Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 16.10.2014


BPatG 16.10.2014 - 28 W (pat) 508/13

Markenbeschwerdeverfahren – "Besser wissen, was man isst." – fehlende Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
28. Senat
Entscheidungsdatum:
16.10.2014
Aktenzeichen:
28 W (pat) 508/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung Nr. 30 2012 002 356.8

hat der der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat)  des  Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juli 2014 durch die Richterin Dorn als Vorsitzende, den Richter Hermann und die Richterin kraft Auftrags Kriener

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

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Besser wissen, was man isst.

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ist am 23. Januar 2012 für die Waren

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Klasse 29:

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Fleisch, konserviert; Fleischkonserven; Fleischwaren, eingesalzen (Pökelfleisch); Leber; Leberpastete; Schinken; Schweinefleisch; Schweineschmalz; Speck; Wildbret; Wurst [Bratwurst, Brühwurst]; Wurstwaren; Würstchen im Ausbackteig;

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Klasse 30:

7

Fleischpasteten; Fleischsaft

8

zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister angemeldet worden.

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Die Markenstelle für Klasse 29 des DPMA hat die Anmeldung nach Beanstandung durch Beschluss vom 3. Januar 2013 in vollem Umfang zurückgewiesen, weil das angemeldete Zeichen jeglicher Unterscheidungskraft entbehre. Die angemeldete sloganartige Wortmarke sei aus einfach(st)en deutschen Begriffen sprachüblich gebildet und werde von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen im Zusammenhang mit den beanspruchten Fleisch- und Wurstwaren der Klassen 29 und 30 ohne Weiteres, sofort verständlich und ohne analysierende Betrachtungsweise als Werbeaussage dahingehend aufgefasst werden, dass die so angepriesenen Produkte (irgendeines Anbieters) sich durch besondere Vorzüge (z. B. Frische, Qualität, Geschmack) von vergleichbaren Produkten unterschieden, da der Verbraucher mit dem Kauf dieser Produkte besser wisse, was er esse oder gekauft habe, daher bevorzugt konsumiert werden solle. Es erschöpfe sich in einem reinen Appell an den Verbraucher im Sinne von „ich will wissen, was ich esse“. Der Slogan enthalte lediglich eine Werbebotschaft / ein Werbeversprechen (irgendeines Anbieters) über herausragende Produkteigenschaften und beschreibe mit diesem Bedeutungsgehalt die vorliegend beanspruchten Waren unmittelbar. Eine Mehrdeutigkeit, die einen Herkunftshinweis und Unterscheidungskraft begründen könnte, liege nicht vor.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zwar sei die Wortfolge aus einfachen Begriffen zusammengesetzt, zu betrachten sei aber die Marke in ihrer Gesamtheit und die Zusammenwirkung der einzelnen Bestandteile. Zu der von der Markenstelle angenommenen Bedeutung komme man nur aufgrund analysierender Betrachtungsweise. Die Wortfolge stelle nicht auf eine Eigenschaft oder einen Vorteil der damit bezeichneten Waren ab. Auch wenn die Wortfolge als Werbeslogan wahrgenommen würde, schließe dies nach der Rechtsprechung deren Eignung als Herkunftshinweis nicht aus. Durch die Kürze, die sprachunübliche Anordnung und die klangliche Eigenart erreiche die Wortfolge eine gewisse Originalität und Prägnanz, die sie leicht merkfähig mache, ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordere und bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslöse. Ein Freihaltebedürfnis stehe der Eintragung ebenfalls nicht entgegen.

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Die Anmelderin beantragt,

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den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 29, vom 3. Januar 2013 aufzuheben.

II.

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Die gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

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Die angemeldete Marke ist wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Die Markenstelle für Klasse 29 hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

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Werbeslogans oder sonstige nach Art eines Spruchs gebildete Wortfolgen unterliegen denselben Schutzvoraussetzungen wie andere Wortmarken. Diese hat die Markenstelle im angefochtenen Beschluss zutreffend erläutert, so dass insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug genommen werden kann.

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Die angemeldete Wortmarke bildet eine aus deutschen Wörtern der Umgangssprache bestehende, sloganartige Wortfolge, die sich in einer allgemeinen Werbeaussage erschöpft. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren wirkt die Aussage unmittelbar als Benennung von Vorzügen der betroffenen Produkte, welche nämlich besonders geeignet seien, sich bewusst zu ernähren.

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Das genannte Begriffsverständnis ergibt sich gerade im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren zwangslos aus dem Wortsinn der einfachen und klaren Ausdrücke, die sich zudem an gängige sprachliche Wendungen anlehnen, so dass Inhalt und Relevanz der Aussage leicht erfasst werden. Auch die sprachliche Fassung der Äußerung entspricht werbeüblichen Ausdrucksmitteln.

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Das Zeichen bedient sich damit in nahe liegender sprachlicher Ausdrucksweise einer etablierten Werbebotschaft, die die dem Konsum insbesondere von Lebensmitteln ohnehin immanente Verfolgung des eigenen Wohls explizit herausstellt, wodurch sie dem Verbraucher Bedürfnisse im Rahmen zeitgemäß bedeutsamer „bewusster Ernährung“ vor Augen führt.

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Bereits die Markenstelle hat zutreffend auf den plausiblen inneren Zusammen-hang zwischen der angemeldeten Werbeaussage und den beanspruchten Waren, die dem persönlichen Genuß dienen, hingewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auch hierauf Bezug genommen werden. Der Wortgehalt des Zeichens beschränkt sich damit in sprachlich und konzeptionell geläufiger Weise darauf, dem Publikum ein Kaufmotiv in Erinnerung zu rufen, und dient damit als konventionelle Werbemitteilung lediglich der Verkaufsförderung.

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Ein zusätzlicher, insbesondere origineller Gehalt, aus dem sich die Eignung des Zeichens als Herkunftshinweis ergeben könnte (vgl. GRUR 2009, 778 – Willkommen im Leben), kommt dem Begriff nicht zu. Die festgestellte, bereits von der Markenstelle umfangreich belegte und zuletzt in der mündlichen Verhandlung erörterte Benutzung vergleichbarer sloganartiger Wortfolgen in der Werbung ist nicht nur ein gewichtiges Indiz dafür, dass sich die angemeldete Marke als Werbeaussage eignet und vom Publikum in diesem Sinn aufgefasst wird, sondern auch dafür, dass ein Allgemeininteresse an der freien Verwendbarkeit des in nahe liegender Form gebildeten Zeichens besteht (vgl. BPatG, Beschl. v. 11. Mai 2011, 26 W (pat) 524/10 – Zeit für den Augenblick). Ob sich eine Verwendung des angemeldeten Zeichens als solches in der Werbung nachweisen lässt, ist unerheblich (EuGH GRUR 2004, 1027 – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2010, 640 Rn. 13 – hey!).

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Die Beschwerde konnte daher keinen Erfolg haben.

22

Zur Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand kein Anlass, s. § 83 Abs. 2 MarkenG. Die Entscheidung über die Beschwerdesache beruht insbesondere auf der Anwendung von Grundsätzen, die der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs entsprechen.