Entscheidungsdatum: 11.10.2017
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2016 020 994.8
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts im schriftlichen Verfahren am 11. Oktober 2017 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber und der Richterinnen Akintche und Seyfarth
beschlossen:
Die Beschwerde des Anmelders wird als unzulässig verworfen.
I.
Das Wort-/Bildzeichen
ist am 19. Juli 2016 für die Dienstleistungen
Klasse 35: Geschäftsführung
Klasse 36: Immobilienwesen
zur Eintragung als Marke einer Serienanmeldung mit der Nr. AAA 05 von 5 Anmeldungen in das Register beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) angemeldet worden. Das nahezu gleiche Wort-/Bildzeichen (Wohnungsbau- und Kommissionsgesellschaft Reichenstraße), das sich lediglich in der Schreibweise von „-strasse“ unterscheidet, hat der Anmelder zeitgleich für dieselben Dienstleistungen als Markenanmeldung DE 30 2016 020 992.1 als Serienanmeldung AAA 04 von 5 Anmeldungen angemeldet.
Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Anmeldung mit Beschluss vom 9. Dezember 2016 als nicht unterscheidungskräftige und freihaltebedürftige Angabe gem. §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen.
Dem Anmelder wurde der Beschluss zum Zwecke der Zustellung per Einschreiben am 13. Dezember 2016 übersandt.
Am 16. Dezember 2016 wurden auf das Konto der Bundeskasse Beträge von zweimal 200,- € zur Gebührennummer 401 300 zum Aktenzeichen 30 2016 020 994.8 einbezahlt. Als Verwendungszweck ist „BEWERDE“ angegeben.
Mit Schreiben vom 17. Februar 2017 hat die Markenstelle dem Anmelder mitgeteilt, dass er zwei Zahlungen in Höhe von 200,- € geleistet habe. Beide Zahlungen seien allerdings ohne Rechtsgrund erfolgt, da eine Beschwerdeerklärung, die erkennen lasse, welche Entscheidung in welchem Umfang angefochten werde, fehle. Zur Rückerstattung der rechtsgrundlos erfolgten Zahlungen möge der Anmelder seine Bankverbindung angeben.
Daraufhin hat der Anmelder jeweils unter dem Betreff „Verschiedenen Vorgänge“ zwei Schreiben vom 14. März 2017 an das DPMA, dort eingegangen jeweils am 21. März 2017, gerichtet. Im Schreiben „Brief 878“ an die Sachbearbeiterin befindet sich nur der Hinweis „ohne Anschreiben“. Das Schreiben „Brief 868“ an die Präsidentin des DPMA enthält den Hinweis auf die fristgerechte Bareinzahlung am 16. Dezember 2016; ferner den Hinweis auf einen notariell beglaubigten Ausdruck des Amtsgerichts Hamburg - Registergericht - vom 27. Februar 2017. Von diesem ist allerdings nur das Vorblatt beigefügt, aus dem sich ergibt, dass es sich um einen chronologischen Ausdruck zur Registernummer ... vom 27. Februar 2017 11:54:25 handelt. Im Übrigen teilt der Anmelder mit, dass es sich bei der Wortfolge „Wohnungsbau- und Kommissionsgesellschaft Reichenstrasse“ um ein „eindeutiges und evidentes Unterscheidungskriterium“ handle, da „eindeutig ist, dass es sich hier um eine ‚Firmierung‘ handelt“. Sofern weitere Erklärungen seinerseits „hilfreich“ seien, bittet der Anmelder um einen postalischen Hinweis.
Das DPMA hat daraufhin die Akte dem Bundespatentgericht zur Entscheidung über die Beschwerde vorgelegt.
Mit Verfügung vom 17. August 2017 hat der Senat den Anmelder darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, da das an die Präsidentin des DPMA gerichtete Schreiben zwar als Beschwerde ausgelegt werden könne, aber verfristet sei. Innerhalb der Stellungnahmefrist hat der Anmelder daraufhin ein Schreiben an die Vorsitzende gesandt, in dem er einen „formlose[n] Antrag auf ‚juristische Heilung‘ und Eintragung der angemeldeten Wort-/Bildmarke“ gestellt und eine „angemessene Fristverlängerung“ beantragt hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist gem. § 70 Abs. 1 MarkenG durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen, da es an einer wirksamen Beschwerdeeinlegung innerhalb der Beschwerdefrist gemäß § 66 Abs. 2 MarkenG fehlt. Der Beschluss konnte gem. § 70 Abs. 2 MarkenG ohne mündliche Verhandlung ergehen.
1. Gegen Beschlüsse der Markenstellen und Markenabteilungen findet gem. § 66 Abs. 1 S. 1 bzw. gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 MarkenG die Beschwerde an das Bundespatentgericht statt. Diese ist gem. § 66 Abs. 2 MarkenG innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses schriftlich beim Deutschen Patent- und Markenamt einzulegen.
Besondere Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift sieht das Markengesetz nicht vor. Erforderlich ist allerdings eine Beschwerdeerklärung, die erkennen lässt, dass eine Überprüfung, Aufhebung oder Abänderung einer bestimmten Entscheidung des DPMA begehrt wird. Weder ist die Verwendung des Begriffs Beschwerde noch ein bestimmter Antrag erforderlich. Keine ordnungsgemäße Beschwerde stellt die bloße Einzahlung eines der Beschwerdegebühr entsprechenden Betrages dar, und zwar auch nicht mit dem Zusatz Beschwerdegebühr (BPatG, Beschluss vom 27.03.2017, 27 W (pat) 123/16 - F.C. von BAYERN MÜNCHEN GbR; für das Markenwiderspruchsverfahren BGH GRUR 1989, 506 - Widerspruchsunterzeichnung; für die Patentbeschwerde vgl. BGH GRUR 1966, 50, 52 f. - Hinterachse; BPatGE 6, 58, 60; BPatG, Beschluss vom 04.06.2003, 7 W (pat) 17/03; Knoll in Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Auflage, § 66 Rn. 40).
In der Einzahlung zweier Gebühren über je 200,- € mit dem Vermerk „BEWERDE“ ist keine wirksame Beschwerdeeinlegung zu sehen. Die Zahlungen sind zwar innerhalb der Beschwerdefrist eingegangen. Es kann ihnen aber auch nach weiteren Ermittlungen durch den Senat keine hinreichend deutliche Erklärung dahingehend entnommen werden, dass der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des DPMA vom 9. Dezember 2016 angegriffen werden sollte. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der vom Anmelder in der von ihm getätigten Überweisung als Verwendungszweck angegebenen Bezeichnung „BEWERDE“, was unproblematisch als Beschwerde verstanden werden kann. Gerade bei einer Verknüpfung der Rechtsmitteleinlegung mit der dafür erforderlichen Gebührenzahlung, ist es nämlich von besonderer Bedeutung, dass durch die eigenhändige Unterzeichnung einer eindeutigen Beschwerdeerklärung auf dem Gutschriftträger klargestellt wird, dass die Beschwerdegebühr nicht nur vorsorglich eingezahlt wurde und der übrige Inhalt des Gutschriftträgers nicht nur die Bedeutung eines Verwendungsvermerks für diese vorsorgliche Zahlung hat (BGH GRUR 1966, 50, 52 - Hinterachse).
Auf Anfrage durch den Senat hat die Bundeskasse Halle/Saale - Dienstsitz Weiden/Oberpfalz - jedoch mitgeteilt, dass gar kein Überweisungsträger des Einzahlers vorliege. Eine Rückfrage beim Kompetenzzentrum für das Kassen- und Rechnungswesen des Bundes (KKR) habe ferner ergeben, dass das SEPA-Regelwerk nicht vorsehe, dass dem Empfänger die Art der Überweisung mitgeteilt werde. Der von der Bundeskasse mitübersandte Auszug aus der zentralen Bankschnittstelle weist ebenfalls nur das Aktenzeichen des DPMA, die Gebührennummer 401 300 und den Begriff „BEWERDE“ aus. Eine handschriftliche Erklärung oder Unterzeichnung ist datentechnisch weder vorgesehen noch in irgendeiner Form vorhanden.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Parallelverfahren 29 W (pat) 577/17, in dem ebenfalls zwei Gebühren zum dortigen Aktenzeichen des DPMA eingezahlt und - lediglich als Verwendungszweck - der Begriff „BEWERDE“ verwendet wurde. Eine sonstige Beschwerdeerklärung befindet sich auch im dortigen Verfahren nicht, so dass eine Fehlzuordnung von Schriftsätzen ebenfalls ausgeschlossen werden kann.
2. Das Schreiben des Anmelders an die Präsidentin des DPMA vom 14. März 2017 ist als Beschwerde auszulegen. Diese ist aber - worauf der Senat den Anmelder mit Verfügung vom 17. August 2017 hingewiesen hatte - gem. § 66 Abs. 2 MarkenG verfristet.
Der Anmelder nimmt in diesem Schreiben Bezug auf die „fristgerechten Bareinzahlungen von jeweils 200,- €“ vom 16. Dezember 2016 und lässt sich inhaltlich in der Sache ein. In seinem späteren Schreiben an das Bundespatentgericht vom 1. September 2017 bezeichnet er sich im Betreff als „Beschwerdeführer“ und beantragt die Eintragung der angemeldeten Marke in das Markenregister. Aus der Zusammenschau dieser Äußerungen lässt sich die Erklärung entnehmen, dass der Anmelder eine Überprüfung der Entscheidung des DPMA anstrebte, so dass die Schreiben vom 14. März 2017 und vom 1. September 2017 als Beschwerde ausgelegt werden können. Diese ist jedoch gemäß § 66 Abs. 2 MarkenG verfristet. Denn der Beschluss des DPMA vom 9. Dezember 2016 gilt gem. § 94 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 4 Abs. 2 S. 2 VwZG am dritten Tag nach der Aufgabe des Übergabeeinschreibens zur Post am 13. Dezember 2016, mithin am 16. Dezember 2016, als zugestellt. Fristende war somit der 16. Januar 2017; die Monatsfrist wurde daher nicht eingehalten.
3. Wiedereinsetzung gem. § 91 MarkenG war nicht zu gewähren.
Weder der Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 14. März 2017 noch vom 1. September 2017 stellen einen begründeten Antrag auf Wiedereinsetzung dar.
Der Wiedereinsetzungsantrag gem. § 91 Abs. 1 MarkenG muss erkennen lassen, dass Wiedereinsetzung begehrt wird, ohne dass es allerdings auf die ausdrückliche Verwendung des Begriffs „Wiedereinsetzung“ ankommt. Selbst wenn man zugunsten des Beschwerdeführers seinen weiteren Erklärungen einen Wiedereinsetzungsantrag entnehmen wollte, insbesondere dem formlosen Antrag auf juristische Heilung, ist ein Wiedereinsetzungsgrund nicht ersichtlich, so dass auch für eine Wiedereinsetzung von Amts wegen gem. § 91 Abs. 4 MarkenG kein Grund vorliegt.
4. Da eine der beiden Beschwerdegebühren ohne Rechtsgrund gezahlt worden ist, ist sie dem Beschwerdeführer gem. § 71 Abs. 3 MarkenG zurückzuerstatten. Nach dem Grundsatz, dass eine rechtswirksam erhobene Beschwerde unabhängig vom Verfahrensausgang gebührenpflichtig ist (Knoll in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 71 Rn. 41 und 42), ist die andere Gebühr verfallen.