Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 03.04.2019


BPatG 03.04.2019 - 29 W (pat) 63/17

Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
03.04.2019
Aktenzeichen:
29 W (pat) 63/17
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2019:030419B29Wpat63.17.0
Dokumenttyp:
Beschluss

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die international registrierte Marke 869 586

(hier: Schutzentziehungsverfahren S 35/06 Lösch)

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 7. November 2018 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber sowie der Richter Hermann und Schödel

beschlossen:

Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die international unter der Nummer IR 869 586 registrierte dreidimensionale Marke

Abbildung

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ist für die Beschwerdegegnerin seit dem 7. September 2005 für die Waren der Klasse 30

3

"Cacao, chocolat, produits de chocolaterie"

4

eingetragen. Die Beschreibung der Marke lautet: „La marque est constituée par la forme du produit évoquant un sarment de vigne.“ Der Schutz ist seit 15. Dezember 2005 auf die Bundesrepublik Deutschland erstreckt.

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Die Antragstellerin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) die Schutzentziehung für die Bundesrepublik Deutschland beantragt. Die Marke genüge nicht dem Bestimmtheitsgebot, sei freihaltebedürftig und nicht unterscheidungskräftig. Die Markeninhaberin hat dem Schutzentziehungsantrag widersprochen.

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Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Antrag auf Schutzentziehung mit Beschluss vom 24. Mai 2007 zurückgewiesen.

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Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das Bundespatentgericht den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts aufgehoben und der IR-Marke mangels Bestimmtheit den Schutz für Deutschland entzogen (BPatG, Beschluss vom 21. Juli 2011, 25 W (pat) 8/09, GRUR 2012, 283). Es hat ausgeführt, dass der Schutzgegenstand der angegriffenen Marke durch die der Schutzgewährung zugrunde liegende bildliche Darstellung nicht hinreichend bestimmt sei, so dass es an einer grundlegenden Voraussetzung für die Schutzgewährung fehle. Für die Schutzfähigkeit einer Registermarke sei erforderlich, dass der Gegenstand der Marke eindeutig definiert und festgelegt sei. Dieses Erfordernis müsse die nach § 8 Abs. 1 MarkenG zwingend vorgesehene graphische Darstellbarkeit in der Weise verwirklichen, dass sich daraus eindeutig ein einziges Zeichen ergebe. Es sei insbesondere nicht ersichtlich, ob die abgebildete Wellenform in einer Ebene verlaufe oder gewunden sei und damit eine weitere Dimension in der Tiefe habe. Ferner bleibe offen, ob das abgebildete Stäbchen im Durchmesser rund oder oval sei. Die erläuternde Beschreibung, es handle sich um eine Weinranke, führe ebenfalls nicht zu einem hinreichend bestimmten Schutzgegenstand.

8

Auf die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin hat der Bundesgerichtshof diesen Beschluss aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen (BGH, Beschluss vom 28. Februar 2013 – I ZB 56/11, GRUR 2013, 929 - Schokoladenstäbchen II). Die Anforderungen an die Bestimmtheit der Marke seien erfüllt, das Bundespatentgericht habe nun zu beurteilen, ob der Marke Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 MarkenG entgegenstünden.

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Im wiedereröffneten Beschwerdeverfahren hat das Bundespatentgericht den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts erneut aufgehoben, soweit der Schutzentziehungsantrag in Bezug auf die Waren der Klasse 30 "chocolat" und "produits de chocolaterie" zurückgewiesen worden ist, und der IR-Marke insoweit den Schutz für Deutschland entzogen, da das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG (i. V. m. §§ 107 Abs. 1, 115 Abs. 1, 50 Abs. 1 MarkenG, Art. 5 MMA) entgegen stehe (BPatG, Beschluss vom 22. April 2016, 25 W (pat) 8/09, MarkenR 2017, 42 – Schokoladenstäbchen III). Das Bundespatentgericht hat darauf abgestellt, dass eine dreidimensionale Marke die erforderliche Herkunftsfunktion nur dann erfüllen könne, wenn sie von „Norm oder Branchenüblichkeit erheblich abweicht“. Diese Abweichungen müssten dem Verkehr auch ohne eingehende, d. h. ohne analysierende und vergleichende Betrachtung oder nähere Prüfung eindeutig erkennbar sein. Soweit die Form nicht nur einen beschreibenden Begriffsgehalt verkörpere, sondern sich durch besondere Merkmale auszeichne, müsse geprüft werden, ob der Verkehr darin bloße Gestaltungsmerkmale oder einen Herkunftshinweis sehe. Nur dann werde er in der Formgestaltung einen Herkunftshinweis sehen, wenn er darin keine andere Funktion, insbesondere kein rein ästhetisches Merkmal sehe. Dabei könne es auch eine Rolle spielen, ob der Verkehr bei der in Rede stehenden Warenart daran gewöhnt sei, dass die Warenform auf die konkrete betriebliche Herkunft hinweise. Diese Anforderungen seien im Hinblick auf die Waren „cacao“ erfüllt, nicht aber im Hinblick auf „chocolat, produits de chocolaterie“. Auf dem einschlägigen Warengebiet der Schokolade und der Schokoladenwaren gebe es eine große und nahezu unüberschaubare Vielfalt von Warengestaltungen, sowohl in Bezug auf die Form, als auch in Bezug auf die Gestaltung der Oberflächen. Der Verkehr sei daran gewöhnt und verbinde mit einer sich vom bisherigen Formenschatz abhebenden Warenform keinen Herkunftshinweis. Für ihn stehe bei Schokoladenwaren die ästhetische Gestaltung im Vordergrund. Aufgrund der branchenüblichen Formenvielfalt bedürfe es einer besonderen Ausgestaltung, um eine Form in betriebskennzeichnender Weise hervorzuheben. Zwar gebe es - abgesehen von den Produkten der Beteiligten bzw. deren Schwesterunternehmen – kein identisches oder nahezu identisches Produkt auf dem Markt. Die einzelnen Merkmale des streitgegenständlichen Zeichens seien aber dem bekannten Formenschatz entnommen. Weder diese einzelnen Merkmale noch deren Kombination wichen erheblich von der Branchenüblichkeit ab. Die wesentlichen Merkmale (dünne längliche Grundform und runder Durchmesser, nicht allerdings die Wellenform) seien auch bei den Produkten „Amicelli“, „Chocolat d‘or“ und „Mikado“ zu finden. Diese Produkte seien nach Auskunft der Hersteller auch bereits im Zeitpunkt der Schutzrechtserstreckung in Deutschland angeboten worden. Diese Produkte belegten, dass das streitgegenständliche Zeichen jedenfalls nicht erheblich vom üblichen Formenschatz abweiche. Die Antragstellerin habe vor der Schutzrechtserstreckung nahezu identische Schokoladenwaren vertrieben, und zwar nach Dauer und Umfang ausreichend, um die Verkehrsanschauung in relevanter Weise zu beeinflussen, so dass von einer Branchenüblichkeit gesprochen werden könne (zum Umfang vgl. a. a. O., Rn. 60 ff.). Ob der Vertrieb ähnlicher Schokoladenstäbchen durch die Markeninhaberin selbst von Bedeutung für den üblichen Formenschatz sei, könne daher dahingestellt bleiben.

10

Gegen diesen Beschluss des Bundespatentgerichts wandte sich die Markeninhaberin mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, woraufhin der Bundesgerichtshof den Beschluss des 25. Senats aufgehoben (BGH, Beschluss vom 6. April 2017, I ZB 39/16, GRUR 2017, 1262 – Schokoladenstäbchen III) und an den 29. Senat zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen hat. Auf der Grundlage der vom Bundespatentgericht getroffenen Feststellungen könne das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nicht bejaht werden. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH), wonach sich die Prüfung der Schutzfähigkeit nicht auf ein Mindestmaß beschränken dürfe, sondern streng und umfassend sein müsse, beziehe sich nur auf den Prüfungsumfang, nicht auf den Prüfungsmaßstab, d. h. alle Gesichtspunkte seien umfassend zu würdigen, es dürfe nicht nur eine summarische Prüfung erfolgen. Aber auch nach dieser Rechtsprechung reiche ein Minimum an Unterscheidungskraft aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Bei dreidimensionalen Marken seien die Kriterien keine anderen als bei den übrigen Markenkategorien. Einer Marke, die aus der Form einer Ware bestehe, komme aber nur dann Unterscheidungskraft zu, wenn sie erheblich von der Norm oder Branchenüblichkeit abweiche. Allerdings sei mit dem Merkmal der „erheblichen Abweichung“ nur gemeint, dass „die Besonderheiten, die die beanspruchte Form gegenüber üblichen Gestaltungen aufweist, geeignet sein müssen, vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden zu werden“ (a. a. O., Rn. 19). Für die Beurteilung der Frage, ob der Verkehr eine Produktgestaltung als branchenüblich ansehe, sei in erster Linie auf den betroffenen Warenbereich abzustellen. Hierbei könnten allerdings auch Gestaltungsformen aus benachbarten Warengebieten berücksichtigt werden, wenn aufgrund der konkreten Umstände mit einer Übertragung der Verkehrsanschauung auf den betroffenen Warenbereich zu rechnen sei. Die tatrichterliche Feststellung des Bundespatentgerichts, dass die Gestaltungsformen von nicht vollständig aus Schokolade hergestellten Keksprodukten auf das Verkehrsverständnis im Bereich der Schokolade und Schokoladenwaren hinüberwirkten, unterliege danach keinen rechtlichen Bedenken. Allerdings habe das Bundespatentgericht einen unrichtigen rechtlichen Maßstab angewendet und die Anforderungen an die Unterscheidungskraft überspannt. Bestehe eine Vielzahl an üblichen Gestaltungen, so setze die Annahme der herkunftshinweisenden Funktion eines Zeichens eine erhebliche Abweichung von branchenüblichen Gestaltungen voraus.Hierfür könne es ausreichen, dass der Verkehr in der jeweiligen Gestaltung eine willkürliche Formgebung erkenne, die sich von anderen Gestaltungen durch wiederkehrende charakteristische, also identitätsstiftende Merkmale unterscheide. Das Bundespatentgericht habe die Prüfung auf isolierte (nach seiner Auffassung) branchenübliche Merkmale eingeengt, ohne den Gesamteidruck zu berücksichtigen. Im Vergleich mit den Produkten „Amicelli“, Chocolat d‘Or“ und „Mikado“ sei die den Gesamteindruck gleichermaßen mitbestimmende augenfällige Wellenform der Streitmarke nicht berücksichtigt worden. Im Hinblick auf das Vergleichsprodukt „Katzenzungen“ vermittle die Gesamtheit der Merkmale einen vollständig anderen optischen Gesamteindruck. Zudem fehlten Feststellungen zur Marktbedeutung des Vergleichsproduktes. Die Annahme, eine wellenförmige Gestaltung sei branchenüblich, könne im Übrigen nicht mit nur einem einzigen Produkt innerhalb eines vielgestaltigen Produktmarktes begründet werden. Die Annahme des Bundespatentgerichts, die Streitmarke weiche schon deshalb nicht erheblich von branchenüblichen Gestaltungen ab, weil die Antragstellerin vor der Schutzerstreckung der Streitmarke am 7. September 2005 ab April 2005 das Produkt "Les Rameaux du Médoc" über die Supermarktkette Aldi Nord vertrieben habe, das der Streitmarke - mit Ausnahme des runden Querschnitts - nahezu identisch gewesen sei, werde durch die vom Bundespatentgericht getroffenen Feststellungen nicht getragen. Die angeführten absoluten Umsatzzahlen rechtfertigten nicht die Annahme, das Verkehrsverständnis sei durch den Vertrieb des genannten Produkts durch Aldi Nord maßgeblich beeinflusst worden. Bei einem - wie im Streitfall - nur kurze Zeit andauernden, nicht das gesamte Bundesgebiet erfassenden Produktvertrieb über nur einen Filialisten seien dabei keine geringen Anforderungen an eine Beeinflussung der Verkehrsauffassung zu stellen. Diesen Anforderungen würden die Feststellungen des Bundespatentgerichts nicht gerecht, so dass sie die Annahme nicht trügen, der Vertrieb des Produkts "Les Rameaux du Médoc" habe das Verkehrsverständnis der branchenüblichen Formgebung von Schokolade und Schokoladenwaren vor der Schutzerstreckung der Streitmarke maßgeblich beeinflusst.

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Im nach der erneuten Zurückverweisung zu entscheidenden Beschwerdeverfahren ist die Beschwerdeführerin und Antragstellerin weiterhin der Auffassung, die verfahrensgegenständliche Marke sei zu unbestimmt, nicht unterscheidungskräftig und freihaltebedürftig.

12

Nach der maßgeblichen Abbildung zur Basisanmeldung bleibe nach wie vor offen, ob die Form des Stäbchens im Querschnitt rund oder oval sei. § 89 Abs. 4 S. 2 MarkenG stehe der Schutzentziehung nicht entgegen. Denn die Beurteilung, ob die der Anmeldung zugrunde liegende Abbildung den Gegenstand der Anmeldung klar und präzise erkennbar mache, sei eine reine Tatfrage, der Bundesgerichtshof mithin an die Feststellungen des Bundespatentgerichts gebunden. Die Beurteilung des Bundesgerichtshofs, das abgebildete Schokoladenstäbchen sei eindeutig rund, sei daher nicht haltbar. Auch die tatsächlich vertriebenen Produkte der Markeninhaberin seien eher oval bzw. halbkreisförmig. Wenn Schutz für einen bestimmten Teil eines dreidimensionalen Gegenstandes beansprucht werde, müsse zumindest dieser Teil mit Hilfe einer eindeutigen Abbildung eindeutig identifizierbar sein. Hätte die Anmelderin lediglich einen Schutz für eine bestimmte Gestaltung der Oberfläche beanspruchen wollen, hätte sie auf die Darstellung des Querschnitts verzichten müssen.

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Der Marke fehle die Unterscheidungskraft, da sie weder erheblich von der Norm noch der Branchenüblichkeit abweiche. Eine erhebliche Abweichung unterstellt, sei immer noch zu prüfen, ob der Verkehr im Hinblick auf die konkrete Produktkategorie aus der angemeldeten Form, Oberfläche usw. auch tatsächlich einen Herkunftshinweis entnehme. Der Verkehr müsse erkennen, dass es sich nicht nur um ein dekoratives oder beschreibendes Element handele. Dies sei hier nicht der Fall. In die Prüfung der Branchenüblichkeit seien auch die Produkte der Verfahrensbeteiligten mit einzubeziehen. Weder die von der Antragstellerin noch die von der Markenanmelderin und ihrem Schwesterunternehmen vertriebenen Schokoladenstäbchen könnten bei der Beurteilung außer Betracht bleiben. Es habe jeweils einen umfangreichen Vertrieb dieser nahezu identischen Schokoladenstäbchen vor dem Anmeldetag gegeben. Auch der Vertrieb des Produktes durch die Anmelderin selbst vor dem Anmeldetag müsse berücksichtigt werden. Sie habe damit zur Gewöhnung des Verkehrs an die Form der Produkte beigetragen. Selbst wenn man die Produkte der Verfahrensbeteiligten außer Acht ließe, läge keine erhebliche Abweichung von den übrigen bereits auf dem Markt befindlichen Vergleichsprodukten vor. Zunächst seien die einzelnen Elemente, dann der Gesamteindruck zu betrachten. Die streitgegenständliche Marke bestehe aus einem einfachen, in Längsrichtung gewellten Stäbchen mit rundem oder ovalem Querschnitt, das mit Streuseln garniert sei. Es existierten auf dem Markt eine Anzahl von Schokoladenprodukten bzw. Produkten mit Schokoladenüberzug mit einer länglichen und zugleich dünnen Grundform („Chocolat d`Or“, Amicelli“, „Mikado“) sowie lediglich mit einer länglichen Grundform („Duplo“, „Milky Way Crispy Rolls“, „Maitre Truffaut“, „Droste Chocolate Sticks“, „fin carré“). Zudem werde auf die Produkte „Studio“ (Mint Sticks etc.) und „Castello“ verwiesen, die von Aldi bzw. Lidl bereits vor 2005 vertrieben worden seien (vgl. Schriftsatz vom 11. Oktober 2018, Anlagen AS 30, AS 31, Bl. 1167 ff. d. A.), ferner auf das Produkt „Toms Orangegrene“, welches „nach den bislang vorliegenden Informationen“ auch in Deutschland vor dem Jahre 2005 vertrieben worden sei (Anlage AS 32, Bl. 1170 d. A.). Auch die Krümel bzw. Streusel auf der Oberfläche seien im Formenschatz bekannt, insbesondere bei Pralinen (z. B. Rocher, Rumkugeln). Wellige Oberflächen gebe es ferner bei „Amicelli“, „Milky Way Crispy Rolls“ und bei „Duplo“. Auch im Gesamteindruck weiche die Form nicht erheblich von dem ab, was im Bereich der Schokoladewaren und Pralinen üblich sei.

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Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin beantragt daher,

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den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des DPMA vom 24. Mai 2007 aufzuheben, soweit der Antrag auf Schutzentziehung der Marke IR 869 586 für „chocolat, produits de chocolaterie“ zurückgewiesen worden ist, und der Marke im vorgenannten Umfang den Schutz für die Bundesrepublik Deutschland zu entziehen.

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Die Beschwerdegegnerin und Markeninhaberin beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

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Die weitere Beteiligte hat keinen Antrag gestellt.

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Die Beschwerdegegnerin hat am 15. Januar 2018 auf die ausführlichen und klaren Begründungen des Bundesgerichtshofs in seinen Entscheidungen Bezug genommen und mitgeteilt, dass sie keine weiteren Schriftsätze einreichen werde.

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Zum Sach- und Streitstand ist ergänzend auszuführen, dass bereits in den 1980iger Jahren kreierte Schokoladenstäbchen in Wellenform, ähnlich der verfahrensgegenständlichen dreidimensionalen Warenform von der Markeninhaberin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin bis 2003 u. a. in Deutschland unter der Bezeichnung „Sarments du Médoc“ vertrieben wurden. Seit dem Jahr 2003 wurde das Produkt auch unter der Bezeichnung „Finesses de Chocolat“ über exklusive Vertriebspartner angeboten. 2004 wurde die Form leicht umgestellt, beibehalten wurde allerdings die gewellte Form und das Auftragen von Krümeln. Ende 2004 hat die Markeninhaberin einer Schwestergesellschaft, der Firma C… …, die Lizenz zum Vertrieb ihrer Schokoladenstäbchen in Deutschland erteilt. Die Antragstellerin hat ihre Schokoladenstäbchen unter dem Namen „Les Rameaux“ auf der Internationalen Süßwarenmesse in Köln 2003 vorgestellt, aber erst ab April 2005 in Deutschland über den Discounter Aldi vertrieben. In einem Verletzungsverfahren war die Antragstellerin rechtskräftig vom Hanseatischen Oberlandesgericht durch Urteil vom 14. Februar 2006 (vgl. Bl. 160/180 d. A.) zu Auskunft und Schadensersatz hinsichtlich der vom 7. September 2005 bis 10. Januar 2006 erfolgten Verkäufe ihres Produkts verurteilt worden. Das Hanseatische Oberlandesgericht war bei seiner Entscheidung an die Eintragung der verfahrensgegenständlichen Marke gebunden.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt samt allen Anlagen verwiesen.

II.

22

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Die Entscheidung der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Mai 2007 ist rechtmäßig. Der international als dreidimensionale Marke registrierten Kennzeichnung IR 869 586 ist der Schutz als Marke in der Bundesrepublik Deutschland für die noch verfahrensgegenständlichen Waren „chocolat; produits de chocolaterie“ in Klasse 30 nicht zu entziehen. Die Voraussetzungen für eine Schutzentziehung gemäß §§ 107 Abs. 1, 115 Abs. 1, 50 Abs. 1 und 2 MarkenG einer im Ursprungsland vorschriftsmäßig eingetragenen IR-Marke, wonach gem. Art. 5 Abs. 1 MMA ein in Art. 6quinquies Abschn. B S. 1 Nr. 1 bis 3 PVÜ genannter Grund vorliegen muss (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Februar 2013, I ZB 56/11, GRUR 2013, 929 Rn. 10 ff. – Schokoladenstäbchen II m. w. N.), sind nicht erfüllt.

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1. Die verfahrensgegenständliche Marke genügt den Anforderungen, die an die Bestimmtheit des Schutzgegenstandes gem. §§ 107 Abs. 1, 115 Abs. 1, 50 Abs. 1, 3, 8 Abs. 1 MarkenG i. V. m. Art. 5 Abs. 1 MMA i. V. m. Art. 6quinqiues Abschn. B S. 1 Nr. 3 PVÜ zu stellen sind.

24

a) Danach darf einer Marke der Schutz entzogen werden, wenn sie gegen die öffentliche Ordnung verstößt. Zu den wesentlichen Grundlagen des harmonisierten Markenrechts, die unter die öffentliche Ordnung im Sinne von Art. 6quinquies Abschn. B. S. 1, 3 PVÜ fallen, gehört die graphische Darstellbarkeit und die für die Annahme der Markenfähigkeit erforderliche Bestimmtheit des angemeldeten oder eingetragenen Zeichens im Sinne von Art. 2 und 3 Abs. 1 Buchstabe a MarkenRL (vgl. BGH a. a. O. Rn. 13). Nach Art. 2 MarkenRL, der durch § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 MarkenG in das deutsche Markenrecht umgesetzt worden ist, können Marken alle Zeichen sein, die sich graphisch darstellen lassen. Die Bedeutung des Erfordernisses der graphischen Darstellbarkeit und der Bestimmtheit der Eintragung der Marke liegt darin, der Beurteilung der Marke im Eintragungsverfahren eine festgelegte Form zugrunde legen zu können, die Eintragung der Marke in das Register überhaupt zu ermöglichen und durch Veröffentlichung der Eintragung die Allgemeinheit über die in Kraft stehenden Marken und ihren Schutzbereich zu unterrichten. Danach genügt ein Zeichen den Anforderungen nicht, wenn sich der Gegenstand der Anmeldung auf eine Vielzahl unterschiedlicher Erscheinungsformen erstrecken kann und deshalb nicht klar bestimmt ist. An eine international registrierte Marke, deren Schutz auf Deutschland erstreckt ist, sind insoweit keine geringeren Anforderungen zu stellen, als an nationale Marken oder Gemeinschaftsmarken (BGH a. a. O. Rn. 14 m. w. N.).

25

In diesem Zusammenhang ist mit dem Bundesgerichtshof (a. a. O. Rn. 16) die französische Ausgangseintragung der Beurteilung zugrunde zu legen, wobei die im Internet zugängliche Darstellung der französischen Ausgangsanmeldung herangezogen werden kann.

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b) Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 28. Februar 2013 (a. a. O.) den Beschluss des Bundespatentgerichts mit der Begründung aufgehoben, dieses habe die Anforderungen an die Bestimmtheit überspannt. Der maßgeblichen Abbildung sei „zweifelsfrei zu entnehmen, dass das Stäbchen Kurven und Wellen nur in einer Ebene aufweist“ (a. a. O. Rn. 22). Er hat weiter ausgeführt: „In der Abbildung fehlen Anhaltspunkte dafür, dass die Marke die räumliche Gestalt eines in Art eines Korkenziehers um eine gedachte Achse oder Mittellinie drehenden oder sich windenden Stäbchens aufweist. Weiter ist dem farblich hellen Schnitt am linken Ende und der hellen und dunklen Darstellung der Oberseite des Stäbchens in perspektivisch eindeutiger Weise zu entnehmen, dass die Abbildung ein Stäbchen mit einem nicht ovalen, sondern runden Querschnitt zeigt.“ Der 25. Senat hatte ausdrücklich offengelassen, ob „das Stäbchen im Durchmesser rund oder oval ist.“ (Beschluss vom 21. Juli 2011, GRUR 2012, 283, 284). Da es sich bei der Frage nach der Bestimmtheit um eine Rechtsfrage handelt, fühlte sich der 25. Senat des Bundespatentgerichts trotz gegenteiliger Überzeugung nach § 89 Abs. 4 Satz 2 MarkenG an die Entscheidung des Bundesgerichtshofs gebunden.

27

Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Bundesgerichtshof sei nach § 89 Abs. 2 MarkenG an die tatsächlichen Feststellungen des 25. Senats gebunden gewesen, weshalb der erkennende Senat trotz der Entscheidung des Bundesgerichtshofs der Marke den Schutz wegen fehlender Bestimmtheit entziehen könne, da es sich bei der Beurteilung des Durchmessers um eine reine Tatsachenfrage handele. Der erkennende Senat ist jedoch unabhängig von der Tatsachenfrage – wie der 25. Senat zutreffend festgestellt hat – an die rechtliche Beurteilung des Bundesgerichtshofs, die der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zugrunde liegt, gebunden. Danach ist die angegriffene Marke im Hinblick auf die Darstellung der Wellenform nicht zu unbestimmt.

28

Aus dem Bestimmtheitsgebot ergibt sich nicht, dass eine dreidimensionale Marke regelmäßig von allen Seiten abzubilden ist. Wird nur eine Ansicht einer dreidimensionalen Marke eingereicht, kann dies im Einzelfall zu einer Einschränkung des Schutzumfanges führen, weil dieser ausschließlich durch den in der Anmeldung und Eintragung sichtbaren Teil der Marke bestimmt wird (BGH a. a. O. Rn. 22, 23 m. w. N.). Der erkennende Senat kommt nach eigener Anschauung zur Auffassung, dass nach der zugrunde zu legenden, im Internet zugänglichen Darstellung der französischen Ausgangsanmeldung, ein in einer Ebene gewelltes Schokoladenstäbchen, welches nicht etwa korkenzieherartig um eine gedachte Mittelachse gewunden ist, dargestellt wird. Ebenso eindeutig entnimmt der Senat dieser Abbildung den Umstand, dass die eingetragene Marke kein eindimensionales, flaches Stäbchen zeigt, sondern ein jedenfalls konvex nach oben gewölbtes dreidimensionales Stäbchen abbildet. Dies ergibt sich aus den schon vom Bundesgerichtshof für relevant erachteten undeutlichen aber sichtbaren Schnittflächen und den Lichtreflexen entlang der höchstgelegenen Linie. Auch wenn der erkennende Senat, anders als der Bundesgerichtshof, der maßgeblichen Abbildung nicht in perspektivisch eindeutiger Weise zu entnehmen vermag, dass diese ein Stäbchen mit einem runden Querschnitt abbildet, kommt er unter Würdigung der eigenen Feststellungen zu dem Schluss, dass das abgebildete, mindestens konvex nach oben gewölbte Stäbchen alle wesentlichen Merkmale des Anmeldezeichens wiedergibt. Die konkrete Ausgestaltung der Unterseite bzw. blickabgewandten Hälfte des Stäbchens bleibt mangels weiterer eingereichter Abbildungen offen. Da jedoch die Wiedergabe einer dreidimensionalen Marke nicht alle Details der Form offenbaren muss, ist es unschädlich, wenn die Rückseite nicht eindeutig definiert ist. Sie wird dann allerdings vom Markenschutz nicht umfasst.

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2. Der danach hinreichend bestimmten Marke steht auch kein Schutzhindernis gem. §§ 107 Abs. 1, 115 Abs. 1, 50 Abs. 1 und 2, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG i. V. m. Art. 5 Abs. 1 MMA i. V. m. Art. 6quinqiues Abschn. B S. 1 Nr. 2 PVÜ entgegen.

30

a) Die Schutzentziehung einer im Ursprungsland vorschriftsmäßig eingetragenen IR-Marke setzt voraus, dass ein in Art. 6quinquies Abschn. B S. 1 Nrn. 1 bis 3 PVÜ genannter Grund vorliegt (vgl. BGH Beschluss vom 6. April 2017, I ZB 39/16, GRUR 2017, 1262 Rn. 10 f. - Schokoladenstäbchen III; GRUR 2013, 929 Rn. 10 – Schokoladenstäbchen II; GRUR 2006, 589 Rn. 12 – Rasierer mit drei Scherköpfen; GRUR 1991, 838 – IR-Marke FE). Nach Art. 6quinquies Abschn. B S. 1 Nr. 2 PVÜ darf einer Marke der Schutz entzogen werden, wenn sie jeder Unterscheidungskraft entbehrt. Der für diese Prüfung anzulegende Maßstab stimmt mit demjenigen der §§ 3, 8 Abs. 2 MarkenG überein. Dann müsste dem Zeichen zum Zeitpunkt der internationalen Registrierung am 7. September 2005 die Unterscheidungskraft ebenso gefehlt haben wie aktuell zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Schutzentziehung (BGH a. a. O. Rn. 11, 12 ff. – Schokoladenstäbchen III m. w. N.). Dies ist nicht der Fall.

31

Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und die Waren oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden. Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen (BGH GRUR 2017, 1262 Rn. 17 – Schokoladenstäbchen III; GRUR 2017, 186 Rn. 29 – Stadtwerke Bremen; GRUR 2015, 173 Rn. 15 – for you; GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2014, 376 Rn. 11 – grill meister; jew. m. w. N.). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 53 – Henkel; BGH GRUR 2016, 934 Rn. 10 – OUI; a. a. O. Rn. 16 – for you).

32

Diese Grundsätze finden auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft dreidimensionaler Marken Anwendung, die aus der Form der Ware bestehen. Bei ihnen sind die Kriterien für die Unterscheidungskraft keine anderen als diejenigen, die für die übrigen Markenkategorien gelten (EuGH GRUR Int. 2006, 842 Rn. 24 – Storck/HABM; BGH GRUR 2008, 71 Rn. 23 – Fronthaube). Wie bei jeder anderen Markenform ist auch bei der dreidimensionalen, die Ware selbst darstellenden Markenform allein zu prüfen, ob der Verkehr in dem angemeldeten Zeichen für die in Rede stehenden Waren einen Herkunftshinweis sieht. Eine dreidimensionale Marke, die allein aus der Form der Ware besteht, wird allerdings vom Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen wie eine herkömmliche Wort- oder Bildmarke, die ein gesondertes Zeichen darstellt und vom Erscheinungsbild der gekennzeichneten Ware unabhängig ist. Gewöhnlich schließen Verbraucher daher aus der Form der Ware oder ihrer Verpackung nicht auf die betriebliche Herkunft (EuGH GRUR Int. 2005, 135 Rn. 30 – Maglite; BGH GRUR 2010, 138 Rn. 24 f. – ROCHER-Kugel; GRUR 2008, 71 Rn. 24 – Fronthaube; GRUR 2006, 679 Rn. 17 – Porsche Boxster; GRUR Int. 2006, 842 Rn. 25 – Storck/HABM;). Einer Marke, die in der Form einer Ware besteht, kommt regelmäßig nur Unterscheidungskraft zu, wenn sie erheblich von der Norm oder Branchenüblichkeit abweicht (EuGH GRUR Int. 2006, 842 Rn. 26 – Storck/HABM; GRUR 2006, 233 Rn. 31 – Standbeutel). Mit dem Merkmal der erheblichen Abweichung ist jedoch nur gemeint, dass die beanspruchte Form gegenüber üblichen Gestaltungen Besonderheiten aufweisen muss, die geeignet sind, vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden zu werden (so BGH GRUR 2017, 1262 Rn. 19 – Schokoladenstäbchen III).

33

Der Bundesgerichtshof (a. a. O. Rn. 27 – Schokoladenstäbchen III) hat festgestellt, dass in der Vorentscheidung des Bundespatentgerichts die Anforderungen an deren Vorliegen überspannt worden seien. Die Forderung einer „besonderen“ Ausgestaltung für die Annahme eines Herkunftshinweises angesichts der unüberschaubaren Formenvielfalt sei unzutreffend. Bestehe eine Vielzahl an üblichen Gestaltungen, so setze die Annahme einer herkunftshinweisenden Funktion eines Zeichens nur eine erhebliche Abweichung von branchenüblichen Gestaltungen voraus (vgl. BGH GRUR 2010, 138 Rn. 28 – ROCHER-Kugel; GRUR 2008, 71 Rn. 24 – Fronthaube; GRUR 2006, 679 – Porsche Boxster). Hierfür sei ausreichend, dass der Verkehr in der jeweiligen Gestaltung eine willkürliche Formgebung erkenne, die sich von anderen Gestaltungen durch wiederkehrende, charakteristische und damit identitätsstiftende Merkmale unterscheide und nicht als bloße Variante handelsüblicher Formen aufgefasst werde. So sei bei der Abweichung vom branchenüblichen Formenschatz insbesondere der Gesamteindruck der Marke nicht ausreichend gewürdigt worden (BGH GRUR 2017, 1262 Rn. 30 – Schokoladenstäbchen III). Mit Blick auf die Vergleichsprodukte "Amicelli", "Chocolat d'Or" und "Mikado", bei denen es sich um „zylindrische, also gerade verlaufende Stäbchen“ handle, habe das Bundespatentgericht nämlich lediglich die dünne, längliche Grundform und den runden Durchmesser als wesentliche Merkmale der Streitmarke angesehen. Gleichermaßen augenfällig und den optischen Gesamteindruck maßgeblich mitbestimmend sei jedoch die in einer Ebene vorhandene Wellenform, die die Streitmarke von den vorgenannten Vergleichsprodukten unterscheide. Der vom Bundespatentgericht allein herangezogene Umstand, dass sich eine unregelmäßige, leicht wellige Form auch bei den bekannten, seit Jahrzehnten verkauften „Katzenzungen“ finde, rechtfertige die Annahme nicht, die Wellenform der angegriffenen Gestaltung sei allgemein branchenüblich. Stelle man auf den Gesamteindruck der Streitmarke ab, so bestünden deutliche, für ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft sprechende Abweichungen zu den Gestaltungen der genannten Vergleichsprodukte (a. a. O. Rn. 33 – Schokoladenstäbchen III).

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b) Die eingetragene Warenform einer unregelmäßigen Welle mit aufgebrachten Krümeln weicht von den branchenüblichen Produktformen im Gesamteindruck erheblich ab.

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Die Markeninhaberin hatte mit Schriftsatz vom 23. August 2006 im Amtsverfahren (Bl. S. 23 d. VA) bereits vorgetragen, dass es sich bei der für sie eingetragenen Warenform gerade nicht um einen zylindrischen Stab handle. Zutreffend hat das Deutsche Patent- und Markenamt dazu festgestellt, dass die Gestaltung der IR-Marke aus dem üblichen Muster herausfalle und auf den ersten Blick nichts Bekanntes erkennen lasse. Dem ist zuzustimmen, da der Marke der Beschwerdegegnerin im Unterschied zu den Vergleichsprodukten eine unregelmäßige Grundform als Welle und nicht die geometrische Grundform eines Zylinders zugrunde liegt. Ein Zylinder wird definiert als „geometrischer Körper, bei dem zwei parallele, ebene, kongruente, meist kreisrunde Grundflächen durch einen Mantel miteinander verbunden sind“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/Zylinder). Die Definition für „Stab“ lautet „länglicher zylindrischer Gegenstand“ (de.wiktionary.org) bzw. „ein im Querschnitt meist runder, glatter, einem Stock ähnlicher Gegenstand aus Holz, Metall o. Ä.“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/Stab). Ein „Stäbchen“ ist ein kleiner Stab. Die Warenform der Markeninhaberin hat aber keine Ähnlichkeit mit einem runden, glatten oder zylindrischen Stab, sondern gleicht vielmehr einer Welle. Dies wird durch die Beschreibung als „Weinrebe“ bestätigt, da eine solche sich durch einen eher unregelmäßigen natürlichen Wuchs auszeichnet und keiner geometrischen Grundform, insbesondere nicht einem runden, glatten Stab, entspricht. „Sarment“ bedeutet im Französischen im Übrigen „Weinranke; verholzter Trieb eines Weinstocks; Rebholz“ (https://dict.leo.org). Gerade mit Blick auf die Vielfalt von Schokoladenprodukten erzielt die Herstellerin durch die besondere Formgebung einen Wiedererkennungseffekt mittels dessen sich ihre Produkte vom wettbewerblichen Umfeld absetzen können.

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Betrachtet man zur Beurteilung der Unterscheidungskraft dreidimensionaler Marken das branchenmäßige Umfeld, um feststellen zu können, ob sich die angemeldete/eingetragene Form von diesem Umfeld erheblich abhebt, ist in erster Linie auf den betroffenen Warenbereich abzustellen (BGH GRUR 2010, 138 Rn. 24 – ROCHER-Kugel). Dabei können auch Gestaltungsformen aus benachbarten Warengebieten berücksichtigt werden, wenn aufgrund der konkreten Umstände mit einer Übertragung der Verkehrsanschauung auf den betroffenen Warenbereich zu rechnen ist. (BGH a. a. O. Rn. 24 – Schokoladenstäbchen III; GRUR 2017, 730 Rn. 25 – Sierpinski-Dreieck; a. a. O. Rn. 26 f. - ROCHER-Kugel). Hier kann neben dem Warengebiet der reinen Schokoladenprodukte auch auf die Gestaltungsform von nicht vollständig aus Schokolade hergestellten Keksprodukten, die auf das Verkehrsverständnis im Bereich der Schokolade und Schokoladenwaren hinüberwirken, zurückgegriffen werden. Auf diesen Warengebieten gibt es, wie bereits der 25. Senat (Beschluss vom 22. April 2016, 25 W (pat) 8/09 – Schokoladenstäbchen III) ausgeführt hat, eine große und nahezu unüberschaubare Vielfalt von Warengestaltungen, die nicht auf geometrische Grundformen oder gegenständliche Darstellungen beschränkt ist.

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Durch die Einbettung in das sprachliche Framing als Schokoladen-„Stäbchen“ ist die Marke der Beschwerdegegnerin im Wesentlichen – mit Ausnahme der Katzenzungen – mit anderen zylindrischen Formen verglichen worden, von denen sie jedoch erheblich abweicht. Um solche zylindrischen Vergleichsprodukte handelt es sich bei den von der Beschwerdeführerin in Bezug genommenen „Amicelli“, „Chocolat d’or“, „Mikado“, „Droste Chocolate Sticks“ bzw. den nach der Zurückverweisung in das Verfahren eingeführten „Studio“ Schokoladen-Stäbchen (Anlage 29 zum Schriftsatz vom 11. Oktober 2018), den „CASTELLO“-Sticks (Anlage 30) und „Toms Orangegrene“ (Anlage 31). Diese Produkte unterscheiden sich von der eingetragenen Marke durch deren Wellenform, die man bei den Vergleichswaren aus dem Schokoladen- und Kekssegment gerade nicht vorfindet. Der Vortrag der Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf die am Markt befindlichen Produkte „Amicelli“, „Milky Way Crispy Rolls“, „Duplo“, „fin Carré“ und Droste Chocolate Sticks“, wonach die Nutzung von Wellenformen bei Schokoladeprodukten als üblich zu erachten sei, überzeugt in diesem Zusammenhang nicht. Anders als die markante unregelmäßige Welle der Markeninhaberin verfügen die vorgenannten Schokoladenwaren lediglich durch die Art der Aufbringung der Schokoladenhülle über eine unebene wellige Oberfläche oder Wellen in Längsrichtung auf der Oberseite einer zylindrischen Grundform. Das Produkt der Markeninhaberin zeichnet sich dagegen gerade dadurch aus, dass es ohne eine wellige Oberfläche zu haben – diese ist nämlich krümelig – von seiner Grundform her eine Welle darstellt. Nichts anderes gilt für die in Bezug genommenen Katzenzungen, die mit ihren jeweils verdickten Enden eher die Form eines Knochens als einer Welle aufweisen. Selbst wenn die Katzenzungen aufgrund ihrer gerundeten Enden der „Schokoladen-Welle“ ähnlicher sind als die zylindrischen Stabformen, begründet die Bezugnahme auf ein einziges Produkt, von dem Verkaufszahlen, Marktanteil o. Ä. fehlen, innerhalb eines großen und in der Formgebung vielgestaltigen Marktes noch keine Branchenüblichkeit (BGH a. a. O. Rn. 34 – Schokoladenstäbchen III). Es kann im Übrigen unterstellt werden, dass es „krümelige“ Oberflächen bei Schokoladenprodukten (z. B. Pralinen) gibt. Doch in der Kombination „dünne Welle mit Krümeln“ gab es im Zeitpunkt der Schutzerstreckung – mit Ausnahme der Produkte der Beschwerdeführerin – keine identischen oder nahezu identischen Schokoladenwaren auf dem Süßwarensektor. Dieses identitätsstiftende, charakteristische und wiederkehrende Merkmal unterscheidet die Marke der Beschwerdegegnerin in ihrer Gesamtheit von den Vergleichsprodukten, weshalb ihr im Gesamteindruck nicht jegliche Unterscheidungskraft fehlt.

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c) Schließlich ist das Verkehrsverständnis auch nicht durch den kurzzeitigen Vertrieb des Produkts der Beschwerdeführerin „Les Rameaux du Médoc“ ab April 2005, das der verfahrensgegenständlichen Marke nahezu identisch gewesen ist, über die Supermarktkette Aldi Nord maßgeblich beeinflusst worden.

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Die Frage, ob der Vertrieb einer Ware Auswirkung darauf hat, ob und in welcher Weise der Verkehr eine Warenform im Zeitpunkt der Schutzerstreckung als branchenüblich ansieht, kann regelmäßig nicht allein unter Hinweis auf absolute Vertriebsdaten eines einzelnen Anbieters beantwortet werden. Vielmehr sind hierfür die gesamten Gegebenheiten des betroffenen Marktsegments in den Blick zu nehmen. Bei einem wie vorliegend nur kurze Zeit andauernden und nicht das gesamte Bundesgebiet erfassenden Produktvertrieb über nur einen Filialisten seien hohe Anforderungen an eine Beeinflussung des Verkehrsverständnisses zu stellen (BGH a. a. O. Rn. 37 – Schokoladenstäbchen III). Der Bundesgerichtshof hat hierzu bereits ausgeführt, die Feststellungen des Bundespatentgerichts trügen die Annahme nicht, der Vertrieb des Produkts „Les Rameaux du Médoc“ mit 2.423.000 Packungen von April 2005 bis 31. August 2005 habe das Verkehrsverständnis der branchenüblichen Formgebung von Schokolade und Schokoladenwaren vor der Schutzerstreckung der angegriffenen Marke maßgeblich beeinflusst. Der Senat hat hierzu keine anderweitigen Feststellungen treffen können. Ebenso wenig hat die Beschwerdeführerin über die mit Schriftsatz vom 28. Januar 2015 geschilderten und vom Bundesgerichtshof bereits berücksichtigten Tatsachen neue Anhaltspunkte zu diesem Punkt vorgetragen. Sie verweist lediglich darauf, dass die Produkte der Markeninhaberin, ihres Schwesterunternehmens und der Antragstellerin mit in die Erwägungen einbezogen werden müssten. In der mündlichen Verhandlung (vgl. Bl. 1179 d. A.) waren sich die Parteien einig, dass ausweislich der Anlage K 14 (Bl. 883 d. A.) in den Jahren 1998 bis 2004 nur zwei mit der Marke der Markeninhaberin identische Produkte auf dem Schokoladenmarkt verkauft wurden, nämlich „Finesses de Chocolat“ und „Sarments du Médoc“, und zwar durch die Markeninhaberin selbst und ihr Schwesterunternehmen M…- …. Durchschnittlich wurden davon jährlich ca. acht Tonnen verkauft. Selbst wenn man zugunsten der Beschwerdeführerin die von beiden Unternehmen verkauften Schokoladenwaren für 2005 mit neun Tonnen in Ansatz bringt und dazu die von der Beschwerdeführerin verkauften und von ihr errechneten 363 t addiert (vgl. Bl. 1180+801 d. A.), macht das Ergebnis von 372 t weniger als 0,3% der in 2005 verkauften 128.500 t Pralinenwaren aus (vgl. Anlage zum Protokoll, Bl. 1186 d. A.; die Gesamtproduktionsmenge der Schokoladenwaren betrug sogar 859.600 t). Diese Zahlen rechtfertigen auch in Summe nicht die Annahme, dass das Verkehrsverständnis maßgeblich beeinflusst wurde.

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Der ergänzende Vortrag der Beschwerdeführerin rechtfertigt daher keine andere Beurteilung. Die Gestaltung der angegriffenen Marke weicht erheblich von dem vorhandenen Formenschatz ab. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass der Verkehr in der Form der eingetragenen Waren nur ein dekoratives Element und nicht auch einen Herkunftshinweis sieht.

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3. Die angegriffene Marke ist aus den vorgenannten Gründen auch keine merkmalsbeschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG und muss daher auch nicht für Mitbewerber freigehalten werden.

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Der Antrag auf Schutzentziehung ist unbegründet und die Beschwerde zurückzuweisen.

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4. Zur Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG besteht kein Anlass.