Entscheidungsdatum: 13.03.2019
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke DE 30 2014 004 716
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 13. März 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des Richters Schmid und des Richters Dr. Söchtig
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Das Wortzeichen
Honeysun
ist am 8. Juli 2014 angemeldet und am 28. Oktober 2014 unter der Nummer DE 30 2014 004 716 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister eingetragen worden. Nach zwischenzeitlicher Teillöschung beansprucht die Marke noch Schutz für die nachfolgenden Waren:
Klasse 31:
Anordnungen aus natürlichen Blumen; Blattpflanzen; Blumen; Blumenknollen, Blumenzwiebeln; Blumensamen; Blumenzwiebeln; Blumenzwiebeln für landwirtschaftliche Zwecke; Blühende Pflanzen; Bohnen, dicke [frisch]; Bäume [Pflanzen]; Bäume und fortwirtschaftliche Produkte; Farne; Forstwirtschaftliche Erzeugnisse, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Frische Pflanzen; Frische Quitten; Frisches Gemüse; Frisches Obst; Fruchtsamen; Gartenwirtschaftliche Erzeugnisse, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Junge Bäume; Lebende Bäume; Natürliche Pflanzen [lebend]; Obst [frisch]; Obstbäume; Obstbüsche; Obstsamen; Obststräucher; Pflanzen [Setzlinge]; Pflanzen [lebend]“.
Gegen die Eintragung, die am 28. November 2014 veröffentlicht wurde, hat die Widersprechende am 17. Februar 2015 aus ihrer Unionswortmarke 010 927 143
Honeysun
Widerspruch eingelegt. Sie wurde am 10. Oktober 2012 eingetragen und beansprucht Schutz für nachfolgende Waren:
Klasse 30:
Kaffee, Tee, Kakao und Kaffee-Ersatzmittel; Reis; Tapioka und Sago; Mehle und Getreidepräparate; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren; Speiseeis; Zucker, Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz; Senf; Essig, Soßen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis.
Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 31, hat mit Beschluss vom 26. Januar 2017 die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke für folgende Waren angeordnet:
Klasse 31:
Bohnen, dicke [frisch]; forstwirtschaftliche Produkte; Forstwirtschaftliche Erzeugnisse, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Frische Quitten; Frisches Gemüse; Frisches Obst; Gartenwirtschaftliche Erzeugnisse, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Obst [frisch].
Der weitergehende Widerspruch wurde zurückgewiesen.
Zur Begründung hat das Deutsche Patent- und Markenamt ausgeführt, die Widerspruchsmarke verfüge über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Zwischen der Ware „Tee“ der Widerspruchsmarke und den Waren „forstwirtschaftliche Produkte; Forstwirtschaftliche Erzeugnisse, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Gartenwirtschaftliche Erzeugnisse, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind“ der angegriffenen Marke bestehe Ähnlichkeit. Die Waren „Salz; Senf; Essig; Gewürze“ auf Seiten der Widerspruchsmarke und die Waren „Bohnen, dicke [frisch]; Frische Quitten; Frisches Gemüse; Frisches Obst; Obst [frisch]“ auf Seiten der angegriffenen Marke seien schwach ähnlich. Eine weitergehende Warenähnlichkeit sei hingegen zu verneinen. Es stünden sich die beiden identischen Wortmarken „Honeysun“ gegenüber. Auf Grund der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der Identität der beiden Marken sei eine Verwechslungsgefahr im Umfang der ähnlichen Waren gegeben.
Hiergegen wendet sich der Inhaber der angegriffenen Marke mit seiner Beschwerde vom 21. Februar 2017, welche er entgegen seiner Ankündigung nicht begründet hat. Im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt hat er vorgetragen, zwar seien die Vergleichszeichen identisch, jedoch scheitere eine Verwechslungsgefahr an der fehlenden Warenähnlichkeit. Zwischen den sich gegenüber stehenden Waren bestünden keine Beziehungen und Berührungspunkte, die bei Abnehmern, wenn sie an den Waren ein identisches oder ähnliches Zeichen sehen würden, zu der irrigen Meinung führen könnten, dass die Waren nach Beschaffenheit, Verwendung und Herkunft in einem wie auch immer gearteten wirtschaftlichen Zusammenhang zueinander stünden und insbesondere aus demselben Unternehmen stammten. Pflanzen, Obst sowie Gemüse auf der einen Seite und Kaffee, Tee, Reis, Backwaren, Eis, Gewürze usw. auf der anderen Seite seien weder im tatsächlichen noch im rechtlichen Sinne ähnlich, da Vertriebswege sowie Herstellungs- und Verkaufsstätten auf dem hier in Rede stehenden Warengebiet vom Verkehr sorgsam auseinandergehalten werden würden.
Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 26. Januar 2017 aufzuheben und den Widerspruch aus der Marke UM 010 927 143 vollumfänglich zurückzuweisen.
Auch die Widersprechende hat sich im Beschwerdeverfahren nicht weiter zur Sache eingelassen. Im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt hat sie ausgeführt, die Vergleichszeichen seien identisch. Darüber hinaus sei auch vom Vorliegen einer Warenähnlichkeit auszugehen. Eine Ähnlichkeit sei vor allem zwischen den Waren „Frische Quitten; Frisches Gemüse; Frisches Obst; Fruchtsamen; Gartenwirtschaftliche Erzeugnisse, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Obst [frisch]“ der jüngeren Marke einerseits und allen Waren der älteren Marke andererseits zu bejahen. Es handele sich bei den sich gegenüber stehenden Waren um Lebensmittel, die allesamt dazu bestimmt seien, verzehrt zu werden. Neben dem übereinstimmenden Verwendungszweck und der gemeinsamen Bezeichnung „Lebensmittel" wiesen die beiderseitigen Waren weitere Berührungspunkte auf. So würden beispielsweise Back- und Konditorwaren regelmäßig nicht nur mit frischem Obst verziert, sondern auch „bestückt". Auch könne nicht in Abrede gestellt werden, dass Nachtische aus frischem Obst - zum Beispiel aus Erdbeeren oder Birnen - einerseits und feine Back- sowie Konditorwaren andererseits in einem sehr engen Verhältnis zueinander stünden, da sie ersetzt werden könnten. Weiter könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass aus frischem Gemüse, wie beispielsweise Tomaten o. ä., Soßen hergestellt würden, für die die Widerspruchsmarke Schutz beanspruche. Auch fänden frische Tomaten häufig Verwendung bei der Herstellung von Tomatensoßen. Schließlich würden die für die Widerspruchsmarke geschützten Waren „Gewürze" regelmäßig aus Pflanzen und Samen gewonnen. Damit bestünde eine enge Verknüpfung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Deutsche Patent- und Markenamt die teilweise Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke angeordnet, da sich die Vergleichszeichen im Umfang der im Tenor des angegriffenen Beschlusses vom 26. Januar 2017 genannten Waren in verwechslungsfähiger Art und Weise gegenüberstehen (§§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 125b Nr. 1 MarkenG).
1. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da insbesondere die Beteiligten keinen hierauf gerichteten Antrag gestellt haben und die Durchführung einer Verhandlung auch nicht aus Gründen der Sachdienlichkeit geboten war (§ 69 Nr. 1 und Nr. 3 MarkenG).
2. Der Entscheidung des Senats steht auch nicht der Umstand entgegen, dass die Beschwerdeführerin abweichend von ihrer Ankündigung im Schriftsatz vom 21. Februar 2017 - mithin nach über zwei Jahren - keine Beschwerdebegründung eingereicht hat. Dies ist unschädlich, da eine solche regelmäßig nicht erforderlich ist (vgl. BeckOK Markenrecht, Kur/v. Bomhard/Albrecht, 15. Edition, Stand: 1. Oktober 2018, § 66, Rdnr. 79).
3. Die Frage der Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (EuGH GRUR 2010, 1098 - Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933 - Barbara Becker; GRUR 2006, 237 - PICARO/PICASSO; BGH GRUR 2014, 488 - DESPERADOS/DESPERADO; GRUR 2012, 1040 - pjur/pure; GRUR 2010, 235 - AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484 - METROBUS; GRUR 2008, 905 - Pantohexal; GRUR 2008, 258 - INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2006, 859 - Malteserkreuz I; GRUR 2006, 60 - coccodrillo m. w. N.). Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Marken hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. EuGH, a. a. O. - Barbara Becker; GRUR Int. 2010, 129 - Aceites del Sur-Coosur SA/Koipe Corporación; BGH GRUR 2013, 833 - Culinaria/Villa Culinaria; a. a. O. - pjur/pure).
a) Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf die Sichtweise des Durchschnittsverbrauchers und des Fachverkehrs abzustellen. Die sich gegenüber stehenden Waren stellen Massenprodukte dar, die von allen Bevölkerungskreisen nachgefragt werden.
b) Die Widerspruchsmarke setzt sich aus den beiden englischsprachigen Wörtern „honey“ für „Honig“ und „sun“ für „Sonne“ zusammen (vgl. Pons Großwörterbuch, Englisch - Deutsch, 1. Auflage, Seiten 424 und 913). In ihrer Gesamtbedeutung „Honigsonne“ beschreibt sie nicht die für sie eingetragenen Waren. Dies gilt auch für „Honig“, da ein sachlicher Zusammenhang zwischen dieser Ware und der Sonne allenfalls dahingehend erkennbar ist, dass die Sonne honigfarben leuchtet. Demzufolge kommt der älteren Marke von Hause aus durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sie durch intensive Verwendung der Widerspruchsmarke im Verkehr eine Steigerung erfahren hat. Auch die Beschwerdegegnerin hat hierzu nichts weiter vorgetragen. Insofern verbleibt es bei der Zugrundelegung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke.
c) Zwischen den beschwerdegegenständlichen Waren „Bohnen, dicke [frisch]; forstwirtschaftliche Produkte; Forstwirtschaftliche Erzeugnisse, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Frische Quitten; Frisches Gemüse; Frisches Obst; Gartenschaftwirtschaftliche Erzeugnisse, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Obst [frisch]“ der angegriffenen Marke und den Waren „Tee; Salz; Senf; Essig; Gewürze“ der Widerspruchsmarke besteht - wenn auch teilweise nur geringe - Ähnlichkeit.
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Hierzu gehören insbesondere die Art der Waren oder Dienstleistungen, ihr Verwendungszweck, ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren oder Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt oder erbracht werden oder, ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen. Von einer Unähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen kann nur ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der Zeichen die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstands der Waren oder Dienstleistungen von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. BGH GRUR 2014, 379 - OTTO CAP).
Zwischen der Ware „Tee“ der Widerspruchsmarke und den Waren „forstwirtschaftliche Produkte; Forstwirtschaftliche Erzeugnisse, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Gartenwirtschaftliche Erzeugnisse, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind“ besteht durchschnittliche Ähnlichkeit (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 17. Auflage, 2017, S. 286). So können Haferkörner, Kamillenblüten, Salbeiblätter, Tannensprossen u. ä. zur Teezubereitung verwendet werden (vgl. hierzu BPatG 32 W (pat) 144/03 - VOLLMER`S TEEGARTEN).
Zwischen den Waren „Salz; Senf; Essig; Gewürze“ der Widerspruchsmarke und den Waren „Bohnen, dicke [frisch]; Frische Quitten; Frisches Gemüse; Frisches Obst; Obst [frisch]“ der angegriffenen Marke besteht zumindest noch eine schwache Ähnlichkeit (vgl. Richter/Stoppel, a. a. O., Seiten 86, 117, 245 und 264). Beispielsweise sollen Gewürze auch frischem Gemüse, worunter Bohnen fallen, einen intensiveren und feineren Geschmack verleihen. Frisches Obst wiederum, zu dem auch Quitten gehören, kann Ausgangsprodukt für die Herstellung von Obstessig sein. Im Ergebnis liegen auch insoweit ausreichend sachliche Berührungspunkte vor, um das Vorliegen einer - zumindest noch schwachen - Warenähnlichkeit bejahen zu können.
d) Es stehen sich vorliegend die angegriffene Marke
Honeysun
und die identische Widerspruchsmarke
Honeysun
gegenüber.
e) Unter Zugrundelegung der Auffassung aller Verkehrskreise, einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, einer durchschnittlichen bis unterdurchschnittlichen Warenähnlichkeit und der Identität der Vergleichszeichen wahrt die angegriffene Marke nicht den einzuhaltenden Zeichenabstand, was die Zurückweisung der Beschwerde begründet.
4. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen noch ersichtlich sind.