Entscheidungsdatum: 30.05.2012
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 306 01 200
(Löschungsverfahren S 225/07)
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30. Mai 2012 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker sowie der Richterin Kortge und der Richterin am Landgericht Uhlmann
beschlossen:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.
I.
Die Wort-/Bildmarke (blau, rot, schwarz)
wurde am 11. Januar 2006 angemeldet und am 17. Oktober 2006 unter der Nummer 306 01 200 als Kollektivmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für folgende Dienstleistungen eingetragen:
Klasse 35:
organisatorische Beratung; Förderung der Interessen der Mitglieder durch Werbung, organisatorische/betriebswirtschaftliche Beratung der Mitglieder in fachlichen Belangen;
Klasse 42:
technische Beratung und rechtliche Vertretung der Mitglieder in fachlichen Belangen; Interessenvertretung in rechtlichen, energiewirtschaftlichen und sonstigen Bereichen der Mitglieder im In- und Ausland durch Rechtsberatung und rechtliche Vertretung.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer war Mitglied des Antragsgegners, Markeninhabers und Beschwerdegegners. Der Zweck des Antragsgegners ist nach § 2 der Satzung in der Fassung aufgrund der Beschlüsse der Mitgliederversammlung vom 30. März 2007 (Anlage K 4 zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 17. September 2007) auf "die Förderung der Interessen der Mitglieder, die Beratung und Vertretung der Mitglieder in fachlichen Belangen sowie die Interessenvertretung in rechtlichen, energiewirtschaftlichen und sonstigen relevanten Bereichen der Mitglieder im In- und Ausland" gerichtet. In der Mitgliederversammlung vom 6. Oktober 2005 (Anlage K 5) wurden mit der Stimme des Antragstellers, vertreten durch dessen damaligen Präsidenten L…, die Anmeldung der streitgegenständlichen Marke und in der Mitgliederversammlung vom 14. September 2006 (Anlage K 6) ebenfalls mit der Stimme des Antragstellers eine Markensatzung beschlossen, wonach nur die Landesverbände und keine Dritten zur Nutzung berechtigt seien. Mit Schreiben vom 15. September 2006 (Anlage K 7) erklärte der Antragsteller aufgrund von Meinungsverschiedenheiten die Kündigung der Mitgliedschaft "aus wichtigem Grund zum nächsten Satzungsgemäßen Zeitpunkt". Mit Schreiben vom 12. Juni 2007 (Bl. S12 VA) untersagte der Antragsgegner dem Antragsteller die Benutzung des Logos auf Geschäftspapieren und Homepage unter Bezugnahme auf § 4 der Markensatzung, wonach der Kreis der Nutzungsberechtigten auf die Mitglieder des Antragsgegners begrenzt und eine Übertragung der Nutzungsbefugnis an Dritte nicht möglich sei.
Mit dem am 10. Juli 2007 beim DPMA eingegangenen Antrag hat der Beschwerdeführer die Löschung der angegriffenen Marke wegen Bösgläubigkeit beantragt. Er hat behauptet, das angegriffene Emblem sei bereits 1968 bei seiner Gründung entworfen, entwickelt und verwendet worden. Er habe den drei A…… e. V., S… e. V. und N…… e. V. gestattet, das Emblem zu führen. Das Publikum werde durch die Markeneintragung zugunsten des Antragsgegners über die geografische Herkunft und die angebotenen Dienstleistungen getäuscht, weil der Antragsgegner weder Logo noch Text entworfen habe und nicht die gleichen Dienstleistungen erbringe wie er. Dessen derzeitige Akteure hätten die Verbandsführung mit satzungs- und rechtswidrigen Handlungen an sich gerissen und im Wege der Markenpiraterie Markenschutz erlangt.
Der Antragsgegner hat dem ihm am 23. August 2007 zugestellten Löschungsantrag mit einem am 19. Oktober 2007 beim DPMA eingegangenen Schriftsatz widersprochen und behauptet, er sei bereits am 1. Dezember 1960 in München gegründet worden (K 1), während die Gründung des Antragstellers erst im Dezember 1962 erfolgt sei. Das Bildelement sei vom Zeichner M…… für ihn entworfen und seinen Mitgliedern die Verwendung gestattet worden. Da der Antragsteller mit Schreiben vom 15. September 2006 die fristlose Kündigung seiner Mitgliedschaft erklärt habe, sei er nach § 4 der Markensatzung zur Nutzung der Marke nicht mehr befugt gewesen, weshalb er mit Schreiben vom 12. Juni 2007 abgemahnt worden sei.
Die Markenabteilung hat mit Beschluss vom 16. Juni 2008 den Löschungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass zum einen ein schutzwürdiger Besitzstand des Antragstellers zum Zeitpunkt der Markenanmeldung im Jahre 2006 nicht habe festgestellt werden können und dass es für den Antragsgegner sachliche Gründe gegeben habe, das Logo als Marke anzumelden. Es seien weder Unterlagen vorgelegt worden, aus denen das genaue Gründungsdatum des Antragstellers hervorgehe, noch vorgetragen worden, wer in dessen Auftrag das Logos entworfen habe. Der Text "WASSERKRAFT Unerschöpfliche Energie im Einklang mit der Natur" sei im Jahre 2004 von Herrn Dipl.-Ing. Elmar Reitter in seiner damaligen Funktion als Pressesprecher des Antragsgegners entwickelt und dem Bildelement beigefügt worden. Der Zeitpunkt der Anmeldung des Logos als Marke sei Sache des Antragsgegners gewesen. Dessen Satzungszweck bestehe in der fachlichen, rechtlichen und energiewirtschaftlichen Beratung seiner Mitglieder. Dies stimme mit den eingetragenen Dienstleistungen überein. Bevor die Streitigkeiten zwischen den Verfahrensbeteiligten aufgetreten seien, habe die Markenanmeldung im Jahre 2006 auf einem Einvernehmen zwischen ihnen beruht, nachdem das Logo seit den 60er Jahren von allen Landesverbänden einschließlich der Verfahrensbeteiligten ohne "Markenrechte" benutzt worden sei. Zwar habe der Antragsgegner mit dem Schreiben vom 12. Juni 2007 dem Antragsteller den Gebrauch des Logos auf Geschäftspapieren und Homepage verbieten wollen, aber dies allein reiche zur Annahme einer Bösgläubigkeit nicht aus, weil der Antragsgegner selbst Gründe für die Markenanmeldung gehabt habe und die Marke zudem ursprünglich im Einverständnis mit dem Antragsteller angemeldet worden sei. Nachdem eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr möglich gewesen sei, habe der Antragsgegner seine eigenen markenrechtlichen Interessen schützen dürfen. Die stilisierten Wasserwellen und das Wasserrad im Bildelement deuteten nur an, dass es sich um die Nutzung von Wasserkraft handele. Dem Text könne ebenfalls kein falsches Produktversprechen entnommen werden, so dass auch keine Täuschungsgefahr bestehe.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, mit der er beantragt,
den Beschluss des DPMA vom 16. Juni 2008 aufzuheben und die Anordnung zu erteilen, die Marke zu löschen.
Er behauptet, der Antragsgegner habe die streitgegenständliche Wort-/Bildmarke nie benutzt, während das nur aus dem Bildelement bestehende Logo unstreitig bis zur Eintragung zugunsten des Antragsgegners von beiden Verfahrensbeteiligten bis heute benutzt worden sei. Ferner sei unstreitig, dass das reine Bildlogo darüber hinaus auch von der A…e. V. in den 1960er Jahren benutzt worden sei und in vielfältiger Weise auch von vielen Privatfirmen in der Bundesrepublik und in Österreich benutzt werde. In der Folgezeit sei es auch von zahlreichen anderen Landesverbänden seit deren Gründung durchgehend benutzt worden. Wegen der Namen und Anschriften dieser Verbände wird auf die Seiten 2 bis 3 des Schriftsatzes vom 21. Mai 2012 (Bl. 47 u. 48 GA) Bezug genommen. Das Bildelement sei nicht von M…für den Antragsgegner entworfen, sondern vom Gründer des Antragstellers, Herrn K…, entdeckt und eingefügt worden. Dem Antragsgegner stehe daher kein schutzwürdiges Interesse als Erfinder zu. Es treffe zwar grundsätzlich zu, dass er bei der Beschlussfassung über die Eintragung der Marke zugunsten des Antragsgegners vertreten gewesen sei und dem Beschluss zugestimmt habe. Aber für alle beteiligten Landesverbände sei klar gewesen, dass die Weiterbenutzung des Logos durch sie auch nach der Registrierung nicht an die Mitgliedschaft beim Beschwerdegegner gebunden sei. Wenn er gewusst hätte, dass die weitere Nutzung an die Mitgliedschaft beim Antragsgegner habe geknüpft werden sollen, hätte er der Markeneintragung nicht zugestimmt. Daher beruhe der Versuch des Antragsgegners, ihm die Verwendung des Logos zu untersagen, auf reiner Böswilligkeit. Diese werde auch dadurch belegt, dass die A1…… und die A…-… e. V. seit Jahren nicht mehr Mitglied im Bundesverband des Antragsgegners seien, aber keine Einwendungen gegen die Verwendung des Emblems erhoben worden seien. Er, der Antragsteller, und die A2… hätten lange vor dem Ende der 1970er Jahre gegründeten Antragsgegner bestanden.
Der Antragsgegner beantragt,
1. die Beschwerde zurückzuweisen;
2. den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren auf 50.000 € festzusetzen.
Er bestreitet sämtlichen, seiner Ansicht nach verspäteten Sachvortrag des Antragstellers und vertritt die Auffassung, dass weder eine Bösgläubigkeit noch eine Täuschung nachgewiesen seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
1. Einen Löschungsgrund nach §§ 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG hat die Markenabteilung zu Recht verneint.
a) Der Antragsgegner hat dem ihm am 23. August 2007 zugestellten Löschungsantrag fristgerecht mit einem am 19. Oktober 2007 beim DPMA eingegangenen Schriftsatz widersprochen.
b) Nach § 50 Abs. 1 MarkenG ist eine Markeneintragung zu löschen, wenn sie entgegen §§ 3, 7 oder 8 MarkenG eingetragen worden ist. Gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG ist ein Löschungsgrund gegeben, wenn die Marke bösgläubig angemeldet worden ist.
c) Zur Auslegung des Begriffs der Bösgläubigkeit knüpft die Rechtsprechung an ihre zum außerkennzeichenrechtlichen Löschungsanspruch nach § 1 UWG und § 826 BGB entwickelten Grundsätze an. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Markenanmeldung bösgläubig im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG, wenn der Anmelder das angemeldete Zeichen nicht als Marke, d. h. als Herkunftshinweis, benutzen, sondern die formale Rechtsstellung als Inhaber eines Kennzeichenrechts lediglich zum Zwecke der rechtsmissbräuchlichen oder sittenwidrigen Behinderung Dritter einsetzen will (BGHZ 167, 278 Rdnr. 41 - FUSSBALL WM 2006; BGH GRUR 2005, 581, 582 = WRP 2005, 881 - The Colour of Elégance, jeweils m. w. N.; BGH MarkenR 2009, 313 - Ivadal). Die Bösgläubigkeit muss, wie bereits aus dem Gesetzeswortlaut folgt, im Zeitpunkt der Anmeldung gegeben sein. Bei der Auslegung des Begriffs der Bösgläubigkeit sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die dem zu entscheidenden Fall eigen sind und zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung eines Zeichens vorliegen, insbesondere
– die Tatsache, dass der Anmelder weiß oder wissen muss, dass ein Dritter ein gleiches oder ähnliches Zeichen für eine gleiche oder mit dem angemeldeten Zeichen verwechselbar ähnliche Ware verwendet,
– die Absicht des Anmelders, diesen Dritten an der weiteren Verwendung eines solchen Zeichens zu hindern, sowie
– den Grad des rechtlichen Schutzes, den das Zeichen des Dritten und das angemeldete Zeichen genießen (EuGH GRUR 2009, 763, 765 Rdnr. 38 – Lindt & Sprüngli/Franz Hauswirth).
In der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind mehrere Fallgruppen der bösgläubigen Anmeldung herausgearbeitet worden, nämlich u. a. (1) die Anmeldung sogenannter Sperrmarken, um Dritte mit Unterlassungs- oder Geldforderungen zu überziehen, ohne dass ein genereller Benutzungswille des Markenanmelders vorliegt, (2) die Anmeldung von Marken mit dem Ziel, den erkannten im Inland bestehenden schutzwürdigen Besitzstand eines Vorbenutzers einer gleichen oder verwechselbar ähnlichen Bezeichnung für gleiche oder ähnliche Waren bzw. Dienstleistungen ohne rechtfertigenden Grund zu stören oder den weiteren Gebrauch der vorbenutzten Bezeichnung durch den Vorbenutzer zu sperren (vgl. BGH MarkenR 2009, 312, 313 - Ivadal), (3) die Anmeldung der Marke mit der Absicht einer zweckfremden Nutzung des Zeichens, um Dritte in wettbewerbswidriger Weise zu behindern, und (4) der Fall der Markenerschleichung, d. h. wenn der Anmelder falsche Angaben macht oder Umstände verschweigt, um die Eintragung der Marke zu erreichen (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 8 Rdnr. 668 m. w . N.; Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 8 Rdnr. 667 - 678; Grabrucker, Mitt 2008, 532, 537).
d) Bei Anwendung sämtlicher vorgenannter Grundsätze kann die Markenanmeldung des Antragsgegners nicht als bösgläubig eingestuft werden.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Antragsgegner einen schutzwürdigen Besitzstand des Antragstellers ohne sachlichen Grund mit Störungs- oder Behinderungsabsicht verletzt hat.
aa) Der Antragsteller hat einen eigenen rechtlich schutzwürdigen inländischen Besitzstand weder substantiiert dargelegt noch bewiesen. Auf der eingereichten "Beitrittserklärung zur A3…-… ..." (Bl. S60 VA) ist zwar die streitgegenständliche Wort-/Bildmarke abgebildet, aber mangels Datum kann es zeitlich nicht zugeordnet werden. Durch Vorlage des Tätigkeitsberichts für die Hauptversammlung am 6. Juni 1978 (Bl. S13 VA) hat er nur eine Benutzung des isolierten Bildelements nachgewiesen. Alle anderen Belege sind als Benutzungsnachweis ungeeignet. Im Schreiben vom 19. Juni 1989 (Bl. S14 VA) benutzt der Antragsteller nur das isolierte Bildelement und dann noch mit dem Untertitel "BUNDESVERBAND DEUTSCHER WASSERKRAFTWERKE", ordnet das Bildlogo also dem Antragsgegner zu. Die übrigen Belege beziehen sich auf die Nutzung des Bildlogos mit und ohne den Zusatz "BUNDESVERBAND DEUTSCHER WASSERKRAFTWERKE" durch andere Arbeitsgemeinschaften (Bl. S34 - S39 VA) oder eine Firma (Bl. S67 VA). Sie stammen zudem aus dem Jahre 2007 bzw. vom 4. Oktober 2006 (Bl. S58 VA), also nach dem Zeitpunkt der maßgeblichen Markenanmeldung. Die Firma "Energieversorgung Zwick" verwendet in ihrem Schreiben vom 21. März 2002 (S68 VA) ferner im oberen Teil des Wort-/Bildzeichens eine anderes Wortelement, nämlich statt "WASSERKRAFT Unerschöpfliche Energie im Einklang mit der Natur" den Text "W A S S E R LEBENDIGE ENERGIE".
bb) Selbst wenn aber ein schutzwürdiger inländischer Besitzstand des Antragstellers bestanden hätte, kann nicht festgestellt werden, dass der Antragsgegner ohne rechtfertigenden Grund mit Störungs- oder Behinderungsabsicht in diesen eingegriffen hat.
aaa) Die Anmeldung einer Marke ohne sachlichen Grund liegt vor, wenn der Markenanmelder kein eigenes berechtigtes Interesse an der Eintragung der fraglichen Marke hat. Ein solches Interesse besteht jedoch, wenn der Anmelder die Kennzeichnung in beachtlichem Umfang selbst benutzt hat und deren markenrechtliche Absicherung gegenüber Dritten für erforderlich hält (BGH GRUR 2005, 581, 582 -The Colour of Elégance).
bbb) Die Anmeldung des streitgegenständlichen Wort-/Bildlogos als Marke zugunsten des Antragsgegners ist mit der Stimme des Antragstellers von den Mitgliedern des Antragsgegners auf der Versammlung am 6. Oktober 2005 (Anlage K 5) beschlossen worden. Die Anmeldung ist am 28. März 2006 erfolgt. Eingetragen wurde die Wort-/Bildmarke am 17. Oktober 2006. Wenn der Antragsteller sein behauptetes Urheberrecht hätte wahrnehmen wollen, hätte er diesen Aspekt in der Versammlung geltend gemacht. Dies hat er aber ausweislich der Aktennotiz über diese Versammlung (Anlage K 5) nicht getan. Dass er mit der Markenanmeldung einverstanden war, belegt auch das Ergebnisprotokoll der Mitgliederversammlung vom 14. September 2006 (Anlage K 6), in der eine Markensatzung mit der Nutzungsberechtigung der Landesverbände mit seiner Stimme beschlossen worden ist. Die Markenanmeldung ist daher mit seinem Einverständnis vorgenommen worden.
An dieser Anmeldung des Wort-/Bildlogos als Kollektivmarke hat der Antragsgegner auch ein schutzwürdiges eigenes Interesse gehabt. Denn sie hat ausschließlich der Förderung der Wettbewerbssituation seiner Mitglieder gedient, die das Logo selbst benutzten. Der Antragsgegner erstrebte mit ihr zur Förderung der Wettbewerbssituation seiner Mitglieder eine zusätzliche registerrechtliche Absicherung gegenüber Dritten.
ccc) Über die Behauptung des Antragstellers, dass schon zum Zeitpunkt der Anmeldung der streitgegenständlichen Marke Differenzen zwischen den Verfahrensbeteiligten bestanden hätten und die Mitglieder des Vorstandes des Antragsgegners zum Zeitpunkt der Beschlussfassung davon ausgegangen seien, dass alle Landesverbände auch nach der Markeneintragung zugunsten des Antragsgegners diese wie bisher uneingeschränkt weiter benutzen dürften, war der beantragte Zeugenbeweis nicht zu erheben. Denn dieses Vorbringen enthält keine konkrete Tatsachen, über die Beweis erhoben werden könnte, worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat. Weder ist substantiiert vorgetragen worden, über welches konkrete Thema welche unterschiedlichen Auffassungen von den Verfahrensbeteiligten zum Zeitpunkt der Markenanmeldung vertreten worden sein sollen, noch aufgrund welcher konkreter Anhaltspunkte (Gespräche, Schriftwechsel etc.) der Antragsteller davon ausgehen konnte, dass auch Nichtmitglieder zur Weiterverwendung der Marke berechtigt sein sollten.
ddd) Die Streitigkeiten zwischen den Verfahrensbeteiligten, die zur Kündigung der Mitgliedschaft durch den Antragsteller am 15. September 2006 (Anlage K 7) geführt haben, sind zum einen wegen anderer Vorfälle in dieser Versammlung und zum anderen mehr als acht bzw. sechs Monate nach der streitgegenständlichen Markenanmeldung entstanden. Deshalb sind sie auch nicht geeignet, auf eine missbräuchliche Behinderungsabsicht des Antragsgegners im Zeitpunkt der Markenanmeldung am 11. Januar 2006 hinzuweisen.
eee) Selbst wenn der Antragsgegner die als "Kündigung aus wichtigem Grund zum nächsten Satzungsgemäßen Zeitpunkt" deklarierte Austrittserklärung des Antragstellers zu Unrecht als fristlose Kündigung gewertet, ihn mit dem Schreiben vom 12. Juni 2007 (Bl. S12 VA) vor dem Ablauf der satzungsgemäß vorgesehenen ordentlichen Kündigungsfrist zum 31. Dezember 2007 und damit unberechtigt abgemahnt haben sollte, lässt dieses Verhalten im Hinblick auf das bei Anmeldung der Marke bestehende Einvernehmen der Verfahrensbeteiligten nicht auf ein bösgläubiges Verhalten des Antragsgegners bei der Markenanmeldung schließen, zumal dies auch auf einer fehlerhaften rechtlichen Auslegung der Austrittserklärung beruhen kann.
2. Einen Löschungsgrund nach §§ 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG hat die Markenabteilung ebenfalls zu Recht zurückgewiesen.
a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die geeignet sind, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geografische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu täuschen. Dieses Eintragungshindernis muss noch im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde fortbestehen (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG). Eine gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG relevante Täuschungsgefahr muss von der Marke selbst ausgehen und darf nur von den beanspruchten Waren und Dienstleistungen her beurteilt werden (BPatG Mitt. 1998, 371 - CRISTALLO). Bei ihrer Beurteilung ist auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren und Dienstleistungen abzustellen (BGH GRUR 2002, 1074, 1076 - Original Oettinger; BPatGE 43, 30, 33 - Herrenstein).
b) Aus dem Wortbestandteil "WASSERKRAFT Unerschöpfliche Energie im Einklang mit der Natur" sowie den stilisierten Wasserwellen und dem angedeuteten Wasserrad des Bildelements lassen sich in Bezug auf die registrierten Dienstleistungen der organisatorischen, betriebswirtschaftlichen und technischen Beratung, der Förderung der Interessen der Mitglieder durch Werbung und in fachlichen Belangen sowie der "Interessenvertretung in rechtlichen, energiewirtschaftlichen und sonstigen Bereichen der Mitglieder im In- und Ausland durch Rechtsberatung und rechtliche Vertretung" entnehmen, dass diese im Bereich der Wasserkraft angeboten und erbracht werden. Da die eingetragenen Dienstleistungen sich auch auf dieses Gebiet erstrecken können, ist eine Täuschungsgefahr nicht feststellbar.
3. Der Gegenstandswert im vorliegenden Löschungsbeschwerdeverfahren war auf 50.000 € festzusetzen.
a) Der Antrag des Antragsgegners nach § 33 Abs. 1 RVG, den Gegenstandswert für das Löschungsverfahren festzusetzen, ist zulässig.
Der Antragsgegner war im Beschwerdeverfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten, dessen anwaltliche Vergütung gemäß § 8 Abs. 1 RVG durch die verkündete und den Rechtszug beendende Sachentscheidung fällig geworden ist, woraus sich gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 RVG auch die Zulässigkeit des Antrags auf Festsetzung des Gegenstandswerts ergibt.
b) Da in den markenrechtlichen Verfahren vor dem Bundespatentgericht für die Anwaltsgebühren keine speziellen Wertvorschriften existieren, ist der Gegenstandswert gemäß § 33 Abs. 1 i. V. m. § 23 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen.
Grundlage für die Bewertung bildet im Löschungsverfahren gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG das Interesse der Allgemeinheit an der Löschung der Marke. Das folgt aus dem Popularcharakter des Löschungsantrags, der gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 MarkenG von jedermann ohne Nachweis eines eigenen Interesses gestellt werden kann und bei Begründetheit zur Löschung der Marke von Amts wegen führt. Das Interesse der Allgemeinheit an der Markenlöschung gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG steht dabei weder dem Interesse des Antragstellers an der Markenlöschung gleich, noch deckt es sich ohne weiteres mit dem Interesse des Markeninhabers an dem Fortbestehen des Markenschutzes (29 W (pat) 39/09 – Andernacher Geysir m. w. N.; 27 W (pat) 6/11 – il Punto). Maßstab für die Bewertung dieses Interesses sind vielmehr die wirtschaftlichen Nachteile, die für die Allgemeinheit im Fall der Rechtsbeständigkeit der angegriffenen Marke zu erwarten sind. Je stärker die Marke benutzt wird und je weiter der vom Schutz der Marke umfasste Waren- und Dienstleistungsbereich ist, desto höher wird das von der Marke ausgehende Behinderungspotential eingestuft (29 W (pat) 39/09 – Andernacher Geysir m. w. N.).
Da es sich unstreitig um ein seit mehreren Jahrzehnten von Wasserkraftwerken benutztes Logo handelt, erscheint es angemessen, den Gegenstandswert auf den beantragten Betrag von 50.000 € festzusetzen.