Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 14.06.2017


BPatG 14.06.2017 - 29 W (pat) 535/15

Markenbeschwerdeverfahren – "Safe@Work" – Unterscheidungskraft – Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
14.06.2017
Aktenzeichen:
29 W (pat) 535/15
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2014 058 219.8

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 14. Juni 2017 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber sowie der Richterinnen Akintche und Seyfarth

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 28. April 2015 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Dienstleistungen der

Klasse 35: Öffentlichkeitsarbeit [Public Relations]; Werbung; Dienstleistungen einer Werbeagentur; Verbreitung von Werbeanzeigen; Vorführung von Waren und Dienstleistungen zu Werbezwecken; Aktualisierung und Vermietung von Werbematerial und Verfassen und Herausgabe von Werbetexten; Entwurf und Entwicklung von Werbekonzepten und Entwurf und Entwicklung sowie Durchführung von Werbekampagnen für Dritte, auch online und per E-Mail; Vermietung von Werbeflächen; Vermietung von Werbezeit in Kommunikationsmedien; Sponsorensuche und Vermittlung von Verträgen für Dritte über die Erbringung von Sponsoring;

Klasse 41: Platzreservierungen für Unterhaltungsveranstaltungen;

zurückgewiesen worden ist

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

Safe@Work

3

ist am 25. August 2014 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register unter der Nummer 30 2014 058 219.8 für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

4

Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere Zeitschriften, Kataloge, Prospekte, Plakate und Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate);

5

Klasse 35: Organisation und Veranstaltung von Messen und Ausstellungen für wirtschaftliche und Werbezwecke; organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung bei der Durchführung und Veranstaltung von Messen und Ausstellungen; organisatorische Dienstleistungen für Messeteilnehmer; Organisation und Veranstaltung von Ausstellungen für gewerbliche Zwecke; Präsentation von Unternehmen und deren Produkten und Dienstleistungen zu Werbezwecken sowie Verkaufsförderung für Dritte und Vermittlung von Wirtschaftskontakten, auch im Internet; Vermietung von Standflächen für Messestände und von Messeständen einschließlich der dazugehörigen Ausrüstungsgegenstände [Werbeausrüstung]; Öffentlichkeitsarbeit [Public Relations]; Werbung; Dienstleistungen einer Werbeagentur; Verbreitung von Werbeanzeigen; Vorführung von Waren und Dienstleistungen zu Werbezwecken; Aktualisierung und Vermietung von Werbematerial und Verfassen und Herausgabe von Werbetexten; Entwurf und Entwicklung von Werbekonzepten und Entwurf und Entwicklung sowie Durchführung von Werbekampagnen für Dritte, auch online und per E-Mail; Vermietung von Werbeflächen; Marketing [Absatzforschung]; Marktforschung und Marktanalyse; Erteilung von Auskünften in Handels- und Geschäftsangelegenheiten; Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten; Beschaffungsdienstleistungen für Dritte [Erwerb von Waren und Dienstleistungen für andere Unternehmen]; Organisation und Veranstaltung von Produktpräsentationen; Veröffentlichung und Herausgabe von Katalogen und Prospekten für Werbe- und Präsentationszwecke; Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken; Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken; Onlinewerbung in einem Computernetzwerk; Telemarketing; Vermietung von Werbezeit in Kommunikationsmedien; Sponsorensuche und Vermittlung von Verträgen für Dritte über die Erbringung von Sponsoring;

6

Klasse 41: Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, Sonderschauen für kulturelle, Unterrichts- und Bildungszwecke, Kongressen, Symposien und Wettbewerben für kulturelle, Unterrichts- und Bildungszwecke; Veröffentlichung und Herausgabe von Zeitschriften; Organisation und Durchführung von Seminaren, Workshops [Ausbildung] und Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke; Unterhaltung; Organisation und Durchführung von Live-Veranstaltungen und Musikdarbietungen; Party-Planung [Unterhaltung]; Platzreservierungen für Unterhaltungsveranstaltungen; Organisation und Veranstaltung von Bällen, Konzerten und Unterhaltungsshows; Veranstaltung von Wettbewerben; Erziehung; Desktop-Publishing [Erstellen von Publikationen mit dem Computer]; Layoutgestaltung [außer für Werbezwecke]; Online-Bereitstellen von elektronischen, nicht herunterladbaren Publikationen; Dienstleistungen eines Verlages, insbesondere Entwurf und Verfassen von Texten [ausgenommen Werbetexte]; Veröffentlichung von Verlagsdruckerzeugnissen, auch über das Internet.

7

Mit Beschluss vom 28. April 2015 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dem Anmeldezeichen fehle die erforderliche Unterscheidungskraft, weil es von einem nicht unerheblichen Teil des angesprochenen Verkehrskreises lediglich als inhaltsbeschreibender Sachhinweis verstanden werde. Das angemeldete Zeichen weise aufgrund der einfach zu verstehenden Begriffe der englischen Sprache und des „at-Zeichens“ auf Waren und Dienstleistungen hin, welche sich sachlich/thematisch mit der „Sicherheit bei der Arbeit“ (Arbeitsschutz/Arbeitssicherheit) auseinandersetzten oder darüber informierten. Dass das angemeldete Zeichen nichts Konkretes über Eigenschaften und Inhalt der beanspruchten Waren und Dienstleistungen aussage, stünde der Schutzunfähigkeit nicht entgegen. Es enthalte allgemeine Informationen über die fraglichen Waren und Dienstleistungen, in denen der Verkehr eine bloße Sachangabe sehe.

8

Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie beantragt (Bl. 7 d. A.),

9

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 vom 28. April 2015 aufzuheben.

10

Sie hat die Beschwerde nicht begründet.

11

Im Verfahren vor dem DPMA hat die Beschwerdeführerin ausgeführt, dass sich das angemeldete Zeichen zwar mit „sicher/heil/gefahrlos bei der Arbeit“ übersetzen lasse, gleichwohl in dieser Bedeutung aber nicht für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen schutzunfähig sei. Ein Teil der beanspruchten Dienstleistungen stünde schon nicht zwingend in einem Zusammenhang mit der Durchführung von Messen/ Ausstellungen/ Kongressen, so dass es sich nicht um deren titelmäßigen Inhalt handeln könne. Im Übrigen würden nicht die Messeveranstalter unter dem Motto „Sicherheit bei der Arbeit“ ihre Dienstleistungen erbringen, sondern die an der Messe teilnehmenden Aussteller ihre jeweiligen Produkte oder Dienstleistungen anbieten. Die Dienstleistungen eines Messeveranstalters wiederholten sich bei jeder Messe und seien deshalb vom eigentlichen Thema (Motto) einer Messe unabhängig. Auch ein Freihaltebedürfnis bestehe nicht.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

13

Die gemäß §§ 66, 64 Abs. 6 MarkenG zulässige, insbesondere form- und fristgerechte Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache nur im Umfang der tenorierten Dienstleistungen Erfolg.

1.

14

Bezüglich der beanspruchten Waren und der nicht im Tenor genannten Dienstleistungen fehlt dem Anmeldezeichen „Safe@Work“ in seiner Bedeutung „sicher bei der Arbeit/am Werk“ die erforderliche Unterscheidungskraft. Im Umfang der Aufhebung der Entscheidung der Markenstelle genügt das Zeichen dagegen den Anforderungen an die markenrechtliche Unterscheidungskraft.

15

Unterscheidungskraft in diesem Sinne ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH MarkenR 2012, 304 Rn. 23 - Smart Technologies/HABM [WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH]; GRUR 2010, 228 Rn. 33 - Audi AG/ HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH WRP 2016, 1109 Rn. 9 OUI; GRUR 2015, 173 Rn. 15 - for you; GRUR 2014, 872 Rn. 12 - Gute Laune Drops; GRUR 2013, 731 Rn. 11 - Kaleido). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH GRUR 2014, 565 Rn. 12 – smartbook; GRUR 2012, 270 Rn. 8 - Link economy; GRUR 2009, 778 Rn. 11 - Willkommen im Leben).

16

Ebenso ist vorliegend zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes - zusammengesetztes - Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 53 - Henkel KGaA [Henkel]; BGH, a. a. O., Rn. 10 – OUI; a. a. O. Rn. 16 - for you). Eine analysierende Betrachtungsweise ist unzulässig, weil sich aus ihr keine in den Vordergrund drängende, für den Durchschnittsverbraucher ohne Weiteres ersichtliche Beschreibung von Waren ergibt (BGH, a. a. O., Rn. 24 - smartbook). Allerdings schließt der Grundsatz der Gesamtbetrachtung es nicht aus, dass die einzelnen Markenbestandteile zunächst getrennt geprüft werden (EuGH GRUR 2010, 534 Rn. 43 Prana Haus GmbH/HABM [PRANAHAUS]; Ströbele, in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 186).

17

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen im maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung (BGH GRUR 2013, 1143 Rn. 15 - Aus Akten werden Fakten) dann keine Unterscheidungskraft, wenn das Zeichenwort eine für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehende Sachaussage darstellt, es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom angesprochenen Publikum stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird oder das Zeichen, sich auf Umstände bezieht, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 - Koninklijke KPN Nederland VN/Benelux-Merkenbureau [Postkantoor]; BGH a. a. O. Rn. 21 - Gute Laune Drops; a. a. O. Rn. 11 - Link economy; GRUR 2014, 569 Rn. 14 - HOT; GRUR 2010, 1100 Rn. 23 - TOOOR!; GRUR 2006, 850 Rn. 28f. – FUSSBALL WM 2006). Dies gilt auch bei fremdsprachigen Wörtern, deren beschreibende Bedeutung vom angesprochenen Verkehr erfasst wird (vgl. BGH MarkenR 2008, 343 Rn. 16 - VISAGE).

18

Setzt sich die angemeldete Marke aus mehreren beschreibenden Wörtern zusammen, kann sich aus dem Gesamteindruck eine Unterscheidungskraft ergeben. Zwar geht grundsätzlich der beschreibende Charakter mehrerer Wörter nicht verloren. Allgemein verbleit es bei dem beschreibenden Charakter des Gesamtzeichens. Der beschreibende Charakter einer Sachangabe kann entfallen, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH GRUR 2010, 931 Rn. 61ff - Lancôme parfums et beauté & Cie SNC/HABM [COLOR EDITION]; GRUR 2004, 674 Rn. 99 - Koninklijke KPN Nederland NV/Benelux-Merkenbureau [Postkantoor]; BGH GRUR 2014, 1204 - Rn. 18 – DüsseldorfCongress; GRUR 2009, 949 Rn. 13 - My World). Anhaltspunkte für die Unterscheidungskraft einer Zeichenfolge können Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz ebenso wie die Mehrdeutigkeit oder Interpretationsbedürftigkeit einer Zeichenfolge sein (vgl. BGH GRUR 2000, 321, 322 - Radio von hier).

19

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 - Matratzen Concord AG/Hukla Germany SA [Matratzen Concord/Hukla]; BGH a. a. O. Rn. 11 - Kaleido; BGH a. a. O. Rn. 8 - Link economy).

a)

20

Das angemeldete Zeichen „Safe@work“ besteht aus dem englischen Begriff „Safe“, dem das Schriftzeichen „@“ folgt und dem englischen Begriff „Work“ am Ende.

21

Beide Wörter gehören zum englischen Grundwortschatz und sind dem inländischen Verkehrskreis geläufig. Der Begriff „Safe“ bedeutet u.a. „Safe, sicher“ (DUDEN-OXFORD, Großwörterbuch, Englisch, Mannheim 1990, Stichwort: safe), wobei im vorliegenden Zusammenhang die Bedeutung „sicher“ als Adjektiv aufgrund des Gesamtzusammenhangs näher liegt (vgl. BPatG, Beschluss vom 23.10.2006, 30 W (pat) 74/04 - safe@work). Der angesprochene Verkehrskreis wird den Begriff „Work“ als Substantiv im Sinne von „Arbeit“ verstehen (vgl. DUDEN-OXFORD, Großwörterbuch, Englisch, Mannheim 1990, Stichwort: work; BPatG, Beschluss vom 23.10.2006, 30 W (pat) 74/04 - safe@work; Beschluss vom 14. April 2015, 29 W (pat) 2/13 - positiv way at work; Beschluss vom 22.03.2011, 27 W (pat) 528/10 - MAN AT WORK). Der weitere Zeichenbestandteil „@“, welcher zwischen beiden Begriffen angeordnet ist, ist bekannt als „at-Zeichen“ oder „Klammeraffe“. Dieses Zeichen ist auf jeder Computertastatur vorhanden und grundlegender Bestandteil von eMail-Adresse (vgl. BPatG, Beschluss vom 02.12.2015, 29 W (pat) 62/13 - @). Als Symbol für das Internet und die Online-Telekommunikation ist es absolut üblich und verbreitet. Das Schriftzeichen wird wie die englische Präposition „at“ ausgesprochen, so dass dem Ausdruck „@work“ die Bedeutung „bei der Arbeit/am Werk“ zukommt (vgl. BPatG, Beschluss vom 25.11.2014, 27 W (pat) 40/14 - LEAN@work; Beschluss vom 11.08.2010, 29 W (pat) 52/10 - consulting@work; Beschluss vom 23.10.2006, 30 W (pat) 74/04 - safe@work; Beschluss vom 19.06.2002, 32 W (pat) 152/01 - success@work;).

22

Der angesprochene Verkehrskreis, zu dem sowohl der Endverbraucher als auch Unternehmer sowie Angehörige der Führungsebene von Unternehmen gehören, wird daher die angemeldete Zeichenfolge, wie die Markenstelle zutreffend herausgearbeitet hat und von der Anmelderin auch nicht in Frage gestellt wird, als „sicher bei der Arbeit/am Werk“ bzw. „Arbeitssicherheit“ verstehen.

b)

23

Die Beschwerde hat daher in Bezug auf die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen keinen Erfolg:

(1)

24

In Bezug auf die beanspruchten Waren der Klasse 16 „Druckereierzeugnisse, insbesondere Zeitschriften, Kataloge, Prospekte, Plakate und Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate)“ eignet sich die angemeldete Zeichenfolge als Inhaltsangabe.

25

Einer Eintragung als Marke für mit einem weiten Oberbegriff bezeichnete Waren (und Dienstleistungen) stehen Eintragungshindernisse schon dann entgegen, wenn sie hinsichtlich einzelner unter den Oberbegriff fallender Waren (und Dienstleistungen) vorliegen (BGH GRUR 2015, 1012 Rn. 44 - Nivea-Blau). Zeitschriften, Kataloge, Prospekte, Plakate und Fotografien können Informationen, Darstellungen, Angebote zum Thema Arbeitssicherheit enthalten und den Leser dieser Medien hierüber informieren. In diesem Kontext werden bereits jetzt verschiedene Aspekte der Sicherheit bei der Arbeit in Druckereierzeugnissen behandelt, wie auch in den Unterlagen, die der Anmelderin bereits übersandt wurden, beispielhaft zum Ausdruck kommt:

26

· BGVR-Bibliothek, www.arbeitssicherheit.de, Verordnungen zum Thema Arbeitsschutz

27

· BGVR, www.arbeitssicherheit.de, Branchenbuch, Stellenbörse

28

· Wolters Kluwer, Online-Shop von „arbeitssicherheit.de“, Bestseller, Thema: „Gefahrstoffrecht und Chemikaliensicher“

(2)

29

Das angemeldete Zeichen eignet sich - entgegen der Auffassung der Anmelderin - auch nicht als Herkunftshinweis, soweit Dienstleistungen im Zusammenhang mit Messen/ Ausstellungen/ Kongressen beansprucht sind.

30

Für die Dienstleistungen „Organisation und Veranstaltung von Messen und Ausstellungen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Organisation und Veranstaltung von Ausstellungen für gewerbliche Zwecke; Präsentation von Unternehmen und deren Produkten und Dienstleistungen zu Werbezwecken sowie Verkaufsförderung für Dritte und Vermittlung von Wirtschaftskontakten, auch im Internet“ eignet sich das angemeldete Zeichen als schlagwortartige Inhalts- und Themenangabe von Messeveranstaltungen (vgl. zu themenbezogenen Angaben bei Messen: BPatG, Beschluss vom 21.09.2016, 29 W (pat) 503/15 m. w. N.), nicht dagegen zur Unterscheidung der betrieblichen Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen. Denn es existieren bereits diverse Messen zu dem Thema Arbeitssicherheit (vgl. www.expocheck.com, „WorkSafe Fachmesse für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit in der Industrie 21 - 22. Februar 2018, Dortmund (Deutschland)“; „SAFEWORK Fachausstellung für Arbeitsschutz und Hygiene“ in Israel; www.hinte-messe.de, „safe@work“ in Istanbul, für die auf deutschsprachigen Internetseiten Werbung gemacht wird; zusätzlich zu den von der Markenstelle recherchierten Nachweisen).

31

Die Dienstleistungen „organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung bei der Durchführung und Veranstaltung von Messen und Ausstellungen; organisatorische Dienstleistungen für Messeteilnehmer; Vermietung von Standflächen für Messestände und von Messeständen einschließlich der dazugehörigen Ausrüstungsgegenstände [Werbeausrüstung];“ stehen in einem unmittelbaren funktionellen Zusammenhang mit der Veranstaltung einer Messe zum Thema sicheres Arbeiten, für die das Zeichen eine Inhaltsangabe enthält. Diese Dienstleistungen sind entweder notwendiger Bestandteil der Vorbereitung von derartigen Messen oder - so wie die Dienstleistung der Vermietung von Standflächen - üblicherweise ein wesentlicher Service von Messegesellschaften, die solche Messen organisieren (vgl. BGH GRUR 2014, 488 Rn. 16 - DESPERADOS/DESPERADO). Soweit die Anmelderin auf die Entscheidung des Senats vom 10.02.2010 (29 W (pat) 47/10 – PrivateInvest-Hannover) hinweist, in der er in einem Nebensatz die Auffassung vertreten hat, dass Messedienstleistungen regelmäßig themenneutral erbracht würden, ist diese Auffassung in der Entscheidung vom 08.02.2012 (29 W (pat) 535/10 - MicroNanoTec) aufgegeben worden (vgl. auch BPatG, Beschluss vom 11.09.2013, 29 W (pat) 544/12). Die Annahme eines engen beschreibenden Bezuges wird auch dadurch begünstigt, dass es sich bei dem um Schutz nachsuchenden Zeichen um eine Zeichenfolge handelt, die vom angesprochenen Verkehrskreis leicht erfasst und verstanden wird.

32

Gleiches gilt im Ergebnis für die weiteren in Klasse 35 beanspruchten Dienstleistungen „Erteilung von Auskünften in Handels- und Geschäftsangelegenheiten; Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten; Beschaffungsdienstleistungen für Dritte [Erwerb von Waren und Dienstleistungen für andere Unternehmen]; Organisation und Veranstaltung von Produktpräsentationen“. Diese Dienstleistungen fallen in den Bereich des Consultings und können somit Gegenstand von Beratungsleistungen sein. Bei einer Beratung zur betrieblichen Organisation stellt das Thema Arbeitssicherheit einen wesentlichen Aspekt dar, da es aus Unternehmenssicht gilt, Arbeitsunfälle im Unternehmen, insbesondere in produzierenden Unternehmen, zu vermeiden. Solche themenspezifischen Beratungsleistungen werden dementsprechend als Dienstleistung für Dritte angeboten, wie z. B.

33

· SAFEwork, www.safework.at, Arbeitssicherheit im Betrieb, Evaluierung von Arbeitsplätzen, umfassende Beratung, maßgeschneiderte Sicherheitslösungen

34

· SSI Schäfer, www.ssi-schaefer.de, „safe@work: Gefahrstofflagerung & Brandschutz“; „Mit unserem Sicherheitskonzept safe@work bietet SSI Schäfer von der Beratung über die Planung bis zur Realisierung der Gefahrstofflagerung in ihrem Unternehmen alle Leistungen aus einer Hand.“

35

Das Anmeldezeichen ist ebenfalls nicht schutzfähig für die beanspruchten Dienstleistungen „Veröffentlichung und Herausgabe von Katalogen und Prospekten für Werbe- und Präsentationszwecke“. Auch insoweit besteht ein enger beschreibender Bezug, denn üblicherweise werden von den Veranstaltern von Messen Messezeitschriften oder –kataloge mit entsprechenden Titeln herausgegeben, in denen sich neben den Ausstellern auch interessierte Dritte über die Themen und Schwerpunkte der Messe informieren können (vgl. BPatG, Beschluss vom 23.06.2015, 29 W (pat) 582/12 - Managing Trust).

36

Nichts anderes gilt in Bezug auf die Dienstleistungen „Marketing [Absatzforschung] Marktforschung und Marktanalyse; Telemarketing“. Anbieter solcher Dienstleistungen beschäftigen sich damit, wie Unternehmen das Thema Arbeitssicherheit im Markt platzieren und Kunden vermitteln können.

37

Das Anmeldezeichen ist schließlich für die weiteren in Klasse 35 beanspruchten Dienstleistungen „Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken; Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken; Onlinewerbung in einem Computernetzwerk“ nicht schutzfähig. Arbeitssicherheit kann Gegenstand von jeglicher Art von sicherheitstechnischer Software und deren Programmierung sein, mithin eignet sich das Anmeldezeichen als Inhaltsangabe, wie nachfolgende Beispiele verdeutlichen:

38

· SAFEworker, www.safeworker.at, Sicherheitstechnische Software, Dokumentation, Erstellen eines Abbildes des Unternehmens, nachvollziehbare Maßnahmenverwaltung

39

· AS-Interface, www.as-interface.net, „AS-i SAFETY AT WORK“, effiziente Sicherheitslösungen, „Sicherheitsgerichtete Komponenten können mit AS-Interface Safety at Work einfach in ein AS-i Netz eingebunden werden“

(3)

40

Für die in Klasse 41 angemeldeten Dienstleistungen „Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, Sonderschauen für kulturelle, Unterrichts- und Bildungszwecke, Kongressen, Symposien und Wettbewerben für kulturelle, Unterrichts- und Bildungszwecke; Organisation und Durchführung von Seminaren, Workshops [Ausbildung] und Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke; Erziehung; Organisation und Durchführung von Musikdarbietungen; Party-Planung [Unterhaltung]; Organisation und Veranstaltung von Bällen, Konzerten und Unterhaltungsshows; Veranstaltung von Wettbewerben““ gibt das um Schutz nachsuchende Zeichen nur Thema und Gegenstand einer Veranstaltung an, was nicht zuletzt bereits die Nachweise der Markenstelle sowie der Nachweis BGVR-Bibliothek, www.arbeitssicherheit.de, Unterweisung, Fortbildung, Veranstaltungsbörse, belegen. Es gibt ferner Institutionen und Organisationen, wie z. B. Berufsgenossenschaften, Unfallkassen, Krankenkassen oder öffentliche Einrichtungen wie die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA)), die spezielle Arbeitsschutz-Wettbewerbe ausschreiben (vgl. www.arbeitsschutz-portal.de/sw/wettbewerbe.html: „Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit leben von Ideen und Innovationen. … Es gibt viele Wettbewerbe rund um Arbeitsschutz und Gesundheitsschutz im Betrieb, die die besten Lösungen suchen.“).

41

In Bezug auf die weiteren angemeldeten Dienstleistungen „Veröffentlichung und Herausgabe von Zeitschriften; Desktop-Publishing [Erstellen von Publikationen mit dem Computer]; Layoutgestaltung [außer für Werbezwecke]; Online-Bereitstellen von elektronischen, nicht herunterladbaren Publikationen; Dienstleistungen eines Verlages, insbesondere Entwurf und Verfassen von Texten [ausgenommen Werbetexte]; Veröffentlichung von Verlagsdruckerzeugnissen, auch über das Internet“ besteht ein enger sachlicher Zusammenhang zu den beanspruchten Waren der Klasse 16, da die Zeichenfolge „Safe@Work“ geeignet ist, einen weiten Themenbereich abzudecken (vgl. BGH GRUR 2013, 522 Rn. 17 – Deutschlands schönste Seiten; zum Themenbereich vgl. BGVR-Bibliothek, www.arbeitssicherheit.de, Arbeitssicherheit.de-E-LEARNING-SHOP, „E-Learnings vom Experten“, flexibles Lernangebot; BWRmedia, Arbeitssicherheit, notwendige Informationen, Checklisten und Schritt-für-Schritt-Anleitungen (Bl. 54 d. A)).

42

Gleiche Erwägungsgründe, die für die Schutzunfähigkeit anzuführen sind, gelten für die beanspruchten Dienstleistungen „Unterhaltung; Organisation und Durchführung von Live-Veranstaltungen“. Das Thema Arbeitssicherheit ist Gegenstand von Cartoons und Videoclips, welche – auch - der Unterhaltung als solcher dienen. Gleichzeitig kann dieses Thema Gegenstand von Live-Veranstaltungen auf Messen sein (vgl. die Nachweise: BGVR-Bibliothek, www.arbeitssicherheit.de, Unterhaltung, „Ein wenig Abwechslung im Arbeitsalltag bieten die Cartoons aus dem arbeitssicherheit.journal“; www.satire-clips.de/tag/arbeitssicherheit/, „Sicherheit am Arbeitsplatz, Stapelfahrer Klaus“ (Bl. 51 d. A); www.arbeitssicherheit.de, Spiele, Safety-Match).

c)

43

Die Beschwerde hat dagegen im tenorierten Umfang Erfolg.

44

Soweit sich die Anmelderin gegen die Zurückweisung der beanspruchten Dienstleistungen „Öffentlichkeitsarbeit [Public Relations]; Werbung; Dienstleistungen einer Werbeagentur; Verbreitung von Werbeanzeigen; Vorführung von Waren und Dienstleistungen zu Werbezwecken; Aktualisierung und Vermietung von Werbematerial und Verfassen und Herausgabe von Werbetexten; Entwurf und Entwicklung von Werbekonzepten und Entwurf und Entwicklung sowie Durchführung von Werbekampagnen für Dritte, auch online und per E-Mail; Vermietung von Werbeflächen; Vermietung von Werbezeit in Kommunikationsmedien; Sponsorensuche und Vermittlung von Verträgen für Dritte über die Erbringung von Sponsoring“ der Klasse 35 wendet, ist ihre Beschwerde begründet.

45

Dem Anmeldezeichen kann insoweit die Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden, weil der angesprochene Verkehr dem angemeldeten Zeichen keinen, im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt beimessen wird. Auch wenn der Arbeitsschutz einen vielfältigen Themenbereich abdeckt, handelt es sich doch nicht um eine eigenständige Branche, auf die sich Werbedienstleister spezialisieren würden. Vielmehr werden diese Werbedienstleistungen von Dritten für Unternehmen erbracht, die sich u. a. auch mit dem Thema Arbeitssicherheit beschäftigen. Es entspricht im Hinblick auf Werbedienstleistungen nicht den Gewohnheiten der Werbebranche, die Werbedienstleistungen durch das beworbene Produkt zu charakterisieren, weil die Festlegung auf einen bestimmten Inhalt eine nicht gewollte Beschränkung bedeutete (BGH GRUR 2009, 949 Rn. 24 - My World; BPatG, Beschluss vom 04.05.2016, 29 W (pat) 21/15 - yogabox; Beschluss vom 11.08.2010, 29 W (pat) 52/10 - consulting@work).

46

Schließlich hat die Beschwerde in Bezug auf die beanspruchte Dienstleistung „Platzreservierungen für Unterhaltungsveranstaltungen“ der Klasse 41 Erfolg. Bei dieser Dienstleistung handelt es sich um die technische Bereitstellung eines bestimmten (Sitz-)Platzes, der im Rahmen eines Buchungsmanagements für einen Kunden freigehalten wird. Arbeitssicherheitsaspekte im Hinblick auf Angebot und Durchführung dieser Dienstleistung sind allenfalls nach einer analytischen Vorgehensweise über mehrere Gedankenschritte erkennbar; ein enger beschreibender Bezug zum Anmeldezeichen ist dagegen nicht ersichtlich.

47

Aus den vorgenannten Gründen war der Beschwerde teilweise stattzugeben.

2.

48

Soweit die Beschwerde der Anmelderin Erfolg hat, steht der Eintragung auch nicht das Hindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.