Entscheidungsdatum: 23.11.2016
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 300 20 018
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. November 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber, der Richterin Akintche und des Richters Dr. von Hartz
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die Wort-/Bildmarke
ist am 15. März 2000 angemeldet und am 28. November 2000 unter der Nummer 300 20 018 als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für Waren und Dienstleistungen aus den Klassen 16, 38, 41 und 42 eingetragen worden.
Nach mittlerweile erfolgter Verlängerung der Schutzdauer zum 1. April 2010 ist die angegriffene Marke noch für folgende Waren und Dienstleistungen geschützt:
Klasse 16:
Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Buchbindeartikel; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Drucklettern; Druckstöcke;
Klasse 38:
Telekommunikation;
Klasse 41:
Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten;
Klasse 42:
Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Vermittlung von Dienstleistungen aller Art mittels Internet; Bereitstellen eines elektronischen Marktplatzes auf Computernetzwerken.
Gegen diese Marke, deren Eintragung am 28. Dezember 2000 veröffentlicht wurde, hat die G… in I…, U…, am 28. März 2001 aus ihrer deutschen Marke mit der Registernummer 1 126 449 sowie aus ihrer beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO; vormals HABM) angemeldeten Unionsmarke mit der Nummer UM 000 170 167 Widerspruch erhoben. Die Unionsmarkenanmeldung ist mit Wirkung zum 26. Juni 2002 auf die G…- …, LLC in B…, B1… übertragen worden, welche auch in das Widerspruchsverfahren vor dem DPMA eingetreten ist. Der Widerspruch aus der deutschen Marke ist mit Schreiben vom 13. Juli 2012 zurückgenommen worden.
Das Widerspruchsverfahren vor dem DPMA war wegen eines seit 1998 anhängigen Widerspruchsverfahrens gegen die Unionsmarkenanmeldung UM 000 170 167 ausgesetzt worden; nachdem dieses gegen die Widerspruchsmarke gerichtete Widerspruchsverfahren vor dem EUIPO rechtskräftig abgeschlossen worden war, ist das Widerspruchsverfahren gegen die hiesige angegriffene Marke im Februar 2012 wieder aufgenommen worden.
Die am 1. April 1996 angemeldete und am 2. Januar 2012 eingetragene Widerspruchsmarke UM 000 170 167
„GALILEO“
ist für folgende Waren und Dienstleistungen geschützt:
Klasse 9:
Elektrische und elektronische Apparate und Instrumente; Computer, Textverarbeitungsgeräte; Datenverarbeitungsgeräte; elektrische und optische Datenverarbeitungsanlagen; Apparate und Instrumente, alle zur Wiederauffindung, Speicherung, Eingabe, Verarbeitung und Anzeige von Daten; Halbleiterspeichergeräte; Mikroprozessoren; Rechenapparate; Tastaturen zur Verwendung mit Computern; Drucker für Computer; Computerprogramme und Computersoftware; Lochkarten (kodierte Karten) und Lochbänder (gelochte Bänder), Magnetbänder- und platten; Plattenlaufwerke; Modems; elektrische und elektronische Apparate für die Kommunikation; Computer-Kommunikationsgeräte; Teile und Bestandteile für alle vorstehend genannten Waren; alle soweit in Klasse 9 enthalten;
Klasse 39:
Reisedienstleistungen; Buchung und Reservierung für Beförderungen und Reisen;
Klasse 41:
Reservierungen und Buchungen für Unterhaltungsveranstaltungen;
Klasse 42:
Dienstleistungen im Bereich Hotel und Übernachtungen sowie Restaurants; Buchungen und Reservierungen für Hotels, Übernachtungen und Restaurants; Ausdrücklich ausgenommen jedoch vorstehend genannte Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Beherbergung in und der Buchung von Universitätsunterkünften und anderen Unterkünften für jedwede Studenten aller Altersgruppen für den Universitätsbesuch.
Mit Beschluss vom 23. Mai 2014 hat die Markenstelle für Klasse 16 des DPMA die angegriffene Marke wegen Verwechslungsgefahr teilweise gelöscht, nämlich im Umfang folgender Waren und Dienstleistungen:
Klasse 16:
Druckereierzeugnisse; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate);
Klasse 38:
Telekommunikation;
Klasse 41:
Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten;
Klasse 42:
Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Vermittlung von Dienstleistungen aller Art mittels Internet; Bereitstellen eines elektronischen Marktplatzes auf Computernetzwerken.
Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, dass zwischen den von der Löschungsanordnung umfassten Waren und Dienstleistungen und den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke eine geringe bis hochgradige Ähnlichkeit bestehe. Im Umfang der übrigen Waren „Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Buchbindeartikel; Drucklettern; Druckstöcke“ sei der Widerspruch schon mangels einer Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit zurückzuweisen. Die von der Inhaberin der angegriffenen Marke im Schriftsatz vom 21. März 2012 erhobene Nichtbenutzungseinrede sei unzulässig, weil sich die Widerspruchsmarke in der Benutzungsschonfrist befinde. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei durch die von der Inhaberin der angegriffenen Marke aufgeführten Drittmarken nicht geschwächt. Weder sei die Benutzung der Drittmarken liquide oder nachgewiesen, noch sei ein aufgrund der Benutzung der Drittmarken beim Verkehr eingetretener Gewöhnungseffekt gesondert festgestellt worden. Ebenso sei die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht pauschal aufgrund der Natur des Markenwortes „Galileo“ als Name einer berühmten Persönlichkeit geschwächt, denn aus diesem Namen ergebe sich kein beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Insgesamt sei aber aufgrund der Assoziation mit Galileo Galilei von einer leicht unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Die Vergleichsmarken seien in klanglicher und in schriftbildlicher Hinsicht verwechselbar ähnlich, denn die angegriffene Marke werde maßgeblich durch den Zeichenbestandteil „Galileo“ geprägt, während der weitere Bestandteil „Press“ von den angesprochenen Verkehrskreisen als Bezeichnung für eine Branche verstanden werde und im Gesamteindruck der Marke deutlich zurücktrete. Der Zeichenbestandteil „Galileo“ sei identisch mit der Widerspruchsmarke, so dass im Umfang der ähnlichen Waren und Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr vorliege.
Gegen diesen Teillöschungsbeschluss richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke.
Sie ist der Auffassung, dass die Markenstelle zu Unrecht eine Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen angenommen habe. Die Tatsache, dass es Fachliteratur zu Softwareangeboten gebe, sei kein Hinweis auf eine Ähnlichkeit dieser beiden Waren. Auch seien Druckereierzeugnisse und Computerprogramme weder als Substitutionsgüter noch als Konkurrenzprodukte zu betrachten. Die Rechtsprechung zur Ähnlichkeit dieser beiden Waren sei längst überholt. Auch zwischen den übrigen Vergleichswaren und -dienstleistungen bestehe keine Ähnlichkeit. Die Beschwerdeführerin trägt vor, die Markenstelle habe zudem die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht richtig eingeschätzt, weil es sich bei den von ihr geltend gemachten 17 Drittzeichen mit dem Bestandteil „Galileo“ nicht nur um wenige Marken handle und sie zudem für 12 dieser Zeichen deren Benutzung nachgewiesen habe. Derzeit seien 85 Marken mit dem Bestandteil „Galileo“ mit Wirkung in Deutschland im Register eingetragen, wobei es insoweit auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht ankomme. Aufgrund dieser Fülle von Marken finde eine sorgfältige Unterscheidung zwischen den einzelnen Marken statt. Des Weiteren führe eine Zurechnung der Bekanntheit der Marke „Galileo“ zu einem realen Personennamen zu einer erheblichen Kennzeichenschwäche. Der Name „Galileo Galilei“ sei derart berühmt und als Name einzigartig, dass es auf eine Bezugnahme zu bestimmten Waren nicht ankomme, was auch nur für den Vornamen „Galileo“ gelte. Der Verkehr sei aufgrund der massenhaften Benutzung und des Hinweises auf die Person geneigt, auch marginale Unterschiede wahrzunehmen und zu begreifen.
Hinsichtlich der Beurteilung der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen sei auf die Gesamtheit der Zeichen abzustellen. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Waren und Dienstleistungen müsse bezüglich des Bestandteils „Press“ differenziert werden, der keineswegs für sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine beschreibende Funktion aufweise und somit nicht grundsätzlich von der Gesamtbetrachtung der sich gegenüberstehenden Zeichen auszunehmen sei.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle des DPMA vom 23. Mai 2014 aufzuheben und den Widerspruch aus der Marke UM 000 170 167 vollständig zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie führt aus, die verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen seien teilweise identisch und teilweise zumindest hochgradig ähnlich zu den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke. Die Grenzen zwischen Druckereierzeugnissen und Computersoftware würden immer mehr verschwimmen, da diese häufig parallel angeboten würden. Auch bestehe eine hochgradige Ähnlichkeit zwischen Lehr- und Unterrichtsmitteln einerseits und Computerprogrammen und Computersoftware andererseits, da letztere als Hilfsmittel zur Unterstützung im Unterricht eingesetzt würden. Die Vermittlung von Dienstleistungen aller Art mittels Internet sei teilweise identisch mit Buchungen und Reservierungen für Beförderungen und Reisen, Reservierungen und Buchungen für Unterhaltungsveranstaltungen und Buchungen und Reservierungen für Hotels, Übernachtungen und Restaurants, da es sich bei letzteren um die Vermittlung von Dienstleistungen handle, die sehr häufig über das Internet angeboten und ausgeführt würden.
Der Widerspruchsmarke komme zudem zumindest normale Kennzeichnungskraft zu. Bei der Widerspruchsmarke „Galileo“ handle es sich nicht um den Namen einer bestimmten historischen Person, sondern lediglich um einen männlichen italienischen Vornamen. Auch wiesen die Namen berühmter Persönlichkeiten als Marken grundsätzlich durchschnittliche Kennzeichnungskraft auf. Des Weiteren könnten die von der Beschwerdeführerin angeführten Drittmarken mit dem Bestandteil „Galileo“ keine Schwächung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke belegen, da die Beschwerdeführerin weder Angaben zu den von den Drittmarken beanspruchten Waren und Dienstleistungen noch Angaben zur Stellung des Bestandteils „Galileo“ innerhalb dieser Marken gemacht habe.
Der den Gesamteindruck der angegriffenen Marke ausschließlich prägende, zumindest aber in der angegriffenen Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung innehabende Wortbestandteil „Galileo“ sei mit der Widerspruchsmarke in schriftbildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht identisch.
Im Laufe des Beschwerdeverfahrens ist die Widerspruchsmarke von der ursprünglichen Beschwerdegegnerin, der G… LLC, auf die jetzige Beschwerdegegnerin übertragen und im Register des EUIPO am 1. April 2016 auf diese umgeschrieben worden. Mit Schreiben vom 22. August 2016 hat die neue Rechteinhaberin das hiesige Beschwerdeverfahren übernommen.
In der mündlichen Verhandlung am 23. November 2016 hat die Beschwerdegegnerin ihren Widerspruch gegen die angegriffene Marke im Umfang der Waren „Fotografien“ zurückgenommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§ 66, 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke hat in der Sache keinen Erfolg.
Zwischen den sich gegenüberstehenden Marken ist im noch verfahrensgegenständlichen Umfang eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr im Sinne von §§ 125b Nr. 1, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu bejahen.
A) Die Frage, ob Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vorliegt, ist unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. nur EuGH GRUR 2010, 1098 Rn. 44 - Calvin Klein/ HABM [CK CREACIONES KENNYA/CK CALVIN KLEIN]; GRUR 2010, 933 Rn. 32 - Barbara Becker; GRUR-RR 2009, 356 Rn. 45 - Éditions Albert René/HABM [OBELIX/MOBILIX]; BGH WRP 2016, 336 - BioGourmet; MarkenR 2016, 46 Rn. 7 - BSA/DSA DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE; GRUR 2015, 176 Rn. 9 - ZOOM/ZOOM; GRUR 2015, 1008 Rn. 18 - IPS/ISP). Zudem können weitere Faktoren relevant sein, wie u. a. etwa die Art der Ware oder Dienstleistung, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.
1. Zutreffend hat die Markenstelle darauf hingewiesen, dass die von der Inhaberin der angegriffenen Marke mit Schreiben vom 21. März 2012 erhobene Nichtbenutzungseinrede nicht zulässig war. Die Unionsmarke ist am 2. Januar 2012 eingetragen worden, so dass die Benutzungsschonfrist erst am 2. Januar 2017 abläuft. Maßgeblich für den Waren- und Dienstleistungsvergleich ist daher allein die Registerlage.
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Hierzu gehören insbesondere die Art der Waren und Dienstleistungen, ihr Verwendungszweck, ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren oder Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt oder erbracht werden oder ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen (EuGH GRUR 1998, 922 Rn. 15 – CANON; BGH GRUR 2014, 488 Rn. 12 – DESPERADOS/DESPERADO). Ausgehend hiervon ist eine Ähnlichkeit zwischen den verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke und den für die Widerspruchsmarke im Unionsmarkenregister eingetragenen Waren und Dienstleistungen zu bejahen.
a) Zwischen den Waren „Druckereierzeugnisse“ der angegriffenen Marke und den Widerspruchswaren „Computerprogramme und Computersoftware“ besteht zumindest eine durchschnittliche Ähnlichkeit (vgl. hierzu Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 16. Auflage, S. 72 re. Sp. u. a. mit Hinweisen auf 32 W (pat) 66/00; 27 W (pat) 50/04; 30 W (pat) 176/96; 33 W (pat) 182/98; 25 W (pat) 156/04; BPatG, Beschluss vom 16.07.2002, 24 W (pat) 146/01 – engste Ähnlichkeit). Die Rechtsprechung zur Ähnlichkeit dieser beiden Waren ist - anders als die Beschwerdeführerin meint - nicht überholt. Im Gegenteil, die u. a. in der mündlichen Verhandlung übergebenen Rechercheunterlagen des Senats verdeutlichen vielmehr, dass Druckereierzeugnisse und Computerprogramme immer mehr als Substitutionsgüter oder als Konkurrenzprodukte zu betrachten sind und häufig aus einer Hand angeboten werden. So wird insbesondere in Verbindung mit Fachbüchern häufig ergänzendes, meist im Internet abrufbares und beispielsweise mit einem dem Fachbuch entnehmbaren Code geschütztes Material zur Verfügung gestellt; zu diesem ergänzenden Material zählen regelmäßig Computerprogramme. Ferner werden vor allem im Computerbereich häufig Fachzeitschriften zusammen mit Software als ergänzendem Material vertrieben. Desweiteren werden Druckereierzeugnisse und Software auch in funktioneller Hinsicht gleichberechtigt nebeneinanderstehend angeboten, wie es beispielsweise bei Sprachlernprogrammen der Fall ist; so finden sich vielfach Kombinationsangebote von Lehrbüchern mit Computersoftware zum Üben erlernter Vokabeln oder Grammatik. Auch Wörterbücher und Lexika werden regelmäßig sowohl in gedruckter als auch in elektronischer Form vertrieben, wobei die elektronische Form häufig mittels spezieller Software zur Verfügung gestellt wird. Schließlich werden Computerprogrammen und -software regelmäßig Druckereierzeugnisse, beispielsweise in Form von Handbüchern, als ergänzende Produkte zur Seite gestellt. Zwar mag insoweit der Umfang gedruckter Handbücher im Vergleich zu möglicherweise ebenfalls angebotenen elektronisch verfügbaren Handbüchern in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen haben. Einführungen in grundlegende Funktionen der vertriebenen Computerprogramme und Computersoftware werden jedoch nach wie vor auch in gedruckter Form angeboten, wie die von der Beschwerdegegnerin im Widerspruchsverfahren eingereichten Handbücher zeigen.
b) Entsprechendes gilt für die Waren „Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate)“ der angegriffenen Marke und den Widerspruchswaren „Computerprogramme und Computersoftware“; auch insoweit besteht jedenfalls durchschnittliche Ähnlichkeit unter dem Aspekt einander sich ergänzender Waren. Sowohl an Schulen als auch an Hochschulen, insbesondere an Fernuniversitäten, kommt ein breites Spektrum diverser Computerprogramme als Lehr- und Unterrichtsmittel zur Unterstützung oder Ergänzung konventionellen Unterrichts zum Einsatz. Zum üblichen Sortiment eines Lehrmittelanbieters gehört deshalb regelmäßig auch Lernsoftware.
c) Zwischen den Dienstleistungen „Telekommunikation“ der angegriffenen Marke und den Waren „Computerprogramme und Computersoftware; Datenverarbeitungsgeräte; Modems; elektrische und elektronische Apparate für die Kommunikation, Computer-Kommunikationsgeräte“ der Widerspruchsmarke ist eine hochgradige Ähnlichkeit festzustellen (vgl. Richter/Stoppel, a. a. O., S. 356). Telekommunikation findet regelmäßig mittels elektrischer und elektronischer Apparate für die Kommunikation statt. In der heutigen Zeit ist Telekommunikation üblicherweise computerbasiert. Ein Beispiel dafür sind Videokonferenzen, die mittels moderner Computertechnologie zustande kommen. Diverse Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen bieten die für deren Nutzung erforderlichen Geräte und entsprechende Software an, so dass der gesamte Dienst dem Verbraucher aus einer Hand zur Verfügung gestellt wird.
d) Zwischen den Dienstleistungen „Dienstleistungen im Bereich Hotel und Übernachtungen sowie Restaurants“ der Widerspruchsmarke - unter die damit auch die Verpflegung von Gästen fällt - und den Dienstleistungen „Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten“ der angegriffenen Marke besteht Ähnlichkeit, wenngleich zum Teil nur im Randbereich(vgl. Richter / Stoppel, a. a. O., S. 364 li. Sp.). Insoweit handelt es sich u. a. um einander ergänzende Dienstleistungen, wie nicht zuletzt die Angebote von Schullandheimen oder die zwischenzeitlich beliebte Kombination von Unterhaltung und gastronomischer Leistung unter dem Stichwort „Erlebnisgastronomie“ in Hotels und Restaurants (vgl. www.dinnerkrimi.de; Schubecks teatro – Dinnershow; Dinner in the Dark) zeigen.
e) Zwischen der Dienstleistung „Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung“ der angegriffenen Marke und den Waren „Computerprogramme und Computersoftware“ der Widerspruchsmarke besteht hohe Ähnlichkeit (Richter/Stoppel, a. a. O., S. 63 f. und S. 332 re. Sp.). So bieten Softwarehäuser neben ihren Standardprodukten regelmäßig auch solche auf die individuellen Bedürfnisse einzelner Kunden abgestimmte Softwarelösungen an.
f) Zwischen der Dienstleistung „Vermittlung von Dienstleistungen aller Art mittels Internet“ der angegriffenen Marke aus Klasse 42 und den Widerspruchsdienstleistungen „Buchung und Reservierung für Beförderungen und Reisen; Reservierungen und Buchungen für Unterhaltungsveranstaltungen“ ebenfalls aus der Klasse 42 besteht hochgradige Ähnlichkeit bzw. sogar Identität. Denn die genannten Dienstleistungen der Widerspruchsmarke werden regelmäßig mittels Internet vermittelt, so dass sie von dem weiten Dienstleistungsbegriff der angegriffenen Marke mit umfasst werden. Zu berücksichtigen ist hier im Übrigen, dass es sich bei beiden Marken um solche handelt, die nach früheren Klassifikationsgrundsätzen beurteilt wurden und so heute nicht mehr zugelassen bzw. teilweise auch nicht mehr in der Klasse 42 eingruppiert würden (z. B. „Vermittlung von Dienstleistungen aller Art“ oder „Dienstleistungen im Bereich Hotel und Übernachtungen“ heute in Klasse 43).
g) Zumindest geringe Ähnlichkeit besteht zwischen den Dienstleistungen „Bereitstellen eines elektronischen Marktplatzes auf Computernetzwerken“ der angegriffenen Marke und den Waren der Widerspruchsmarke aus Klasse 9. Die genannten Waren dienen regelmäßig als technische Infrastruktur für das Bereitstellen eines elektronischen Marktplatzes auf Computernetzwerken; vor allem für die Sicherheit der elektronischen Geschäftsabwicklung, z. B. der Zahlungstransaktionen, wird spezielle Soft- und vielfach auch Hardware (wie HBCI-Chips, RSA-Chipkarten und Chipkartenleser) benötigt und nicht selten vom Marktplatzbetreiber mit angeboten. Die Verkehrskreise werden daher davon ausgehen, dass sowohl diese Infrastruktur als auch das Bereitstellen des elektronischen Marktplatzes an sich als Komplettpaket von demselben Anbieter stammt.
2. Angesprochene Verkehrskreise sind hier die Allgemeinheit der Verbraucher, die erfahrungsgemäß Marken mit einem geringeren Maß an Aufmerksamkeit wahrnehmen als etwa Fachleute, die üblicherweise über Marken auf ihrem Fachgebiet gut unterrichtet sind und neuen Kennzeichnungen mit größerer Aufmerksamkeit begegnen als das breite Publikum. Vorliegend dürften aber auch die Endverbraucher wegen der Art und Bedeutung jedenfalls eines Teils der relevanten Waren und Dienstleistungen eine gesteigerte Sorgfalt aufbringen. Zugunsten der Beschwerdeführerin kann insgesamt ein erhöhter Aufmerksamkeitsgrad unterstellt werden, was den zum sicheren Ausschluss einer Verwechslung erforderlichen Zeichenabstand etwas verringert.
3. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist durchschnittlich. Eine von der Inhaberin der angegriffenen Marke behauptete Kennzeichnungsschwäche des Namens „Galileo“ für den Bereich der im vorliegenden Fall maßgeblichen Widerspruchwaren und -dienstleistungen ist nicht festzustellen.
Die Tatsache, dass es sich bei dem Zeichen „Galileo“ um den Vornamen einer berühmten historischen Persönlichkeit handelt, führt nicht zu einer Schwächung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke. Grundsätzlich genießen Namen berühmter Persönlichkeiten als Marken durchschnittliche Kennzeichnungskraft (BPatG, Beschluss vom 29.07.2014, 27 W (pat) 536/13 – zum Bildnis König Ludwig II). Auch im Hinblick auf die von der Beschwerdeführerin zitierte Entscheidung des EuGH (EuGH C-361/04 – Picasso ./. Picaro) ergibt sich keine Schwächung der Kennzeichnungskraft durch die Verwendung eines Teils des Namens einer berühmten Persönlichkeit. Eine solche Schwächung kommt lediglich unter Berücksichtigung weiterer Umstände in Betracht, beispielsweise bei einem beschreibenden Bezug zu den relevanten Waren und Dienstleistungen, der hier jedoch nicht vorliegt.
Auch eine Schwächung durch Drittmarken kann nicht festgestellt werden. Ein großer Teil der Marken mit dem Bestandteil „Galileo“ ist bereits nicht mehr in Kraft, teilweise handelt es sich um Marken außerhalb des hier relevanten oder eng benachbarten Waren- und Dienstleistungsgebiets. Auch geht ein Teil der angeführten Drittzeichen auf die Widersprechende zurück. Schließlich ist über die Benutzung relevanter Drittmarken - also im Bereich eng benachbarter Waren und Dienstleistungen - im Einzelnen nichts Ausreichendes bekannt; zu den von der Beschwerdegegnerin hierzu substantiiert vorgetragenen Einwänden bezüglich der Benutzung dieser Drittmarken (vgl. Ziffer 2.3. und 2.4. des Schriftsatzes der Beschwerdegegnerin vom 2. März 2015, Bl. 46-50) hat die Beschwerdeführerin nichts mehr entgegnet.
4. Bei dieser Ausgangslage hat die angegriffene Marke zum sicheren Ausschluss einer Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG einen recht deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke GALILEO einzuhalten. Diesen Anforderungen wird die angegriffene Marke nicht gerecht; die Vergleichsmarken werden klanglich unmittelbar verwechselt.
Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente (BGH GRUR 2013, 833 Rn. 30 – Culinaria/ Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure; GRUR 2008, 909 Rn. 13 – Pantogast; GRUR 2008, 905 Rn. 12 – Pantohexal). Abzustellen ist dabei auf die Wahrnehmung des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers, der eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (vgl. EuGH GRUR Int. 2014, 459 Rn. 42 – CLORALEX; GRUR Int. 2012, 754 Rn. 63 – XXXLutz Marken GmbH/HABM [Linea Natura Natur hat immer Stil]; GRUR Int. 2010, 129., Rn. 60 – [Carbonell/La Espaňola]; BGH GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/ Zweibrüder). Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuGH GRUR 2005, 1042 Rn. 28 - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 14 - Maalox/Melox-GRY). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen. Der Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist im Klang, im (Schrift)Bild und im Bedeutungs-(Sinn-)Gehalt zu ermitteln. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht dabei regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus (BGH GRUR 2009, 1055 Rn. 26 - airdsl; BGHZ 139, 340, 347 - Lions; BGH MarkenR 2008, 393 Rn. 21 - HEITEC).
Die sich gegenüberstehenden Marken zeigen insgesamt zwar wegen des in der angegriffenen Marke zusätzlich enthaltenden Bestandteils „Press“ in schriftbildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht ausreichende Unterschiede.
Allerdings hat die Markenstelle zutreffend eine Prägung der angegriffenen Marke durch den Bestandteil „Galileo“ bejaht. Bei dem übereinstimmenden Wort „Galileo“ handelt es sich – wie schon bei der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke dargestellt – um eine schutzfähige, kennzeichnungskräftige Angabe, so dass dem Wort nicht aus normativen Gründen die Eignung zur Prägung abgesprochen werden kann.
Dagegen ist das in der jüngeren Marke enthaltenen Wort „Press“ ein schutzunfähiger Markenbestandteil. Das englische Wort „Press“ bedeutet „Presse/Pressewesen/Zeitungswesen“ bzw. „Verlag/Verlagshaus“ (vgl. Leo Online Wörterbuch Englisch-Deutsch unter www.leo.dict.org oder PONS Online-Wörterbuch Englisch-Deutsch unter www.pons.de); es geht nicht über den sachbezogenen Hinweis hinaus, dass es sich bei den angegriffenen Waren und Dienstleistungen um Presseerzeugnisse oder -dienstleistungen handelt bzw. das Angebot sich an Verlagshäuser als Zielgruppe richtet. Aufgrund seines beschreibenden Charakters tritt „Press“ im Gesamteindruck der angegriffenen Marke zurück. Der angesprochene Verkehr wird nur in „GALILEO“ den betrieblichen Herkunftshinweis sehen und im entscheidungserheblichen Umfang die angegriffene Marke auch nur so benennen. Eine gesamtbegriffliche Einheit, die einer Prägung entgegenstehen würde, liegt nicht vor. Es stehen sich daher klanglich identische Markenwörter gegenüber, so dass eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zu bejahen ist.
Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke konnte nach alledem keinen Erfolg haben und war daher zurückzuweisen.
B) Zu einer vom gesetzlichen Regelfall abweichenden Kostenentscheidung aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG besteht keine Veranlassung.