Entscheidungsdatum: 05.11.2014
In der Beschwerdesache
…
betreffend die international registrierte Marke IR 953 766
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 17. September 2014 am 5. November 2014 durch die Richterin Dorn als Vorsitzende, die Richterin Winter sowie die Richterin Kriener
beschlossen:
Die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 7 IR, vom 19. Januar 2010 und 9. Mai 2012 werden aufgehoben, soweit die Erstreckung des Schutzes der international registrierten Marke IR 953 766 für folgende Dienstleistungen verweigert worden ist:
Klasse 40: Rental of waste compacting machines and apparatus; rental of waste crushing machines and apparatus; providing material treatment information; collection, sorting and disposal of waste and trash.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I.
Die Inhaberin der am 9. November 2007 international registrierten Wortmarke IR 953 766
Hybrid Bypass
begehrt beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) die Schutzerstreckung auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland für die folgenden Waren und Dienstleistungen:
Klasse 7: Cement ingredient adjusters; mining machines and apparatus; construction machines and apparatus; loading and unloading machines; chemical processing machines and apparatus, waste compacting machines and apparatus; waste crushing machines; harmful substance removal devices for waste treatment equipment; other wastes treatment equipment;
Klasse 11: Harmful substance removal devices for an industrial furnace and industrial furnaces; nuclear reactors (atomic piles); garbage incinerators; boilers; waste water treatment tanks (for industry purpose); drying machines and apparatus; recuperators (for chemical processing); evaporators (for chemical processing); heat exchangers (for chemical processing);
Klasse 37: Construction of a cement manufacturing plant; other construction; construction consultancy; operation, check or maintenance of building equipment; repair or maintenance construction machines and apparatus; repair or maintenance of plastic processing machines and apparatus; repair or maintenance of waste compacting machines and apparatus; repair or maintenance of waste crushing machines and apparatus; repair or maintenance of chemical plants;
Klasse 40: Processing of cement and the cement products; processing of rubber; processing of plastics; recycling of waste; rental of waste compacting machines and apparatus; rental of waste crushing machines and apparatus; providing material treatment information; collection, sorting and disposal of waste and trash;
Klasse 42: Design of the cement manufacturing plants; other designs; research and development, investigation about the harmful substance removal in the cement manufacturing; other testing or research on preventing of pollutions; research on building construction or city planning; testing or research on civil engineering; providing computer programs; computer software design; computer programming, or maintenance of computer software.
Mit Beschlüssen vom 19. Januar 2010 und vom 9. Mai 2012, von denen Letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat das DPMA, Markenstelle für Klasse 7 IR, den nachgesuchten Schutz wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines bestehenden Freihaltebedürfnisses verweigert.
Zur Begründung ist ausgeführt, dass es sich bei der schutzsuchenden Bezeichnung um eine bezogen auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibende Angabe handele. Der Bestandteil „Hybrid“ sei in die deutsche Sprache als Fachbegriff integriert worden und bezeichne Systeme, die aus meist zwei unterschiedlichen Baugruppen bestünden, die demselben Zweck dienten. Hybrid - Technologien seien bereits in vielen technischen Bereichen vertreten und entsprechend existierten verschiedene Wortkombinationen mit dem vorangestellten Bestandteil „Hybrid“, wie etwa „Hybrid-Laser“, „Hybridantrieb“, „Hybridschaltung“. Auch der Begriff „Bypass“ sei im Bereich der Technik mit der Bedeutung „Umführung“ etabliert. Infolgedessen werde die Wortzusammenstellung „Hybrid Bypass“ als werbemäßige Herausstellung von Produkteigenschaften dahingehend verstanden, dass es sich bei den so bezeichneten Waren um solche handle, die über ein System verfügten, bei dem zwei unterschiedliche Technologien miteinander kombiniert würden, und die darüber hinaus mit einem Bypass ausgestattet seien. Sämtliche Waren der Klassen 7 und 11 könnten eine derartige Technologie enthalten und/oder Bestandteil dieser Technologie sein. Die Dienstleistungen der Klassen 37, 40 und 42 könnten allesamt die in den Klassen 7 und 11 beanspruchten Waren zum Gegenstand der Leistungserbringung haben oder speziell auf diese ausgerichtet sein. Die Aneinanderreihung dieser zwei beschreibenden Begriffe führe zu einer schlagwortartigen, sofort erfassbaren, werbemäßigen Beschaffenheits- und Bestimmungsangabe ohne erkennbaren herkunftshinweisenden Gehalt. Die darin enthaltene Sachaussage sei weder unklar noch mehrdeutig.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der international registrierten Marke, mit der sie ausführt, bei der in Rede stehenden Bezeichnung handele es sich um eine Neuschöpfung, die objektiv betrachtet keinen schlüssigen Sinngehalt besitze. Bei dem von den einschlägigen Waren und Dienstleistungen angesprochenen Verkehrskreisen handele es sich vorwiegend um ein Fachpublikum, das in der Regel nur die geläufige und eindeutige Fachsprache verwende. Ein Sinngehalt der fraglichen Begriffskombination sei aber aus Sicht der Fachkreise nicht ohne Weiteres verständlich und nicht hinreichend spezifiziert, um die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zweckmäßig zu beschreiben. Diese stünden vielmehr in keinem Zusammenhang mit dem Begriff „Hybrid Bypass“ und könnten nicht durch ihn beschrieben werden. Die Wortmarke sei interpretationsbedürftig, da es eine Vielzahl von Deutungsmöglichkeiten gebe, wovon keine eindeutig im Vordergrund stehe. Daher könne allenfalls von einer theoretischen Beschreibungseignung ausgegangen werden. Auch spreche für das Vorliegen der Unterscheidungskraft die Kürze und Prägnanz der Marke, die zudem Originalität aufweise. Aus den angegriffenen Beschlüssen gehe im Übrigen nicht klar hervor, aus welchen Gründen sich die mangelnde Unterscheidungskraft im Einzelnen ergebe.
Die Inhaberin der international registrierten Marke und Beschwerdeführerin beantragt,
die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 7 IR, vom 19. Januar 2010 und 9. Mai 2012 aufzuheben.
Hilfsweise werden die Hilfsanträge Ziffer I, Ziffer I` und Ziffer II aus dem Schriftsatz vom 14. August 2012 gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen „Rental of waste compacting machines and apparatus; rental of waste crushing machines and apparatus; providing material treatment information; collection, sorting and disposal of waste and trash“ der Klasse 40 Erfolg. Im Übrigen steht einem Schutz der international registrierten Marke „Hybrid Bypass“ für die Bundesrepublik Deutschland das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 119, 124, 113, 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG i. V. m. Art. 5 PMMA, Art. 6 quinquies B Nr. 2 PVÜ entgegen. Insoweit hat die Markenstelle für Klasse 7 IR den Schutz für die Bundesrepublik Deutschland zu Recht verweigert.
1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, welches die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (BGH GRUR 2014, 569 Rdnr. 10 – HOT; GRUR 2013, 731 Rdnr. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rdnr. 7 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rdnr. 8 – Link economy; GRUR 2010, 1100, Rdnr. 10 - TOOOR!; GRUR 2010, 825, 826, Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854, Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Die Hauptfunktion der Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – HOT; a. a. O. – TOOOR!; GRUR 2009, 778 Rdnr. 11 – Willkommen im Leben). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (BGH GRUR 2013, 1143 Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten), wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412, Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944, Rdnr. 24 - SAT 2; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2013, 522 Rdnr. 11 – Deutschlands schönste Seiten; GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 – DeutschlandCard; a. a. O. Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH a. a. O. – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten – Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH a. a. O. 855, Rdnr. 19, 28 f. - FUSSBALL WM 2006).
Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft wird das international registrierte Zeichen in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klasse 7, 11 und die Dienstleistungen der Klassen 37 und 42 und Teile der Klasse 40 nicht gerecht. Denn für diese Waren und Dienstleistungen, die sich vorwiegend an die Fachkreise richten, erschöpft sich die Wortzusammenstellung „Hybrid Bypass“ lediglich in dem beschreibenden Hinweis auf die in die Waren inkorporierte oder diesen zugrundeliegende und den Gegenstand der Dienstleistungen darstellende Hybrid- und Bypass Technologie und eignet sich somit nicht als Herkunftshinweis.
a) Das um Schutz für die Bundesrepublik Deutschland nachsuchende international registrierte Zeichen besteht aus den Begriffen "Hybrid" und „Bypass“. Bei „Hybrid“ handelt es sich um die ursprünglich aus dem Lateinischen stammende und mittlerweile in die deutsche Sprache eingegangene Bezeichnung für eine „Mischform“, in der Technik für ein „aus unterschiedlichen Prozessen zusammengesetztes Ganzes“. In vielen technischen Bereichen werden hybride Technologien eingesetzt, sei es, dass verschiedene Antriebsarten etwa im Fahrzeugbereich kombiniert werden (Hybridantrieb, Hybridfahrzeug, Hybridauto - vgl. hierzu DUDEN, Die deutsche Rechtschreibung, 24. Auflage 2006 Dudenverlag), dass EDV-Anlagen sowohl analog als auch digital arbeiten (Hybridrechner - vgl. hierzu DUDEN, a. a. O.) oder auch Automatisierungstechniken miteinander verbunden werden, beispielsweise bei den sog. „Hybrid-Industrien“ die Fertigungsautomatisierung und Prozessautomatisierung (siehe hierzu Anlage 4 der in der mündlichen Verhandlung am 17. September 2014 überreichten Recherchebelege „…Megatrend Hybrid-Automatisierung…“ aus: advance April 2/2004). Im IT- Bereich ist von einer Hybridsoftware, die auf verschiedenen Betriebssystemen läuft, die Rede, im Bauwesen werden Verbundsysteme und Verbundbaustoffe als Hybride bezeichnet. Im Bereich der Zementindustrie ist für die Prozessfiltration bereits der Einsatz eines Hybridverfahrens in Form von sogenannten „Hybridfiltern“ nachweisbar, d.h. von Filtern, bei denen die Elektrofiltertechnologie mit der Schlauchfiltertechnologie kombiniert wird (vgl. „… Trends bei Prozessfiltern in der Zementindustrie …“, www.zkg.de/artikel/zkg_2009_09_ – Anlage 1 der am 17. September 2014 überreichten Belege).
Aus alledem folgt, dass für solche Waren, die mit einem Antriebssystem ausgestattet sind, bei denen es um den Ablauf bestimmter Prozesse geht oder im Bereich der Zementindustrie bei den Waren, die mit Hybridfiltration ausgestattet sein können, „Hybrid“ naheliegend nur als Hinweis auf die enthaltene Hybridtechnologie verstanden wird, also als Hinweis auf die Beschaffenheit der so bezeichneten Waren, nicht aber als Hinweis auf deren Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen.
Dies trifft folglich auf die Maschinen und Apparate der Klassen 7 zu, die alle mit Hilfe einer Hybridtechnologie angetrieben werden können oder im Fall der „harmful substance removal devices for waste treatment equipment; other wastes treatment equipment“ selbst Teil eines Hybridsystems, etwa der Hybridfiltration, sein können. Ebenso können die Waren der Klasse 11, bei denen unterschiedliche - auch chemische - Prozesse nebeneinander ablaufen können und die sich teilweise auf die Zementherstellung oder -verarbeitung beziehen können, mit Hybridtechnologie, sei es im Antrieb, bei der Filtration oder im Ablauf der stattfindenden Prozesse, ausgestattet sein.
Die Hybridtechnologie kann Bestandteil von Industrieanlagen, Gebäuden oder Maschinen und Apparaten, auf die sich die technikbezogenen Konstruktions-, die Bauberatungs-, Betriebs-, Überwachungs-, Reparatur- und Instandhaltungsdienste der Klasse 37 beziehen, sein. Somit können die Dienstleistungen “Construction of a cement manufacturing plant; other construction; construction consultancy; operation, check or maintenance of building equipment; repair or maintenance construction machines and apparatus; repair or maintenance of plastic processing machines and apparatus; repair or maintenance of waste compacting machines and apparatus; repair or maintenance of waste crushing machines and apparatus; repair or maintenance of chemical plants“ die Hybridtechnologie zum Inhalt und Gegenstand haben. Im Bereich der verweigerten Dienstleistungen der Klasse 40, betreffend die Verarbeitung von Zement und Zementprodukten, von Gummi, Plastik und des Recycelns von Abfall sowie der auf die Technik bezogenen Designer- und Test-, Recherche- oder IT-Entwicklungsdienste der Klasse 42 kann die Hybridtechnologie gleichermaßen als Inhalt, Gegenstand oder schwerpunktmäßige Ausrichtung dieser Dienstleistungen eine Rolle spielen.
Bei dem weiteren Marken-Bestandteil „Bypass“ handelt es sich um, wie die Markenstelle für Klasse 7 IR bereits zu Recht und mit Recherchen unterlegt ausgeführt hat, den englischen Begriff der „Umgehung“ , der sich im Bereich der Technik zur Bezeichnung von „Umleitungs-“ oder „Umgehungssystemen“ bereits eingebürgert hat. „Bypass“- Lösungen werden, wie die Ergebnisse der dem Beschluss der Markenstelle vom 19. Januar 2010 beigefügten Recherchen zeigen, in vielen technischen Bereichen eingesetzt. So wird in einem Dieselmotor für Kraftfahrzeuge ein „selbstregelnder Verdichter-Bypass“ eingebaut, in hydraulischen Systemen „Bypass Ölreiniger“, „Bypass (Mikro)Filtration“ betrieben. Nach den ergänzenden Recherchen des Senats sind auch im vorliegend einschlägigen Waren- und Dienstleistungsbereich der Zementindustrie, im Bergbau oder bei Energieanlagen Bypass-Anlagen und Bypass-Systeme im Einsatz (beispielsweise „ … Power Plant Steam Turbine Bypass System …“ – Anlage 6 der o. g. Senatsrecherche; „… im Bergbau … Demontage einer Pumpe im Bypass-Kreislauf…“ – Anlage 7 der Senatsrecherche; „… In der Welt der Baumaschinen … Der Zentrifuge Bypass Filter schützt Motoren mit Zentrifugalkraft …“ – Anlage 9 der Senatsrecherche). Diese Systeme dienen unter anderem dazu, (chemische) Stoffe oder Gase, die in der Anlage entstehen, getrennt von anderen Stoffen, auch um sie wiederaufzuarbeiten oder wiederverwenden zu können, auszuleiten, um Verstopfungen zu verhindern, auszufiltern oder umzuleiten (vgl. hierzu Anlagen 1a bis Anlage 3 der Senatsrecherche, Anlagen 5 bis 8 der Senatsrecherche). Insoweit eignet sich der technische Begriff „Bypass“ im Zusammenhang mit den Maschinen und Apparaten der Klassen 7 naheliegend als Hinweis darauf, dass deren Motoren oder Filtrationsanlagen mit einem Bypass System ausgestattet sind. Ebenso können die Waren der Klasse 11 „harmful substance removal devices for an industrial furnace and industrial furnaces; nuclear reactors (atomic piles); garbage incinerators; boilers; waste water treatment tanks (for industry purpose); drying machines and apparatus; recuperators (for chemical processing); evaporators (for chemical processing); heat exchangers (for chemical processing)”, bei denen die Verbrennung und Erwärmung von Stoffen eine Rolle spielt oder chemische Prozesse ablaufen bzw. in Gang gesetzt werden, mit Bypässen ausgestattet sein, die Stoffe filtern, trennen oder um- und ausleiten.
Auch im Bereich der technikbezogenen Dienstleistungen der Klasse 37 “Construction of a cement manufacturing plant; other construction; construction consultancy; operation, check or maintenance of building equipment; repair or maintenance construction machines and apparatus; repair or maintenance of plastic processing machines and apparatus; repair or maintenance of waste compacting machines and apparatus; repair or maintenance of waste crushing machines and apparatus; repair or maintenance of chemical plants“ kann ein Bypass System der jeweiligen Anlage Inhalt und Gegenstand der Dienstleistungen sein. Im Bereich der verweigerten Dienstleistungen der Klasse 40 betreffend die Verarbeitung von Zement und Zementprodukten, von Gummi, Plastik und des Recycelns von Abfall und der Designer- und Test-, Recherche- oder IT-Entwicklungsdienstleistungen der Klasse 42 kann ein Bypass System gleichermaßen als Inhalt, Gegenstand oder Ausrichtung dieser Dienstleistungen eine Rolle spielen.
b. Vor diesem Hintergrund besagt das Zeichen „Hybrid Bypass“ für sämtliche Waren, für die der Schutz verweigert wurde, dass diese sowohl ein Hybrid- als auch ein Bypass-Verfahren beinhalten oder mit diesen ausgestattet sind, bzw. für die hier in Rede stehenden Dienstleistungen, dass diese sowohl ein Hybrid- als auch ein Bypass-Verfahren zum Gegenstand und Inhalt haben. Diese Wortzusammenstellung zweier jeweils beschreibender Fachbegriffe entbehrt daher der Unterscheidungskraft. Zwar ist es, wie die Beschwerdeführerin zu Recht anführt, grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass selbst nicht unterscheidungskräftige Einzelelemente sich durch ihre Zusammenstellung zu einem schutzfähigen Zeichen verbinden. Voraussetzung hierfür wäre aber, dass der durch die Kombination der Begriffe bewirkte Gesamteindruck über die Zusammenfügung beschreibender Elemente hinausgeht und sich nicht bloß in deren Summenwirkung erschöpft. Eine solche die Summenwirkung übersteigende und damit schutzbegründende Wirkung kann in syntaktischer oder semantischer Art durch eine besondere sprachliche Ausgestaltung oder durch die Ungewöhnlichkeit der Kombination erzielt werden (vgl. hierzu beispielsweise EuGH GRUR 2004, 680 – Rdnr. 39 ff –BIOMILD; BGH GRUR 2009, 949, Rdnr. 13 - My World; GRUR 2012, 272, Rdnr. 12 – Rheinpark-Center Neuss; GRUR 2014, 565 Rdnr. 21 - smartbook). Davon kann bei der vorliegenden bloßen Aneinanderreihung zweier gebräuchlicher technischer Begriffe, die beide technische Verfahren oder technische Systeme bezeichnen, die zwar nicht zwingend aufeinander bezogen sind oder sich ergänzen, aber schlagwortartig die Beschaffenheit der Waren oder den Gegenstand der Dienstleistungen angeben und sich in dieser sachbezogenen Aussage erschöpfen, nicht die Rede sein. Ein merklicher, ungewöhnlicher Unterschied zwischen der Kombination in ihrer Gesamtheit und der bloßen Summe ihrer Bestandteile, die von einem rein sachbezogenen Aussagegehalt wegführen könnte, fehlt.
Da bereits das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt, kann aus Sicht des Senats dahinstehen, ob der Schutzerstreckung der international registrierten Marke für Deutschland darüber hinaus das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht.
2. In Bezug auf die im Tenor aufgeführten Dienstleistungen der Klasse 40 „Rental of waste compacting machines and apparatus; rental of waste crushing machines and apparatus; providing material treatment information; collection, sorting and disposal of waste and trash“ kann der IR-Marke nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.
In Bezug auf die Vermietungsdienstleistungen konnte der Senat nicht feststellen, dass diese üblicherweise durch die in dem Mietgegenstand enthaltenen besonderen Technologien oder das beinhaltende System bezeichnet werden oder solche technischen Besonderheiten wie ein vorhandenes Bypass-System oder die Hybridtechnologie der zu mietenden Waren detailliert herausgestellt werden. Vielmehr ist für diese die Angabe der Branche oder Maschinenkategorie (z. B. Baustelleneinrichtung, Garten- und Park; Stein- und Betonbearbeitung; Erdbewegungsmaschinen), des Techniksektors (z. B. Aufzug- und Hebetechnik; Installationstechnik; Heiz- und Klimatechnik) oder des Maschinentyps geläufig. Für die hier einschlägigen Maschinen der Abfalltechnik gilt insoweit nichts Abweichendes (vgl. auch Verzeichnis der Vermieter von Müllpressen unter www.wlw.de/treffer/müllpressen.html). Entsprechendes gilt auch für die Dienstleistungen „Providing material treatment information“ und „collection, sorting and disposal of waste and trash“. Dass Hybridverfahren oder Bypass-Systeme in einem Zusammenhang mit dem Gegenstand dieser Dienste stehen, konnte der Senat nicht ermitteln. Es sind mehrere Gedankenschritte notwendig, um insoweit zu einem beschreibenden Aussagegehalt der IR-Marke zu gelangen, etwa dahingehend, dass die Dienstleistungen des Sammelns, Sortierens und Entsorgens von Müll mittels mit Hybriden und Bypässen ausgestatteten Anlagen, Maschinen oder Apparaten erbracht werden. Deshalb wird die Bezeichnung „Hybrid Bypass“ für diese Dienstleistungen von den angesprochenen Verkehrskreisen als Herkunftshinweis wahrgenommen. Mangels eines unmittelbar beschreibenden Aussagegehaltes sind auch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erkennbar.
3. Die in der Beschwerdebegründung am 14. August 2012 hilfsweise beantragten Einschränkungen des Warenverzeichnis in den Hilfsanträgen I, I´ sowie II können - ungeachtet der aus Sicht des Senats nicht abschließend zu entscheidenden Frage, ob die hilfsweise Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses überhaupt zulässig wäre - der Beschwerde nicht weitergehend zum Erfolg verhelfen. Soweit die im Tenor bezeichneten Dienstleistungen betroffen sind, ist der Hauptantrag bereits erfolgreich, sodass die Bedingung der Erfolglosigkeit des Hauptantrags insoweit in Bezug auf die Hilfsanträge nicht eingetreten ist. Hinsichtlich der übrigen Waren und Dienstleistungen sind mit den Hilfsanträgen jeweils nur einzelne Waren oder Dienstleistungsbegriffe gestrichen worden, für die aus den oben genannten Gründen die Schutzerstreckung auf die Bundesrepublik Deutschland zu Recht verweigert worden ist.