Entscheidungsdatum: 22.09.2015
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2010 028 092
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts im schriftlichen Verfahren am 22. September 2015 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber, der Richterin Akintche und des Richters am Landgericht Dr. von Hartz
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. April 2012 aufgehoben.
Wegen des Widerspruchs aus der Marke 397 05 270 wird die Löschung der Marke 30 2010 028 092 angeordnet.
I.
Die Wortmarke
MUC-Consulting
ist am 7. Mai 2010 angemeldet und am 4. Oktober 2010 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden für folgende Dienstleistungen der
Klasse 35: Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen, Beratung in Fragen der Geschäftsführung, Beratungsdienste in Fragen der Geschäftsführung, betriebswirtschaftliche Beratung, Personalmanagementberatung, Unternehmensberatung;
Klasse 41: Coaching, Veranstaltung und Durchführung von Workshops (Ausbildung).
Gegen die Eintragung dieser Marke, die am 5. November 2010 veröffentlicht wurde, hat die Beschwerdeführerin aus ihrer am 6. Februar 1997 angemeldeten und am 25. Februar 1997 eingetragenen Wortmarke 397 05 270
MUC
die geschützt ist für Dienstleistungen aus den Klassen 35, 36, 39 und 42, nämlich
Reinigen des Innenraums von Luftfahrzeugen, Beladen von Luftfahrzeugen mit und Entladen von Luftfahrzeugen von Gepäck, Post- und Frachtsendungen; Befördern von Fluggästen, von Gepäck, Post- und Frachtsendungen zwischen Luftfahrzeug und Abfertigungsanlage; Gestellung von technischem Gerät aufgrund vertraglicher Vereinbarung, nämlich von Luftstartwagen, Bodenstromgeräten und Passagiertreppen; Versorgung von Luftfahrzeugen mit Wasser und Entsorgung von Fäkalien, Schleppen von Luftfahrzeugen auf dem Flughafengelände; Übernahme/Übergabe und Überprüfung ankommender/abgehender Frachtsendungen, Bereitstellung angelieferter Frachtsendungen zur Verladung, Zusammenstellung von Frachtsendungen für den Abflug, Abfertigung ankommender und ausgehender Postsendungen, nämlich Übernehmen, Überprüfen und Übergeben von Postsendungen anhand der Begleitdokumente; organisatorische und informative Betreuung von Fluggästen bis zum Betreten des Luftfahrzeugs, Überprüfen der Reisedokumente von Fluggästen (sämtliche vorgenannten Dienstleistungen im Rahmen der Luftfahrzeugabfertigung, Luftfrachtabfertigung und Fluggastabfertigung); Vermietung und Verpachtung von Geschäfts- und Betriebsräumen, Lagerflächen und Parkplätzen; Luftverkehrsberatung (Airconsult), nämlich Beratung bei technischen, organisatorischen, betrieblichen, finanziellen und betriebswirtschaftlichen Untersuchungen über die Durchführbarkeit der Errichtung von Luftverkehrsanlagen, Beratung bei technischen, organisatorischen, betrieblichen, finanziellen und betriebswirtschaftlichen Untersuchungen über den Luftraum einer Luftverkehrsregion, Beratung bei der Finanzierung von Luftverkehrsanlagen und damit im Zusammenhang stehender Bauvorhaben; Erstellen von Entwicklungs-, Generalausbau- und Umweltschutzplänen für Luftverkehrsanlagen und Luftverkehrsregionen, Erstellen von technischen, organisatorischen, betrieblichen und betriebswirtschaftlichen Gutachten, Durchführen von wissenschaftlichen Untersuchungen auf organisatorischem, betrieblichem und betriebswirtschaftlichem Gebiet, Erstellen von Funktionsplänen für Luftverkehrsanlagen, Dienstleistungen eines Baubetreuers, nämlich wirtschaftliche Vorbereitung und Durchführung fremder Bauvorhaben in organisatorischer und finanzieller Hinsicht, Dienstleistungen eines Architekten und eines Bauingenieurs, Durchführen von Studien über Organisation und Leitung von Luftverkehrsanlagen, Betriebsbetreuung (für andere) von Luftverkehrsanlagen oder Teilen davon in technischer, organisatorischer, betrieblicher, finanzieller und betriebswirtschaftlicher Hinsicht auf Zeit
Widerspruch eingelegt.
Die Markenstelle für Klasse 35 des DPMA hat mit Beschluss vom 5. April 2012 den Widerspruch mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Die Vergleichsmarken könnten sich im Rahmen der Klasse 35 auf ähnlichen Dienstleistungen begegnen. Der Widerspruchsmarke, von deren Schutzfähigkeit im Widerspruchsverfahren auszugehen sei, komme aber allenfalls minimale Kennzeichnungskraft zu. Zwar handle es sich bei dem Begriff „MUC“ um den IATA-Code für den Flughafen München und Namen der Widersprechenden; die Bezeichnung habe sich aber darüber hinaus zu einer häufig verwendeten Abkürzung für „München“ im Allgemeinen entwickelt. Zudem habe die Widersprechende nicht ausreichend zu der von ihr beanspruchten Steigerung der Kennzeichnungskraft vorgetragen. Die Vergleichsmarken „MUC-Consulting“ und „MUC“ wiesen schon aufgrund des zusätzlichen Bestandteils „Consulting“ in der angegriffenen Marke klanglich, schriftbildlich und begrifflich ausreichende Unterschiede auf. Eine Prägung der jüngeren Marke durch den Bestandteil „MUC“ komme nicht in Betracht, weil dieser genauso schutzunfähig bzw. kennzeichnungsschwach sei wie der weitere Bestandteil „Consulting“. Bei der Prüfung einer Verwechslungsgefahr könne nicht entscheidend auf eine Übereinstimmung in beschreibenden Angaben abgestellt werden. Wegen der Kennzeichnungsschwäche von „MUC“ kämen auch andere Arten der Verwechslungsgefahr nicht in Betracht.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.
Sie ist der Auffassung, dass der Widerspruchsmarke entgegen der Auffassung der Markenstelle eine zumindest normale Kennzeichnungskraft und damit ein normaler Schutzumfang zuzubilligen sei. Die Bezeichnung „MUC“ sei auch noch gegenwärtig der IATA-Code für den Flughafen München; von der IATA (International Air Transportation Association) vergebene Codes seien eindeutige Abkürzungen für alle Flughäfen, Fluggesellschaften und Flugzeugtypen. Im Übrigen dürfe auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Flughafen München gar nicht in München liege. Wie aus den beigefügten Nachweisen zu sehen sei, verwende die Widersprechende das Zeichen „MUC“ auch markenmäßig. Die vorgelegten Unterlagen zeigten schließlich in ihrer Gesamtheit, dass das Kennzeichen als bekannte Abkürzung für die Widersprechende eine hohe Kennzeichnungskraft in Anspruch nehmen könne; in dieser Funktion könne die Marke sogar als amtsbekannt angesehen werden. Es liege zudem vollständige Identität hinsichtlich der angegriffenen Dienstleistungen in Klasse 35 vor. In Bezug auf die angegriffenen Dienstleistungen der Klasse 41 sei von hochgradiger Ähnlichkeit mit den Widerspruchsdienstleistungen in den Klassen 35, 36 und 42 auszugehen. Die angegriffene Marke werde von dem mit der Widerspruchsmarke identischen Bestandteil „MUC“ geprägt, weil „Consulting“ rein beschreibend sei und keinerlei Kennzeichnungskraft habe. Selbst wenn man der Widerspruchsmarke fälschlicherweise nur ein geringes Maß an Kennzeichnungskraft zusprechen sollte, so sei auch in diesem Fall wegen des glatt beschreibenden Inhalts von „Consulting“ eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zu bejahen. Eine Verneinung der Verwechslungsgefahr würde im Ergebnis dazu führen, der Widerspruchsmarke jegliche Unterscheidungskraft und damit Schutzfähigkeit abzusprechen, was nach dem Grundsatz der Bindungswirkung der Eintragung nicht zulässig sei. Schließlich bestehe wegen einer selbständig kennzeichnenden Stellung des Bestandteils „MUC“ auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des DPMA aufzuheben und auf den Widerspruch aus der Marke 397 05 270 die angegriffene Marke 30 2010 028 092 zu löschen.
Der Beschwerdegegner hat sich im Beschwerdeverfahren weder zur Sache geäußert noch einen Antrag gestellt.
Im Amtsverfahren hat er die Auffassung vertreten, dass der Begriff „MUC“ in den angesprochenen geschäftlichen Verkehrskreisen allgemein als Abkürzung für München gesehen werde. Maßgeblich sei, wie der Geschäftsverkehr die angegriffene Marke wahrnehme. Da „Consulting“ nicht nur rein beschreibender Natur sei, setze der Gesamteindruck der angegriffenen Marke „MUC-Consulting“ zwingend eine Gleichwertigkeit und Zusammengehörigkeit der Bestandteile voraus. Dementsprechend werde die angegriffene Marke auch eigenständig als solche wahrgenommen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die nach §§ 66, 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache Erfolg. Zwischen den sich gegenüberstehenden Marken besteht entgegen der Auffassung der Markenstelle Verwechslungsgefahr im Sinne von §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, so dass die angegriffene Marke zu löschen ist.
1. Über die Beschwerde kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil nur die obsiegende Beschwerdeführerin, nicht aber der Beschwerdegegner, (hilfsweise) Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat und der Senat eine solche auch nicht im Sinne des § 69 Nr. 3 MarkenG für sachdienlich erachtet.
2. Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (EuGH GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein/ HABM; GRUR 2010, 933 Rn. 32 – Barbara Becker; GRUR 2006, 237 Rn. 18 – PICARO/PICASSO; BGH GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure; GRUR 2010, 235 Rn. 15 – AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484 Rn. 23 – METROBUS; GRUR 2008, 905 Rn. 12 – Pantohexal; GRUR 2008, 258 Rn. 20 – INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2006, 859 Rn. 16 – Malteserkreuz I; GRUR 2006, 60 Rn. 12 – coccodrillo m. w. N.). Darüber hinaus können für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren relevant sein, wie u. a. etwa die Art der Ware oder Dienstleistung, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.
a) Bei der Prüfung der Dienstleistungsähnlichkeit ist von der Registerlage auszugehen, weil Benutzungsfragen vom Inhaber der angegriffenen Marke nicht aufgeworfen wurden. Danach besteht zwischen den Vergleichsdienstleistungen Ähnlichkeit.
Eine Ähnlichkeit von beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen ist dabei grundsätzlich anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (vgl. EuGH GRUR 1998, 922 – Canon; BGH GRUR 2014, 488 Rn. 14 – DESPERADOS/DESPERADO; GRUR 2012, 1145 Rdnr. 34 – Pelikan). Zu den Faktoren, die das Verhältnis zwischen Dienstleistungen kennzeichnen, gehören insbesondere Art und Zweck der Dienstleistung, das heißt der Nutzen für den Empfänger und die Vorstellung des Verkehrs, dass die Dienstleistungen unter der gleichen Verantwortung erbracht werden.
Zu berücksichtigen ist, dass die angegriffene Marke weite Oberbegriffe beansprucht, so dass auch der sehr spezielle Luftverkehrssektor mit umfasst ist bzw. sein kann. Die Dienstleistungen der angegriffenen Marke aus Klasse 41 „Veranstaltung und Durchführung von Workshops (Ausbildung)“ und die Beratungsdienstleistungen der angegriffenen Marke aus der Klasse 35 „Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen, Beratung in Fragen der Geschäftsführung, Beratungsdienste in Fragen der Geschäftsführung, betriebswirtschaftliche Beratung, Personalmanagementberatung, Unternehmensberatung“ sind zwar – entgegen der Auffassung der Widersprechenden - nicht identisch im Verzeichnis der Widerspruchsmarke enthalten. Sie sind aber jedenfalls mittelgradig ähnlich zu den Widerspruchsdienstleistungen „Erstellen von (technischen…,) organisatorischen, betrieblichen und betriebswirtschaftlichen Gutachten, Durchführen von wissenschaftlichen Untersuchungen auf organisatorischem, betrieblichem und betriebswirtschaftlichem Gebiet“, denn die sich insoweit gegenüberstehenden Dienstleistungen ergänzen sich und werden regelmäßig von den gleichen Unternehmen aus einer Hand angeboten; so werden vielfach vor bzw. flankierend zu einer Beratung auch entsprechende Untersuchungen oder Workshops durchgeführt und Gutachten zu den Beratungsthemen erstellt.
Die Dienstleistungen der angegriffenen Marke aus Klasse 41 „Coaching“ liegen noch im Ähnlichkeitsbereich zu den sehr speziellen Dienstleistungen der älteren Marke „Betriebsbetreuung (für andere) von Luftverkehrsanlagen oder Teilen davon in (technischer), organisatorischer, betrieblicher, (finanzieller und betriebswirtschaftlicher) Hinsicht auf Zeit“. Denn Coaching ist die professionelle Beratung, Begleitung und Unterstützung von Personen mit Führungs-/Steuerungsfunktionen und von Experten in Unternehmen bzw. Organisationen. Insbesondere bei entsprechender fachlicher Spezialisierung werden Betriebsbetreuung in organisatorischer und betrieblicher Hinsicht und Coaching auch als einander ergänzende Dienstleistungen aus einer Hand angeboten.
b) Die Widerspruchsmarke verfügt über durchschnittliche Kennzeichnungskraft.
Die Buchstabenfolge ist zunächst aus sich heraus in Alleinstellung nichtssagend. In der Medizin wird sie als Abkürzung für „mucilago“ = Schleim verwendet. Allerdings wird „MUC“ in verschiedenen Kodierungen (z. B. auch UN/LOCODE) als Abkürzung für München verwendet, so weist „MUC“ nach dem IATA Airport-Code auf den Flughafen München hin. IATA-Codes sind von der International Air Transport Association (IATA) vergebene Codes, mit denen vor allem Flughäfen und Verkehrslandeplätze, Fluggesellschaften und Flugzeugtypen abgekürzt werden. In Bezug auf die Widerspruchsmarke „MUC“ ist zu berücksichtigen, dass eine Marke mehrere Funktionen erfüllen und in sich vereinen kann, wie z. B. Identifizierungsfunktion, Werbewirkung, Qualitätsfunktion und auch technische Zugangsfunktion etc. Die Unterscheidungseignung von „MUC“ ist daher nicht allein dadurch ausgeschlossen, dass die Buchstabenfolge als internationaler Airport-Code dient; denn insoweit übt MUC zugleich oder daneben auch Hinweisfunktion auf einen bestimmten Betreiber (des Flughafens) im Sinne der Unterscheidungskraft aus, denn der IATA-Code dient gerade der individuell, identifizierenden Zuordnung zu einem einzigen Flughafen (vgl. zu technischen Netzvorwahlnummern – 29 W (pat) 88/00 – 01070; und – 29 W (pat) 378/99 – 01072). Für Dienstleistungen aus dem Luftverkehrsbereich, insbesondere solche im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Flughafens, weist MUC daher gerade auf einen ganz bestimmten Airportbetreiber hin.
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist nicht dadurch vermindert, dass der IATA-Code MUC mittlerweile häufig in unterschiedlichen Zusammenhängen als Kurzhinweis auch auf die Stadt München verwendet wird. So ist z. B. bei der Vermittlung von Immobilien, in Kleinanzeigen, Stellenanzeigen oder in Internetadressen die Buchstabenfolge „muc“ als Kurzform für München nachzuweisen (vgl. auch BPatG, Beschluss vom 19.11.2013, 33 W (pat) 519/13 - [studiomuc]); zu finden ist dort MUC/muc aber regelmäßig nicht in Alleinstellung, vielmehr wird die Buchstabenfolge – wie auch in den von der Markenstelle beigefügten Verwendungsnachweisen – mit weiteren Angaben in einem beschreibenden Kontext benutzt (z. B. „..Videopremiere IN MUC“; „…über die Fans in Muc“; …Assistenz für MESSE in MUC gesucht (MUC)“; „…Experte…gesucht in MUC“; „Diözesantag in MUC“ etc.). Je nach Kontext und vor allem im Zusammenhang mit weiteren beschreibenden Angaben kann MUC daher tatsächlich beschreibend aufgefasst werden. Dies lässt aber nicht den Schluss darauf zu, dass es sich bei der Widerspruchsmarke MUC - in Alleinstellung - in Bezug auf die dafür geschützten Dienstleistungen aus dem Luftverkehrsbereich um eine reine Sachangabe und daher schutzunfähige Marke handelt, der wegen der Bindungswirkung an die Eintragung der Schutz zwar nicht insgesamt versagt werden könnte, bei der aber der Schutzumfang ganz eng zu begrenzen sein müsste (vgl. BPatG GRUR 2002, 68 – COMFORT HOTEL). Vielmehr kann sich eine unterschiedliche Bewertung der Schutzfähigkeit – und mithin der Kennzeichnungskraft – eines Zeichens bzw. Zeichenteils ergeben, je nachdem ob es isoliert in Alleinstellung oder in Verbindung mit weiteren Angaben auftritt (vgl. hierzu auch Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Auflage, § 8 Rn. 189).
Soweit die Beschwerdeführerin eine Steigerung der Kennzeichnungskraft geltend macht, kann hiervon nicht ausgegangen werden. Die eingereichten Unterlagen beziehen sich auf die klassischen Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Flughafens, also Luftfahrzeugabfertigung, Luftfrachtabfertigung, Luftgastbetreuung etc., nicht aber auf die hier allein relevanten Beratungs- und Betriebsbetreuungsdienstleistungen, die eine Ähnlichkeit zu den Dienstleistungen der angegriffenen Marke begründen. Der Senat geht daher von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft aus.
c) Angesprochene Verkehrskreise sind neben den jeweiligen Fachverkehrskreisen bezogen auf die Dienstleistungen der Klasse 41 die Allgemeinheit der Verbraucher; insoweit ist eine durchschnittliche Aufmerksamkeit zugrunde zu legen. Die Dienstleistungen der Klasse 35 richten sich an Unternehmer und Angehörige der unternehmerischen Führungsebene, so dass hier ein erhöhter Aufmerksamkeitsgrad anzusetzen ist.
d) Ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, zumindest mittelgradig bis entfernt ähnlichen Dienstleistungen und - zugunsten des Beschwerdegegners unterstellter - erhöhter Aufmerksamkeit der Verkehrskreise sind an den zum sicheren Ausschluss einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr notwendigen Zeichenabstand nicht zu strenge Anforderungen zu stellen. Den erforderlichen Abstand zur Widerspruchsmarke hält die jüngere Marke aber nicht ein.
Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente (BGH GRUR 2013, 833 Rn. 30 – Culinaria/ Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure; GRUR 2008, 909 Rn. 13 – Pantogast; GRUR 2008, 905 Rn. 12 – Pantohexal). Abzustellen ist dabei auf die Wahrnehmung des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers, der eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (vgl. EuGH GRUR Int. 2014, 459 Rn. 42 – CLORALEX; GRUR Int. 2012, 754 Rn. 63 – XXXLutz Marken GmbH/HABM [Linea Natura Natur hat immer Stil]; GRUR Int. 2010, 129., Rn. 60 – [Carbonell/La Espaňola]; BGH GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/ Zweibrüder). Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuGH GRUR 2005, 1042 Rn. 28 f. - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 14 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2009, 487 Rn. 32 - Metrobus; GRUR 2006, 60 Rn. 17 - coccodrillo). Der Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist im Klang, im (Schrift)Bild und im Bedeutungs-(Sinn-)Gehalt zu ermitteln. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht dabei regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus (BGH GRUR 2014, 382 Rn. 25 – REAL-Chips; GRUR 2009, 1055 Rn. 26 – airdsl; BGHZ 139, 340, 347 - Lions; BGH MarkenR 2008, 393, Rn. 21 - HEITEC).
Die Marken insgesamt zeigen wegen des zusätzlichen Wortbestandteils „Consulting“ in der jüngeren Marke zwar ausreichende Unterschiede.
Gleichwohl ist aber eine Verwechslungsgefahr gegeben, weil die angegriffene Marke jedenfalls in klanglicher Hinsicht durch MUC geprägt wird. Der in der jüngeren Marke enthaltene aus dem Englischen kommende Begriff „Consulting“ ist bereits seit langem in die deutsche Sprache mit der Bedeutung „Beratung, Beratertätigkeit, Unternehmensberatung“ eingegangen (vgl. DUDEN Online unter www.duden.de) und ist damit gattungsmäßiger Hinweis auf die Dienstleistungen der angegriffenen Marke. Die Auffassung des Beschwerdegegners, dass es sich bei „Consulting“ nicht um eine glatt beschreibende Angabe für die hier relevanten Dienstleistungen handle, wird vom Senat nicht geteilt. Der weitere Einwand des Beschwerdegegners, der in seiner Marke enthaltene Bestandteil „MUC“ gebe nur einen Sachhinweis auf München, weshalb die angegriffene Marke nur insgesamt betrachtet werden dürfe, führt im Übrigen zur Schutzunfähigkeit und mithin Löschungsreife des angegriffenen Zeichens; das Gesamtzeichen mit der Bedeutung „München-Unternehmensberatung bzw. Unternehmensberatung München“ hätte dann als schlagwortartiger Sachhinweis gar nicht eingetragen werden dürfen. Die - in der Regel eigentlich durch den Widersprechenden und nicht durch den Inhaber der angegriffenen Marke selbst geltend gemachte - Schutzunfähigkeit des angegriffenen Zeichens stellt im Widerspruchsverfahren allerdings ein unbeachtliches Vorbringen dar und müsste in einem Löschungsverfahren nach §§ 50, 54 MarkenG überprüft werden.
Der Senat geht im Streitfall - selbst wenn es sich bei MUC in der angegriffenen Marke wegen der Verwendung in einem beschreibenden Kontext um einen schutzunfähigen oder kennzeichnungsschwachen Bestandteil handelte - aus nachfolgenden Gründen von einer Prägung durch die Buchstabenfolge MUC aus. Im Widerspruchsverfahren nach §§ 42, 9 MarkenG muss auf Seiten der jüngeren Marke eine (jedenfalls) markenmäßig-rechtserhaltende Benutzung der angegriffenen Marke unterstellt werden (vgl. Hacker in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 5 ff.). Bei Benutzung als Marke ist wegen der gattungsmäßigen Angabe „Consulting“ die vorangestellte Buchstabenfolge „MUC“ der einzig mögliche herkunftshinweisende Teil des angegriffenen Zeichens und kann vom angesprochenen Verkehr dann nur so aufgefasst werden. Hierfür sprechen nicht zuletzt auch die Kennzeichnungsgewohnheiten in der Beratungsbranche; dort hat sich die Gewohnheit herausgebildet, Unternehmen regelmäßig mit der Sachangabe „Consulting“ in Verbindung mit einem vorangestellten eigentlichen Herkunftshinweis zu bezeichnen (z. B. Accenture Consulting, Capgemini Consulting, Cassini Consulting, Opitz Consulting); hierbei werden auch häufig Buchstabenfolgen bzw. Akronyme verwendet (vgl. KPMG, A.M.A Consulting, KPS Consulting, THG Technology Consulting, PASS Consulting u. v. m.). Durch die diesen Branchengewohnheiten entsprechende Markenbildung wird bei markenmäßiger Benutzung MUC als Produktkennzeichen herausgestellt.
Wird in der angegriffenen Marke aber ein schutzunfähiger Bestandteil markenmäßig herausgestellt, so kann er den Gesamteindruck dieser Marke prägen und eine Verwechslungsgefahr mit einer - wie hier - zumindest normal kennzeichnungskräftigen älteren Marke begründen (vgl. hierzu BPatG, Beschluss vom 11.08.2009 – 24 W (pat) 82/08 – „pn printnet / PRINECT“ im Anschluss an BGH GRUR 1998, 930 – Fläminger).
Schließlich liegt auch eine gesamtbegriffliche Aussage, die einer Prägung entgegenstehen würde, trotz des Bindestrichs hier nicht vor.
Hiervon ausgehend stehen sich dann jedenfalls klanglich identische Marken gegenüber, so dass Verwechslungsgefahr zu bejahen ist.
Wegen der markenrechtlich relevanten Gefahr von Verwechslungen zwischen den in Streit stehenden Marken ist die Eintragung der angegriffenen Marke daher zu löschen.
3. Zu einer vom gesetzlichen Regelfall abweichenden Kostenentscheidung aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG bestand kein Anlass.