Entscheidungsdatum: 14.08.2012
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2009 064 977.4
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 14. August 2012 durch die Vorsitzende Richterin Grabrucker, die Richterin Kortge und die Richterin am Landgericht Uhlmann
beschlossen:
1. Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 26. Januar 2012 wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
I.
Das Wortzeichen
K-Mail Order
ist am 4. November 2009 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
Klasse 14:
Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine, Perlen; Uhren und Zeitmessinstrumente; Teile und Bestandteile vorgenannter Waren, soweit in Klasse 14 enthalten;
Klasse 18:
Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren; Teile und Bestandteile vorgenannter Waren, soweit in Klasse 18 enthalten;
Klasse 24:
Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bett- und Tischdecken; Teile und Bestandteile vorgenannter Waren, soweit in Klasse 24 enthalten;
Klasse 25:
Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Teile und Bestandteile vorgenannter Waren, soweit in Klasse 25 enthalten;
Klasse 35:
Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensberatung; Büroarbeiten; Einzelhandels- und Großhandelsdienstleistungen im Bereich von Wasch- und Bleichmitteln, Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel, von Seifen, von Parfümeriewaren, ätherischen Ölen, von Mitteln zur Körper- und Schönheitspflege, von Haarwässern, von Zahnputzmitteln, von pharmazeutischen und veterinärmedizinischen Erzeugnissen, von Hygienepräparaten für medizinische Zwecke, von Babykost, von Pflastern und Verbandsmaterial, von Desinfektionsmitteln und Mitteln zur Vertilgung von schädlichen Tieren, von Fungiziden und Herbiziden, von handbetätigten Werkzeugen und Geräten, von wissenschaftlichen, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografischen, Film-, optischen, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs-, Unterrichtsapparaten und -instrumenten, von Apparaten und Instrumenten zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität, von Geräten zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild und/oder Informationen, von Magnetaufzeichnungsträgern, Schallplatten, von Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate, von Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräten und Computern, von Feuerlöschgeräten, von chirurgischen, ärztlichen, zahn- und tierärztlichen Instrumenten und Apparaten, von orthopädischen Artikeln, von Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräten sowie sanitären Anlagen, von Edelmetallen und deren Legierungen sowie daraus hergestellten oder damit plattierten Waren, von Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteinen, von Uhren und Zeitmessinstrumenten, von Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, von Druckereierzeugnissen, von Buchbindeartikeln, von Photographien, von Schreibwaren, von Klebstoffen für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke, von Künstlerbedarfsartikeln, von Pinseln, von Schreibmaschinen und Büroartikeln, von Lehr- und Unterrichtsmitteln, von Verpackungsmaterial aus Kunststoff, von Drucklettern und Druckstöcken, von Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, von Häuten und Fellen, von Reise- und Handkoffern, Regenschirmen, Sonnenschirmen und Spazierstöcken, von Sattlerwaren, von Möbeln, Spiegeln, Bilderrahmen, von Waren aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Hörn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildplatt, Bernstein, Perlmutter, Meerschaum und deren Ersatzstoffen oder aus Kunststoffen, von Geräten und Behältern für Haushalt und Küche, von Kämmen und Schwämmen, von Bürsten und Pinseln (ausgenommen für Malzwecke), von Bürstenmachermaterial, von Putzzeug und Stahlwolle, von rohem oder teilweise bearbeitetem Glas (mit Ausnahme von Bauglas), von Glaswaren, Porzellan und Steingut, von Webstoffen und Textilwaren, von Bett- und Tischdecken, von Bekleidungsstücken, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, von Teppichen, Fußmatten, Matten, Linoleum und anderen Bodenbelägen, von Tapeten, von Spielen und Spielzeug, von Turn- und Sportartikeln, von Christbaumschmuck, von Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild sowie Fleischextrakten, von konserviertem, getrocknetem und gekochtem Obst und Gemüse, von Gallerten (Gelees), von Konfitüren und Kompotten, von Eiern, Milch und Milchprodukten, von Speiseölen und -fetten, von Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmitteln, von Mehlen und Getreidepräparaten, von Brot, Backwaren und Konditorwaren, von Speiseeis, von Honig, Melassesirup sowie von Hefe und Backpulver, von Salz, von Senf, von Essig, Saucen, (Würzmittel), von Gewürzen, von Kühleis, von land-, garten- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen sowie Samenkörnern, von frischem Obst und Gemüse, von Sämereien, lebenden Pflanzen und natürlichen Blumen, von Futtermitteln und Malz, von Bieren, von Mineralwässern und kohlensäurehaltigen Wässern und ändern alkoholfreien Getränken, von Fruchtgetränken und Fruchtsäften, von Sirupen und anderen Präparaten für die Zubereitung von Getränken, von alkoholischen Getränken (ausgenommen Biere), von Tabak, Raucherartikeln und Streichhölzern; Versandhandelsdienstleistungen; Verkauf von Waren über das Internet; Dienstleistung des Zusammenstellens verschiedener Waren (ausgenommen deren Transport) und/oder Dienstleistungen für Dritte, um den Verbrauchern Ansicht und Erwerb dieser Waren und die Inanspruchnahme dieser Dienstleistungen zu erleichtern.
Mit Beschluss vom 26. Januar 2012 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
Der Verkehr werde „K-Mail Order“ dahingehend verstehen, dass es sich bei den Waren um solche handele, die mittels eines E-Mail-Programms von KDE, einer modernen grafischen Arbeitsumgebung für UNIX-basierte Arbeitsstationen, geordert, also bestellt werden könnten. Die Dienstleistungen könnten der Durchführung dieser Bestellungen und dem Vertrieb der genannten Waren dienen. Die aus der englischen Sprache stammende Wortzusammenstellung werde im Inland von breiten Verkehrskreisen verstanden. Auch der Begriff „Order“ für eine Bestellung werde im Deutschen verwendet. Auch wer den Begriff „K-Mail“ nicht kenne, werde davon ausgehen, dass es sich um eine bestimmte Form von E-Mails handele. Auch „Werbung“ und „Geschäftsführung“ seien Bedingung für dieses Bestell- und Vertriebssystem. Was eine „K-Mail-Order“ alles leisten könne, müsse nicht genau definiert werden. Ob es sich bei KDE um einen Firmenhinweis handele, sei unmaßgeblich, wenn „K-Mail“ als eine Art Fachbegriff für ein bestimmte Form von E-Mail-Programmen angesehen werde.
Bereits im Beanstandungsbescheid hatte die Markenprüferin ausgeführt, das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis bedürfe stellenweise noch weiterer Klärung, dies stehe einer Entscheidung über die Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens aber nicht entgegen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 26. Januar 2011 aufzuheben.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerde noch nicht begründet. Im Amtsverfahren hat sie vorgetragen, der Beanstandungsbescheid habe sich nicht hinreichend mit den einzelnen Waren und Dienstleistungen auseinander gesetzt. Das angemeldete Zeichen weise keinen direkten und konkreten Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen auf. Der Begriff „K-Mail“ werde von der Firma KDE als Name eines von ihr vertriebenen Produktes, nämlich eines E-Mail-Programms verwendet. Er stelle daher keine Sachangabe dar.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Auf die zulässige Beschwerde der Anmelderin war der angegriffene Beschluss aufzuheben und das Verfahren gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG zur Klärung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses und erneuten Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.
Der angegriffene Beschluss war aufzuheben, weil das Verfahren vor dem Patentamt an wesentlichen Mängeln leidet. Die Markenstelle hat über die Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens gemäß § 8 Abs. MarkenG entschieden, obwohl mangels eines hinreichend geklärten Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses keine ausreichende Grundlage für diese Entscheidung bestand. Zudem differenziert der Beschluss nicht hinreichend zwischen den beanspruchten Waren und Dienstleistungen.
1.
Eine Beurteilung, ob der Anmeldung die Schutzhindernisse nach § 8 MarkenG entgegenstehen, kann erst erfolgen, wenn der Bereich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen zumindest absehbar ist. Diesem Erfordernis entspricht das vorliegende Waren- und Dienstleistungsverzeichnis nicht. Die in Klasse 35 enthaltenen Dienstleistungen „Versandhandelsdienstleistungen“ und „Verkauf von Waren über das Internet“ stellen Dienstleistungen des Einzelhandels dar, die durch nähere Angaben in Bezug auf die Waren oder die Arten von Waren, auf die sie sich beziehen, näher zu konkretisieren sind (EuGH GRUR 25, 764, 767 Rdnr. 50 - 52 – Praktiker). Das Dienstleistungsverzeichnis enthält jedoch keine solchen Angaben.
Entgegen der Auffassung der Markenstelle konnte auf die Klärung des Warenverzeichnisses auch nicht deshalb verzichtet werden, weil die Eintragung unabhängig von dem beanspruchten Warensortiment zu versagen war.
Dabei folgt der Senat nicht der Auffassung des Amtsprüfers, dass der Begriff „K-Mail“ eine Sachangabe für eine bestimmte Form von E-Mails sei und daher einen konkreten Sachbezug zu jeder Art des Handels im Internet herstelle, da die Bestellungen über „K-Mails“ erfolgen könnten. „K-Mail“ ist die Abkürzung für „KDE Kontact-Mail“, eines E-Mail-Programms der Firma KDE. In sämtlichen der Amtsentscheidung zugrundeliegenden Recherchebelegen wird der Begriff „K-Mail“ als Namensangabe und damit markenmäßig verwendet. Auch der Senat hat bei seiner Recherche keine Belege dafür gefunden, dass der Begriff „K-Mail“ eine übliche Abkürzung für einen Fachbegriff darstellt und als solcher von dem angesprochenen Publikum erkannt wird. Schon deshalb bestehen nach Auffassung des Senats Zweifel an dem Sachbezug des Zeichens für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen.
Aber auch wenn man dem Amt folgt und das Zeichen als „Auftrag per K-Mail“ versteht, ist nicht ersichtlich, inwieweit das angesprochene Publikum diese Bedeutung erkennen kann. Es ist davon auszugehen, dass die Abkürzung „K-Mail“ den im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Einzelhandelsdienstleistungen angesprochenen allgemeinen Verbrauchern überwiegend unbekannt ist. Denn es ist nach den Recherchen des Senats wesentlich weniger verbreitet als etwa die Programme „Outlook“, „Hotmail“, „Yahoo!Mail“ oder „Gmail“. Auch soweit die Verbraucher den Begriff kennen sollten, werden sie ihn nicht in einen sachlichen Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Einzelhandelsleistungen setzen, da das konkret im Kundenkontakt benutzte E-Mail-Programm für den Verbraucher irrelevant ist. Denn er erwartet jedenfalls, dass die Bestellung unabhängig von dem konkret verwendeten E-Mail-Programm aufgegeben werden kann.
Das Wortelement „Mail Order“ kann jedoch auch als Hinweis auf einen Versandhandel verstanden werden. Denn „mail order“ ist der englische Begriff für „Direktbestellung“ (PONS Großwörterbuch Englisch-Deutsch/Deutsch-Englisch, Stuttgart 2008). „Mail order business“ bezeichnet den Versandhandel. Der Begriff „Mailorder“ wird nach den Recherchen des Senats im Deutschen in der Bedeutung „Online-Bestellung“ verwendet (Mailorder-Anzeigen, Mailorder-System, Mailorder Software). Dieser Bestandteil des Zeichens kann daher auf den Vertriebsweg der beanspruchten Waren und Dienstleistungen hinweisen. Um beurteilen zu können, ob der zusätzliche Buchstabe „K“ dem Zeichen für die „Versandhandelsdienstleistungen“ und den „Verkauf von Waren über das Internet“ Unterscheidungskraft verleiht oder als Abkürzung für einen waren- oder dienstleistungsbezogenen Inhalt anzusehen ist, ist die Konkretisierung des Dienstleistungsverzeichnisses erforderlich.
2.
Das Verfahren vor dem DPMA leidet an dem weiteren wesentlichen Mangel, dass die Entscheidung auf eine ungenügend zwischen den einzelnen Dienstleistungen differenzierende Begründung gestützt wurde. Bei der Prüfung der absoluten Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 MarkenG sind grundsätzlich alle beanspruchten Waren und/oder Dienstleistungen zu würdigen (EuGH GRUR 2007, 425, 426 Rdnr. 32, 36 - MT&C/BMB; BGH GRUR 2009, 952 Rdnr. 9 - DeutschlandCard), wobei eine globale Begründung ausreicht, soweit dieselben Erwägungen eine Kategorie oder Gruppe der angemeldeten Waren und/oder Dienstleistungen betreffen (EuGH a. a. O. Rdnr. 37 - MT&C/BMB; GRUR 2008, 339, 342 Rdnr. 91 - Develey/HABM). Das bedeutet aber nur, dass dieselbe für verschiedene Waren und/oder Dienstleistungen maßgebliche Begründung nicht für jede einzelne Position des Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses wiederholt werden muss, sondern dass Gruppen von Waren und/oder Dienstleistungen zusammengefasst beurteilt werden können. Gegen diese Begründungspflicht wird daher verstoßen, wenn verschiedene Waren und/oder Dienstleistungen ohne weitere Begründung gleich behandelt oder überhaupt nicht gewürdigt werden.
Dies ist bei den beanspruchten Dienstleistungen „Werbung“, „Geschäftsführung“, „Unternehmensberatung“ und „Büroarbeiten“ der Fall. Der Beschluss setzt sich nicht konkret damit auseinander und legt nicht dar, inwieweit das konkret benutzte E-Mail-Programm „K-Mail“ oder ein Bestellsystem, das über dieses Programm ausgeführt wird, zu diesen in einem engen sachlichen Bezug stehen kann. Die pauschale Behauptung, dass die Dienstleistungen „Werbung“ und „Geschäftsführung“ Bedingung für dieses Bestell- und Vertriebssystem seien, genügt zur Begründung nicht, da diese Dienstleistungen mit jeglicher gewerblichen Tätigkeit in Verbindung gebracht werden können.
Hinsichtlich der Dienstleistung „Werbung“ sind zudem die besonderen Kennzeichnungsgewohnheiten zu beachten (BGH a. a. O. Rdnr. 24 (vgl. BGH GRUR 2009, 949, 951 Rdnr. 24 - My World). Die Markenstelle hat hier nicht dargelegt, inwiefern das beanspruchte Wortzeichen „K-Mail Order“ die Art des Mediums oder die Branche angibt, auf welche diese Dienstleistung bezogen ist.
Die Markenstelle wird daher erneut in die Prüfung einzutreten haben, ob tatsächlich und gegebenenfalls für welche konkreten Waren und Dienstleistungen ein Freihaltebedürfnis bzw. eine fehlende Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens festzustellen ist. Dabei werden auch die weiteren im Beanstandungsbescheid vom 19. Mai 2010 erwähnten Klärungen des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses durchzuführen sein.
3.
Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr war nach § 71 Abs. 3 MarkenG anzuordnen. Dies entspricht der Billigkeit, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Beschwerde bei korrekter Sachbehandlung vermieden worden wäre.