Entscheidungsdatum: 25.06.2010
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2008 039 572.9
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 25. Juni 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, des Richters Dr. Kortbein und der Richterin Kortge beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 1. Dezember 2009 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung bezüglich der Dienstleistungen der
Klasse 35: Dienstleistungen einer Werbeagentur für Dritte; Marketing; Merchandising (Verkaufsförderung); Werbung; Dienstleistungen eines E-Commerce-Abwicklers, nämlich Warenpräsentation, Bestellannahme, Lieferabwicklung sowie Rechnungsabwicklung für elektronische Bestellsysteme in Bezug auf folgende Waren:
Kosmetikwaren und Haushaltswaren, Brennstoffe und Treibstoffe, Waren des Gesundheitssektors, Maschinen, Werkzeuge und Metallwaren, Gartenartikel, Elektrowaren und Elektronikwaren, Tonträger und Datenträger, sanitäre Anlagen, Fahrzeuge und Fahrzeugzubehör, Feuerwerkskörper, Uhren und Schmuckwaren, Musikinstrumente, Schreibwaren, Einrichtungswaren, Zelte, Planen, Bekleidungsartikel, Schuhe und Textilwaren, Spielwaren, Sportwaren, Lebensmittel und Getränke, landwirtschaftliche Erzeugnisse, gartenwirtschaftliche Erzeugnisse und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, Tabakwaren und sonstige Genussmittel.
zurückgewiesen worden ist.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I.
Das Wort-/Bildzeichen (rot, grau)
ist am 18. Juni 2008 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Dienstleistungen angemeldet worden:
Klasse 16: Druckereierzeugnisse; Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit nicht in anderen Klassen enthalten; Aufkleber, soweit in Klasse 16 enthalten;
Klasse 27: Tapeten, nicht aus textilem Material; Wandtattoos ;
Klasse 35: Dienstleistungen einer Werbeagentur; Dienstleistungen eines E-Commerce-Abwicklers, nämlich Warenpräsentation, Bestellannahme, Lieferabwicklung sowie Rechnungsabwicklung für elektronische Bestellsysteme; Marketing; Merchandising (Verkaufsförderung); Werbung.
Mit Beschluss vom 1. Dezember 2009 hat die Markenstelle für Klasse 16 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass sich dieses Wortzeichen aus den leicht verständlichen und allgemein geläufigen Begriffen "klebe", " welten " und ".de" zusammensetze und von den deutschen Verkehrskreisen als beschreibender Sachhinweis auf eine Angebots-, Vertriebs- und Erbringungsstätte mit einer großen Auswahl und Vielfalt von auch über das Internet angebotenen Waren und Dienstleistungen rund ums (Be-/Auf-)Kleben verstanden werde. Dem Bestandteil ".de" komme als allgemein bekannter Top-Level-Domain in Form der Länderkennung für Deutschland keine unternehmenskennzeichnende Bedeutung zu. Die beanspruchten Druckereierzeugnisse könnten sich - auch abrufbar im Internet - inhaltlich mit Klebematerialien und -verfahren oder mit Internetangeboten zum Thema Kleben befassen. Bei den weiteren Waren der Klassen 16 und 27 werde der Verkehr nur erkennen, dass diese zum (Auf-/Be-)Kleben bestimmt oder geeignet seien. Die Werbe- und Marketingdienstleistungen könnten in Bezug auf eine Vielfalt von Klebematerialien und -vorgängen erbracht werden. Weder der Umstand, dass die Bezeichnung (möglicherweise) neuartig gebildet oder lexikalisch nicht nachweisbar sei, noch die Kleinschreibung oder die Verwendung der Rot- und Graufärbung der Buchstaben, könnten die Schutzfähigkeit begründen. Zum einen werde die Wortzusammensetzung als verständliche Sachaussage erkannt, zum anderen sei die vorliegende grafische Gestaltung des Schriftzuges werbeüblich.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Nachdem sie vom Senat auf die fehlende Erfolgsaussicht ihrer Beschwerde hinsichtlich der beanspruchten Waren in den Klassen 16 und 27 sowie auf die Ergänzungsbedürftigkeit der angemeldeten Dienstleistungen einer Werbeagentur um den Zusatz "für Dritte" und der angemeldeten E-Commerce-Einzelhandelsdienstleistungen um Warenoberbegriffe hingewiesen worden ist, hat sie ihr Waren- und Dienstleistungsverzeichnis insofern ergänzt, als sie klargestellt hat, dass es sich bei den Dienstleistungen einer Werbeagentur um solche für Dritte handele, und als sie angegeben hat, dass sich die beanspruchten Einzelhandelsdienstleistungen auf folgende Waren bezögen:
Chemische Erzeugnisse, Anstrichmittel, Drogeriewaren, Kosmetikwaren und Haushaltswaren, Brennstoffe und Treibstoffe, Waren des Gesundheitssektors, Maschinen, Werkzeuge und Metallwaren, Bauartikel, Heimwerkerartikel und Gartenartikel, Hobbybedarf und Bastelbedarf, Elektrowaren und Elektronikwaren, Tonträger und Datenträger, sanitäre Anlagen, Fahrzeuge und Fahrzeugzubehör, Feuerwerkskörper, Uhren und Schmuckwaren, Musikinstrumente, Druckereierzeugnisse, Papierwaren und Schreibwaren, Büroartikel, Täschnerwaren und Sattlerwaren, Einrichtungswaren und Dekorationswaren, Zelte, Planen, Bekleidungsartikel, Schuhe und Textilwaren, Spielwaren, Sportwaren, Lebensmittel und Getränke, landwirtschaftliche Erzeugnisse, gartenwirtschaftliche Erzeugnisse und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, Tabakwaren und sonstige Genussmittel.
Sie hat zwar keinen konkreten Sachantrag gestellt, ihr Vorbringen ist jedoch dahingehend auszulegen, dass sie auf der Grundlage des abgeänderten Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses sinngemäß beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 1. Dezember2009 aufzuheben.
Zur Begründung trägt sie vor, die Bezeichnung " klebewelten " sei kein gebräuchliches Wort der Alltagssprache. Es sei weder lexikalisch nachweisbar, noch werde es von Dritten verwendet. Der Bedeutungsinhalt sei unscharf und interpretationsbedürftig, zumal der Begriff sich auch auf Welten beziehen könne, die mit Hilfe der in Anspruch genommenen Waren erst geschaffen würden. Ohne Hinzufügung weiterer Angaben sei ihr ein eindeutig beschreibender Inhalt nicht zu entnehmen. Ferner beruft sie sich unter Hinweis auf vergleichbare Voreintragungen, wie z. B. die am 6. Mai 2008 u. a. für die Klassen 16 (Etiketten) und 35 (Einzelhandelsdienstleistungen mit Geschenkartikeln über das Internet oder mittels Katalog) eingetragene Wortmarke "Geschenkwelten" (307728536), auf einen angeblichen Gleichbehandlungsanspruch. Sämtliche von ihr angegebenen Waren eigneten sich auch als Geschenke.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die nach § 64 Abs. 6 MarkenG statthafte Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, hat im tenorierten Umfang Erfolg und ist im Übrigen unbegründet.
1. Der Eintragung des vorliegenden Wort-/Bildzeichens als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG steht in Bezug auf die angemeldeten Dienstleistungen der Klasse 35 im tenorierten Umfang kein absolutes Schutzhindernis, insbesondere auch nicht das der fehlenden Unterscheidungskraft oder des Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG, entgegen.
a) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (BGH GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006; 2008, 1093, 1094 Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; 229, 230 Rdnr. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, 611 Rdnr. 66 - EUROHYPO; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2008, 710 Rdnr. 12 - VISAGE ; GRUR 2009, 949 Rdnr. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; a. a. O. - Marlene-Dietrich-Bildnis; GRUR 2009, 411 Rdnr. 8 - STREETBALL ; 778, 779 Rdnr. 11 - Willkommen im Leben; 949 f. Rdnr. 10 - My World). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 - SAT 2; GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION ; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK ; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - DeutschlandCard ) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten – Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH a. a. O. 855 Rdnr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006). Dabei gilt, dass je bekannter der beschreibende Begriffsgehalt für die Waren oder Dienstleistung ist, desto eher wird er auch nur als solcher erfasst, wenn er im Zusammenhang mit der Kennzeichnung der Ware oder Dienstleistung in Erscheinung tritt (BPatG GRUR 2007, 58, 60 – Buch-Partner).
b) Das angemeldete Wort-/Bildzeichen weist für die in Klasse 35 beanspruchten Dienstleistungen im tenorierten Umfang weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt auf, noch handelt es sich um eine Angabe, durch die ein enger beschreibender Bezug zu ihnen hergestellt werden kann.
aa) Die angemeldete Marke setzt sich aus "Klebe", einer konjugierten Form des Verbs "Kleben" (1. Person Präsens oder Imperativ Singular), " welten ", dem Plural des Substantivs "Welt", und dem Bestandteil ".de" zusammen.
aaa) Der Begriff "Kleben" bedeutet durch die Wirkung eines Klebstoffes oder aufgrund eigener Klebkraft fest an etwas hängen bzw. an oder auf etwas haften, oder etwas so an, in, auf etc. anbringen, befestigen, dass es daran, darin, darauf etc. klebt oder etwas mit Klebstoff zusammenfügen (Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]).
bbb) Der Begriff "Welt", der vom Anmeldezeichen im Plural verwendet wird, stellt eine im Markt bereits etablierte Bezeichnung einer Vertriebsstätte mit einem vielfältigen Warensortiment dar, wie z. B. "Bürowelt, Möbelwelt, Tabakwelt (BPatG 24 W (pat) 256/03 – tabakwelt ), Teewelt (BPatG 32 W (pat) 21/07 - Die ganze Welt des Tees; BPatG 32 W (pat) 120/04 - The world of tea; 29 W (pat) 117/10 - WORLD OF SWEETS ), Sportwelten, Spiele-Welten, Küchenwelten" (Anlagen A 1 bis A 3 zum Beschluss des DPMA vom 1. Dezember 2009) oder bezeichnet eine Dienstleistungseinrichtung, wie z. B. "Reisewelt, Badewelt, Fertighauswelt, World of Events" (BPatG 32 W (pat) 224/99 – World of Events) oder ein Informationsangebot in so genannten Portalen, Gates etc. im Internet, wie " fitnessworld ". Mit ihnen ist nichts anderes gemeint, als dass jeweils eine unter einem solchen Begriff zusammengefasste Fülle von Angeboten an Waren und Dienstleistungen für das Publikum auf Abruf bereit steht. Dabei kann es sich um ein klassisches Ladengeschäft oder ein Dienstleistungsinstitut im herkömmlichen Sinne handeln. Es kann damit aber auch ein Internetportal oder ein Online-Dienst sowie eine website oder homepage bezeichnet sein. Auch sie treten neben Phantasiebezeichnungen mit sachbezogenen Namen auf. Solche Info-Portale sind im Zuge der zunehmenden wirtschaftlichen Bedeutung der Inanspruchnahme von Online-Diensten durch die Verbraucher den herkömmlichen Warenvertriebs- und Dienstleistungsstätten gleichzustellen. Das allgemein aufgeklärte und verständige Publikum im Sinne des europäischen Verbraucherleitbildes weiß um diese Bezeichnungsgewohnheiten aufgrund der Häufigkeit dieser Wahrnehmung im Marktauftritt (vgl. BPatG GRUR 2003, 1051, 1052 - rheuma-world).
ccc) Die zusätzliche Anfügung eines Punktes und der Buchstabenkombination "de" ist in der konkret angemeldeten Form typisch für die Bildung von Internetadressen und zeigt dem verständigen Durchschnittsverbraucher nur, dass es sich um einen Domain-Namen handelt. Denn die gängigen Top-Level-Domains weisen alle entweder ein geographisches (.de, .at, .it etc.) oder ein organisatorisches Zuordnungskriterium auf (.com, .org; vgl. BPatG 24 W (pat) 167/03 - handy.com). In ständiger Rechtsprechung geht das Bundespatentgericht deshalb davon aus, dass "de" nur als Kürzel für den Teil einer Internetadresse steht und die aus der Einmaligkeit der Registrierung resultierende technische Adressfunktion eines Domain-Namens keinen Aufschluss über dessen Eintragungsfähigkeit gibt (BPatG 26 W (pat) 48/09 - beauty24.de; 29 W (pat) 124/02 - caqm4.de jeweils m. w. N.), so dass dieser Buchstabenfolge keine Bedeutung beigemessen werden kann und es für die Unterscheidungskraft lediglich auf den Bedeutungsgehalt der Second-Level-Domain " klebewelten " ankommt.
ddd) Im Falle einer derartigen Wortverbindung, dass ein Element des Zeichens den inhaltlichen Sachzusammenhang in gattungsmäßiger Weise bezeichnet und das andere Element "world" oder "Welt" auf eine große Diversifikation hinweist, so dass sich mit seiner Inanspruchnahme das Publikum erschöpfend bedient, versorgt und/oder informiert fühlen kann, handelt es sich um die Bezeichnung eines "Geschäftslokals" oder "Etablissements", die als besondere Geschäftsbezeichnung grundsätzlich unter den Schutz des § 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG fällt, der sich darin aber auch erschöpft, es sei denn, es kommen weitere Elemente hinzu, damit das Publikum in dem Zeichen seinem Gesamteindruck nach einen auf die Waren oder Dienstleistungen bezogenen Herkunftshinweis sieht, so dass der weitergehende Schutz nach § 8 Abs. 2 MarkenG gerechtfertigt ist (vgl. BPatG GRUR 2003, 1051, 1052 - rheuma-world).
Das Zeichen " klebewelten .de" weist in seiner Gesamtbedeutung daher auf eine Einkaufsstätte im Internet hin, in der eine besonders große Vielfalt von Waren und Dienstleistungen rund um das "Kleben" angeboten und verkauft werden.
bb) Bei den in Klasse 35 angemeldeten Werbedienstleistungen "Dienstleistungen einer Werbeagentur für Dritte; Marketing; Merchandising (Verkaufsförderung); Werbung" ist im Marktauftritt entscheidend, in welchem Medium die Werbung platziert oder in welcher Branche sie eingesetzt wird (vgl. BGH GRUR a. a. O. 951 Rdnr. 24 – My World). Die Kennzeichnungsgewohnheiten lassen darauf schließen, dass mit Hilfe eines Zeichens nicht auf das Thema der Werbung hingewiesen wird, da eine solche Festlegung auf einen bestimmten Inhalt eine nicht gewollte Beschränkung bedeuten würde. Da Werbedienstleistungen nicht durch das beworbene Produkt - hier Klebematerialien im weitesten Sinne - charakterisiert werden, kommt dem Anmeldezeichen " klebewelten .de" in Bezug auf Werbung im Verkehr nicht die Bedeutung einer thematischen Sachangabe, sondern eines betrieblichen Herkunftshinweises zu.
cc) Nachdem die Beschwerdeführerin durch Angabe der Warenoberbegriffe ihre "Dienstleistungen eines E-Commerce-Abwicklers, nämlich Warenpräsentation, Bestellannahme, Lieferabwicklung sowie Rechnungsabwicklung für elektronische Bestellsysteme" näher konkretisiert hat, weisen die im Tenor aufgeführten Waren "Kosmetikwaren und Haushaltswaren, Brennstoffe und Treibstoffe, Waren des Gesundheitssektors, Maschinen, Werkzeuge und Metallwaren, Gartenartikel, Elektrowaren und Elektronikwaren, Tonträger und Datenträger, sanitäre Anlagen, Fahrzeuge und Fahrzeugzubehör, Feuerwerkskörper, Uhren und Schmuckwaren, Musikinstrumente, Schreibwaren, Einrichtungswaren, Zelte, Planen, Bekleidungsartikel, Schuhe und Textilwaren, Spielwaren, Sportwaren, Lebensmittel und Getränke, landwirtschaftliche Erzeugnisse, gartenwirtschaftliche Erzeugnisse und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, Tabakwaren und sonstige Genussmittel" keinerlei Verbindung zu einer Vertriebsstätte für Materialien rund ums Kleben auf. Die angemeldete Bezeichnung kann in Bezug auf die vorgenannten, beanspruchten Dienstleistungen also keine verständliche Sachaussage vermitteln, so dass ihr nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden kann.
c) Wegen der fehlenden Eignung zur Beschreibung der vorgenannten Dienstleistungen kann bei dem Anmeldezeichen auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht bejaht werden.
2. Für sämtliche beanspruchten Waren der Klassen 16 und 27 sowie für die "Dienstleistungen eines E-Commerce-Abwicklers, nämlich Warenpräsentation, Bestellannahme, Lieferabwicklung sowie Rechnungsabwicklung für elektronische Bestellsysteme" in Bezug auf die Waren "Chemische Erzeugnisse, Anstrichmittel, Drogeriewaren, Bauartikel, Heimwerkerartikel, Hobbybedarf und Bastelbedarf, Druckereierzeugnisse, Papierwaren, Büroartikel, Täschnerwaren und Sattlerwaren, Dekorationswaren" fehlt der angemeldeten Bezeichnung " klebewelten .de" allerdings die erforderliche geringe Unterscheidungskraft, weil sie nur einen im Vordergrund stehenden, die vorgenannten Waren und Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt hat.
a) Die in Klasse 16 beanspruchten Waren "Druckereierzeugnisse" können sich - auch abrufbar im Internet - inhaltlich mit Klebematerialien, Klebeverfahren, Klebetechniken oder mit Internetangeboten zum Thema "Kleben" befassen, so dass der Großteil der Abnehmer der beanspruchten Waren und Dienstleistungen - dies sind hier alle inländischen Verbraucher - die angemeldete Bezeichnung nur als bloße Sachaussage über deren Gegenstand und Inhalt versteht.
b) Auch für die übrigen Waren der Klasse 16 "Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit nicht in anderen Klassen enthalten; Aufkleber, soweit in Klasse 16 enthalten" und für die in Klasse 27 angemeldeten Waren "Tapeten, nicht aus textilem Material; Wandtattoos " steht der beschreibende Gehalt im Vordergrund. Denn sie sind alle zum (Ver-/Auf-/Be-/Zusammen-)Kleben bestimmt oder geeignet.
c) Die schutzsuchende Marke erschöpft sich in Bezug auf die Waren "Chemische Erzeugnisse, Anstrichmittel, Drogeriewaren, Bauartikel, Heimwerkerartikel, Hobbybedarf und Bastelbedarf, Druckereierzeugnisse, Papierwaren, Büroartikel, Täschnerwaren und Sattlerwaren, Dekorationswaren", welche den angemeldeten "Dienstleistungen eines E-Commerce-Abwicklers, nämlich Warenpräsentation, Bestellannahme, Lieferabwicklung sowie Rechnungsabwicklung für elektronische Bestellsysteme" zugrunde liegen, ebenfalls in einer Sachaussage über den Gegenstand und die Vielfalt des Angebots. Denn von diesen Warenoberbegriffen werden auch Produkte zum (Ver-/Auf-/Be-/Zusammen-)Kleben, Klebehilfsmittel, Klebstoffe etc. erfasst. Dieser für die Waren beschreibende Begriffsinhalt erstreckt sich hier auch auf die angemeldeten E-Commerce-Einzelhandelsdienstleistungen. Denn die Tätigkeit des Einzelhandels im E-Commerce setzt zu veräußernde Gegenstände voraus. Wegen dieses engen funktionalen und damit beschreibenden Zusammenhangs (BPatG 29 W (pat) 43/04 – juris Tz. 14 – print24) zwischen den angemeldeten Vertriebsdienstleistungen und den zu vertreibenden Waren wird der Verkehr die Bezeichnung " klebewelten .de" als reinen Sachhinweis auf den Handel mit Produkten rund ums Kleben und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen. Damit fehlt der angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Eignung, die in Bezug auf die vorgenannten Waren beanspruchten Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (EuGH GRUR 2010, 534 - Pranahaus ).
3. Der Umstand, dass das Anmeldezeichen " klebewelten .de" lexikalisch nicht nachweisbar ist, ändert nichts an seiner Schutzunfähigkeit für die unter Ziffer 2. aufgeführten Waren und Dienstleistungen.
Denn auch wenn ein Wortzeichen bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, reicht es aus, dass es in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2003, 58, 59 Rdnr. 21 - Companyline; GRUR 2004, 146, 147 f. Rdnr. 32 - DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 97 - Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 Rdnr. 38 - BIOMILD); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind, sofern das Gesamtzeichen nicht infolge einer ungewöhnlichen Veränderung – etwa syntaktischer oder semantischer Art – hinreichend weit von der bloßen Zusammenfügung seiner schutzunfähigen Bestandteile abweicht (EuGH a. a. O. Rdnr. 98 – Postkantoor; a. a. O. Rdnr. 39 f. – BIOMILD; a. a. O. Rdnr. 28 – SAT.2; a. a. O. 230 Rdnr. 29 - BioID; MarkenR 2007, 204, 209 Rdnr. 77 f. - CELLTECH).
Die Bezeichnung " klebewelten .de" ist zwar eine sprachliche Neuschöpfung, aber der Verkehr ist daran gewöhnt, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen lediglich in einprägsamer Form übermittelt werden sollen. Der Durchschnittsverbraucher wird auch bisher noch nicht verwendete, ihm aber gleichwohl verständliche Sachaussagen als solche und nicht als betriebliche Herkunftshinweise auffassen (BPatG 26 W (pat) 90/09 – brand broadcasting m. w. N.). So liegt der Fall auch bei der hier angemeldeten, nicht besonders ungewöhnlich gebildeten Wortkombination (EuGH ebd. - Pramahaus ).
4. Auch die grafische Gesamtgestaltung des Anmeldezeichens ist nicht geeignet, dessen Eintragung in Bezug auf die unter Ziffer 2. aufgeführten Waren und Dienstleistungen zu rechtfertigen.
Zwar ist von dem Grundsatz auszugehen, dass einer Wortelemente enthaltenden Bildmarke – unbeschadet der fehlenden Unterscheidungskraft dieser Wortelemente – als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden kann, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht (BGH GRUR 1991, 136, 137 - NEW MAN; GRUR 2001, 1153 - anti Kalk; EuGH GRUR 2006, 229, 233 Rdnr. 73, 74 - BioID). Aber dabei vermögen einfache grafische Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbilds, an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, eine fehlende Unterscheidungskraft der Wörter ebenso wenig aufzuwiegen, wie derartige einfache grafische Gestaltungselemente auch für sich wegen fehlender Unterscheidungskraft nicht als Marke eingetragen werden können. Es bedarf vielmehr eines auffallenden Hervortretens der graphischen Elemente, um sich dem Verkehr als Herkunftshinweis einzuprägen (BGH a. a. O. 1153, 1154 – anti Kalk; GRUR 2008, 710, 711 Rdnr. 20 - VISAGE ). Daran fehlt es hier.
Bei der Kleinschreibung am Anfang, der roten Farbe des zusammengesetzten Wortes " klebewelten " und dem in grauer Farbe davon abgesetzten Element ".de" handelt es sich um einfache, werbeübliche Schriftzuggestaltungen und nicht um über das normale Maß hinausgehende eigentümliche oder einprägsame Stilmittel, so dass sie nicht geeignet sind, der angemeldeten Bezeichnung trotz des waren- und dienstleistungsbeschreibenden Charakters der Wortelemente Unterscheidungskraft zu verleihen.
5. Da es bereits an jeglicher Unterscheidungskraft mangelt, kann dahingestellt bleiben, ob der angemeldeten Bezeichnung auch ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an seiner freien Verwendbarkeit entgegen steht (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).
6. Die Voreintragung der Wortmarke 307728536 "Geschenkwelten" am 6. Mai 2008 würde selbst bei Annahme einer Vergleichbarkeit nichts an der teilweise fehlenden Schutzfähigkeit des vorliegend zu beurteilenden Anmeldezeichens ändern.
Zwar kann eine uneinheitliche Entscheidungspraxis des DPMA, die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG darstellen. Dies setzt aber voraus, dass sich die bisherige Amtspraxis als willkürlich herausstellt und nicht erkennen lässt, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche rechtswidrig waren (BPatG 29 W (pat) 43/04 – juris Tz. 15 - print 24). Allein aus einer oder wenigen vorangegangenen Entscheidungen lässt sich jedoch noch nicht der Vorwurf einer willkürlichen Ungleichbehandlung ableiten, zumal es sich um rechtswidrig vorgenommene Eintragungen oder Eintragungen vor Eintritt einer Richtlinien- oder Rechtsprechungsänderung handeln kann. Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (EuGH GRUR 2009,667, 668 Rdnr. 18 – Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und SCHWABENPOST ). Für die erforderliche Bereinigung des Markenregisters sieht das Gesetz das Löschungsverfahren vor, das von jedermann eingeleitet werden kann.