Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 21.02.2019


BPatG 21.02.2019 - 29 W (pat) 506/17

Markenbeschwerdeverfahren – "Bremer Osterwiese" – fehlende Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
21.02.2019
Aktenzeichen:
29 W (pat) 506/17
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2019:210219B29Wpat506.17.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2015 034 709.4

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 21. Februar 2019 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Mittenberger-Huber, die Richterin Akintche und die Richterin Seyfarth

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

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Die Bezeichnung

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Bremer Osterwiese

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ist am 16. April 2015 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für die Waren und Dienstleistungen der

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Klasse 25: Bekleidungsstücke für Damen; Bekleidungsstücke für Herren; Bekleidungsstücke für Kinder; Schuhwaren [ausgenommen orthopädische Schuhe]; Kopfbedeckungen; Stirnbänder [Bekleidung]; Schals; Mützen; Handschuhe [Bekleidung]; Sporttrikots; Fausthandschuhe; Ohrenschützer [Bekleidung]; Halstücher; Hosenträger;

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Klasse 28: Spielzeug; Spiele; Spielsachen; Turn- und Sportartikel sowie -ausrüstungen; elektrisches und elektronisches Spielzeug; Modelle und Fahrzeuge mit Funksteuerung, Batteriebetrieb und Funksteuerung sowie deren Zubehör; verkleinerte Fahrzeugmodelle; elektronische Hand- und Computerspiele; Action-Figuren und deren Zubehör; Marionetten; Puzzles; Spielzeug und Puzzlespiele für Erwachsene; Christbaumschmuck; Drachen und Drachenleinen; Plüschspielzeug; Puppen und Zubehör für Puppen; Ballons; Springseile; Bälle; technische Apparate für Vergnügungszwecke, Fahrgeschäfte, Karussells, Autoscooter, Fahrgeschäfte mit beweglichen Wänden und Bodenflächen, Laufgeschäfte, Belustigungsgeschäfte und Spielgeschäfte, alle vorgenannten Waren als stationäre Einrichtungen wie auch als transportable Vorrichtungen;

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Klasse 29: Blutwürste; Brotaufstrich [fetthaltig]; Erdnüsse [verarbeitet], Erdnüsse [kandiert]; Essiggurken [Cornichons]; Fruchtmark, Fruchtsalat; Gemüse, gekocht, getrocknet und konserviert; kandierte Früchte; Kartoffelpuffer; Obst [eingekocht und konserviert], Obstsalat; Pickles; Speck; Wurst [Bratwurst, Brühwurst];

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Klasse 30: Backwaren [fein]; Bonbons; Brioches [Gebäck]; Dessert-Muse [Süßwaren]; Eiscreme, insbesondere frisch hergestellte Eiscreme; frisch hergestellte Fruchteiscreme; Eiskonfekt; Fruchtsaucen; Milchkaffee; Milchkakao; Milchschokolade [Getränke]; Mandeln mit Schokoladenüberzug; Mandeln mit Zuckerbezug; Nüsse mit Schokoladenüberzug; Nüsse mit Zuckerüberzug; Petits Fours [Gebäck]; Pfannkuchen [Crepes]; Popcorn; Sorbets [Speiseeis]; Speiseeis; Torten; Waffeln; frisch gebackene Waffeln; Zuckerwaren; Konfekt;

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Klasse 32: Alkoholfreie Fruchtgetränke, alkoholfreie Getränke; Apfelsaft [Süßmost], Bier; Bier-Cocktails; Cocktails [alkoholfrei]; Fruchtsäfte; Gemüsesäfte [Getränke]; isotonische Getränke; kohlensäurehaltige Wässer; Limonaden; Malzbier; Tomatensaft [Getränke]; Traubenmost [unvergoren];

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Klasse 41: Kulturelle Veranstaltungen; Unterhaltung, insbesondere Dienstleistungen, deren Zweck die Zerstreuung, Belustigung oder Entspannung von Personen ist, insbesondere durch Dienstleistungen eines Schaustellers, durch Betreiben von technischen Apparaten für Vergnügungszwecke, Fahrgeschäften, Karussells, Autoscootern sowie durch das Betreiben von Lauf-, Belustigungs- und Spielgeschäften und durch Veranstaltung von Gewinnspielen, nämlich mittels Geld- und jeton-betätigten Glücksspielautomaten und Ausspielungen wie Lotterien;

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Klasse 43: Betrieb eines Cafés; Betrieb eines Eiscafes; Verpflegung von Gästen in Cafés und Cafeterien; Verpflegung von Gästen in Lokalen; alle vorgenannten Dienstleistungen auch in nicht stationären gastronomischen Einrichtungen;

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angemeldet worden.

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Mit Beschluss vom 6. April 2016 hat die Markenstelle für Klasse 28 des Deutschen Patent- und Markenamtes die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines bestehenden Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen.

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Zur Begründung hat die Markenstelle auf ihre Ausführungen in dem Beanstandungsbescheid vom 25. September 2015 Bezug genommen, zu dem der Anmelder keine Stellungnahme abgegeben hatte. In dem amtlichen Bescheid ist ausgeführt, der Begriff „Bremer Osterwiese“ sei die Bezeichnung für ein alljährlich stattfindendes Volksfest in Bremen. In Bezug auf die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen liege darin eine eindeutige, unmissverständliche, unmittelbar beschreibende Angabe, die lediglich darauf hinweise, dass diese Waren und Dienstleistungen auf dem in Bremen stattfindenden Osterwiesenfest angeboten, hergestellt, erbracht oder durchgeführt würden, mit dem Ziel, ein „schönes Bremer Volksfest“ zu haben, zu genießen oder zu gestalten. Es bestehe daher ein Freihaltebedürfnis im Verkehr. Zudem sei die Wortfolge nicht geeignet, als Herkunftshinweis für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu dienen.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er sinngemäß beantragt,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 28 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 6. April 2016 aufzuheben.

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Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, die Anmeldemarke „Bremer Osterwiese“ habe für keine der hier beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine unmittelbar beschreibende Bedeutung. Maßgebliche Verkehrskreise seien die von überall herkommenden potentiellen Besucher der Osterwiese in Bremen. Es sei schon zweifelhaft, ob der Durchschnittsverbraucher dieser Verkehrskreise in ganz Deutschland oder auch im Ausland ohne weiteres und ohne Unklarheiten wisse, dass unter dem Begriff „Osterwiese“ ein Volksfest zu verstehen sei, das zur Osterzeit in Bremen stattfinde, ob also der Begriff hinreichend geläufig sei. „Osterwiese“ sei ursprünglich nicht einmal für das genannte Bremer Volksfest beschreibend gewesen, da dieses damals nicht auf einer Wiese, sondern auf dem Hohentorsplatz in Bremen stattgefunden habe. Durch die Verwendung des Begriffes „Osterwiese“ für das zur Osterzeit in Bremen stattfindende Volksfest ergebe sich auch kein beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren und Dienstleistungen. Die beteiligten Verkehrskreise müssten den Begriff analysieren, um zu erkennen, dass „-wiese“ hier in einem übertragenen Sinne als Metapher verwendet würde. Auch dann wäre aber ein Sachbezug allenfalls für die Dienstleistungen der Klasse 41 erkennbar. Selbst wenn die angemeldeten Waren und Dienstleistungen ihrer Art nach im Zusammenhang mit (irgendwelchen) Volksfesten erhältlich seien, wozu keine Feststellungen getroffen worden seien, werde dadurch kein hinreichend beschreibender Bezug hergestellt. Ebenso wenig sei festgestellt worden, ob der Verkehr eine geografische Angabe der vorliegenden Art zu der Herkunft oder dem Ort des Konsums einzelner Waren und Dienstleistungen in Verbindung setze. Schließlich handele es sich auch nicht um eine gebräuchliche Wortfolge, die nur als solche verstanden werde. In Deutschland gebe es nur ein Volksfest, das „Osterwiese“ heiße, nämlich das in Bremen; es handele sich daher nicht um eine allgemeine Bezeichnung für eine bestimmte Art Volksfest, sondern um einen Eigennamen. Auch weil keine ostertypischen Waren und Dienstleistungen angeboten würden, liege der Sachverhalt anders als in der Entscheidung „Christkindlesmarkt“ des 26. Senats vom 5. Juli 2006. Auch als Werbeaussage sei „Bremer Osterwiese“ unterscheidungskräftig. Denn die Bezeichnung sei kurz, prägnant und originell. Durch die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Wiese“ löse „Bremer Osterwiese“ einen Denkprozess aus und sei interpretationsbedürftig. Dabei sei es möglich, in der Kennzeichnung einen Hinweis auf den Anbieter bzw. Erbringer der so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu sehen, weil dieser wie eine Wiese Produkte ausbreite. Da eine beschreibende Bedeutung für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen nicht festgestellt werden könne, bestehe auch kein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Der Beschwerdeführer behauptet im Übrigen, dass die völlig verschiedenen Waren und Dienstleistungen ohne weitere Begründung gleich behandelt worden seien. Dies stelle einen Verstoß gegen die Begründungspflicht dar.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die nach §§ 66, 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

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1. Dem angemeldeten Wortzeichen fehlt hinsichtlich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

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Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH MarkenR 2012, 304 Rn. 23 – Smart Technologies/HABM [WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH]; GRUR 2010, 228 Rn. 33 – Audi AG/ HABM [Vorsprung durch Technik]; GRUR 2008, 608 Rn. 66 f. – EUROHYPO; BGH GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI; GRUR 2015, 173 Rn. 15 – for you; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH a. a. O. – Audi AG/ HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – OUI; a. a. O. – for you). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – OUI; a. a. O. – for you). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 53 – Henkel; BGH a. a. O. Rn. 10 – OUI; a. a. O. Rn. 16 – for you; BGH GRUR 2001, 1151 – marktfrisch; MarkenR 2000, 420 – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943 Rn. 24 – SAT 2; BGH WRP 2014, 449 Rn. 11 – grill meister).

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Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rn. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2016, 934 Rn. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rn. 21 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 569 Rn. 26 – HOT; GRUR 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 11 – Link economy; GRUR 2010, 640 Rn. 13 – hey!; GRUR 2009, 952 Rn. 10 – DeutschlandCard). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2014, 1204 Rn. 16 – DüsseldorfCongress; a. a. O. Rn. 16 – Gute Laune Drops; a. a. O. Rn. 23 – TOOOR!).

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Ein in diesem Sinne enger beschreibender Bezug ist insbesondere zwischen Be-zeichnungen von Produktions-, Verkaufs- und Vertriebsstätten und den dort ver-triebenen Produkten gegeben. Derartige Bezeichnungen, die in erster Linie als Umschreibung eines Ortes verstanden werden, an dem üblicherweise die betroffenen Waren produziert und/oder vertrieben werden, sind nicht geeignet, den Bezug zu einem bestimmten Geschäftsbetrieb herzustellen und die Waren eines Unternehmens von denen anderer kennzeichenmäßig abzugrenzen. Dementsprechend werden sie vom Verkehr daher in der Regel nicht mit einem ganz bestimmten Unternehmen in Verbindung gebracht und sind grundsätzlich als Herkunftshinweis nicht geeignet (vgl. BPatG, Beschluss vom 16.06.2011, 25 W (pat) 69/10 – Tea Lounge; Beschluss vom 11.01.2018, 25 W (pat) 515/16 – Privatmarmeladerie).

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Gemessen an den vorgenannten Grundsätzen verfügt das angemeldete Zeichen in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft.

25

a) Von den beanspruchten Waren und Dienstleistungen werden neben den in der Schaustellerbranche tätigen Gewerbetreibenden überwiegend breite Bevölkerungskreise angesprochen.

26

b) Das angemeldete Zeichen setzt sich aus der geografischen Herkunftsangabe „Bremer“ und der Bezeichnung „Osterwiese“ zusammen.

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Die „Osterwiese“ ist ein jährlich an Ostern in Bremen stattfindendes Volksfest, das erstmals 1928 veranstaltet worden ist und seit 1946 regelmäßig auf der sogenannten Bremer Bürgerweide stattfindet (vgl. https://de. Wikipedia.org/wiki/Osterwiese/; https://www.osterwiese.com/die-osterwiese/). Mit einer Fläche von 50.000 qm und fast 200 Fahrgeschäften und Vergnügungsbuden (vgl.https://www.ostern-in-deutschland.de/osterwiese-in-bremen.html/; Wikipedia a. a. O.) gehört die Veranstaltung mit zu den größten deutschen Volksfesten. Auch wenn Volksfeste in der Regel einen regionalen Charakter haben – dies gilt selbst für die großen Volksfeste wie das Münchner Oktoberfest oder den Stuttgarter/Cannstatter Wasen – kennt man sie sehr häufig über die Region hinaus. Wie sich den bereits mit gerichtlichem Hinweis vom 6. Dezember 2018 übersandten Recherchebelegen entnehmen lässt, ist auch die „Bremer Osterwiese“ nicht nur dem regionalen Publikum, sondern über die Region hinaus den allgemeinen inländischen Verkehrskreisen bekannt (vgl. „Osterwiese in Bremen vom 11. bis 27. April 2014“, www.feste-und-maerkte.de/; „Osterwiese in Bremen 2019“, www.volksfeste-in-deutschland.de/; „Startschuss für die Osterwiese“, www.bild.de/regional/bremen/volksfeste/osterwiese). Ob sich die Bekanntheit auch auf das Ausland erstreckt, ist für das hiesige Anmeldeverfahren irrelevant. Die Berichte über regionale Feste und Märkte dienen schließlich sowohl der Information des heimischen Publikums, als auch der Werbung für die Stadt und die Region. Damit werden z. B. Touristen angesprochen, um sie zu einem Besuch des Volksfestes und damit auch der Stadt zu animieren. Was den Verkehrskreis der Schausteller anbelangt, so sind bei derartigen Volksfesten in der Regel Schausteller aus ganz Deutschland vertreten, die von einer Veranstaltung zur nächsten reisen.

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Die angesprochenen Verkehrskreise werden die Kombination von „Osterwiese“ mit der sprachüblich vorangestellten geografischen Angabe „Bremer“ somit als ein an Ostern in Bremen stattfindendes Volksfest auffassen.

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Ein entsprechendes Verständnis liegt auch deshalb nahe, weil der Verkehr daran gewöhnt ist, dass „Wiese, Wiesn oder Wasen“ sozusagen als Synonym für Volksfeste verwendet wird (vgl. „Osterwiese in Bad Münster“ = nostalgisches Osterfest in Bad Münster am Stein – Ebernburg, „Eisleber Wiese“ = größtes Kirmes-Volksfest in Mitteldeutschland in der Lutherstadt Eisleben, Volksfest „Landsberger Wiesn“ = Frühlingsfest in Landsberg/Lech, „die Wiesn“ = Oktoberfest in München; „der Cannstatter Wasen“ = Volksfest in Bad Cannstatt/Stuttgart; „Schanzer Wiesn“ = Herbstvolksfest in Ingolstadt).

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In Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen erschöpft sich das Anmeldezeichen in einem Hinweis auf das genannte Volksfest. Entgegen der Auffassung des Anmelders kommt es nicht darauf an, ob man aus dem angemeldeten Zeichen bereits erkennen kann, welche Waren und Dienstleistungen angeboten werden sollen. Entscheidend ist vielmehr, wie der Verkehr das Zeichen sieht, wenn es ihm in Zusammenhang mit den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen begegnet. Soweit der Beschwerdeführer eine unmittelbare Beschreibung der Waren und Dienstleistungen anzweifelt, kann dies dahingestellt bleiben, da jedenfalls ein enger beschreibender Bezug festzustellen ist.

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Dem Serviceportal der Hansestadt Bremen ist zu entnehmen, welche Branchen auf der Osterwiese vertreten sind (vgl. www.wirtschaft.bremen.de/gewerbe). Ausdrücklich aufgelistet sind folgende Branchen:

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- Achterbahnen

33

- Auslieferungslager, Schildermaler u. ä., Schaustellerzulieferbetriebe

34

- Automaten- und Greiferspielgeschäfte

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- Autoscooter, Go-Kartbahnen

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- Belustigungs- und Schaugeschäfte

37

- Geschäfte zum Verkauf von Waren zum sofortigen oder alsbaldigen Verzehr (z. B. Imbisse aller Art, Eis, Fisch, Schmalzkuchen)

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- Karusselle, Geisterbahnen

39

- Kinderkarusselle, Bodenkarusselle, Kinderscooter, Kinderreitbahnen, Schiffschaukeln, Loopingschaukeln, Schnauferl, Kinderschiffschaukeln

40

- Riesenräder bis 250 qm Gesamtfläche

41

- Riesenräder über 250 qm Gesamtfläche

42

- Schienenbahnen

43

- Schießgeschäfte

44

- Spielgeschäfte (Automatenspiele, allgemeine Spielgeschäfte)

45

- sonstige Schankbetriebe mit überwiegend Sitzgelegenheiten oder Stehschankbetriebe

46

- Spielwaren, Töpfer- und Haushaltswarenverkauf

47

- Verkaufsgeschäfte (inkl. Schaustellerbedarfe)

48

-Verlosungen

49

- Zeltgaststätten über 650 qm

50

Davon ausgehend können alle beanspruchten Waren auf der „Bremer Osterwiese“ angeboten werden.

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Dies gilt zunächst für sämtliche in Klasse 28 angemeldeten Waren, wie die für Volksfeste und Jahrmärkte charakteristischen Fahr- oder Belustigungsgeschäfte sowie für Spiele und Spielzeuge, die typischerweise auch auf Volksfesten und Jahrmärkten in den dort aufgestellten Buden und Ständen erhältlich sind.

52

Darüber hinaus findet man ein vielfältiges kulinarisches Angebot von herzhaften Speisen und Süßwaren und den dazugehörigen Getränken (Klassen 29, 30, 32) „zum sofortigen oder alsbaldigen Verzehr“ (s. o.), die üblicherweise auf Volksfesten angeboten werden. Auf dem Getränkesektor entspricht es den Gepflogenheiten, mit Hilfe der auf den Getränken angebrachten Etikettierung auf besondere Veranstaltungen hinzuweisen (BPatG Beschluss vom 12.10.2010, 27 W (pat) 60/10 – Esslinger Zwiebelfest; Beschluss vom 24.03.2010, 26 W (pat) 82/09 – Hamburger Oktoberfest). Ob diese Waren darüber hinaus auch außerhalb eines Volksfestes angeboten werden, ist entgegen der Auffassung des Anmelders unerheblich.

53

Auch die in Klasse 25 beanspruchten Bekleidungsstücke können Teil des Warenangebots eines Volksfestes sein. Üblicherweise gibt es zwischenzeitlich viele Verkaufsstände, an denen saisonal passende Bekleidungsstücke, wie Handschuhe, Mützen, Schals etc. z. B. auf Weihnachtsmärkten, Tücher, Kappen, Jacken im Frühjahr/Herbst oder T-Shirts im Sommer verkauft werden. Darüber hinaus ist es weit verbreitet, auf Volksfesten traditionelle Kleidung zu tragen. Das betrifft einmal traditionelle (Volks-)Trachten, die die Zugehörigkeit des Trägers zu einer bestimmten (Dorf-)Gemeinschaft zeigen, deren Verbreitung regional begrenzt ist, wie z. B. Trachtenjanker und -westen, Trachtenblusen, -mieder und bänder aus bestimmten Regionen oder historische Gewänder z. B. bei Mittelalterfesten. Aber auch weniger traditionelle Kleidung wird häufig speziell für das Tragen auf Volksfesten angeboten (vgl. Damen Trachten T-Shirt: Hirsch Motiv für „Oktoberfest Volksfest Freizeit“; www.amazon.de). Die Kennzeichnung von Bekleidung mit dem Namen eines Volksfestes kann jedoch auch einfach nur darauf hinweisen, dass die Kleidungsstücke besonders geeignet sind, (unter anderem auch) auf einem Volksfest getragen zu werden (vgl. https://www.unterwegs-bremen.de/tag/volksfest/: „Hier findet Ihr bestimmt die passende Kleidung für einen schönen Tag auf der Osterwiese“). Darüber hinaus sind z. B. T-Shirts oder Kopfbedeckungen, wie etwa Mützen mit Geweih oder Hut mit Bierkrug, gebräuchliche Souvenirartikel, bei denen der Verkehr den Namen des Volksfestes nur auf dieses konkrete Fest bezieht, nicht jedoch als Herkunftshinweis betrachtet (vgl. BGH GRUR 2012, 1044 Rn. 13 – Neuschwanstein).

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Der beschreibende Charakter eines Veranstaltungsnamens betrifft vorliegend auch die das Fest ermöglichenden Dienstleistungen der Klasse 41 und 43 (vgl. BPatG a. a. O. – Esslinger Zwiebelfest). Die in diesen Klassen von der Anmeldung erfassten Dienstleistungen werden typischerweise zum Zweck der Veranstaltung eines Volksfestes bzw. anlässlich des Festes erbracht und dienen der Organisation und Durchführung der so bezeichneten Veranstaltung (vgl. auch BPatG, Beschluss vom 08.04.2014, 27 W (pat) 502/14 – Stettener Spektaculum; Beschluss vom 18.10.2000, 32 W (pat) 3/00 – Salzsiederfest). Zunehmend wenden sich Veranstalter größerer Volksfeste mit einem Komplettangebot an Interessenten, zu dem auch Essens- und Getränkegutscheine für die entsprechende Verpflegung in (Bier-)Zelten, Buden oder Cafés gehören.

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Die angesprochenen Verkehrskreise werden in „Bremer Osterwiese“ daher lediglich den Namen des Volksfestes sehen und davon ausgehen, dass die entsprechend gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen im Rahmen dieses speziellen Volksfestes angeboten und erbracht werden oder damit in Verbindung stehen. Sie werden die Bezeichnung dagegen nicht als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen betrachten.

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2. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt, kann dahinstehen, ob die angemeldete Bezeichnung darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG für die fraglichen Waren und Dienstleistungen freihaltungsbedürftig ist.

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3. Der Senat teilt nicht ohne weiteres die Auffassung des Beschwerdeführers, die Markenstelle habe gegen die Begründungspflicht verstoßen, weil der Amtsbescheid vom 25. September 2015, auf den der Beschluss der Markenstelle vom 6. April 2016 Bezug nimmt, im Hinblick auf die betroffenen Waren und Dienstleistungen nur eine globale Begründung enthalte. Letztlich kann dies jedoch vorliegend dahingestellt bleiben, da der Senat in seiner Entscheidung alle Einwände des Beschwerdeführers berücksichtigt hat und im Übrigen auch bei Vorliegen eines Verfahrensmangels gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG nicht gehindert ist, in der Sache selbst zu entscheiden (vgl. Knoll in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 70 Rn. 8; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht Kommentar, 3. Aufl., § 70 MarkenG Rn. 16).

58

4. Der Beschwerdeführer beruft sich schließlich ohne Erfolg auf die Eintragungen der – vermeintlich vergleichbaren – Marken „Osterwiese“, die für den Anmelder und einen Dritten beim DPMA eingetragen worden sind. Zum einen können aus nicht begründeten Eintragungen anderer Marken keine weitergehenden Informationen im Hinblick auf die Beurteilung der konkreten Anmeldung entnommen werden. Vorliegend kommt hinzu, dass die Hinzufügung einer geografischen Herkunftsangabe das Zeichen verändert und auf eine konkrete Produktions-, Verkaufs- und Vertriebsstätte hinweist. Zum anderen sind Voreintragungen ohnehin nicht bindend. Denn auch unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz darf nicht von einer den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Entscheidung abgesehen werden (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 Rn. 18 – Bild-digital und ZVS Zeitungsvertrieb Stuttgart; BGH GRUR 2014, 569 Rn. 30 – HOT; GRUR 2012, 276 Rn. 18 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e. V. m. w. N.). Diese nach den rechtlichen Vorgaben vorgenommene Prüfung hat im vorliegenden Fall aber ergeben, dass das Zeichen im verfahrensgegenständlichen Umfang nicht unterscheidungskräftig ist.