmelderin verwendet, wie eine Internetrecherche ergeben habe (Auszug aus der Internetdatenbank "Slogans.de", Bl. 47 VA; Auszug aus dem Inhaltsverzeichnis einer Druckschrift, Bl. 48 VA). Die vergleichbare Anmeldung "ForumPhilanthropie" (305 35 571.6) habe ebenfalls nicht zu einer Eintragung geführt.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 30. März 2009 aufzuheben.

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Sie ist der Ansicht, dass die dem angefochtenen Beschluss beigefügten Internetausdrucke entgegen der Auffassung der Markenstelle belegten, dass die angemeldete Bezeichnung im Inland ausschließlich von der Anmelderin benutzt werde, weil beide Einträge in der Internet-Datenbank "Slogans.de" der für die Anmelderin tätigen Agentur "Goldene Zeiten Berlin" zugeordnet würden. Die beiden dort genannten Slogans befänden sich auch auf ihrer Website. Der erste sei sogar Bestandteil ihres Firmennamens. Abgesehen davon, dass die Wortfolge "Family Philantrophy" mit der angemeldeten Bezeichnung nicht vergleichbar sei, sei die im vorgelegten Inhaltsverzeichnis unter dem Titel "Family Philantrophy in einem neuen Licht" genannte Mitautorin "Felicitas von Peter" ihre Geschäftsführerin. Fast alle Links hätten bei einer erneuten weltweiten Recherche mit der Suchmaschine Google zu ihren Web-Angeboten geführt oder seien solche, welche auf diese verwiesen. Nur zwei Treffer verwiesen auf zwei amerikanische Organisationen, die unter der gleichen Bezeichnung firmierten (Anlage 1, Bl. 22 – 25 GA). Eine auf Deutschland beschränkte Suche habe auf den ersten vier Ergebnisseiten nur Links zu ihr aufgeführt (Anlage 2, Bl. 26 – 33 GA). "Philanthropy" könne angemessen nur mit "Philanthropie" übersetzt werden, wobei dieser deutsche Begriff die über Menschen- und Nächstenliebe hinausgehenden Bedeutungen "Menschenfreundlichkeit" oder "Wohltätigkeit" habe. Damit verbunden sei ein ganzes Feld altruistischer Verhaltensweisen. Durch die Verbindung des Wortes "Active" mit dem Wort "Philanthropy" entstehe eine neue Begrifflichkeit, die über die bloße Zusammensetzung ihrer Teile hinausgehe, wie "internationale Begegnung" oder "Europäische Union". "Aktive Nächstenliebe" besage etwas vollkommen anderes als "Active Philanthropy". Die angemeldete Wortfolge sei unternehmenskennzeichnend, weil sie einen Teil des Firmennamens und der Internetdomain bilde (Bl. 21 –31 VA). Sie setze sich auch von dem aus dem Bereich des Stiftens und Schenkens bekannten Begriff "Venture Philanthropy" ab. Jener freihaltebedürftige Begriff bedeute "Soziales Risikokapital" und bezeichne die für eine begrenzte Zeit und ein bestimmtes Vorhaben vorgenommene Investition von Geld und Know-how unternehmerisch agierender Risikokapitalgeber in gemeinnützige Organisationen. Im Gegensatz dazu bezeichne die Wortfolge "Active Philanthropy" die von ihr selbst oder durch kooperierte Partner angebotenen Dienstleistungen. Diese umfassten die Sammlung von Materialien und Reports, die Entwicklung von Evaluationsmethoden, Case Studies für gemeinnützige Projekte, die Vermittlung von praktischen Erfahrungen, den Austausch über die Praxis in gemeinnützigen Organisationen sowie die Beratung bei der Aufstellung gemeinnütziger Projekte und deren Durchführung. Dabei liege der Schwerpunkt nicht auf theoretischer Wissensvermittlung, sondern auf der aktiven Rolle des Stifters und Spenders, was sich in dem Begriff "Active Philanthropy" widerspiegele. Die Dienstleistungen seien keine Akte der Philanthropie, sondern sollen bei der Philanthropie Dritter unterstützen. Für die in Klasse 35 beanspruchten Dienstleistungen könne "Menschenliebe" allenfalls partiell eine Rolle spielen. Zwar könnten die in Klasse 41 beanspruchten Dienstleistungen selbst Akte der Menschenliebe sein, aber eine altruistische Dienstleistungserbringung liege im Bereich des Markenrechts fern. Bei den in Klasse 42 angemeldeten Dienstleistungen eines Juristen verböten schon das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und das Standesrecht eine entgeltfreie Dienstleistung. Aus den vorgelegten Internetausdrucken ergebe sich zudem, dass die angemeldete Bezeichnung inzwischen auch durch Benutzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG ein betrieblicher Herkunftshinweis geworden sei. Sie, die Anmelderin, sei mit der Anmeldemarke Gegenstand von Berichterstattung in der Süddeutschen Zeitung bis hin zu Publikationen der Britischen Regierung gewesen (Anlage 3, Bl. 34 GA; Anlagenkonvolut 4, Bl. 35 – 64 GA). Sie habe selbst eine Vielzahl von Artikeln unter Verwendung der angemeldeten Bezeichnung veröffentlicht (Anlage 5, Bl. 65 –66 GA). Schließlich sei den Websites der Wettbewerber D…, M… …, P…, P1… und N… nicht zu ent nehmen, dass diese die verfahrensgegenständliche Wortfolge nutzten (Anlagenkonvolut 6, Bl. 67 – 74 GA). Die zurückgewiesene Anmeldung "ForumPhilanthropie" sei mit der verfahrensgegenständlichen Bezeichnung nicht vergleichbar, weil "Forum" eine Veranstaltungsform beschreibe. Das mit "Barmherzigkeit" oder "Nächstenliebe" zu übersetzende Wort "Charity" sei Bestandteil von 31 deutschen Markeneintragungen. Die beiden Wortmarken 39507963 und 30313117 sowie die Wort-/Bildmarke 39755588.1 bestünden allein aus dem Wort "Charity". Die Wortmarken "Charity-Drinks" (30557231), "First Lady of Charity (30627757) und "pro charity" (30555821) seien auch für die Klassen 35 und 41 eingetragen worden, obwohl sie freihaltebedürftig seien. Daher sei nicht einzusehen, weshalb einer Eintragung des spezielleren und nur von ihr verwendeten Begriffs "Active Philanthropy" Hindernisse entgegenstehen sollten. Auf mehrere gerichtliche Hinweise des Senats trägt die Beschwerdeführerin weiter vor, die angemeldete Wortfolge sei in der englischen Sprache nicht gebräuchlich und im Deutschen mehrdeutig sowie im Bedeutungsinhalt unscharf, enthalte eine Doppelung in der Sinnebene und werde nicht als Synonym für eine Dienstleistung gebraucht. Sie könne nicht beschreibend sein für Dienstleistungen, die nur gegen Entgelt erbracht würden. Zudem sei zwischen dem Ziel und der Art der Tätigkeit des Dienstleistenden zu unterscheiden. In der englischen Version werde die Wortfolge nur von ihr verwendet, wie ein aktueller Ausdruck der Suche unter google.de und bing.de bestätigten (Anlagen 8 und 9). Zum Beleg der markenmäßigen Nutzung der angemeldeten Bezeichnung seit dem Jahre 2006 hat sie eine Aufstellung ihrer Artikel in Drittpublikationen sowie Drittpublikationen vorgelegt, in denen auf sie, die Anmelderin und das Anmeldezeichen Bezug genommen wird (Anlage 11). In Anlage 12 wird die Präsenz ihrer Geschäftsführer durch Vorträge und bei Veranstaltungen belegt. Ferner hat sie als Anlage 13 zahlreiche Broschüren sowie eine Aufstellung eingereicht, wonach … Exemplare der Broschüren im Umlauf seien. Schließlich bie tet sie Beweis durch Einholung eines Gutachtens zur Verkehrsdurchsetzung an. Da sie als gGmbH der Gemeinnützigkeit unterliege, seien Verwaltungs- und Werbeaufwendungen anteilig klein zu halten, weshalb sie den Aufwand in den vergangenen Jahren so minimiert habe, dass dieser eine Verkehrsdurchsetzung nicht begründen könne. Wegen der Beschränkungen aus § 52 AO könnten auch keine Umsätze dargestellt werden. Ihr Konzept sei es vielmehr, die Bekanntmachung ihrer Angebote durch gezielte Gespräche, Auftritte, Präsentationen und Präsenz im Internet zu fördern. Aus der Liste der Publikationen und Vorträge erschließe sich, dass sie in den Fachkreisen flächendeckend in Deutschland und teilweise darüber hinaus in hinreichender Verbreitung Bekanntheit genieße. Dafür spreche auch der Umstand, dass die Zeitung "Die Welt" im November/Dezember 2010 eine Serie von acht Artikeln herausgebracht habe, in welcher u. a. ihre Tätigkeit unter der angemeldeten Bezeichnung dargestellt worden sei.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

13

1. Der Eintragung der Wortfolge "Active Philanthropy" als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG steht in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

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a) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2008, 608, 611 Rdnr. 66 f. – EUROHYPO; BGH GRUR 2010, 825, 826 Rdnr. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; 935 Rdnr. 8 – Die Vision; GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; 229, 230 Rdnr. 27 - BioID; a. a. O. Rdnr. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710 Rdnr. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949 Rdnr. 10 - My World; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard;). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2009, 411 Rdnr. 8 -STREETBALL; 778, 779 Rdnr. 11 - Willkommen im Leben; 949 f. Rdnr. 10 - My World; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 - SAT 2; BGH a. a. O. – Die Vision; 825, 826 Rdnr. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 -DeutschlandCard; a. a. O. 854 Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 -anti KALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten – Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2010, 1100, 1102 Rdnr. 23 – TOOOR!; a. a. O. 855 Rdnr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006). Dabei gilt, dass je bekannter der beschreibende Begriffsgehalt für die Waren oder Dienstleistung ist, desto eher wird er auch nur als solcher erfasst, wenn er im Zusammenhang mit der Kennzeichnung der Ware oder Dienstleistung in Erscheinung tritt (BPatG GRUR 2007, 58, 60 – BuchPartner). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146, 147 f. Rdnr. 32 - DOUBLEMINT; 674, 678 Rdnr. 97 - Postkantoor; 680, 681 Rdnr. 38 - BIOMILD; GRUR 2003, 58, 59 Rdnr. 21 -Companyline); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind, sofern das Gesamtzeichen nicht infolge einer ungewöhnlichen Veränderung – etwa syntaktischer oder semantischer Art – hinreichend weit von der bloßen Zusammenfügung ihrer schutzunfähigen Bestandteile abweicht (EuGH MarkenR 2007, 204, 209 Rdnr. 77 f. – CELLTECH; a. a. O. Rdnr. 29 - BioID; a. a. O. Rdnr. 98 -Postkantoor; a. a. O. Rdnr. 39 f. – BIOMILD; a. a. O. Rdnr. 28 – SAT 2).

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Ist – wie hier – die Unterscheidungskraft einer Wortfolge zu beurteilen, so bestehen grundsätzlich keine abweichenden Anforderungen gegenüber anderen Wortmarken.

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b) Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt die angemeldete Wortfolge nicht, weil sie für die beanspruchten Dienstleistungen einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt aufweist.

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aa) Das angemeldete Kennzeichen setzt sich aus den Wörtern "Active" und "Philanthropy" zusammen.

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aaa) "Active" gehört zum englischen Grundwortschatz und bedeutet, – wie hier – adjektivisch gebraucht, "aktiv, lebhaft, betriebsam, emsig, energisch, geschäftig, produktiv, rege, regsam, rührig, tätig, tatkräftig, praktisch, wirksam (PONS Großwörterbuch Englisch-Deutsch, 2002, S. 10; Duden - Oxford - Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl. 2005 [CD-ROM]; www.leo.org). Da der englische Grundwortschatz in der deutschen Bevölkerung weit verbreitet ist und "active" dem deutschen Adjektiv "aktiv" fast entspricht, wird es vom inländischen Durchschnittsverbraucher ohne weiteres verstanden.

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bbb) Das englische Substantiv "Philanthropy" wird mit Menschenfreundlichkeit, Menschenliebe, Wohltätigkeit oder Philanthropie übersetzt (PONS Großwörterbuch Englisch-Deutsch, a. a. O. S. 654; Duden - Oxford - Großwörterbuch Englisch, a. a. O.; www.leo.org). Sowohl der englische Begriff "Philanthropy" als auch das deutsche Fremdwort "Philanthropie" mit der Bedeutung "Menschenliebe" (Duden - Das Fremdwörterbuch, 9. Aufl. 2007 [CD-ROM; Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]) leiten sich vom altgriechischen "philanthrōpōa"   a"ab, das eine Zusammensetzung aus den griechischen Wörtern "phílos" für "Freund" und "άnthrōpos" für "Mensch" darstellt. In der Antike verstand man unter "philanthrōpōa" eine menschenfreundliche Einstellung und Verhaltensweise. Seit dem 20. Jahrhundert wird "Philanthropie" im allgemeinen Sprachgebrauch mit Wohltätigkeit und gemeinnützigen Aktivitäten assoziiert ( http://de.wikipedia.org/wiki/Philanthropie ).

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bb) In seiner Gesamtbedeutung "aktive Philanthropie", "tätige Menschenfreundlichkeit", "produktive Menschenliebe" oder "tatkräftige Wohltätigkeit" weist die angemeldete Wortfolge auf ein freiwilliges, nicht gewinnorientiertes Handeln und Wirken zum Wohl des/der Menschen, also auf ein gemeinnütziges Engagement, hin.

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cc) In diesem Sinne wird die Wortfolge "Aktive Philanthropie" entweder ähnlich oder genau mit diesem Wortlaut bereits benutzt, wie die nachfolgend dargestellte Internetrecherche des Senats ergeben hat.

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aaa) Eine nur ähnliche Verwendung belegen folgende Fundstellen:

23

- Mitteilung auf der Website der B… Aktiengesellschaft unter dem Titel "Philanthropie-Beratung": "Indem wir selber aktiv philanthropisch tätig sind, kennen wir die Bedürfnisse von Stifterinnen und Stiftern aus eigener Erfahrung. Wir verfügen über das Fachwissen und die erforderlichen Hilfsmittel, um Sie bei Ihrem wohltätigen Engagement zielführend zu begleiten."(http://www.blankart.com/deu/philanthropie-beratung_19007.shtml). Die Verwendung der Wortfolge "aktive Philanthropie" in adverbialer Form ist zumindest ein starker Hinweis auf den Eingang dieses Begriffes in den deutschen Sprachgebrauch.

24

- Das Gleiche gilt für den Bericht über ein Forschungsvorhaben der Universität Heidelberg und der I… in H…- … mit dem Titel "Regionale Philanthropie und Inno-vation in Heilbronn-Franken und dem ersten Untertitel "Zur regionalen Bedeutung philanthropischer Aktivitäten" (http://www.heilbronn.ihk.de), auch wenn es sich um eine Umkehrung der Wortfolge handelt, weil der Bedeutungsgehalt identisch ist.

25

bbb) Eine Verwendung der Wortfolge "aktive Philanthropie" genau mit diesem Wortlaut zeigen die folgenden Fundstellen:

26

- wissenschaftlicher Aufsatz von Sch… mit dem Titel "Jenseits der Leistungsgesellschaft – Zur sozialen Reproduktion von Reichtum in der Schweiz http://soziolo gie.ch/sozmag/sozmag-10/jenseits-der-leistungsgesell schaft), auf dessen Seite 5 "aktive Philanthropie und grosszügiges Mäzenatentum" als unterstützender Faktor des symbolischen Kapitals der Leistungselite der Schweiz bezeichnet wird. Auch wenn es sich hier um eine aus der Schweiz stammende Fundstelle handelt, hat sie zumindest indizielle Bedeutung dafür, dass "aktive Philanthropie" im deutschen Sprachraum einen geläufigen Begriff darstellt;

27

- Beitrag in Ausgabe 6/2010 des Internetmagazins "Stiftung&Sponsoring" von S… und Z…- … mit dem Titel "Aktive Philanthropie – Motor für mehr Nachhaltigkeit – Nachhaltig investieren – zwischen Risiko, Rendite und Verpflichtung" (http://www.stiftung-sponsoring.de/top/heft-archiv/ausgabe-62010.html). Der Umstand, dass die Autoren S… und Z… … seit Jahren mit der Beschwerdeführerin in Kontakt stehen, ändert nichts daran, dass die Wortfolge "Aktive Philanthropie" hier im allgemeinen Sprachgebrauch, nämlich in der Überschrift eines Zeitschriftenartikels, verwendet worden ist;

28

- Beitrag von S… in dem deutschen Buch "Archiv für Geschichte der Philosophie" unter dem Titel "Philanthropie und Frömmigkeit in Platons Euthyphron": " ... Wie erklärt sich aber dieses persönliche Engagement, diese aktive Philanthropie? ..." (http://related.springerprotocols.com/lp/de- gruyter/philanthropie-und-fr-mmigkeit-in-platons-euthy phron-DvwPv0JLmw. Seite 6 von 8),

29

- Vorstellung des Schweizers K… als "Young leader 2011" auf der deutschen Website "Young Euro Connect": " ... Das auf fünf Kontinente verteilte Team setzt sich zum Ziel, die Lebensqualität der weniger privilegierten Menschen langfristig zu erhöhen, indem es Kunden für aktive Philanthropie begeistert. ..." (http://www.young-euro-connect.de/index.php?seite=s11_0&sprache=de),

30

- Beitrag von P2… im deutschen Buch "Diakonie in Europa", 1997, mit dem Titel "Diakonisch-soziale Aspekte des griechisch-orthodoxen Verständnisses vom Menschen, von der Welt und der Geschichte": " ... Aktive Philanthropie ist jedoch auch Aufgabe aller Laienchristen ..." (S. 124, http://alexandros.papaderos.org/Documents/Publications/303-AP-Diakonisch-soziale-Aspekte.pdf).

31

dd) Die Adressaten der beanspruchten Dienstleistungen sind überwiegend Fachkreise bzw. interessierte und informierte Laien. Die im Bereich der Unternehmensberatung und -verwaltung angesiedelten Dienstleistungen sowie das Angebot zur Durchführung von Büroarbeiten richten sich an Unternehmensinhaber sowie Angehörige der unternehmerischen Führungsebene bzw. des Managements, bei denen Englisch generell Fachsprache ist, so dass sie zur Übersetzung der angemeldeten Wortfolge in der Lage sind. Das Gleiche gilt für die in Klasse 41 und 42 beanspruchten Dienstleistungen, die dem Bereich der Informationsvermittlung und Ausbildung sowie dem juristischen Tätigkeitsfeld angehören, da diese sich überwiegend an ein Fachpublikum bzw. an interessierte und informierte Laien mit einem über dem Durchschnitt liegenden Bildungsgrad richten, bei denen die Kenntnis der englischen Sprache vorausgesetzt werden kann.

32

ee) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist die angemeldete Wortfolge nicht mehrdeutig. Die verfahrensgegenständliche Bezeichnung kann zwar unterschiedlich übersetzt werden, aber jede dieser Übersetzungen weist denselben Sinngehalt auf. Abgesehen davon, dass die angemeldete Wortkombination gar keine Wiederholung oder Doppelung durch das Adjektiv "Active" enthält, weil Menschenfreundlichkeit und Menschenliebe auch passiv gelebt werden können, finden sich Wiederholungen auch im allgemeinen Sprachgebrauch in der Form des Pleonasmus, z. B. alter Greis (http://de.wikipedia.org/wiki/Pleonasmus). Auch, ob eine solche Kombination in der englischen Sprache gebräuchlich ist, ist für das hier maßgebliche inländische Publikum unerheblich. Der Annahme einer beschreibenden Angabe steht ferner nicht entgegen, wenn sie eine gewisse Unbestimmtheit oder Unschärfe aufweist. Denn eine beschreibende Benutzung setzt nicht voraus, dass die Bezeichnung feste begriffliche Konturen erlangt und sich eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt herausgebildet hat. Von einem die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Begriff kann auch auszugehen sein, wenn das Markenwort verschiedene Bedeutungen hat und nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt (BGH GRUR 2008, 900, 901 Rdnr. 15 – SPA II; GRUR 2000, 882 f. – Bücher für eine bessere Welt).

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ff) In Bezug auf die in Klasse 35 angemeldeten (entgeltlichen) Dienstleistungen "Beratung bei der Organisation und Geschäftsführung von Unternehmen; Büroarbeiten; Unternehmensverwaltung" weist die angemeldete Wortfolge nach dem Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise darauf hin, dass sich diese Dienstleistungen an Unternehmen richten, die sich gemeinnützig engagieren bzw. zum Wohl der Menschen tätig sind, um sie im Bereich der praktischen Nächstenliebe zu unterstützen. Damit gibt das angemeldete Kennzeichen lediglich an, für wen die beanspruchten Dienstleistungen bestimmt sind und welchem Zweck sie dienen, und kann nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden werden.

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gg) In Bezug auf die in Klasse 41 beanspruchten Dienstleistungen "Veranstaltung und Durchführung von Workshops; Veröffentlichung von Büchern; Ausbildung" kommt die verfahrensgegenständliche Wortfolge als Inhaltsangabe in Betracht. Denn die Workshops, die zu veröffentlichenden Bücher und die Ausbildung können sich mit dem Thema gemeinnützigen Engagements oder tätiger Nächstenliebe befassen. Die Bezeichnung "Active Philanthropy" erschöpft sich damit auch bei den beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 41 in einer beschreibenden Angabe.

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hh) Das Gleiche gilt für die in Klasse 42 angemeldeten "Dienstleistungen eines Juristen". Das Anmeldezeichen "Active Philanthropy" weist entweder auf engagiert gemeinnützig ausgerichtete oder mit derartigen Projekten verknüpfte rechtliche Tätigkeit hin. Es enthält daher nur eine Sachaussage über den Adressaten oder den Bestimmungszweck der beanspruchten Dienstleistungen.

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2. Da es der angemeldeten Bezeichnung hinsichtlich der in Rede stehenden Dienstleistungen an jeglicher Unterscheidungskraft mangelt, kann dahingestellt bleiben, ob ihr auch ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an ihrer freien Verwendbarkeit entgegen steht (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).

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3. Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG kann auch nicht gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG durch Verkehrsdurchsetzung überwunden werden.

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Die Bestimmung des § 8 Abs. 3 MarkenG erfordert, dass sich eine zur Eintragung angemeldete Marke infolge ihrer Benutzung für die mit ihr beanspruchten Waren und Dienstleistungen in einem erheblichen Teil der beteiligten Verkehrskreise durchgesetzt hat. Als im Rechtssinne erheblich ist es dabei anzusehen, wenn die Mehrheit der angesprochenen Verkehrskreise in der Marke nicht mehr nur eine nicht unterscheidungskräftige Sach- oder sonstige Angabe, sondern einen auf ein bestimmtes Unternehmen bezogenen kennzeichnenden Herkunftshinweis sieht (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 727 Rdnr. 52 - Chiemsee; GRUR 2002, 804, 808 Rdnr. 65 - Philips; BGH GRUR 2001, 1042, 1043 - REICH UND SCHOEN; GRUR 2006, 760, 762 - LOTTO; BPatG GRUR 2005, 337, 341 f. - VISAGE). Es ist daher eine schlüssige und durch entsprechendes Tatsachenmaterial belegte Darlegung erforderlich, dass die Marke infolge ihrer Benutzung für die beanspruchten Waren und/oder Dienstleistungen von den beteiligten Verkehrskreisen oder zumindest einem erheblichen Teil dieser Kreise im gesamten Bundesgebiet wahrscheinlich als von einem Unternehmen stammend erkannt wird (Fezer/Grabrucker, Handbuch der Markenpraxis, Band I, Markenverfahrensrecht, 1. Teil, 2. Kap., Rdnr. 509). Dies setzt Angaben voraus, aus denen sich ergibt, von wem in welcher Form für welche Waren und/oder Dienstleistungen in welchem Gebiet und Umfang sowie seit wann die angemeldete Bezeichnung im Verkehr nach Art einer Marke eingesetzt worden ist. Hierfür geeignete Belege sind insbesondere Kataloge, Preislisten, Werbematerial (unter Angabe der jeweiligen Auflagenzahl) sowie Angaben zu dem von der Marke gehaltenen Marktanteil, zur Intensität und geografischen Verbreitung, zur Dauer der Benutzung der Marke sowie zum Werbeaufwand und zu den bisher erzielten Umsätzen (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rn. 432; Fezer/Grabrucker, a. a. O. , Rdnr. 504). Diesen Anforderungen ist die Beschwerdeführerin auch auf entsprechende Hinweise des Senats nicht nachgekommen.

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Zwar trifft es zu, dass alle auf den ersten vier Ergebnisseiten aufgeführten Links einer auf Deutschland beschränkten Internetrecherche nach der Wortfolge "Active Philanthropy" mit der Suchmaschine Google ausschließlich auf den Geschäftsbetrieb der Anmelderin verweisen (Anlage 2, Bl. 26 – 33 GA), was auch ein aktueller Ausdruck der Suche unter google.de und bing.de (Anlagen 8 und 9) bestätigt hat. Auch ist die Anmelderin Inhaberin der Domain "activephilanthropy.org" (Bl. 21 – 31 VA) und das Anmeldezeichen bildet einen Teil ihres Firmennamens, aber diese Umstände sind allein wenig aussagekräftig. Auch die weiteren von der Anmelderin vorgelegten Unterlagen lassen keine Rückschlüsse auf den Durchsetzungsgrad der angemeldeten Wortfolge zu. Für eine Verkehrsdurchsetzung bereits im Zeitpunkt der Anmeldung, also am 17. Oktober 2006, fehlen sowohl schlüssiger Sachvortrag als auch Belege. Die Vorträge, Veranstaltungen und Veröffentlichungen der Anmelderin (Anlage 3, Bl. 34 GA; Anlagenkonvolut 4, Bl. 35 – 64, Anlage 5, Bl. 65 – 66 GA, Anlagen 11 u. 12) einschließlich der vorgelegten Broschüren (Anlage 13) beginnen frühestens im Jahre 2007, der Schwerpunkt der nachgewiesenen Betätigung der Anmelderin lag in den letzten zwei Jahren. Für 2006 oder die Zeit kurz davor fehlen bis auf eine von ihr herausgegebene Broschüre aus dem Jahre 2005 mit dem Titel "alle in einem Boot – Engagierte Philanthropie – eine Einführung" ohne Angabe der Auflagenzahl jegliche Belege. Aber auch für eine Verschiebung des Zeitranges der Verkehrsdurchsetzung mit Einverständnis der Anmelderin reichen die vorgelegten Unterlagen nicht aus. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Belege überhaupt ausreichen, eine markenmäßige Benutzung der angemeldeten Bezeichnung für die konkret beanspruchten Dienstleistungen glaubhaft zu machen. Der getätigte Werbeaufwand wird von der Anmelderin selbst als minimal eingestuft. Angaben zu Umsätzen oder zum Umfang der in den letzten Jahren unter der Marke "Active Philanthropy" durchgeführten einschlägigen Aufträge hat sie trotz gerichtlicher Aufforderung nicht gemacht, obwohl auch eine gemeinnützige GmbH, wie die Anmelderin nicht in Abrede stellt, Umsätze machen und Gewinne erzielen kann. Darüber hinaus fehlen aber auch Belege für den von der Marke gehaltenen Anteil am "Markt" gemeinnütziger Betätigung sowie für die geografische Verbreitung der angemeldeten Bezeichnung für die beanspruchten Dienstleistungen, worauf mit gerichtlicher Verfügung vom 1. August 2011 ausdrücklich hingewiesen worden ist. Trotzdem hat die Beschwerdeführerin weder die Anzahl und Namen ihrer ebenfalls privatwirtschaftlich im Inland tätigen und damit vergleichbaren Konkurrenten noch einen überregionalen Verband bzw. eine überregionale Vereinigung vergleichbarer Unternehmen benannt, um dem Senat eine Ermittlung der Marktführerschaft von Amts wegen zu ermöglichen. Ohne diese Grundlagen war es dem Senat nicht möglich, im Wege der Amtsermittlung den Marktanteil der Anmelderin festzustellen. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen ist dafür nicht der richtige Ansprechpartner, weil es sich bei der Anmelderin nicht um eine Stiftung handelt. Eine bloß allgemeine Bekanntheit des Unternehmens der Anmelderin reicht für die Verkehrsdurchsetzung einer Marke jedoch nicht aus. Es ist ebenfalls unzureichend, zum Beleg auf eine deutschlandweite Verbreitung des Anmeldezeichens auf die im November/Dezember 2010 in der Zeitung "Die Welt" veröffentlichte Portraitserie von acht Artikeln über mehrere neue Philanthropen zu verweisen, in welcher u. a. auch ihre Tätigkeit unter der angemeldeten Bezeichnung dargestellt worden ist. Soweit der Nachweis durch ein demoskopisches Gutachten geführt werden soll, genügt es nicht, dass die Anmelderin den diesbezüglichen Beweis angetreten hat, sondern ein solches Gutachten muss der Markenanmelder selbst in Auftrag geben und dem Gericht vorlegen. Darauf ist die Beschwerdeführerin ausdrücklich hingewiesen worden.

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4. Soweit sich die Beschwerdeführerin auf 31 eingetragene Marken mit dem Bestandteil "Charity" beruft, sind diese entweder nicht vergleichbar oder sie hat ihrer Mitwirkungsverpflichtung nicht genügt.

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Zwar kann eine uneinheitliche Entscheidungspraxis des DPMA, die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG darstellen. Dies setzt aber voraus, dass sich die bisherige Amtspraxis als willkürlich herausstellt und nicht erkennen lässt, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche rechtswidrig waren (BPatG 29 W (pat) 43/04 – juris Tz. 15 – print24). Allein aus einer oder wenigen vorangegangenen Entscheidungen lässt sich jedoch noch nicht der Vorwurf einer willkürlichen Ungleichbehandlung ableiten, zumal es sich um rechtswidrig vorgenommene Eintragungen oder Eintragungen vor Eintritt einer Richtlinien- oder Rechtsprechungsänderung handeln kann. Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (EuGH GRUR 2009, 667, 668 Rdnr. 18 – Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und SCHWABENPOST). Für die erforderliche Bereinigung des Markenregisters sieht das Gesetz das Löschungsverfahren vor, das von jedermann eingeleitet werden kann.

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Die am 13. November 1995 vorgenommene Eintragung der Wortmarke "CHARITY" (39507963) für die Klassen 9, 16 und 36 liegt schon zu lange zurück. Die am 28. April 2003 eingetragene Wortmarke "Charity" (30313117) bezieht sich auf nicht vergleichbare Waren der Klassen 3,

Abbildung

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14, 24 und 25. Bei der Wort-/Bildmarke  besitzt die grafische Ausgestaltung derart charakteristische Merkmale, dass diese bereits allein zur Schutzfähigkeit führt. Die Wortmarken "Charity-Drinks" (30557231) und "First Lady of Charity (30627757) sind schon begrifflich mit der verfahrensgegenständlichen Wortfolge nicht vergleichbar. Die am 4. Januar 2006 u. a. auch für die Klassen 35, 41 und 42 sowie teilweise für vergleichbare Dienstleistungen eingetragene Wortmarke "pro charity" (30555821) liegt bereits mehr als sechs Jahre zurück. Aber selbst wenn sie vergleichbar wäre, könnte allein aus ihr noch nicht der Vorwurf einer willkürlichen Abweichung von einer bestehenden Verwaltungspraxis abgeleitet werden.

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Hinsichtlich der übrigen 25 eingetragenen Marken mit dem Bestandteil "Charity" ist die Anmelderin ihrer – die Amtsermittlung immanent einschränkenden – materiellen Mitwirkungslast trotz entsprechender gerichtlicher Aufforderung nicht nachgekommen. Sie hat die Marken nicht einmal im Einzelnen namentlich aufgezählt. Sie hätte aber zudem substantiiert zur Vergleichbarkeit des Eintragungszeitpunkts, des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses, der Zeichen selbst und der jeweiligen Rechtsprechungssituation vortragen müssen (BPatG GRUR 2009, 1173, 1175 – Freizeit-Rätsel-Woche).