Entscheidungsdatum: 20.03.2019
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2011 061 955
(hier: Löschungsverfahren SB 143/18 Lösch)
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 20. März 2019 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Mittenberger-Huber, die Richterin Akintche und die Richterin Seyfarth
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde des Löschungsantragsgegners wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 28. September 2018 aufgehoben.
2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.
I.
Die Antragstellerin und hiesige Beschwerdegegnerin hat am 7. Juni 2018 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) die Löschung der am 5. April 2012 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 35, 3, 4, 5, 6, 8, 9, 10,11, 12, 14, 15, 16, 18, 19, 20, 21, 22, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 37, 39, 41, 42, 43 und 44 eingetragenen Wortmarke 30 2011 061 955 „1000 Funkel“ wegen Verfalls nach § 49 Abs. 1 i. V. m. § 53 MarkenG beantragt.
Der Löschungsantrag ist dem Markeninhaber gemäß § 53 Abs. 2 MarkenG mit Schreiben vom 20. Juni 2018 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden, mit der Aufforderung, binnen zwei Monaten mitzuteilen, ob dem Antrag widersprochen werde. Das von Herrn Rechtsanwalt S… am 25. Juni 2018 unterschriebene Empfangsbekenntnis ist am 26. Juni 2018 per Fax an das DPMA zurückgesandt worden. Mit Beschluss vom 28. September 2018 hat die Markenabteilung 3.4. des DPMA die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, da der Markeninhaber der Löschung nicht innerhalb der Frist von zwei Monaten widersprochen habe, § 53 Abs. 3 MarkenG.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Markeninhabers vom 25. Oktober 2018, mit der er sinngemäß beantragt,
1. den Beschluss der Markenabteilung 3.4 vom 28. September 2018 aufzuheben
2. die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.
Zur Begründung trägt er vor, er habe der beantragten Löschung mit Schriftsatz vom 19. Juli 2018, per Fax am selben Tag versendet, ausdrücklich widersprochen. Zum Nachweis legt er eine Kopie des Schriftsatzes und den dazugehörigen Faxbeleg vor. Diesem ist zu entnehmen, dass am 19. Juli 2018 beim DPMA ein Schriftsatz des Löschungsantragsgegners und Markeninhabers eingegangen ist, in dem er „der beantragten Löschung“ widerspricht. Der Betreff dieses Schriftsatzes lautet „Wortmarke 30 2017 216 712.9/41 – ParkFunkeln / Widerspruch aus der Wortmarke 30 2011 061 955 – 1000 Funkeln / Widersprechender: G…“. Der Beschwerdeführer vermutet, dass dieses Schreiben aufgrund eines Amtsversehens nicht dem Löschungsverfahren zugeordnet worden ist.
In der elektronischen (Löschungs-)Akte des DPMA (30 2011 061 955 – SB 143/18 Lösch) findet sich folgender Aktenvermerk vom 6. November 2018: „Nach Eingang der Original Beschwerde ASTV vom 27. Oktober 10.2018 gegen den Löschungsbeschluss der Markenabteilung 3.4 vom 28. September 2018 konnte nach Recherche in der Akte 30 2017 216 712.9 im Widerspruchsverfahren das Schreiben (Widerspruch) vom 19. Juli 2018 für das o g. Löschungsverfahren von Herrn RA. S… festgestellt werden. Das Schreiben (Widerspruch) vom 19. Juli 2018 ist per Fax und im Original nicht in das o. g. Löschungsverfahren gelangt. Erst nach Erhalt der Beschwerde konnte das Schreiben (Widerspruch) vom 19. Juli 2018 in das Löschungsverfahren in Kopie zugeordnet werden.“
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
1. Die zulässige Beschwerde des Markeninhabers ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Der Löschungsantragsgegner hat der beantragten Löschung rechtzeitig binnen der zweimonatigen Frist des § 53 Abs. 3 MarkenG widersprochen.
Der Löschungsantrag ist dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners ausweislich des von ihm unterschriebenen Empfangsbekenntnisses am 25. Juni 2018 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 19. Juli 2018 hat er für den Antragsgegner die Erklärung abgegeben, „Der beantragten Löschung wird widersprochen“. Diese Erklärung ist Bestandteil eines Schriftsatzes, der offensichtlich wegen des Betreffs „Wortmarke 30 2017 216 712/41 – ParkFunkeln / Widerspruch aus der Wortmarke 30 2011 061 955 – 1000 FUNKEL / Widersprechender: G…, beim DPMA nicht zur Löschungsakte SB 143/18 Lö, sondern zur Akte der Marke 30 2017 216 712 (Park Funkeln) gelangt ist. Gegen diese für die hiesige Beschwerdegegnerin eingetragene Marke hatte der Inhaber der mit dem Löschungsantrag angegriffenen – hier beschwerdegegenständlichen – Marke Widerspruch erhoben.
Trotz dieser Sachlage lässt eine Gesamtschau der Umstände den Schluss zu, dass sich der Satz „Der beantragten Löschung wird widersprochen.“ nicht auf das im Betreff genannte Widerspruchsverfahren bezogen hat, sondern auf das gegen die Widerspruchsmarke laufende Löschungsverfahren nach § 49 MarkenG. In einem Widerspruchsverfahren gegen die Eintragung einer anderen Marke aus relativen Gründen ist die Äußerung des Widersprechenden, der beantragten Löschung werde widersprochen, sinnfrei. Der hiesige Beschwerdeführer und Löschungsantragsgegner, auch wenn er dies im Betreff seiner Eingabe nicht durch Angabe des entsprechenden Löschungsaktenzeichens kenntlich gemacht hat, wollte sich mit dieser Aussage gegen den Löschungsantrag wegen Verfalls wenden.
Dass die Markenabteilung 3.4 zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag keine Kenntnis von dem Widerspruch nach § 53 Abs. 4 MarkenG hatte, ist für die Frage seiner Rechtzeitigkeit ohne Belang. Entscheidend ist nur, dass der Widerspruch rechtzeitig beim DPMA eingegangen ist. Die interne Verteilung der eingegangenen Post liegt im Verantwortungsbereich des DPMA und geht nicht zu Lasten des Löschungsantragsgegners.
Da der Löschungsantragsgegner und Beschwerdeführer dem Löschungsantrag rechtzeitig widersprochen hat, war der Beschluss der Markenabteilung 3.4 vom 1. Oktober 2018 aufzuheben, so dass nunmehr die Unterrichtung der Löschungsantragstellerin durch das DPMA dahingehend erfolgen kann, dass der Antrag auf Löschung durch Klage gemäß § 55 MarkenG geltend zu machen ist , § 53 Abs. 4 MarkenG.
2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 71 Abs. 3 MarkenG ist unbegründet. Die Rückzahlung ist die Ausnahme vom Grundsatz der vom Verfahrensausgang unabhängigen Gebührenpflichtigkeit der Beschwerde. Sie wird nur angeordnet, wenn dies im Einzelfall der Billigkeit entspricht (Knoll in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG 12. Auflage, § 71 Rn. 50 m. w. N.). Billigkeitsgründe für die Rückzahlung können sich nach ständiger Rechtsprechung insbesondere aus Verfahrensfehlern der Vorinstanz ergeben (BPatG, Beschluss vom 14.10.2010, 25 W (pat) 205/09 – ACRIVISC; Knoll in Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 71 Rn. 51). Der Umstand, dass das Schreiben, in dem der Beschwerdeführer der beantragten Löschung seiner Marke widersprochen hat, nicht innerhalb der Frist zu den Akten des Löschungsverfahrens gelangt ist, stellt keinen Verfahrensfehler des DPMA dar.
Mit Eingang eines Löschungsantrags wird ein eigener Aktenvorgang zum Löschungsverfahren angelegt. Dieser ist Bestandteil der Akte der mit dem Löschungsantrag angegriffenen – hier verfahrensgegenständlichen – Marke. Da aus dieser Marke bereits vorher ein Widerspruch gemäß § 42 MarkenG gegen die prioritätsjüngere Marke der Löschungsantragstellerin erhoben worden war, existiert ferner ein Aktenvorgang zu einem Widerspruchsverfahren, welcher Bestandteil der Akte der mit dem Widerspruch angegriffenen Marke wurde. Zu diesem Widerspruchsverfahren ist der gegen den Löschungsantrag gerichtete Widerspruch gelangt. Die für das Löschungsverfahren zuständige Markenabteilung 3.4. konnte also von dem fristgerecht eingegangenen Widerspruch gegen die beantragte Verfallslöschung zunächst keine Kenntnis haben, ebenso wenig wie umgekehrt die für das Widerspruchsverfahren zuständige Markenstelle von dem Löschungsverfahren Kenntnis hatte. Das Schreiben vom 19. Juli 2018 bezieht sich im Betreff ausschließlich auf das Widerspruchsverfahren gegen die Marke 30 2017 216 712 – ParkFunkeln. Das Aktenzeichen des Löschungsverfahrens ist an keiner Stelle erwähnt. Dem Schreiben ist daher – trotz des Satzes „Der beantragten Löschung wird widersprochen“ – zunächst nicht zu entnehmen, dass es sich nicht nur auf das in den Betreffzeilen genannte Widerspruchsverfahren bezog, sondern auch auf das Löschungsverfahren. Der unmittelbar an den Widerspruch anschließende Hinweis auf den „Amtsbescheid vom 16. März 2018“, der im Widerspruchs- und nicht im Löschungsverfahren ergangen ist, sowie die zu der dort erhobenen Nichtbenutzungseinrede passenden Ausführungen zur Benutzung der Widerspruchsmarke konnten vermuten lassen, dass der Schriftsatz sich (nur) auf das Widerspruchsverfahren bezieht. Angesichts des Umfangs der beim DPMA eingehenden Amtspost kann, auch bei sorgfältiger Arbeitsweise, nicht erwartet werden, dass derartige Unklarheiten von der Markenstelle erkannt werden (vgl. zum Anfall der täglich beim DPMA eingehenden Post: BPatG, Beschluss vom 14.10. 2010, 25 W (pat) 205/09 – ACRIVISC).
Ursächlich für die unterbliebene Zuleitung bzw. Zuordnung des Schreibens zu dem Löschungsverfahren war somit in erster Linie die Tatsache, dass der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers und Löschungsantraggegners den Widerspruch gegen den Löschungsantrag in einen zu einem anderen Verfahren eingereichten Schriftsatz eingebettet hat, ohne dies zumindest auch durch Angabe des Aktenzeichens des Löschungsverfahrens zu kennzeichnen. Selbst wenn dem Vertreter des Beschwerdeführers die internen Abläufe beim DPMA nicht im Einzelnen bekannt sind, musste er zumindest wissen, dass es sich um zwei unterschiedliche Verfahren mit verschiedenen Aktenzeichen handelt und die verfahrensrelevanten Erklärungen entsprechend kennzeichnen. Dieses Versäumnis hat letztlich dazu geführt, dass die Markenabteilung 3.4 trotz des rechtzeitig innerhalb der Frist des § 53 Abs. 3 MarkenG beim DPMA eingegangenen Widerspruchs gegen den Löschungsantrag die Löschung der Marke 30 2011 061 955 angeordnet hat. Aus diesen Gründen erscheint die Einbehaltung der Beschwerdegebühr nicht als unbillig, so dass der Antrag zurückzuweisen ist.