Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 12.05.2010


BPatG 12.05.2010 - 29 W (pat) 101/10

Markenbeschwerdeverfahren – "Strategy Circle" – beschreibender Hinweis – Freihaltungsbedürfnis – Zulassung der Rechtsbeschwerde


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
12.05.2010
Aktenzeichen:
29 W (pat) 101/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 307 76 898.8

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12. Mai 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, des Richters Dr. Kortbein und der Richterin Kortge

beschlossen:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Wortfolge

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Strategy Circle

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ist am 26. November 2007 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Dienstleistungen angemeldet worden:

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Klasse 35: Unternehmensberatung; Beratung in Fragen der Geschäftsführung; Marktforschung und Marktanalyse; Marketing; Personalmanagementberatung;

5

Klasse 41: Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, Kongressen, Symposien, Seminaren und Workshops.

6

Durch Beschluss vom 19. August 2009 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass das angemeldete Zeichen sich aus Begriffen des englischen Grundwortschatzes, nämlich "Strategy" für "Strategie, Kriegskunst oder Planung" und "Circle" mit den Bedeutungen "Kreis, Ring, Zirkel oder Gruppe", zusammensetze und von den angesprochenen Fachkreisen aus Wirtschaft und Industrie in seiner Gesamtheit als "Strategiezirkel" verstanden werde, auch weil die englische Zusammensetzung der entsprechenden deutschen Wortkombination sehr ähnlich sei. Die angemeldete Wortfolge werde daher als beschreibender Hinweis auf Dienstleistungen aufgefasst, die von einem Strategiezirkel erbracht oder benötigt würden, weil alle beanspruchten Dienstleistungen dazu dienen könnten, dass ein Kreis besonders kompetenter Führungskräfte Strategien zur Lösung anstehender Probleme entwickle, zumal dieser Begriff auf deutschsprachigen Internetseiten bereits im genannten Sinne verwendet werde. Aus der Eintragung identischer Wortmarken als Gemeinschaftsmarke sowie in den USA und Kanada für identische Dienstleistungen der Klasse 41 könne wegen eines anderen Sprach- und Rechtsempfindens kein Eintragungsanspruch hergeleitet werden. Im Übrigen hätten mehrere vergleichbare Anmeldungen mit den Bestandteilen "Strategy" und "Circle" nicht zur Eintragung als Marke geführt.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt,

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den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 19. August 2009 aufzuheben.

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Zur Begründung trägt sie vor, bei der angemeldeten Bezeichnung handle es sich um einen erfundenen Gesamtbegriff, dem aufgrund der Vielzahl von Bedeutungen des englischen Wortes "Circle", u. a. auch "Felge" und "Gesellschaft", keine klare Bedeutung zukomme. Nicht einmal der deutsche Begriff "Strategiezirkel" sei lexikalisch nachweisbar. Die angemeldete Wortfolge sei daher kein gebräuchliches Wort der deutschen oder englischen Sprache. Ihr könne daher weder jegliche Unterscheidungskraft für die angemeldeten Dienstleistungen abgesprochen werden, noch sei ein Freihaltebedürfnis gegeben, weil eine beschreibende Benutzung durch Dritte nicht festzustellen sei. Die Bezeichnung werde zudem außer von ihr nur noch von einem weiteren Unternehmen markenmäßig benutzt.

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Weiterhin rügt die Anmelderin, das DPMA habe die Eintragung wortlautmäßig identischer Wortmarken als Gemeinschaftsmarke (1 797 166) sowie in den USA und Kanada für identische Dienstleistungen der Klasse 41 nicht hinreichend berücksichtigt. Ferner führt sie an, dass in Australien die identische Wortmarke für identische Dienstleistungen der Klasse 41 sowie in Großbritannien und Neuseeland identische Wortmarken für vergleichbare Dienstleistungen der Klasse 35 eingetragen worden seien. Wegen näherer Einzelheiten zu diesen Marken wird auf die Seiten 1 bis 5 ihres Schriftsatzes vom 22. April 2010 (Bl. 50 - 54 GA) und die Anlagen 5 bis 10 (Bl. 57 - 82 GA) Bezug genommen. Zudem verweist sie auf 69 eingetragene deutsche Wortmarken mit dem Endbestandteil "Circle" und 20 weitere mit dem Anfangsbestandteil "Strategy" jeweils in den beiden Klassen 35 und 41, in welche sich die angemeldete Wortfolge unmittelbar einfüge. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens ist sie auf neun vom DPMA in den letzten fünf Jahren eingetragene Wortmarken, siebenmal mit dem Bestandteil "Circle" und zweimal mit dem Bestandteil "Strategy", und auf 15 vor mehr als fünf Jahren eingetragene deutsche Wortmarken mit den beiden verfahrensgegenständlichen Begriffen (elfmal mit dem Bestandteil "Circle" und zweimal mit dem Bestandteil "Strategy") für vergleichbare Dienstleistungen näher eingegangen. Wegen der detaillierten Darstellung dieser Drittmarken wird auf die Seiten 5 bis 7 ihres Schriftsatzes vom 22. April 2010 (Bl. 54 - 56 GA) sowie die Anlagen 11 und 12 (Bl. 83 - 110 GA) verwiesen.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

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Der Eintragung der angemeldeten Wortfolge "Strategy Circle" als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG steht hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis des Freihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Bezeichnung daher zu Recht die Eintragung versagt.

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Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken nicht schutzfähig, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 725 Rdnr. 25 - Chiemsee; GRUR 2004, 680, 681 Rdnr. 35, 36 -BIOMILD). Als beschreibend im Sinne dieser Vorschrift können dabei auch sprachliche Neuschöpfungen angesehen werden, die aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzt sind, wenn für die Neuschöpfung selbst in ihrer Gesamtheit ein beschreibender Charakter feststellbar ist (EuGH a. a. O. Rdnr. 37 - BIOMILD). Ferner erfordert das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht, dass die fraglichen Zeichen oder Angaben bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen der angemeldeten Art verwendet werden, vielmehr genügt, dass sie zu diesen Zwecken verwendet werden können (EuGH GRUR 2004, 146, 147 Rdnr. 32 - DOUBLEMINT; a. a. O. Rdnr. 38 - BIOMILD). Dies ist bei einem Wortzeichen dann der Fall, wenn es - in üblicher Sprachform und für die beteiligten Verkehrskreise verständlich - ein Merkmal der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (EuGH a. a. O. Rdnr. 32 - DOUBLEMINT; a. a. O. Rdnr. 38, 39 - BIOMILD). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

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Die angemeldete Marke setzt sich aus den Wörtern "Strategy" und "Circle" zusammen.

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Bei dem Markenbestandteil "Strategy" handelt es sich um einen allgemeinen Begriff der englischen Sprache mit den Bedeutungen "Strategie, Taktik, Kriegskunst oder Planung" (Pons, Großwörterbuch, Englisch-Deutsch, 2002, S. 898; Duden-Oxford - Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl., 2005 [CD-ROM]; LEO-Online Lexikon der TU München unter dict.leo.org).

17

Das zweite Markenwort "Circle" stellt ebenfalls einen Begriff des englischen Grundwortschatzes dar und wird mit "Kreis, Rang, Runde, Zirkel, Felge, Felgumschwung, Gesellschaft, Kreislinie, Lebensdauer, Ring, Ronde oder Zyklus" übersetzt (Pons, Großwörterbuch, Englisch-Deutsch, 2002, S. 139; Duden-Oxford - Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl., 2005 [CD-ROM]; LEO-Online Lexikon, a. a. O.).

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Da beide Begriffe zu dem beim inländischen Durchschnittsverbraucher vorhandenen Basiswissen der englischen Sprache gehören, wird die verfahrensgegenständliche Wortfolge von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen entsprechend der deutschen Wortkombination in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen, die im Bereich der Unternehmensberatung angesiedelt sind, ausschließlich als "Strategiezirkel" oder "Strategiekreis", also als ein auf verschiedenen Fachgebieten gebildeter Arbeitskreis von Entscheidungsträgern oder Führungskräften verstanden werden, zumal dieser Begriff, wie eine Internetrecherche des DPMA und des Senats gezeigt hat, auch bereits verwendet wird, z. B. von einer Coachingfirma, in der öffentlichen Verwaltung, in der Medienindustrie, im Gesundheitswesen, im Handel, in der Telekommunikation, im Gesundheits- und Versicherungswesen sowie auf dem Energiesektor. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kommt eine Übersetzung des Wortes "Circle" mit dem deutschen Begriff für das Zeichengerät "Zirkel" auch schon deshalb nicht in Betracht, weil die englische Übersetzung dafür nicht "circle", sondern "pair of compasses" lautet (Pons, Großwörterbuch, Deutsch-Englisch, 2002, S. 880; Duden-Oxford, a. a. O.). Hinzu kommt, dass der Sinngehalt einer Marke ausschließlich in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu beurteilen ist. Im Zusammenhang mit den im Bereich der Unternehmensberatung angesiedelten Dienstleistungen macht aber nur die Bedeutung "Strategiezirkel" oder "Strategiekreis" Sinn. Ferner handelt es sich bei den angesprochenen Verkehrskreisen eher um Fachkreise aus Wirtschaft und Industrie, in welchen Englisch die internationale Basis- und Verkehrssprache ist, so dass sie den angemeldeten Markenbegriff ohne weiteres verstehen.

19

Mit dieser Gesamtbedeutung stellt die angemeldete Marke in Bezug auf die angemeldeten Dienstleistungen einen unmittelbar beschreibenden Hinweis auf deren Art, Erbringer, Zielgruppe oder Inhalt dar.

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Denn alle in Klasse 35 beanspruchten Dienstleistungen "Unternehmensberatung; Beratung in Fragen der Geschäftsführung; Marktforschung und Marktanalyse; Marketing; Personalmanagementberatung" können von einem Strategiezirkel erbracht oder benötigt werden. Sie können dazu dienen, einen Kreis besonders kompetenter Entscheidungsträger oder Führungskräfte dabei zu unterstützen, Strategien zur Lösung anstehender Probleme zu entwickeln, also Arbeits-(Strategie-)kreise bei der Entscheidungsfindung zu beraten, oder bei der Bildung solcher Zirkel initiierend oder unterstützend mitzuwirken.

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Die in Klasse 41 angemeldeten Dienstleistungen "Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, Kongressen, Symposien, Seminaren und Workshops" können sich inhaltlich mit der Bildung oder Durchführung von "Strategiezirkeln" oder mit innerhalb von "Strategiezirkeln" zu behandelnden Themen befassen.

22

Auch als lexikalisch nicht nachweisbare sprachliche Neuschöpfung ist das Anmeldezeichen nicht so ungewöhnlich, dass es in Bezug auf die genannten Dienstleistungen einen über die bloße Summe ihrer beschreibenden Bestandteile hinausgehenden individualisierenden Herkunftshinweis darstellen kann (vgl. EuGH a. a. O. Rdnr. 37 - BIOMILD). Die Neuschöpfung hat vielmehr selbst ausschließlich beschreibenden Charakter und wird auch im inländischen Sprachgebrauch als reine Sachbezeichnung aufgefasst.

23

Da die Wortfolge "Strategy Circle" im Verkehr zur Beschreibung der von der Anmeldung erfassten Dienstleistungen dienen kann und somit nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist, kann dahingestellt bleiben, ob darüber hinaus auch das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) vorliegt.

24

Der Umstand, dass 69 deutsche Wortmarken mit dem Endbestandteil "Circle" und 20 weitere mit dem Anfangsbestandteil "Strategy" jeweils in den beiden Klassen 35 und 41 eingetragen wurden, ändert nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit des vorliegend zu beurteilenden Anmeldezeichens. Zwar kann eine uneinheitliche Entscheidungspraxis des DPMA, die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG darstellen. Dies setzt aber voraus, dass sich die bisherige Amtspraxis als willkürlich herausstellt und nicht erkennen lässt, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche rechtswidrig waren (BPatG 29 W (pat) 43/04 - juris Tz. 15 - print24). Ferner wird verlangt, dass der Beschwerdeführer seiner - die Amtsermittlung immanent einschränkenden - materiellen Mitwirkungslast nachkommt. Das bedeutet, dass er substantiiert zur Vergleichbarkeit des Eintragungszeitpunkts, des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses, der Zeichen selbst und der jeweiligen Rechtsprechungssituation vortragen muss. Es genügt nicht, ähnlich geartete Voreintragungen ohne eigene Auswertung und Gegenüberstellung nach den vorgenannten Kriterien schlicht aufzuzählen (BPatG GRUR 2009, 1173, 1175 - Freizeit-Rätsel-Woche). Hinzu kommt, dass sich allein aus einer oder wenigen vorangegangenen Entscheidungen noch nicht der Vorwurf einer willkürlichen Ungleichbehandlung ableiten lässt, zumal es sich um rechtswidrig vorgenommene Eintragungen oder Eintragungen vor Eintritt einer Richtlinien- oder Rechtsprechungsänderung handeln kann. Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (EuGH GRUR 2009, 667, 668 Rdnr. 18 - Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und SCHWABENPOST ). Für die erforderliche Bereinigung des Markenregisters sieht das Gesetz das Löschungsverfahren vor, das von jedermann eingeleitet werden kann.

25

Von den neun in den letzten fünf Jahren vorgenommenen Eintragungen, welche die Beschwerdeführerin entsprechend ihrer Mitwirkungspflicht näher dargestellt hat, ist eine einzige vollständig vergleichbar, nämlich die am 3. Juli 2008 für u. a. teilweise identische und teilweise hochgradig ähnliche Dienstleistungen der Klassen 35 und 41 eingetragene Marke "Inner Circle Consultants" (Anlage 11, Bl. 83 GA). Drei weitere sind nur teilweise vergleichbar: die am 25. Februar 2009 für identische Dienstleistungen der Klasse 41 eingetragene Marke " CIRCLE OF SUPERCHEFS " (Anlage 11, Bl. 91 GA), die am 29. März 2007 für identische Dienstleistungen der Klasse 41 eingetragene Marke "Dynamic Investment Circle" (Anlage 11, Bl. 89 GA) und die für identische Dienstleistungen in Klasse 35 am 15. Mai 2006 eingetragene Marke "CRS-Customer Revival Strategy" (Anlage 11, Bl. 90 GA). Die übrigen sieben in den letzten fünf Jahren vom DPMA eingetragenen Marken " LabCircle ", "Magic Circle", " FirstCircle " (Anlage 11, Bl. 84 - 88 GA), "World Mobility Circle" und "Messaging Strategy" (Anlage 11, Bl. 92 -95 GA) sind weder unmittelbar beschreibend, noch kann ihnen jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Die weiteren von der Beschwerdeführerin näher dargelegten, im Zeitraum von 1994 bis 2004 eingetragenen 15 Marken sind überwiegend nicht vergleichbar und liegen zudem bereits zu lange zurück, um eine Richtlinien- oder Rechtsprechungsänderung ausschließen zu können. Eine willkürliche Ungleichbehandlung durch das DPMA kann daher nicht festgestellt werden.

26

Die Tatsache, dass identische Wortmarken als Gemeinschaftsmarke (1 797 166) sowie in den USA, Kanada und Australien für identische Dienstleistungen der Klasse 41 sowie in Großbritannien und Neuseeland für vergleichbare Dienstleistungen der Klasse 35 eingetragen bzw. registriert wurden, ist nicht geeignet, das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auszuräumen. Selbst die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union auf der Grundlage des harmonisierten Markenrechts oder vom Harmonisierungsamt aufgrund der Gemeinschaftsmarkenverordnung getroffenen Entscheidungen über absolute Eintragungshindernisse sind für nachfolgende Verfahren in anderen Mitgliedstaaten unverbindlich (EuGH GRUR 2004, 428, 432, Nr. 63 - Henkel; GRUR 2004, 674 Rdnr. 43 f. - Postkantoor). Sie vermögen nicht einmal eine Indizwirkung zu entfalten (BGH GRUR 2009, 778, 779 Rdnr. 18 - Willkommen im Leben). Erst recht gilt dies für Eintragungen in Staaten außerhalb des harmonisierten Markenrechts, die unter teilweise anderen rechtlichen Voraussetzungen erfolgt sind.

27

Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 83 Abs. 2 MarkenG zugelassen, weil der vorliegende Fall im Hinblick auf den Beschluss des Xa. Senats des Bundesgerichtshofs vom 15. April 2010 (- Xa ZB 10/09 -), mit dem im Bereich des Patentrechts entschieden worden ist, dass die deutschen Gerichte Entscheidungen, die durch die Instanzen des Europäischen Patentamts oder durch Gerichte anderer Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens ergangen sind und eine im Wesentlichen gleiche Fragestellung betreffen, zu beachten und sich gegebenenfalls mit den Gründen auseinanderzusetzen zu hätten, die bei der vorangegangenen Entscheidung zu einem abweichenden Ergebnis geführt haben (Tz. 14), die Frage aufwirft, ob diese Vorgehensweise auch im Bereich des Markenrechts bei identischen oder ähnlichen Eintragungen fremdsprachiger Marken durch das Harmonisierungsamt, in Mitgliedstaaten der EU oder im übrigen Ausland geboten ist. Bis zu seiner Entscheidung am 4. Dezember 2008 (- I ZB 48/08, GRUR 2009, 778, 780 Rdnr. 18 - Willkommen im Leben), in welcher er auf die beiden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 12. Februar 2004 (GRUR 2004, 428, 432 Rdnr. 63 - Henkel/Waschmittelflasche; a. a. O. 674, 676 Rdnr. 43 - Postkantoor) Bezug nimmt, hat der I. Zivilsenat in ständiger Rechtsprechung die Rechtsauffassung vertreten, dass der Eintragung identischer oder ähnlicher fremdsprachiger Marken durch das HABM oder in anderen Ländern zwar keine rechtliche Bindung, aber zumindest eine Indizwirkung zuzumessen sei (BGH GRUR 2006, 850, 855 Rdnr. 27 - FUSSBALL WM 2006; 2005, 578, 580 - LOKMAUS ; 2004, 506, 507 - Taschenlampe; 2001, 1046, 1047 - GENESCAN; GRUR Int 2001, 462, 464 - Stabtaschenlampen; GRUR 1999, 988, 989 f. - HOUSE OF BLUES ; 1996, 771, 772 - THE HOME DEPOT ; 1991, 136, 138 - NEW MAN; 1990, 517 - SMARTWARE; 1989, 421, 422 - Conductor; 1988, 379, 380 - RIGIDITE ), es sei denn, das Markenwort habe als Fremdwort Eingang in die deutsche Sprache gefunden und das Freihaltebedürfnis müsse nach dem Sprachsinn und nach der Bedeutung des Fremdworts in Deutschland beurteilt werden (BGH GRUR 1993, 746, 747 - Premiere). Von dieser grundsätzlichen Indizwirkung ist er aber in seiner Entscheidung vom 4. Dezember 2008 (GRUR a. a. O. - Willkommen im Leben) ohne weitere Begründung nicht mehr ausgegangen. Ein ausdrückliches Abrücken von der vorhergehenden Ansicht ergab sich daraus nicht. Aufgrund der bereits dargestellten Entscheidung des Xa. Zivilsenats ergab sich für den Senat nunmehr die Frage, ob identische oder ähnliche Markeneintragungen des Harmonisierungsamtes, in Mitgliedstaaten der EU oder im übrigen Ausland von deutschen Gerichten zu berücksichtigen sind. Dies bedarf einer höchstrichterlichen Klärung.