Entscheidungsdatum: 18.01.2012
In der Beschwerdesache
…
betreffend die angemeldete Marke 30 2009 006 176.9
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 18. Januar 2012 durch die Vorsitzende Richterin Klante, die Richterin Hartlieb und den Richter Schwarz
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 29 vom 25. Februar 2010 die Anmeldung der Wortfolge
Collagen-Lift-Drink
für die Waren
Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Eiweißen oder Fetten; Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Ballaststoffen oder Kohlenhydraten; alkoholfreie Getränke
nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige und freihaltungsbedürftige Angabe mit der Begründung zurückgewiesen, die aus den Wörtern "Collagen" für stark quellende Eiweißkörper im Bindegewebe, die die Haut glatt und fest machten, "Lift" für Lifting-Effekte und "Drink" für Getränk zusammengesetzte angemeldete Wortfolge weise in ihrer Gesamtheit nur auf die Beschaffenheit, Bestimmung bzw. inhaltliche Ausrichtung der so gekennzeichneten beanspruchten Waren hin.
Mit ihrer Beschwerde hält die Anmelderin an ihrer Auffassung fest, dass die Anmeldemarke schutzfähig sei. Zwar stehe der Bestandteil "Collagen" in internationaler Schreibweise für Kollagen, also ein bei Menschen und Tieren vorkommendes Strukturprotein. Allerdings sei es bereits mehrfach als Bestandteil von angemeldeten Marken eingetragen worden. Das weitere Wort "Lift" habe keine eindeutige Begriffserklärung, sondern viele Bedeutungen; in Verbindung mit den anderen Markenbestandteilen sei es bedeutungslos. Zudem sei auch dieser Begriff bereits mehrfach als Bestandteil angemeldeter Marken eingetragen worden. Trotz des sachbeschreibenden Inhalts stehe auch der weitere Bestandteil "Drink" der Eintragung nicht entgegen, da er sich ebenfalls in vergleichbaren Markeneintragungen wiederfinde. In ihrer Gesamtheit stelle die Markenanmeldung zudem eine reine Neuschöpfung und Phantasiebezeichnung dar. Da sich die Markenstelle mit den Voreintragungen nicht auseinander gesetzt habe, müsse die Sache, soweit der Senat der Beschwerde nicht unmittelbar stattgebe, an das Patentamt zurückverwiesen werden. Zumindest sei die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Ein Antrag auf mündliche Verhandlung werde ausdrücklich aber nicht gestellt.
Die Anmelderin beantragt,
unter Aufhebung des Beschlusses der Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 25. Februar 2010 die Marke für die angemeldeten Waren einzutragen,
hilfsweise die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen,
hilfsweise die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
II.
Die nach § 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde, über die ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, da die Anmelderin hierauf ausdrücklich verzichtet hat und auch der Senat eine solche nicht für erforderlich erachtet, hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt. Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass.
Der Senat teilt die Ansicht der Markenstelle, dass der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, denn sie besteht zumindest in einer ihrer möglichen Bedeutungen (vgl. EuGH, MarkenR 2004, 450, 453 [Rz 32] – DOUBLEMINT; MarkenR 2008, 160, 162 [Rz. 35] - HAIRTRANSFER) ausschließlich aus Zeichen oder Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen dienen können und bei denen es sich um für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände handelt (vgl. hierzu BGH GRUR 1999, 1093, 1094 – FOR YOU; GRUR 2000, 211, 232 – FÜNFER), die hinreichend eng mit einer Ware oder Dienstleistung selbst in Bezug stehen (vgl. BGH GRUR 2005, 417, 419 – Berlin Card).
Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Wortzeichen die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibt, reicht es nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, der nach Art. 267 Abs. 3 AEUV, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG insoweit gesetzlicher Richter ist (vgl. BVerfG 75, 223; 82, 159; zuletzt BVerfG 1 BvR 2065/10, Beschluss vom 10.11.2010, abrufbar unter www.juris.de), aus, dass das angemeldete Zeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 59 [Rz. 21] - Companyline; MarkenR 2003, 450, 453 [Rz. 32] - DOUBLEMINT; MarkenR 2004, 99, 109 [Rz. 97] - POSTKANTOOR; MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 38] - BIOMILD). Dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind, sofern das Gesamtzeichen infolge einer ungewöhnlichen Veränderung - etwa syntaktischer oder semantischer Art - nicht hinreichend weit von der bloßen Zusammenfügung ihrer schutzunfähigen Bestandteile abweicht (vgl. EuGH MarkenR 2004, 99, 109 [Rz. 98] - POSTKANTOOR; MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 39 f.] – BIOMILD; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 28] - SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 29] - BioID; MarkenR 2007, 204, 209 [Rz. 77 f.] - CELLTECH).
Nach diesen Grundsätzen stellt die angemeldete Bezeichnung für die beanspruchten Waren eine beschreibende Sachangabe dar, deren Eintragung das im Allgemeininteresse liegende Ziel entgegensteht, dass Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren bzw Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke zugunsten eines Unternehmens monopolisiert werden können (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 725 Rn. 25 – CHIEMSEE; GRUR 2004, 680, 681 Rn. 35, 36 – BIOMILD).
Wie auch die Anmelderin letztlich nicht in Abrede stellt, benennt der Bestandteil "Drink" unmittelbar die beanspruchten Waren und bezieht sich der weitere Bestandteil "Collagen" auf Protein des menschlichen Körpers, das gezielt mit hierauf spezialisierten Getränken angesprochen werden kann. Soweit die Anmelderin meint, der weitere Begriff "Lift" sei wegen seiner abstrakt bestehenden Mehrdeutigkeit nicht beschreibend, kann dem nicht gefolgt werden. Zum einen ist die (mögliche) Bedeutung eines Markenteils nicht abstrakt, sondern immer nur in Zusammenhang mit den konkret beanspruchten Waren zu beurteilen; daher scheiden die von der Anmelderin genannten möglichen Bedeutungen wie Aufzug, Fahrstuhl oder Sessellift bei der Beurteilung des möglichen beschreibenden Bedeutungsgehalts schon deshalb aus, weil sie bei Nahrungsergänzungsmitteln ganz offensichtlich keine Rolle spielen. Vielmehr liegt es nahe, den Begriff "Lift" in Bezug auf die hier zu beurteilenden beanspruchten Waren als Hinweis auf Lifting, also eine Gesichtsstraffung, zu beziehen. Die Identifizierung des in der Anmeldemarke enthaltenen Begriffs "Lift" mit dem Lifting-Verfahren ist dabei schon deshalb nahegelegt, weil die hierbei eingesetzten Techniken - z. B. SMAS-Lift, S-Lift, Soft-Lift, Fogli-Lift oder MACS Lift - allgemein mit "Lift" bezeichnet werden. Hinzu kommt, dass auch der vorangestellte Begriff "Collagen", wie bereits die Markenstelle zutreffend ausgeführt hatte, sich auf ein Protein bezieht, das wie das Lifting-Verfahren eine straffere Haut ermöglicht. Dass schließlich der Lifting-Effekt auch mittels verabreichter Getränke herbeigeführt oder zumindest gefördert werden kann, ist dabei naheliegend und auch von der Anmelderin nicht bestritten worden.
Damit bezeichnen die Einzelbestandteile der Anmeldemarke aber nur mögliche Merkmale des beanspruchten Nahrungsergänzungsmittels. Dass die konkrete Zusammenfügung der Einzelbestandteile von der bloßen Aneinanderreihung beschreibender Einzelbegriffe aufgrund ungewöhnlicher Umstände abwiche, ist weder von der Anmelderin dargetan worden noch anderweitig ersichtlich. Damit liegt aber nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine Angabe vor, welche mögliche Merkmale der beanspruchten Waren beschreiben kann, die aus diesem Grund nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht eintragbar ist. Gleichzeitig fehlt der Anmeldemarke aus diesem Grund auch die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft.
Diesem Ergebnis stehen auch die Hinweise der Anmelderin auf ihrer Ansicht nach vergleichbare Eintragungen von Drittmarken nicht entgegen. Denn aus der Schutzgewährung für andere Marken kann ein Anmelder keinen Anspruch auf Eintragung ableiten, weil Voreintragungen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen führen, welche über die Eintragung zu befinden haben (vgl. EuGH, GRUR 2009, 667, 668 [Rz. 15 ff.] - Bild.T-Online.de und ZVS; MarkenR 2008, 163, 167 [Rz. 39] - Terranus; GRUR 2004, 674, Nrn. 43, 44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, Nr. 63 - Henkel; BGH WRP 2011, 349 - FREIZEIT Rätsel Woche; BPatG MarkenR 2007,351, 352 f. - Topline; GRUR 2007, 333, 335 ff. - Papaya; GRUR 2010, 423 - amazing discoveries; GRUR 2010, 425 - Volksflat). Ungeachtet dessen ist weder für die Mehrzahl der von der Anmelderin genannten eingetragenen Drittmarken eine Vergleichbarkeit mit der hier zu beurteilenden, sich auf bestimmte Waren beziehende Anmeldemarke erkennbar noch ist ersichtlich, aus welchen Gründen diesen Eintragungen, soweit eine Vergleichbarkeit nicht von vornherein auszuschließen ist, vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine Bedeutung für die hier zu beurteilende Anmeldemarke haben sollte, da auf dessen Grundlage, wie oben ausgeführt, eine Eintragung der Anmeldemarke auszuschließen ist.
Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend die Eintragung wegen wegen der Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG versagt hat, war die Beschwerde zurückzuweisen.
Für die von der Anmelderin beantragte Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand keine Veranlassung, da weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war (§ 83 Abs 1 Nr 1 MarkenG) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 83 Abs 2 Nr 2 MarkenG). Die rechtlichen Fragen insbesondere hinsichtlich der Voraussetzungen, die für die Prüfung auf absolute Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG bestehen, sowie zur Frage der Bedeutung von Voreintragungen, auf welche die Anmelderin im Wesentlichen ihre Beschwerde gestützt hat, sind aufgrund der genannten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs abschließend geklärt. Neue, bislang von diesem nicht entschiedene Rechtsfragen stellten sich vorliegend nicht und sind auch von der Anmelderin nicht aufgezeigt worden. Da der Senat entsprechend der oben dargelegten verfassungs- und europarechtlichen Verpflichtung von den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs, an welche auch der Bundesgerichtshof gebunden ist, ausgeht, sind die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht erfüllt. Veranlassung dazu, von diesen Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs abzuweichen, hat der Senat ebenfalls nicht, so dass auch aus diesem Grund weder eine Zulassung der Rechtsbeschwerde noch die Einholung einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs angezeigt ist. Soweit darüber hinaus auf der Grundlage dieser höchstrichterlichen rechtlichen Vorgaben darüber zu befinden war, ob im hier zu beurteilenden konkreten Einzelfall die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Schutzfähigkeit der angemeldeten Kennzeichnung auf der Grundlage dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung vorlagen, beziehen sich diese Fragen auf die Feststellung bloßer Tatsachen, die von vornherein der allein zur Klärung von Rechtsfragen möglichen Rechtsbeschwerde nicht zugänglich ist; damit scheidet auch eine Zulassung der Rechtsbeschwerde zu diesen tatsächlichen Feststellungen des Senats aus Rechtsgründen aus.