Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 16.01.2013


BPatG 16.01.2013 - 28 W (pat) 76/11

Markenbeschwerdeverfahren – "We do more" – Werbeaussage allgemeiner Art - keine Unterscheidungskraft – im Beschwerdeverfahren eingereichte Unterlagen zur Verkehrsdurchsetzung – Zurückverweisung an das DPMA


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
28. Senat
Entscheidungsdatum:
16.01.2013
Aktenzeichen:
28 W (pat) 76/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 047 239.4

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. Januar 2013 durch die Vorsitzende Richterin Klante, die Richterin Kopacek und den Richter am Amtsgericht Jacobi

beschlossen:

1. Die Beschwerde wird im Hauptantrag zurückgewiesen.

2. Auf den Hilfsantrag werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 07, vom 18. August 2010 sowie 19. Juli 2011 aufgehoben und die Sache zur Prüfung der Verkehrsdurchsetzung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen 30 2009 047 239.4

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We do more

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ist am 7. August2009 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

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Klasse 06: Abflussrohre aus Metall; Bottiche aus Metall; Behälter (Tanks) aus Metall; Maischebottiche für die Bierherstellung; Rohrleitungen aus Metall;

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Klasse 07: Maschinen für Getränke-, Lebensmittel-, Pharma-, chemische und kunststoffverarbeitende Industrie; Abfüllmaschinen; Maschinen zum Reinigen von Flaschen; Maschinen zum Herstellen, Beschichten, Transportieren, Behandeln, Verpacken und Recyceln von Flaschen, Dosen, Gläsern, Gebinden, Kartons, Flaschenkästen und Stückgütern; Palettier-, Entpalettier-, Einpack-, Auspack-, Sortier-, Reinigungs-, Inspektions-, Füll-, Verschließ-, Etikettier- und Verpackungsmaschinen; Spritzguss-, Spritzblas-, Extrusionsblas-, Streckblas-, und Blasmaschinen zum Herstellen von Behältnissen aus Kunststoff; Maschinen zum Speichern, Transportieren, Prüfen, Sortieren, Abkühlen, Erwärmen und Verformen von Rohlingen für Kunststoffflaschen; Bestandteile von Lagersystemen für die Getränke-, Lebensmittel-, Pharma-, chemische und kunststoffverarbeitende Industrie, nämlich pneumatische oder hydraulische Antriebe, Bandförderer, Druckluftförderer, Druckregler, Druckventile, Maschinengehäuse, Motoren und Ventile;

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Klasse 11: Filteranlagen für die Getränkeherstellung; Sterilisations- und Pasteurisiermaschinen; Wärmepumpen; Wärmetauscher; Anlagen zur Wärmebehandlung von Getränken; Wasseraufbereitungsanlagen.

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Mit Beschlüssen vom 18. August2010 und vom 19. Juli2011, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse07 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das aus einfachen englischen Begriffen zusammengesetzte Zeichen „We do more“ werde in seiner deutschen Bedeutung im Sinne von "Wir tun mehr" von den angesprochenen inländischen Fachkreisen ohne weiteres und ohne analysierende Gedankengänge erkannt. Es erschöpfe sich in der sachbezogenen Werbeaussage, dass den betreffenden Waren eine besondere Leistungsbereitschaft des Herstellers zugrunde liege. Dieses „Mehr“ an Leistung könne sich beispielsweise auf eine besondere Qualität der Waren oder auf einen besonderen Service rund um die Produkte beziehen. Eine derart allgemein gehaltene Werbeaussage könne unterschiedslos in allen Bereichen, also sowohl für Dienstleistungen als auch für Waren, eingesetzt werden. Die universelle Einsetzbarkeit dieses Werbeslogans in den verschiedensten Branchen ergebe sich auch aus den übermittelten Recherchebelegen des DPMA. Die angemeldete Wortfolge sei damit geeignet, sämtliche beanspruchten Waren der Klassen 06, 07 und 11 – unabhängig ihres Einsatz- und Verwendungszwecks – als die qualitativ „Besseren“ zu kennzeichnen bzw. dem Verbraucher nur die Überlegenheit dieser Produkte gegenüber Konkurrenzerzeugnissen zu versprechen. Der Verkehr werde daraus also nicht auf einen spezifischen Anbieter dieser Waren schließen, so dass sich das Anmeldezeichen nicht als betrieblicher Herkunftshinweis eigne. Soweit die Anmelderin geltend gemacht habe, dass die angemeldete Wortfolge bereits mit hohem Investitionsaufwand benutzt werde und sich im Verkehr durchgesetzt habe, reichten die eingereichten Unterlagen zur Glaubhaftmachung nicht aus.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie ausführt, dass sich die von der Markenstelle angenommenen Bedeutungsgehalte der angemeldeten Wortfolge „We do more“ nur über mehrere Interpretationsschritte und Ergänzungen erschließen würden. Die übermittelten Recherchebelege des Amtes ließen auch keine Werbeüblichkeit der gegenständlichen Wortfolge erkennen. Zum einen sei die Wendung „We do more“ oder „Wir tun mehr“ nicht isoliert als Slogan nachgewiesen, zum anderen bezögen sich die genannten Belege allesamt auf Dienstleistungen (zudem in branchenfremden Bereichen), für welche der Ausdruck in der Tat beschreibende Eigenschaften aufweisen könne. Eine werbemäßige Verwendung für Waren, für welche „We do more“ ungewöhnlich und überraschend sei, sei nicht belegt worden. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren könne das Anmeldezeichen auch sehr unterschiedlich interpretiert werden und zum Nachdenken anregen. Es sei bereits nicht klar, ob es sich nun auf die jeweils beanspruchte Ware oder auf das dahinterstehende Unternehmen beziehen solle. Auch sei der Begriff „more“ definitionsbedürftig und nicht eindeutig positiv zu werten, zumal ein „Mehr“ auch zu einem „Mehr“ an Kosten für den Kunden führen könne.

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Die Anmelderin beruft sich hilfsweise auf Verkehrsdurchsetzung und macht in diesem Zusammenhang geltend, der Slogan „We do more“ werde seit 2009 intensiv und umfangreich auf Geschäftspapieren, in Geschäftsberichten, Präsentationen und sonstigen Publikationen sowie auf allen nationalen und internationalen Messen markenmäßig verwendet. Dies habe dazu geführt, dass die Wortfolge im Bereich der getränkeherstellenden Industrie und insbesondere für die hier gegenständlichen Waren ausschließlich mit der Anmelderin in Verbindung gebracht werde. Hierzu legt sie weitere Unterlagen zur Glaubhaftmachung vor, u.a. den Geschäftsbericht 2009 sowie mehrere Darstellungen von Messeauftritten aus den Jahren 2009 bis 2012.

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Die Beschwerdeführerin beantragt,

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1. die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse07, vom 18. August2010 sowie vom 19. Juli2011 aufzuheben und das angemeldete Wortzeichen 302009047239.4 einzutragen,

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2. hilfsweise, die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse07, vom 18. August2010 sowie vom 19. Juli2011 aufzuheben und die Sache zur Prüfung der Verkehrsdurchsetzung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.

13

Weiterhin regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an zu an der Rechtsfrage, ob einer für Waren beanspruchten Wortfolge, welche ihrer Natur nach Dienstleistungen bezeichnet, die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlen kann.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die zulässige Beschwerde hat in der Sache nur im Hilfsantrag Erfolg. Soweit im Beschwerdeverfahren – unter Vorlage weiterer umfangreicher Unterlagen zur Glaubhaftmachung – hilfsweise eine Verkehrsdurchsetzung des angemeldeten Zeichens geltend gemacht und zum Zwecke der weiteren Prüfung dieses Vorbringens eine Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse und Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt begehrt worden ist (§§8 Abs. 3, 70 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG), ist der Beschwerde stattzugeben. Denn der Senat teilt die Auffassung der Markenstelle, dass die angemeldete Bezeichnung nicht unterscheidungskräftig ist, so dass die Beschwerde im Hauptantrag zurückzuweisen ist.

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1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, welches die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH GRUR2012, 1143 – Starsat; MarkenR2012, 19, Rdnr. 8 – Link economy; GRUR2010, 1100, Rdnr. 10 – TOOOR!; GRUR2010, 825, 826, Rdnr. 13 – Marlene-Dietrich-BildnisII; GRUR 2006, 850, 854, Rdnr. 18 – FUSSBALL WM 2006). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR2006, 411, 412, Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR2004, 943, 944, Rdnr. 24 – SAT 2; BGH a. a. O. – FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 – Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch; MarkenR 2000, 420, 421 – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 – DeutschlandCard; a. a. O. Rdnr. 19 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; a. a. O. – marktfrisch; GRUR 2001, 1153 – anti KALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH a. a. O. – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 – Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 – Gute Zeiten – Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH a. a. O. 855, Rdnr. 19, 28 f. – FUSSBALL WM 2006).

17

Von diesen Grundsätzen ist auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von (sloganartigen) Wortfolgen auszugehen, ohne dass unterschiedliche Anforderungen an die Unterscheidungskraft von Wortfolgen gegenüber anderen Wortzeichen gerechtfertigt sind (EuGH GRUR2010, 228, 231 Rdnr. 36 – Vorsprung durch Technik; GRUR2004, 1027, 1029 Rdnr. 32 u. 36, 1030 Rdnr. 44 – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2010, 935 Rdnr. 9 – Die Vision; GRUR2009, 949 Rdnr. 12 – My World; GRUR 2009, 778, 779 Rdnr. 12 – Willkommen im Leben). Vielmehr ist in jedem Fall zu prüfen, ob die Wortfolge einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ihr über diesen hinaus eine, wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zukommt (BGH a. a. O. – My World, Willkommen im Leben u. Die Vision). Selbst wenn aber Marken, die aus Zeichen oder Angaben bestehen, die sonst als Werbeslogans, Qualitätshinweise oder Aufforderungen zum Kauf der in Bezug genommenen Waren und Dienstleistungen verwendet werden, eine Sachaussage in mehr oder weniger großem Umfang enthalten, ohne unmittelbar beschreibend zu sein, können sie dennoch geeignet sein, den Verbraucher auf die betriebliche Herkunft der in Bezug genommenen Waren oder Dienstleistungen hinzuweisen (EuGH a. a. O. Rdnr. 56 – Vorsprung durch Technik). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn diese Marken nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung bestehen, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweisen, ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslösen (EuGH a. a. O. Rdnr. 57 – Vorsprung durch Technik; BGH a. a. O. – My World).

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Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft wird das Anmeldezeichen nicht gerecht. Es erschöpft sich in einer sachbezogenen Werbeaussage allgemeiner Art.

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Die angemeldete Wortfolge „We do more” setzt sich sprachüblich aus drei zum englischen Grundwortschatz gehörenden und damit allgemein verständlichen Begriffen zusammen und wird in ihrer Gesamtbedeutung von den inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres und unmittelbar im Sinne von “Wir tun mehr” erfasst. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass von den beanspruchten Waren nur Fachkreise vornehmlich aus dem Bereich der Getränkeindustrie, die über ausreichende Englischkenntnisse verfügen dürften, angesprochen sind.

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Aus den vom DPMA übermittelten Internetauszügen und den in der mündlichen Verhandlung überreichten ergänzenden Recherchebelegen des Senats geht hervor, dass die Wortfolge „We do more” bzw. „Wir tun mehr” – vielfach auch in Alleinstellung – in der Werbesprache zum Zwecke der Anpreisung von Waren und Dienstleistungen in den verschiedensten Bereichen bereits häufig eingesetzt wird:

21

„Dementsprechend ist unser Hausmotto „We do more” keine leere Floskel. Wir machen tatsächlich mehr.” (Lingua Serve GbR, www.linguaserve.de, Anlage 1 zum Protokoll vom 16. Januar2013);

22

„Wir tun mehr – ... WIESENHOF entwickelt Konzepte, die stets wegweisend sind. Bereits 1995 etablierten wir als erster Geflügelanbieter die Herkunfts-Garantie und verzichteten bereits auf Tiermehl.... Seit jeher lässt sich WIESENHOF dabei von dem Motto „Wir tun mehr” leiten und hat uns zu dem gemacht, was wir heute sind: Deutschlands Geflügelmarke Nr. 1. Wir tun mehr! Sehen Sie, wie wir diese Worte mit Leben füllen...” (Firma Wiesenhof, www.wiesenhof-online.de, Anlage5 zum o. g. Protokoll);

23

● „Wir tun mehr! Für unsere Kunden. Für die Region.” (Landesbank Kreissparkasse Sigmaringen, www.ksk-sigmaringen.de, Anlage6 zum o.g. Protokoll);

24

● „Wir tun mehr... Familienergänzend fühlen wir uns verantwortlich für: Ruhe und Bewegung ...” (Der Bodelschwingh-Kindergarten, http://bodelschwingh-luebeck.de, Anlage4 zum o. g. Protokoll);

25

● „Wir tun mehr. Klimaschutz ist das Gebot der Stunde. ... Mehr Nachhaltigkeit... Mehr Zuverlässigkeit ... Mehr als ein Energielieferant...” (Firma DONG energy, www.dongenergy.de, Anlage7 zum o. g. Protokoll);

26

● „Wir tun mehr ... Wir machen uns stark für Ihre Gesundheit. Darum bieten wir Vorteile, die nicht selbstverständlich sind.” (AOK, www.aok.de/bayern, Anlage8 zum o. g. Protokoll);

27

● „WE DO MORE ... „Wofür?” werden Sie fragen! Wir haben viele Antworten: ...für die bestmögliche Behandlung unserer Patienten. ... für die Sicherheit unserer Patienten. ... für eine umfassende und neutrale Beratung unserer Patienten.” (www.unfallchirurgie-innsbruck.at, Anlage2 zum o. g. Protokoll);

28

● „we do more for security ... Das SPower PV-Modul ... bietet durch eine gleichbleibend hohe Fertigungsqualität maximalen Wirkungsgrad und langfristig hohe Erträge. ... Hochwertige Komponenten ... Hervorragende Verarbeitungsqualität” (Auszug aus dem Online-Prospekt der SPower GmbH „Polykristalline PV-Module”, Anlage3 zum o. g. Protokoll).

29

Vor diesem Hintergrund vermittelt die angemeldete Wortfolge in ihrer Gesamtheit dem angesprochenen inländischen Publikum nur eine sloganartige allgemeine Werbebotschaft, die sich in einer anpreisenden und universell – sowohl für Dienstleistungen als auch für Waren – anwendbaren Aussage erschöpft. Der Slogan ist zwar relativ kurz und einfach gehalten, aber entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht mehrdeutig oder originell, er regt auch weder zum Nachdenken an noch erfordert er ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand. Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, werden die angesprochenen Fachkreise der Wortfolge „We do more” im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren der Klassen06, 07 und 11 ohne analysierende Betrachtungsweise und ohne Interpretationsaufwand die sachbezogene Werbeaussage entnehmen, dass den betreffenden Produkten eine besondere Leistungsbereitschaft des Herstellers zugrunde liegt. Dieses „Mehr” („more”) an Leistung kann sich beispielsweise auf eine besondere Qualität der Waren, eine besondere Transparenz und Nachhaltigkeit bei deren Produktion oder auf einen besonderen Service rund um die Produkte – im Vergleich zu den Angeboten konkurrierender Unternehmen – beziehen. Auch eine begriffliche Vagheit bzw. Unbestimmtheit der Wortfolge aufgrund des Wortelements „more“, welches die konkrete Art der in Aussicht gestellten Mehrleistung offen lässt und deren Deutung dem individuellen Vorstellungshorizont des einzelnen Verbrauchers überlässt, vermag für sich allein noch keine Unterscheidungskraft zu begründen (BGH GRUR2000, 882 Rdnr. 17 – Bücher für eine bessere Welt). Diese Unschärfe wird vielmehr bewusst in Kauf genommen, um das Spektrum der gebotenen Mehrleistungen und der Kundenerwartungen möglichst breit zu halten. Die Kernaussage des Slogans bleibt jedoch bei allen möglichen Verständnisvarianten gleich, nämlich, dass dem Kunden im Zusammenhang mit den angebotenen Waren mehr geboten wird als bei anderen Unternehmen.

30

Bei der angemeldeten Wortfolge steht die anpreisende allgemeine Werbeaussage in Bezug auf sämtliche beanspruchten Waren so stark im Vordergrund, dass der Gedanke fern liegt, es könnte sich überhaupt um einen betrieblichen Herkunftshinweis handeln.

31

An diesem Ergebnis vermag der Umstand, dass eine werbeübliche Verwendung des Slogans „We do more“ bzw. „Wir tun mehr” in der hier in Rede stehenden Branche nicht feststellbar ist, nichts zu ändern. Denn auch bisher – im fraglichen Waren- oder Dienstleistungsbereich – noch nicht verwendeten Kombinationen kann die Unterscheidungskraft fehlen, sofern sie sich – wie hier – in einer reinen Werbeaussage erschöpfen (EuGH a. a. O. Rdnr. 46 – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR2010, 640 Rdnr. 13 – hey!).

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Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt, kann aus Sicht des Senats dahinstehen, ob das angemeldete Zeichen darüber hinaus für die beanspruchten Waren freihaltungsbedürftig gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist.

33

Der Hauptantrag der Beschwerdeführerin konnte nach alledem keinen Erfolg haben.

34

2. Die von der Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren eingereichten Unterlagen lassen es allerdings nicht als ausgeschlossen erscheinen, dass sich die begehrte Bezeichnung im Verkehr für die beanspruchten Waren zugunsten der Anmelderin durchgesetzt hat und damit der hier bestehende Schutzversagungsgrund des §8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG überwunden sein kann (§8 Abs. 3 MarkenG). Die Beschwerdeführerin hat glaubhaft und schlüssig dargelegt, dass sie die schutzsuchende Bezeichnung nicht nur firmenmäßig, sondern auch als Marke benutzt, und dies im Beschwerdeverfahren durch das erforderliche Tatsachenmaterial belegt (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl. §8 Rdnr. 459ff., 542, 544). Zur Glaubhaftmachung der Verkehrsdurchsetzung hat sie im Beschwerdeverfahren u. a. den Geschäftsbericht2009 sowie mehrere Darstellungen von Messeauftritten in Deutschland aus den Jahren2009 bis 2012 vorgelegt. Diese Unterlagen können – in Zusammenschau mit dem bereits im Verfahren vor dem Amt eingereichten Material – dafür sprechen, dass das Anmeldezeichen als markenmäßiger Hinweis auf den Geschäftsbetrieb der Anmelderin in den beteiligten Fachkreisen bekannt ist, wobei eine Verkehrsdurchsetzung durch die eingereichten Unterlagen noch nicht abschließend belegt ist. Aber angesichts der sich hieraus ergebenden Benutzung des Anmeldezeichens in beträchtlichem Umfang erscheint jedenfalls für einen wesentlichen Teil der beanspruchten Waren in Deutschland seit 2009 und eines eng begrenzten Warengebiets mit hochspezialisierten Fachverkehrskreisen dieser Nachweis andererseits als möglich (vgl. hierzu Ströbele/Hacker, a. a. O., Rdnr. 544).

35

Da eine Verkehrsdurchsetzung des angemeldeten Zeichens erst aufgrund der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen glaubhaft gemacht wurde, ist es sachgerecht, das Verfahren gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG zur Prüfung der Verkehrsdurchsetzung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.

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3. Für die von der Beschwerdeführerin angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde hinsichtlich der Zurückweisung der Beschwerde im Hauptantrag besteht kein Anlass, da vorliegend weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BGH erfordert (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).

37

Abgesehen davon, dass eine werbemäßige Verwendung der angemeldeten Wortfolge „We do more“ bzw. „Wir tun mehr“ auch für Waren belegt wurde, ist die Ansicht der Beschwerdeführerin, dass der Slogan seiner Natur nach nur Dienstleistungen bezeichnen solle, nicht nachvollziehbar. Vielmehr kann sich das darin enthaltende Leistungsversprechen (irgend-)eines Anbieters aus den oben unter Ziff. 1 dargestellten Gründen ohne weiteres auch auf mit dem Slogan gekennzeichnete Waren beziehen, wie z. B. in dem Sinne, dass ein „Mehr“ an Qualität der Waren im Vergleich zu den Produkten anderer Unternehmen geboten wird (vgl. auch die Entscheidung des BPatG 25 W (pat) 539/11 vom 24. Mai 2012, in welcher dem dort zu beurteilenden Zeichen „GET IT RIGHT“ sowohl für Waren als auch für Dienstleistungen die Unterscheidungskraft abgesprochen wurde).