Entscheidungsdatum: 13.02.2019
In der Beschwerdesache
…
betreffend die eingetragene Marke DE 30 2015 009 804
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 13. Februar 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des Richters Schmid und des Richters Dr. Söchtig
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 37 vom 22. Februar 2018 aufgehoben, soweit die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke DE 30 2015 009 804 für die Waren „Kraft- und Treibstoffzapfsäulen für Tankstellen“ angeordnet worden ist. In diesem Umfang wird der Widerspruch zurückgewiesen.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
3. Der Antrag des Beschwerdeführers, die Kosten des Amts- und Beschwerdeverfahrens der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
4. Der Antrag der Beschwerdegegnerin, die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
I.
Das am 20. Januar 2015 angemeldete Zeichen
ist am 17. Mai 2015 unter der Nummer DE 30 2015 009 804 als Wort-/Bildmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister für nachfolgende Waren und Dienstleistungen eingetragen worden:
Klasse 7:
Maschinen, Abgabemaschinen sowie Kraft- und Treibstoffzapfsäulen für Tankstellen, einschließlich für Elektrotankstellen;
Klasse 9:
Ladegeräte für elektrische Akkumulatoren; Software, insbesondere Apps;
Klasse 37:
Fahrzeugservice [Betanken und Instandhaltung], Aufladen und Austauschen von Autobatterien, Betrieb von Tankstellen, einschließlich Elektrotankstellen;
Klasse 38:
Telekommunikationsdienste; Verleih, Vermietung und Verpachtung von Gegenständen im Zusammenhang mit der Erbringung der vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten.
Gegen diese Eintragung hat die Widersprechende am 28. August 2015 aus dem Unionsanteil ihrer am 21. März 2014 hinterlegten und am 21. Juli 2015 international registrierten Marke IR 1 216 381
Widerspruch erhoben. Die Widerspruchsmarke genießt Schutz für folgende Waren:
Klasse 9:
Electrical cells and batteries, electrical storage batteries, lithium ion batteries, batteries, battery packaging, namely, battery boxes and battery cases; products for use in electrical cells and batteries, namely, electrodes, anodes, cathodes, and battery separator membranes, battery packs, component parts of batteries, namely, electrodes, anodes, cathodes, and battery separator membranes, battery monitoring devices that may be attached to a battery to monitor and manage the battery and operating software for use therewith, anodes, cathodes, battery separator membranes, electrodes.
Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 37, hat mit Beschluss vom 22. Februar 2018 unter Zurückweisung des Widerspruchs im Übrigen die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angeordnet:
Klasse 7:
Maschinen, Abgabemaschinen sowie Kraft- und Treibstoffzapfsäulen für Tankstellen, einschließlich für Elektrotankstellen;
Klasse 9:
Ladegeräte für elektrische Akkumulatoren; Software, insbesondere Apps;
Klasse 37:
Fahrzeugservice [Betanken und Instandhaltung], Aufladen und Austauschen von Autobatterien, Betrieb von Tankstellen, einschließlich Elektrotankstellen.
Im Umfang dieser Waren und Dienstleistungen bestehe zwischen den Vergleichszeichen eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Bei den einschlägigen Produkten handele es sich um spezialisierte und hochwertige Waren, die sich an fachkundige Verkehrskreise wenden würden. Nach der Registerlage seien die für die angegriffene Marke eingetragenen Waren „Ladegeräte für elektrische Akkumulatoren; Software, insbesondere Apps“ und die für die Widerspruchsmarke registrierten Waren „elektrische Akkumulator-Batterien (Akkus)“ sowie „Batterieüberwachungs-vorrichtungen, die mit einer Batterie verbunden werden können“ ähnlich bzw. teil-weise hochgradig ähnlich. „Maschinen, Abgabemaschinen sowie Kraft- und Treib-stoffzapfsäulen für Tankstellen, einschließlich für Elektrotankstellen“ einerseits und „Batterieüberwachungsvorrichtungen, die mit einer Batterie verbunden werden können, um die Batterie zu überwachen und zu steuern, sowie die Betriebssoftware zur Verwendung damit“ andererseits seien gerade noch ähnlich, da jene Waren der angegriffenen Marke mit Batterieüberwachungsvorrichtungen ausgestattet sein könnten. Auch die Dienstleistungen „Fahrzeugservice [Betanken und Instandhaltung], Aufladen und Austauschen von Autobatterien, Betrieb von Tankstellen, einschließlich Elektrotankstellen“ auf Seiten der jüngeren Marke wiesen eine Ähnlichkeit zu den für die Widerspruchsmarke eingetragenen Waren „elektrische Akkumulator-Batterien (Akkus)“ sowie „Batterieüberwachungs-vorrichtungen“ auf. Bei Betreibern von Elektrotankstellen könne davon aus-gegangen werden, dass diese auch elektrische Batterien für Elektrofahrzeuge anböten, so dass auf eine gemeinsame betriebliche Herkunft geschlossen werden könne. Die Widerspruchsmarke verfüge über durchschnittliche Kennzeich-nungskraft. Die jüngere Marke halte den erforderlichen Abstand in bildlicher Hinsicht nicht ein. Bei ihr handele es sich um eine fast identische Negativdarstellung der Widerspruchsmarke. Die Abweichungen in den Dar-stellungen insbesondere eines stilisierten Steckers und des Rahmens seien für den Gesamteindruck der Zeichen unerheblich.
Laut Tenor des Beschlusses vom 22. Februar 2018 wurden zudem keine Kosten auferlegt noch erstattet.
Gegen den genannten Beschluss hat der Inhaber der angegriffenen Marke Beschwerde eingelegt. Er führt hierzu aus, dass die international registrierte Marke keinen Inlandsbezug aufweise und nicht innerhalb der fünfjährigen Benutzungsschonfrist im Inland benutzt werden solle, so dass der Widerspruch unzulässig sei. Der angefochtene Beschluss berücksichtige zudem nicht, dass die Widersprechende dem Benutzungszwang unterliege. Der angegriffene Beschluss gehe unzutreffender Weise von einer Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren bzw. Dienstleistungen aus. Die Widersprechende sei ein Batteriehersteller und somit ein Chemieunternehmen. Ihre Waren stammten aus einer chemischen Produktion und seien an industrielle Abnehmer gerichtet. Es handele sich um unterschiedliche Industriebereiche mit eigenen technischen Standards. Die für die angegriffene Marke im Bereich der Klasse 9 eingetragenen Waren beträfen eine auf Endkonsumenten zugeschnittene Applikation, die als Navigationssystem zur Buchung von Ladestationen für elektrische Fahrzeuge eingesetzt werden könne. Nach ihrer Funktion unterscheide sie sich grundlegend von einer Betriebssoftware zur Überwachung des Ladezustands von Batterien. Auch „Ladegeräte für elektrische Akkumulatoren“ kämen für die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien nicht in Betracht. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die Widersprechende ihre Produkte entgegen ihren Behauptungen weder in Deutschland noch im Bereich der Europäischen Union absetze. Die ältere Marke werde von der Widersprechenden ferner nicht in der eingetragenen Form, sondern insbesondere mit dem Zusatz „Enevate“ verwendet. Daher sei von einer geschwächten Kennzeichnungskraft auszugehen. Außerdem fungiere die Widerspruchsmarke lediglich als Defensivmarke, die den Schutzbereich der Kombinationsmarke „Enevate“ mit Logo erweitern solle. Auf Grund der benutzten Zeichenform bestehe keine bildliche Markenähnlichkeit.
Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 37 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Februar 2018 aufzuheben und den Widerspruch aus dem Unionsanteil der IR-Marke 1 216 381 als unzulässig zu verwerfen oder als unbegründet zurückzuweisen sowie der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchs- und des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
Die Widersprechende beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen und dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Sie führt aus, die Widerspruchsmarke sei keine Defensivmarke. Auf diese Frage komme es im Rahmen des Widerspruchsverfahrens zudem nicht an. Bei der Beurteilung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sei auf die Registerlage abzustellen. Die vom Inhaber der angegriffenen Marke erhobene Nichtbenutzungseinrede sei unzulässig, da die Benutzungsschonfrist noch nicht verstrichen sei. Die Ausführungen der Markenstelle zur Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen seien nicht zu beanstanden. Der allgemeine Verkehr werde Batterien bzw. Akkumulatoren und Ladegeräte als einander ergänzende Waren ansehen, die zudem in gleichen Verkaufsstellen und von gleichen Herstellern angeboten würden. Selbst wenn Ladegeräte nicht von den Herstellern von Batterien hergestellt würden, ändere dies nichts daran, dass es sich um komplementäre Produkte handele. Entsprechendes gelte für die anderen verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen. Die Streitzeichen seien zudem hochgradig ähnlich. Der Verkehr werde durch die angegriffene Marke an die ältere Marke als fantasievolle Verbindung des Buchstabens „E“ mit einem stilisierten Stecker in Hell-Dunkel-Kontrast erinnert.
Ergänzend wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke hat nur teilweise Erfolg. Zwischen ihr und der Widerspruchsmarke besteht in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren „Kraft- und Treibstoffzapfsäulen für Tankstellen“ keine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Insoweit war der angegriffene Beschluss aufzuheben. Im Übrigen hat das Deutsche Patent- und Markenamt jedoch zu Recht eine Verwechslungsgefahr festgestellt.
1. Der angegriffene Beschluss ist in formaler Hinsicht nicht zu beanstanden.
a) Der Widerspruch ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers zulässig.
(1) Er wurde auf die IR-Marke 1 216 381 gestützt, die u. a. Schutz in der Europäischen Union nach dem Madrider Protokoll beansprucht. Damit steht sie gemäß Art. 189 Abs. 2 UMV einer Unionsmarke gleich (vgl. auch Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Auflage, § 125 b, Rdnr. 41). Aus einer solchen ist gemäß § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG a. F. i. V. m. § 158 Abs. 3 und § 125b Nr. 1 MarkenG ein Widerspruch gegen die Eintragung einer jüngeren inländischen Marke statthaft. Der von dem Beschwerdeführer bemängelte Inlandsbezug der Widerspruchsmarke besteht demzufolge.
(2) Der Einwand des Inhabers der angegriffenen Marke, der Widerspruch sei rechtsmissbräuchlich, weil die Widerspruchsmarke nur eine Defensivmarke sei, geht ebenfalls fehl.
Das registerrechtliche Widerspruchsverfahren lässt keinen Raum für eine Klärung des Bestands der Widerspruchsmarke (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 42, Rdnr. 62). Die Nichtigkeit der Widerspruchsmarke wegen Bösgläubigkeit wäre gemäß Art. 198 Abs. 2 i. V. m. Art. 59 Abs. 1 b) UMV in einem Nichtigkeitsverfahren vor dem EUIPO oder auf Widerklage in einem Verletzungsstreit geltend zu machen. In Bezug auf das hier in Rede stehende Widerspruchsverfahren käme allenfalls eine Aussetzung gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 148 ZPO wegen eines anhängigen Nichtigkeitsverfahrens in Betracht. Hierfür besteht aber keine Veranlassung, weil ein Verfahren auf Nichtigerklärung der Widerspruchsmarke nicht anhängig ist.
b) Das Deutsche Patent- und Markenamt war gemäß § 56 Abs. 2 MarkenG für die Entscheidung über den Widerspruch gegen die Eintragung der nationalen Marke 30 2015 009 804 zuständig. Der Hinweis des Inhabers der angegriffenen Marke auf die Zuständigkeit der Unionsmarkengerichte greift demgegenüber nicht durch, da diesen gemäß Art. 126 UMV ausschließlich Verletzungsstreitsachen zugewiesen sind.
2. In materiell-rechtlicher Hinsicht begegnet der angegriffene Beschluss keinen Bedenken, soweit in ihm von einer Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, ausgenommen im Bereich der Waren „Kraft- und Treibstoffzapfsäulen für Tankstellen“ der jüngeren Marke, ausgegangen wird.
Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, wird nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls beurteilt. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der Waren, die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. EuGH GRUR Int. 2000, 899, Rdnr. 40 - Marca Mode; GRUR 2010, 933, Rdnr. 32 - BARBARA BECKER; BGH GRUR 2012, 64, Rdnr. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2016, 382, Rdnr. 22 - BioGourmet).
a) Auf Seiten der Widerspruchsmarke sind die für sie eingetragenen Waren zugrunde zu legen.
Der Inhaber der angegriffenen Marke hat mit Schreiben vom 5. März 2018 sowie mit seinen späteren Eingaben auch ohne Verwendung des Begriffs „bestreiten“ hinreichend deutlich zu erkennen gegeben, dass er sich gegenüber der Widersprechenden mit der Nichtbenutzungseinrede verteidigen will. Damit hat er die Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke in den beiden Zeiträumen gemäß § 43 Abs. 1 Sätze 1 und 2 MarkenG a. F. i. V. m. § 158 Abs. 5 MarkenG erhoben (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 43, Rdnr. 31). Sie ist jedoch unzulässig.
Die Glaubhaftmachung der Benutzung einer IR-Marke mit Benennung der Europäischen Union, aus der Widerspruch eingelegt wird, bestimmt sich nach § 125b Nr. 4 MarkenG, der auf § 43 Abs. 1 a. F. (§ 158 Abs. 5 MarkenG) und Art. 18 UMV verweist. Die Frage, ab wann eine international registrierte Marke mit Benennung der Europäischen Union in der Union gemäß Art. 18 UMV benutzt werden muss, ist in Art. 203 UMV i. V. m. Art. 190 Abs. 2 UMV geregelt. Gemäß Art. 203 UMV wird zur Festlegung des Datums, ab dem die Marke, die Gegenstand einer internationalen Registrierung mit Benennung der Europäischen Union ist, ernsthaft in der Europäischen Union benutzt werden muss, das Datum der Eintragung gemäß Art. 18 Abs. 1 UMV durch das Datum der Veröffentlichung gemäß Art. 190 Abs. 2 UMV ersetzt. Damit ist für den Beginn der Benutzungsschonfrist nicht auf den in § 43 Abs. 1 MarkenG a. F. genannten Zeitpunkt der Eintragung, sondern auf den der zweiten Nachveröffentlichung gemäß Art. 190 Abs. 2 UMV abzustellen. Diese erfolgt, wenn das EUIPO entweder eine Mitteilung der Schutzgewährung ausgesprochen oder eine vorläufige Schutzverweigerung zurückgenommen hat (vgl. Eisenführ/Schennen, a. a. O., Art. 160, Rdnr. 1; BeckOK Markenrecht, Kur/v. Bomhard/Albrecht, 11. Edition, Stand: 1. Oktober 2017, Art. 203 UMV, Rdnr. 1).
Vorliegend erfolgte die zweite Nachveröffentlichung der Marke IR 1 216 381 nach Ablauf der Widerspruchsfrist in der „Gazette OMPI des marques internationales“ Nr. 30/2015 am 6. August 2015. Die sog. Benutzungsschonfrist wird fünf Jahre nach diesem Datum, also am 6. August 2020 enden. Da die angegriffene Marke am 19. Juni 2015 und damit vor dem 6. August 2015 veröffentlicht worden ist, liegen weder die Voraussetzungen der Benutzungseinrede gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG a. F. noch die Voraussetzungen der Benutzungseinrede gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG a. F. vor. Die Widersprechende brauchte die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke in der Europäischen Union daher nicht glaubhaft zu machen.
Auf die von dem Inhaber der angegriffenen Marke gerügte fehlende Benutzungsabsicht der Widersprechenden kommt es demzufolge nicht an. Insbesondere ist im Rahmen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens nicht zu prüfen, ob die Widersprechende das Inverkehrbringen von Batterien in Deutschland nach § 4 Abs. 1 BattG angezeigt hat. Im Übrigen ist hierbei in Betracht zu ziehen, dass gemäß Art. 18 Abs. 1 UMV der Unionsanteil einer IR-Marke nicht zwingend in Deutschland, sondern in der Europäischen Union benutzt werden muss (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 125b, Rdnrn. 43 ff.).
b) Die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen richten sich zum Teil an gewerbliche Kunden. So werden die für die angegriffene Marke eingetragenen Waren „Maschinen, Abgabemaschinen sowie Kraft- und Treibstoffzapfsäulen für Tankstellen, einschließlich für Elektrotankstellen“ (Klasse 7) von Betreibern von Tankstellen oder Ladestationen bezogen. Die Waren der Klasse 9 der jüngeren Marke können, soweit es sich nicht um in Hauptprodukten verbaute Geräte oder Software handelt, unmittelbar von Endverbrauchern nachgefragt werden. Schließlich werden die Dienstleistungen der Klasse 37 „Fahrzeugservice [Betanken und Instandhaltung], Aufladen und Austauschen von Autobatterien, Betrieb von Tankstellen, einschließlich Elektrotankstellen“ sowohl vom Fachverkehr als auch vom allgemeinen Publikum in Anspruch genommen.
Bei den vorgenannten Waren und Dienstleistungen handelt es sich nicht um Massenartikel oder Tätigkeiten, die laufend vom Kunden nachgefragt werden. Insbesondere wird er darauf achten, leistungsfähige und mit seiner technischen Ausstattung kompatible Produkte zu erwerben. Insofern wird der angesprochene Verkehr den verwendeten Kennzeichen zumindest mit durchschnittlicher Aufmerksamkeit begegnen.
c) Die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke
„Klasse 7:
Maschinen, Abgabemaschinen für Tankstellen, einschließlich für Elektrotankstellen;
Klasse 9:
Ladegeräte für elektrische Akkumulatoren; Software, insbesondere Apps;
Klasse 37:
Fahrzeugservice [Betanken und Instandhaltung], Aufladen und Austauschen von Autobatterien, Betrieb von Tankstellen, einschließlich Elektrotankstellen“
und die für die Widerspruchsmarke eingetragenen Waren
“Electrical cells and batteries, electrical storage batteries, lithium ion batteries, batteries, battery monitoring devices that may be attached to a battery to monitor and manage the battery and operating software for use therewith”
sind zumindest unterdurchschnittlich ähnlich.
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den gegenüberstehenden Waren bzw. zwischen den Waren und Dienstleistungen kennzeichnen. In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren bzw. Waren und Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt oder erbracht werden, ob sie nach ihrem Verwendungszweck, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung oder ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte Berührungspunkte aufweisen (vgl. BGH GRUR 2015, 176 - ZOOM/ZOOM; GRUR 2016, 336 - BioGourmet ).
(1) Die für die angegriffene Marke eingetragene Ware „Software, insbesondere Apps“ (Klasse 9) dient u. a. der kontinuierlichen Überprüfung der Leistung einer Batterie, insbesondere ihrer Restlaufzeit. Die Software stellt eine wesentliche Komponente der für die Widerspruchsmarke eingetragenen Waren „battery monitoring devices that may be attached to a battery to monitor and manage the battery and operating software for use therewith” dar. Insoweit besteht nach dem objektiven Begriffsgehalt der eingetragenen Warenbegriffe, auf den es unabhängig von den subjektiven Verwendungsabsichten des Markeninhabers ankommt (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9, Rdnr. 71), erkennbar eine hochgradige Warenähnlichkeit.
(2) Die weiter in Klasse 9 für die angegriffene Marke registrierten Waren „Ladegeräte für elektrische Akkumulatoren“ und die Waren „batteries“ der Widerspruchsmarke sind mittelgradig ähnlich. Unter diese fallen auch wiederaufladbare Batterien, also Akkumulatoren. Es handelt sich insoweit um einander ergänzende Produkte, die gemeinsam verwendet werden müssen, damit der Akkumulator die geforderte Leistung immer wieder abgeben kann. Im Handel werden häufig aufladbare Batterien zusammen mit einem entsprechenden Ladegerät angeboten, so dass jedenfalls auf der Vertriebsebene ausreichend sachliche Berührungspunkte für die Annahme einer Warenähnlichkeit bestehen.
(3) Ferner weisen die Waren „batteries“ der Widerspruchsmarke einerseits und die Waren „Maschinen, Abgabemaschinen für Tankstellen, einschließlich für Elektrotankstellen“ der Klasse 7 der angegriffenen Marke andererseits eine wenigstens unterdurchschnittliche Ähnlichkeit auf, da letztgenannte dem Aufladen von Batterien von Elektroautos dienen können. Deren Leistungsfähigkeit und Reichweite hängt maßgeblich von den eingesetzten Akkumulatoren ab. Angesichts der spezifischen Marktverhältnisse im Bereich der Elektromobilität ist die Herstellung von Batterien für Elektrofahrzeuge wirtschaftlich und technisch eng mit dem Aufbau und Betrieb von Lade- oder Servicestationen für Elektrofahrzeuge verknüpft. Die Akzeptanz von Elektrofahrzeugen bei Endverbrauchern setzt ein bedarfsgerechtes Netz an Ladestationen voraus. Daher wirken Hersteller von Elektroautos und dafür vorgesehenen Batterien aus eigenem wirtschaftlichen Interesse auf die Entwicklung und den Betrieb von spezifischen Ladestationen hin. So tritt etwa die Firma Tesla, die weltweit als einer der Marktführer im Bereich der Elektroautos gilt (vgl. „www.wikipedia.org“, Suchbegriff „Elektroauto“), als Hersteller von Batterien für Elektrofahrzeuge wie auch als Produzent und Betreiber von Ladestationen hervor (vgl. Anlage 4 zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 28. Juli 2016, in der sog. „Supercharger-Stationen“ beschrieben werden). Zudem besteht in diesem Segment ein enger technischer Zusammenhang zwischen Lade- und Batterietechnik. Dementsprechend weist die Firma Tesla beispielsweise darauf hin, dass die von ihr betriebenen „Supercharger-Stationen“ das Potential ihrer Batterien ausschöpften (vgl. vorgenannte Anlage 4).
(4) Eine zumindest unterdurchschnittliche Ähnlichkeit ist auch zwischen den Batterien auf Seiten der älteren Marke und den Dienstleistungen „Fahrzeugservice [Betanken und Instandhaltung], Aufladen und Austauschen von Autobatterien, Betrieb von Tankstellen, einschließlich Elektrotankstellen“ der Klasse 37 auf Seiten der jüngeren Marke zu bejahen. Letztgenannte umfassen Serviceleistungen für Batterien, die für den Antrieb von Elektrofahrzeugen bestimmt sind. Eine gemeinsame betriebliche Herkunft liegt auf Grund der oben bereits angesprochenen wirtschaftlichen Zusammenhänge im Bereich der Elektromobilität zwischen den streitbefangenen Waren und Dienstleistungen nicht fern. Batterien sind ein zentraler Gegenstand der genannten Dienstleistungen der angegriffenen Marke und charakterisieren in besonderer Weise das Tätigkeitsfeld des Inhabers der jüngeren Marke. Dies gilt insbesondere auch für die Dienstleistung „Fahrzeugservice [Betanken]“, da der zunächst im Zusammenhang mit flüssigen Kraftstoffen verwendete Begriff „Betanken“ zwischenzeitlich als Synonym für das Aufladen der Batterien von Elektroautos gebraucht wird.
(5) Demgegenüber bestehen zwischen den Waren „Kraft- und Treibstoffzapfsäulen für Tankstellen“ (Klasse 7) auf Seiten der angegriffenen Marke und den Waren der Widerspruchsmarke keine ausreichenden Berührungspunkte, um von einer Ähnlichkeit ausgehen zu können. Kraft- und Treibstoffzapfsäulen dienen dem Auffüllen des Tanks eines Kraftfahrzeugs insbesondere mit Benzin oder Diesel. Es ist demzufolge mit einem Verbrennungs- und nicht mit einem eine Batterie benötigenden Elektromotor ausgestattet. Die von der Widerspruchsmarke eingetragenen Waren umfassen Batterien und deren Teile. Sie weisen keinen hinreichenden sachlichen Bezug zu Geräten für die Ausgabe von flüssigen Brennstoffen auf.
d) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke
ist als durchschnittlich anzusehen. Sie besteht aus der schwarzen Darstellung eines stilisierten nach links ausgerichteten Stromsteckdosensteckers, dessen Stifte in ein weißes Halboval hineinragen und gleichzeitig die Aussparungen des Buchstabens „E“ bilden. Die grafischen Elemente ergeben in ihrer Gesamtheit ein Schwarz-Weiß-Schwarz-Oval.
Wie die Widersprechende selbst ausführt, steht der Buchstabe „E“ für elektrische Energie oder Elektrizität (vgl. „www.wikipedia.org“, Suchbegriff: „E-Auto“). Ihm kommt in Verbindung mit den Waren der Widerspruchsmarke keine Herkunftsfunktion zu, da er auf die technische Funktion der Batterien und ihrer Teile hinweist, elektrische Energie zu speichern und abzugeben (vgl. auch BGH GRUR 2012, 1040, Rdnr. 38 ff. - pjur/pure; GRUR 2016, 382, Rdnr. 31 - BioGourmet).
Entsprechendes gilt für den Stromsteckdosenstecker, der seinerseits für elektrische Energie steht und damit ebenfalls nur eingeschränkte Kennzeichnungskraft hat. Allerdings geht die konkrete grafische Gestaltung der Widerspruchsmarke mit der ihr eigenen Verschränkung der beiden Symbole zu einer selbständigen Einheit ersichtlich über eine rein beschreibende Bildaussage hinaus und verfügt damit über einen eigenen Kennzeichnungsgehalt.
e) Unter Zugrundelegung des maßgeblichen, auf der konkreten grafischen Gestaltung beruhenden Gesamteindrucks weisen die angegriffene Marke
und die Widerspruchsmarke
verschiedene Gemeinsamkeiten auf, die eine überdurchschnittliche bildliche Ähnlichkeit und damit eine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG begründen.
Die ovalförmige Gestalt, der rechts angeordnete Stecker mit seinen nach links zeigenden Stiften sowie das Ineinandergreifen der Schwarz-Weiß- bzw. Grau-Weiß-Töne finden sich in beiden Marken. Zwar ist bei der jüngeren Marke der Buchstabe „E“ nicht so deutlich erkennbar wie bei der älteren Marke. Allerdings kann auch der graue Bereich der angegriffenen Marke unmittelbar als stilisiertes „E“ aufgefasst werden, da trotz des umlaufenden grauen Ovalrands auf der rechten Seite die charakteristischen Umrisse des Buchstabens in Fettdruck hervortreten. Selbst wenn Teile des Verkehrs die linke Seite der jüngeren Marke nicht als „E“ interpretieren sollten, so gilt es dennoch zu berücksichtigen, dass sie vergleichbar wie der linke Bereich der älteren Marke gestaltet ist. Hierbei fällt insbesondere das Halboval mit den zwei andersfarbigen parallelen Balken auf. Schließlich erinnert der rechte umlaufende Rand der angegriffenen Marke an den linken umlaufenden Rand der Widerspruchsmarke. Beide werden durch einen dunklen Ton gebildet, der sich gegenüber der weißen Darstellung im Inneren des Ovals absetzt.
Die seitlich vertauschte Invers-Darstellung reicht zur sicheren Unterscheidung nicht aus. Der angesprochene Verkehr vermag sich aus der Erinnerung heraus - auch bei erhöhter Aufmerksamkeit - regelmäßig nicht zu vergegenwärtigen, welche Bereiche einer Schwarz-Weiß- bzw. Grau-Weiß-Darstellung dunkel bzw. grau und hell gehalten sind. Nach dem bildlichen Gesamteindruck sind die Zeichen daher überdurchschnittlich ähnlich, auch wenn einbezogen wird, dass die grafische Gestaltung bei bloßen Buchstabenzeichen regelmäßig aufmerksam wahrgenommen wird (vgl. BGH GRUR 2012, 930, Rdnr. 51 - Bogner B).
3. Eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen zu Lasten des größtenteils unterlegenen Inhabers der angegriffenen Marke gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG ist nicht veranlasst. Die bloße Tatsache des Unterliegens reicht für eine Kostenauferlegung nicht aus (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 71, Rdnr. 12). Die Einlegung der Beschwerde beruht auch nicht auf einem Verstoß gegen die prozessuale Sorgfalt. Obwohl verschiedene Argumente des Beschwerdeführers ersichtlich unbehelflich waren, fehlte der Beschwerde unter Berücksichtigung der vielschichtigen Frage der Ähnlichkeit der beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen nicht jegliche Erfolgsaussicht.
Für eine Kostentragung durch die Widersprechende besteht ebenfalls keine Veranlassung, da hierfür sprechende Billigkeitsgründe nicht ersichtlich sind und auch nicht geltend gemacht wurden. Dies gilt nicht nur für die Kosten des Beschwerde-, sondern auch des Amtsverfahrens, die laut Antrag des Beschwerdeführers ebenfalls der Widersprechenden auferlegt werden sollen.
4. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da ein Antrag auf mündliche Verhandlung nicht gestellt wurde (§ 69 Nr. 1 MarkenG). Auch hat der Senat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für sachdienlich erachtet (§ 69 Nr. 3 MarkenG).