Entscheidungsdatum: 08.11.2011
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 307 67 477
(hier Löschungsverfahren S 207/09)
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Kruppa und Richterin am Landgericht Werner am 8. November 2011
beschlossen:
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
I.
Die Wortmarke
il Punto
wurde am 10. März 2007 für
"Werbung; Unterhaltung; Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen"
in das Markenregister eingetragen.
Mit am 7. August 2009 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenem Schriftsatz hat die Antragstellerin die vollständige Löschung der Marke wegen Nichtigkeit aufgrund absoluter Schutzhindernisse gemäß §§ 54, 50 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 MarkenG beantragt.
Der Antragsgegner und Markeninhaber hat dem ihm am 1. Oktober 2009 zugestellten Löschungsantrag mit am 13. Oktober 2009 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen Schreiben widersprochen und beantragt, den Löschungsantrag zurückzuweisen.
Er macht geltend, das italienische Wort "Punto" sei von der Antragstellerin mit "Treffpunkt" falsch übersetzt worden; "il Punto" heiße "der Punkt", während "Treff" allgemeinsprachlich verwendet werde, komme dem Begriff "der Punkt" Unterscheidungskraft zu.
Wenn er sein Lokal als "Treffpunkt für alle, die italienische Ess- und Trinkkultur pflegen und auf diese Lebensqualität setzen" bezeichne, habe er nicht "il Punto" als "Treffpunkt" übersetzt.
Die Markenabteilung hat mit Beschluss vom 15. November 2010, den Beteiligten am 8. Dezember 2010 zugestellt, den Löschungsantrag zurückgewiesen.
Zur Begründung ist ausgeführt, es lasse sich nicht feststellen, dass die angegriffene Marke für die beanspruchten Dienstleistungen wegen bestehender Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 MarkenG nicht hätte eingetragen werden dürfen. Sie sei nicht geeignet und nicht geeignet gewesen, die Dienstleistungen "Werbung; Unterhaltung; Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen" hinsichtlich eines ihrer Merkmale zu beschreiben.
Diese Dienstleistungen richteten sich an allgemeine breite Kreise.
Während die deutsche Bezeichnung "der Treff" bzw. "der Treffpunkt" durchaus zur Benennung eines Merkmals der Lokalität in Betracht käme, in der die Dienstleistungen erbracht würden, gelte dies nicht für die italienische Wortfolge "il Punto". Für die von der Antragstellerin herangezogene Übersetzung „der Treff" ließen sich keinerlei Belege finden. "Punto" werde zwar auch mit "Punkt, Stelle" im wörtlichen Sinn übersetzt. Weder Lexika Italienisch/Deutsch noch Recherchen im Internet gäben aber einen Hinweis darauf, dass (auch) eine Übersetzung mit "Treffpunkt" oder "Treff" vorgenommen würde. Umgekehrt finde man in Deutsch/Italienischen Wörterbüchern unter dem Stichwort "Treffpunkt" lediglich "luogo di riunione" oder "punto (luogo) di ritrovo". Auch in der Umgangssprache lasse sich keine Gleichsetzung von "il Punto" mit "der Treff" finden.
Mit der nach alledem allein zu Grunde zu legenden Bedeutung "der Punkt, die Stelle" sei die angegriffene Marke nicht geeignet, die beanspruchten Dienstleistungen hinsichtlich eines ihrer Merkmale zu beschreiben.
Entgegen der Auffassung der Löschungsantragstellerin fehle der angegriffenen Marke auch nicht die Unterscheidungskraft. Es handle sich bei "il Punto" nämlich auch nicht um ein gebräuchliches oder sprachüblich gebildetes Wortzeichen, das in die Umgangssprache eingegangen sei und nur in einem Sinn verstanden werde, der keine Herkunftsfunktion erfüllen könne.
Dass "il Punto" zur Bezeichnung einiger Lokale diene, rechtfertige keine Löschung als weithin gebräuchliche Etablissement-Bezeichnung. Es lasse sich nicht gleichsetzen mit Bezeichnungen von Gastronomiebetrieben, wie "Bar" o. ä..
Für die ebenfalls beanspruchten Dienstleistungen "Unterhaltung" und "Werbung" bestünden ohnehin keinerlei Anhaltspunkte für eine fehlende Unterscheidungskraft.
Dem von der Antragstellerin vorgetragenen Umstand, dass die Suchmaschine Google 10.800.000 Treffer bei der Suche nach "il Punto" ausgeworfen habe, könne keine Aussage hinsichtlich des Vorliegens eines Eintragungshindernisses entnommen werden. Aus der Trefferzahl sei nämlich nicht ersichtlich, in welcher Art, in welchem (textlichen) Zusammenhang, in welchem (Waren-, Dienstleistungs-)Bereich, in welcher Zusammenstellung, von wem usw. der Begriff benutzt werde.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin am 6. Januar 2011 Beschwerde erhoben. Diese hat sie damit begründet, "il Punto" (übersetzt "der Treff") entbehre jeglicher Unterscheidungskraft. Die Wörter gehörten zum italienischen Grundwortschatz und würden in der deutschen Werbung häufig verwendet. Viele Unternehmen machten sich den Begriff zu Eigen. Allein bei der Internetsuche unter Google ergebe sich ein Suchergebnis von 10.800.000 Treffern. So werbe die Stadt Bottrop unter "il Punto" mit Ausgehtipps in der Stadt; "il Punto" sei mithin ein Oberbegriff für "Treffs".
Insbesondere in den Klassen 35, 41 und 43 finde sich die Bezeichnung regelmäßig und sei gängig. Der Ausdruck "il Punto" sei in sprachüblicher Weise gebildet und komme aus dem Italienischen. Er sei kein Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen, sondern beschreibe Waren und Dienstleistungen, weil er ausdrücke, dass es sich um einen Treffpunkt handle oder einen Treffpunkt zum Gegenstand habe.
"Der Treff" sei ebenso wenig eintragungsfähig wie "Bistro", "Restaurant", "Bar" etc.
Die Marke unterliege auch einem Freihaltebedürfnis. Der Begriff "der Treff" werde als Bezeichnung für eine Eigenschaft von Restaurationsbetrieben u. ä. verwendet, so beispielsweise als "Treffpunkt" für alle, die auf italienische Eis- und Trinkkultur setzten".
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss der Markenabteilung aufzuheben und
dem Antrag auf Löschung stattzugeben
sowie, dem Antragsgegner die Kosten aufzuerlegen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen
sowie, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Er trägt vor, er habe das Restaurant "il Punto" in Bonn mit dem Geschäftsführer der Komplementär GmbH der Antragstellerin als BGB-Gesellschaft geführt. 2003 hätten sie sich darauf verständigt, dass er das Lokal alleine weiterbetreibe. In dem Vertrag vom 23. Dezember 2003 hierüber sei in § 1 Abs. 4 seine Berechtigung zur Fortführung unter der bisherigen Firma - nach seiner Wahl mit oder ohne Beifügung eines Nachfolgezusatzes - geregelt. Hierfür habe er einen Kaufpreis bezahlt.
Da die Beschwerdebegründung gegenüber dem Löschungsantrag keine neuen Gesichtspunkte enthalte, werde auf die Gründe des Beschlusses der Markenabteilung Bezug genommen.
II.
1.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenabteilung hat den Löschungsantrag zurecht und mit zutreffender Begründung zurückgewiesen.
Dies kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten keinen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt haben und der Senat sie nicht für erforderlich hält (§ 69 MarkenG).
a)
Der Löschungsantrag war zulässig.
Den Antrag kann jedermann stellen (§ 54 Abs. 1 Satz 2 MarkenG). Die Antragstellerin hat ihn innerhalb der 10-Jahresfrist nach § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG gestellt, da die angegriffene Marke am 10. März 2007 eingetragen wurde.
b)
Der Antragsgegner hat dem Löschungsantrag fristgerecht widersprochen.
Auf die ihm am 1. Oktober 2009 zugegangene Mitteilung nach § 54 Abs. 3 Satz 1 MarkenG hat er dem Löschungsantrag am 13. Oktober 2009 rechtzeitig widersprochen und beantragt, den Löschungsantrag zurückzuweisen.
2.
Ein Löschungsgrund nach § 50 Abs. 1 MarkenG liegt und lag entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht vor.
a)
Nach §§ 54, 50 Abs. 1 MarkenG kann eine Marke auf Antrag nur gelöscht werden, wenn zum Zeitpunkt der Eintragung ein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 MarkenG bestand und im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch fortbesteht (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG).
Dass heute und im Zeitpunkt der Eintragung ein solches Eintragungshindernis besteht bzw. bestand, lässt sich vorliegend nicht feststellen. Da einem Eintragungsantrag gemäß § 33 Abs. 2 Satz 2 MarkenG aber stattzugeben ist, wenn dem keine absoluten Eintragungshindernisse entgegenstehen, rechtfertigt nur deren positive Feststellung eine Löschung.
Im Zweifel ist zu Gunsten der Marke zu entscheiden.
Nach Auffassung der Antragstellerin soll "il Punto" mit "Treff(punkt)" übersetzt werden und ein Synonym für eine Gaststättenbezeichnung sein. Dass dies nicht belegt werden kann, hat die Markenabteilung im angefochtenen Beschluss dargelegt. Auch der Senat konnte nichts dementsprechendes ermitteln. Die Antragstellerin hat auch im Beschwerdeverfahren dazu keine aussagekräftigen Belege vorgelegt.
Mit der somit maßgeblichen Übersetzung "der Punkt" ist die angegriffene Marke unterscheidungskräftig und nicht beschreibend, wie die Markenabteilung zutreffend dargestellt hat. Auf die Gründe des angegriffenen Beschlusses kann deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Verwendungen für andere Lokale. Lokale werden oft mit gleichen Namen (Post, Adler, Vierjahreszeiten, Neptun, Adria etc.) benannt. Das macht derartige Namenswörter aber nicht zu Synonyme von Bezeichnungen einer Gaststätten-Art, wie Cafe, Bar, Eisdiele o. ä..
Ohne eindeutige Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der angegriffenen Marke zum Eintragungszeitpunkt um ein Synonym für beschreibende Angaben handelte, kann ihr weder die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden noch kann ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG festgestellt werden.
3.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
Wer das Recht, eine Bezeichnung als Etablissementname zu nutzen, verkauft, ist zwar formal berechtigt, die Eintragung dieser Bezeichnung als Marke einer Überprüfung durch das Deutschen Patent- und Markenamt und das Bundespatentgericht zuzuführen. Aber die damit verbundenen Kosten auf Seiten des Gegners dürfen jedenfalls dann im Regelfall nicht zu Lasten des Gegners gehen, wenn schon die Markenabteilung die im Löschungsantrag vorgebrachten Gründe ausführlich behandelt sowie als nicht ausreichend belegt bezeichnet hat und im Beschwerdeverfahren keine neuen Argumente und Belege vorgebracht wurden. Der in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Justizgewährungsanspruch beeinflusst nämlich auch die Frage nach dem Umfang und den Grenzen von Kostenerstattungsansprüchen. So darf einem erfolgreichen Beteiligten nicht generell oder im Großteil der Fälle die Erstattung seiner Kosten versagt werden. Auf die Auslegung des Begriffs der „Billigkeit“ in § 71 Abs. 1 MarkenG wirken auch verfassungsrechtliche Vorgaben ein (BVerfG, Beschluss vom 12.9.2005, Az: 2BvR277/05, NJW2006, 136; BVerfG vom 3.12.1986, Az: 1 BvR872/82, NJW1987, 2569, 2570 zu § 78 Satz 1 GWB; vgl. Brandi-Dohm, FS 50 Jahre BPatG, S. 569 ff.)
4.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung entscheidungserheblich war (§ 83 Abs 1 Nr. 1 MarkenG).