Entscheidungsdatum: 27.11.2018
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2011 055 190
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 27. November 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des Richters Schmid und des Richters Dr. Söchtig
beschlossen:
Die Beschwerde des Widersprechenden wird zurückgewiesen.
I.
Die Bezeichnung
BACKPACKER
ist am 7. Oktober 2011 als Wortmarke angemeldet und am 1. Dezember 2011 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister unter der Nummer 30 2011 055 190 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 12, 28, 35 und 37 eingetragen worden.
Gegen diese Eintragung, die am 5. Januar 2012 veröffentlicht wurde, hat der Inhaber der am 15. Februar 2005 angemeldeten und am 17. Mai 2005 eingetragenen Wortmarke 305 08 611
BAG PAX
Widerspruch erhoben, der sich gegen die nachfolgenden Waren der Marke 30 2011 055 190 richtet:
Klasse 12:
Motorisierte Landfahrzeuge; Motoren und Antriebe für Landfahrzeuge; Antriebe für Landfahrzeuge; Kupplungen für Landfahrzeuge; Fahrwerke für Landfahrzeuge; Fahrzeugaufbauten von Landfahrzeugen; Reifen (Pneus); Schläuche für Reifen; Gleitschutzvorrichtungen für Fahrzeugreifen; Flickzeug für Reifenschläuche; selbstklebende Flickgummis für die Reparatur von Reifenschläuchen; Reifen für Fahrzeugräder; Spikes für Reifen; Gleitschutzketten; Schneeketten, Felgen für Fahrzeugräder; Vollgummireifen für Fahrzeugräder; Fahrzeugräder; Radnaben von Automobilen; Stoßdämpfer für Fahrzeuge; Stoßdämpferfeder für Fahrzeuge; Kopfstützen für Fahrzeugsitze; Fahrzeugsitze; Rückspiegel; Alarmanlagen für Fahrzeuge, Diebstahlsicherungen für Fahrzeuge; Kraftfahrzeuge; Automobile, Autobusse, Lastkraftwagen, Wohnwagen, Anhänger und Sattelauflieger für Fahrzeuge, Anhängerkupplungen für Fahrzeuge; Traktoren; Motorräder, Mopeds, Omnibusse.
Der Widerspruch war auf die nachgenannten zum Zeitpunkt seiner Erhebung am 23. Februar 2012 eingetragenen Waren der Klasse 12 gestützt:
Fahrzeuge; Transportbehälter aus Gewebe oder Kunststoff für Fahrzeuge; Teile von Land-, Luft- und Wasserfahrzeugen, ausgenommen Fahrzeugräder, Fahrzeugreifen aller Art, Reifendecken zur Runderneuerung, Luftschläuche für Reifen, soweit in Klasse 12 enthalten; Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser.
Gegen die Eintragung der Marke 305 08 611 war auch Widerspruch erhoben worden, der mit Wirkung zum 15. Februar 2006 zurückgenommen wurde.
Während des hier in Rede stehenden Widerspruchsverfahrens hat der Widersprechende mit Schreiben vom 15. Februar 2013 auf die Waren der Klasse 12 mit Ausnahme von „Transportbehälter aus Gewebe oder Kunststoff für Fahrzeuge“ verzichtet.
Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 12, hat mit Beschluss vom 7. Oktober 2015 den Widerspruch aus der Marke 305 08 611 zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, dass der Widersprechende auf die mit Schriftsatz vom 16. Mai 2012 erhobene Nichtbenutzungseinrede der Inhaberin der angegriffenen Marke die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für die noch eingetragenen Waren der Klasse 12 „Transportbehälter aus Gewebe oder Kunststoff für Fahrzeuge“ glaubhaft gemacht habe. Diese und die ausschließlich als Autozubehör qualifizierbaren Waren „Gleitschutzketten; Schneeketten“ der jüngeren Marke seien unterdurchschnittlich ähnlich, da die „Transportbehälter aus Gewebe oder Kunststoff für Fahrzeuge“ im Gegensatz zu sonstigem Autozubehör nicht auf bestimmte Fahrzeugmodelle abgestimmt seien. Die anderen streitgegenständlichen Waren der angegriffenen Marke stellten kein Autozubehör, sondern Autoteile dar, so dass keine Ähnlichkeit gegeben sei. Obwohl die Vergleichszeichen in klanglicher Hinsicht eine deutliche Ähnlichkeit aufwiesen, bestehe bei Gesamtabwägung der Umstände auch im Bereich ähnlicher Waren keine Verwechslungsgefahr. Das Publikum könne die beiderseitigen Marken nämlich wegen ihrer abweichenden Wortbedeutungen zuverlässig unterscheiden. Während die jüngere Marke „BACKPACKER“ einen „Rucksacktouristen“ bezeichne, bringe das Publikum die Marke „BAG PAX“ mit „bagpacks“ oder „Taschenpackungen“ in Verbindung.
Hiergegen richtet sich der Widersprechende mit seiner Beschwerde vom 12. November 2015. Nach seiner Auffassung besteht zwischen den Streitmarken Verwechslungsgefahr. Die angegriffenen Waren der jüngeren Marke, insbesondere Kraftfahrzeuge, wiesen gegenüber den bei der Widerspruchsmarke zu berücksichtigenden Waren „Transportbehälter aus Gewebe oder Kunststoff für Fahrzeuge“ eine enge Ähnlichkeit auf. Die beiderseitigen Waren würden regelmäßig übereinstimmend von Automobilherstellern angeboten werden. Jedenfalls in klanglicher Hinsicht sei von einer verwechslungsbegründenden Markenähnlichkeit auszugehen. Die Widerspruchsmarke „BAG PAX“ und die im Gesamteindruck maßgeblichen Wortsilben „back“ und „pack“ der angegriffenen Marke würden weitgehend übereinstimmend ausgesprochen. Die Ähnlichkeit der Zeichen werde auch nicht durch den Sinngehalt der angegriffenen Marke kompensiert. Ihre deutsche Bedeutung „Rucksacktourist“ werde im Inland nicht ohne Weiteres erkannt, da es sich bei „BACKPACKER“ um ein fremdsprachiges Wort handele, das nicht allgemein verwendet werde und auch keinen Zusammenhang mit den in Rede stehenden Waren aufweise. Die Widerspruchsmarke verfüge ebenfalls über keinen sofort erkennbaren Sinngehalt.
Im Beschwerdeverfahren hat der Widersprechende weitere Benutzungsunterlagen vorgelegt, nachdem die Inhaberin der angegriffenen Marke mit Erklärung vom 6. Januar 2017 die Benutzung der Widerspruchsmarke ausdrücklich auch für den Zeitraum von fünf Jahren vor der Entscheidung über den Widerspruch bestritten hatte.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Oktober 2015 aufzuheben und aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 305 08 611 die Löschung der Eintragung der Marke 30 2011 055 190 für folgende Waren der Klasse 12 anzuordnen:
Motorisierte Landfahrzeuge; Motoren und Antriebe für Landfahrzeuge; Antriebe für Landfahrzeuge; Kupplungen für Landfahrzeuge; Fahrwerke für Landfahrzeuge; Fahrzeugaufbauten von Landfahrzeugen; Reifen (Pneus); Schläuche für Reifen; Gleitschutzvorrichtungen für Fahrzeugreifen; Flickzeug für Reifenschläuche; selbstklebende Flickgummis für die Reparatur von Reifenschläuchen; Reifen für Fahrzeugräder; Spikes für Reifen; Gleitschutzketten; Schneeketten, Felgen für Fahrzeugräder; Vollgummireifen für Fahrzeugräder; Fahrzeugräder; Radnaben von Automobilen; Stoßdämpfer für Fahrzeuge; Stoßdämpferfeder für Fahrzeuge; Kopfstützen für Fahrzeugsitze; Fahrzeugsitze; Rückspiegel; Alarmanlagen für Fahrzeuge, Diebstahlsicherungen für Fahrzeuge; Kraftfahrzeuge; Automobile, Autobusse, Lastkraftwagen, Wohnwagen, Anhänger und Sattelauflieger für Fahrzeuge, Anhängerkupplungen für Fahrzeuge; Traktoren; Motorräder, Mopeds, Omnibusse.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie meint, dass der Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht glaubhaft gemacht habe. Den eingereichten Unterlagen sei lediglich die Verwendung des zusammengeschriebenen Zeichens „BAGPAX“ zu entnehmen, die jedoch keine Benutzung der Widerspruchsmarke in der eingetragenen Form „BAG PAX“ darstelle. Die Bedeutungen „Tasche“ bzw. „Frieden“ ihrer beiden Bestandteile „BAG“ und „PAX“ seien bei Zusammenschreibung nicht mehr erkennbar, so dass das Wort „BAGPAX“ im Verkehr überwiegend als Fantasiezeichen aufgefasst werde. Die Beschwerdegegnerin regt in diesem Zusammenhang die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Frage der rechtserhaltenden Benutzung einer Kombination aus englischen und lateinischen Wörtern an. Jedenfalls bestehe keine Verwechslungsgefahr. Die Waren der Streitzeichen seien markenrechtlich nicht ähnlich. Selbst soweit es sich übereinstimmend um Autozubehör handele, lasse dies nicht die Annahme einer gemeinsamen betrieblichen Herkunft zu. Die Widerspruchsmarke verfüge des Weiteren nur über eine unterdurchschnittliche originäre Kennzeichnungskraft, da ihr englischsprachiger Bestandteil „BAG“ mit der Bedeutung „Tasche“ die Art der auf Seiten der älteren Marke in Betracht zu ziehenden Waren benenne. Demzufolge bestehe keine Ähnlichkeit der Vergleichszeichen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Widersprechenden ist unbegründet.
1. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da der Beschwerdeführer seinen hilfsweise gestellten Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen hat (§ 69 Nr. 1 MarkenG) und eine solche auch nicht als sachdienlich erachtet wurde (§ 69 Nr. 3 MarkenG).
2. Zwischen den Streitmarken besteht keine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, so dass der Widerspruch aus der Marke 305 08 611 im Ergebnis zu Recht vom Deutschen Patent- und Markenamt gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen wurde.
Die Frage der Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. EuGH GRUR 2010, 1098, Rdnr. 44 - Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933, Rdnr. 32 - Barbara Becker; BGH GRUR 2014, 488, Rdnr. 9 - DESPERADOS/DESPERADO; GRUR 2012, 1040, Rdnr. 25 - pjur/pure; GRUR 2006, 60, Rdnr. 12 - coccodrillo m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen ist eine Verwechslungsgefahr vorliegend zu verneinen.
a) Auf Seiten der Widerspruchsmarke ist zunächst von den in Klasse 12 registrierten Waren „Transportbehälter aus Gewebe oder Kunststoff für Fahrzeuge“ auszugehen. Auf sonstige Waren der Klasse 12, die zunächst Gegenstand der Eintragung der Widerspruchsmarke waren, erstreckt sich der Schutz der Marke nach dem Teilverzicht des Inhabers vom 15. Februar 2013 nicht mehr. Auf die Waren der Klasse 22, für die die Widerspruchsmarke noch eingetragen ist, stützt sich der Widerspruch ausweislich des am 23. Februar 2012 eingegangenen Formblatts nicht.
Von den nach der Registerlage maßgeblichen Waren können bei der Entscheidung über den Widerspruch allerdings nur diejenigen Waren gemäß § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG berücksichtigt werden, für die der Widersprechende die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft gemacht hat. Ihm oblag es vorliegend, die Benutzung der Widerspruchsmarke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am 5. Januar 2012 gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG sowie innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch im November 2018 gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG glaubhaft zu machen. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hatte nämlich die Benutzung der Widerspruchsmarke mit Schriftsätzen vom 16. Mai 2012 unbeschränkt und vom 6. Januar 2017 ausdrücklich für den Zeitraum gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG in zulässiger Weise bestritten. Die fünfjährige Benutzungsschonfrist nach § 43 Abs. 1 Sätze 1 und 2 MarkenG ist, nachdem das gegen die Eintragung der Widerspruchsmarke gerichtete Widerspruchsverfahren am 15. Februar 2006 beendet war, gemäß § 26 Abs. 5 MarkenG im Februar 2011 und damit bereits vor der Veröffentlichung der angegriffenen Marke am 5. Januar 2012 abgelaufen.
Die Benutzungsunterlagen, die der Widersprechende für den ersten und zweiten Benutzungszeitraum (Februar 2007 bis Januar 2012 bzw. Dezember 2013 bis November 2018) vorgelegt hat, beziehen sich auf Kofferraumtaschen für Personenkraftwagen (vgl. Anlagen A 4, A 5, A 6, A 7, A 9, A 10 und A 11 zum Schriftsatz vom 19. Juli 2012, Anlagen A 19 und A 21 zum Schriftsatz vom 12. Mai 2017, Anlage 22 zum Schriftsatz vom 27. September 2017). Die tatsächlich benutzte Form der Widerspruchsmarke in Zusammenschreibung („BAGPAX“) weicht zwar von der Eintragung „BAG PAX“ ab. Dies verändert allerdings nicht den kennzeichnenden Charakter und ist somit gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG unschädlich. Das Weglassen des Leerraums führt nicht zu einem neuen Gesamtbegriff oder Phantasiewort, da die Bestandteile „BAG“ und „PAX“ weiterhin erkennbar bleiben und nicht eine andere Aussage vermitteln.
Die Kofferraumtaschen für Personenkraftwagen, für die die Widerspruchsmarke tatsächlich benutzt worden ist, fallen unter die eingetragenen Waren „Transportbehälter aus Gewebe oder Kunststoff für Fahrzeuge“ (Subsumtion). Diese umfassen jedoch auch Transportbehälter aus Gewebe oder Kunststoff, die entweder nicht für Personenkraftwagen bestimmt sind (z. B. Container für Lastkraftwagen oder Schiffe) oder außerhalb des Kofferraums von Personenkraftwagen eingesetzt werden (z. B. Kindersitzschalen oder Dachboxen). Der Prüfung der Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit dürfen jedoch auf Seiten der Widerspruchsmarke nur die Waren zugrunde gelegt werden, die wegen ihrer Eigenschaften und Zweckbestimmung zum gleichen Warenbereich wie die Kofferraumtaschen für Personenkraftwagen gehören (vgl. zur Frage der Integration: BGH GRUR 2012, 64, Rdnr. 10 und 11 - Maalox/Melox-GRY; BGH GRUR 2013, 833, Rdnr. 61 - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 1990, 39, 40 f. - Taurus; BPatG GRUR 2004, 954, 955 f. - CYNARETTEN/Circanetten). Letztgenannte dienen dazu, Verschmutzungen oder Beschädigungen des Kraftfahrzeuginnenbereichs durch das Transportgut zu vermeiden (vgl. insbesondere Anlage A 11 zum Schriftsatz vom 19. Juli 2012). Dies ist auch der Zweck der Waren „Transportbehälter aus Gewebe oder Kunststoff für den Kofferraum von Personenkraftwagen“. Von diesem nicht zu breiten, unter die eingetragenen „Transportbehälter aus Gewebe oder Kunststoff für Fahrzeuge“ fallenden und gleichzeitig die benutzten „Kofferraumtaschen für Personenkraftwagen“ umfassenden Warenoberbegriff wird nachfolgend ausgegangen (vgl. zur „erweiterten Minimallösung“ auch Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Auflage, § 26, Rdnr. 277 ff.).
b) Die „Transportbehälter aus Gewebe oder Kunststoff für den Kofferraum von Personenkraftwagen“ auf Seiten der Widerspruchsmarke und die angegriffenen Waren der Klasse 12 der jüngeren Marke stehen in einem mehr oder weniger ausgeprägten Ähnlichkeitsverhältnis zueinander.
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen ihnen kennzeichnen. Hierzu gehören insbesondere die Art der Waren, ihr Verwendungszweck, ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren. In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt werden oder, ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen (vgl. BGH GRUR 2014, 379 - OTTO CAP; GRUR 2014, 488, Rdnr. 14 - DESPERADOS/DESPERADO).
(1) Die bei der Widerspruchsmarke zu berücksichtigenden „Transportbehälter aus Gewebe oder Kunststoff für den Kofferraum von Personenkraftwagen“ und die Waren „Fahrzeugaufbauten von Landfahrzeugen“ der jüngeren Marke weisen eine durchschnittliche Warenähnlichkeit auf (vgl. zur Abstufung der Ähnlichkeitsgrade: BGH GRUR 2013, 833, Rdnr. 55 - Culinaria/Villa Culinaria). Letztgenannte umfassen Behältnisse, die dem Transport von Gegenständen auf Autodächern (z. B. Dachboxen) oder auf Ladeflächen von Kraftfahrzeugen (z. B. Wassertanks) dienen. Der unterschiedliche Einsatzbereich der genannten Transportbehältnisse im Kofferraum einerseits und auf dem Dach bzw. der Ladefläche eines Kraftwagens andererseits zieht regelmäßig wesentliche Abweichungen ihrer technischen Beschaffenheit nach sich. Während Behälter, die im Kofferraum eines Fahrzeugs verwendet werden, in der Regel nicht gesondert befestigt werden müssen, sind Komponenten zur verkehrssicheren Fixierung bei Fahrzeugaufbauten typischerweise ein zentrales Produktmerkmal. Des Weiteren unterschieden sich die beiden Warengruppen regelmäßig auch in der Materialbeschaffenheit deutlich. Im Unterschied zu Behältnissen, die lediglich im Kofferraum eingesetzt werden, müssen Fahrzeugaufbauten nämlich auch den Witterungseinflüssen standhalten. Ein ausreichender Anhalt für das Vorliegen einer überdurchschnittlichen Warenähnlichkeit besteht daher nicht, selbst wenn die Waren tatsächlich regelmäßig von denselben Anbietern stammen sollten.
(2) Die für die jüngere Marke eingetragenen Waren
„Motorisierte Landfahrzeuge; Kraftfahrzeuge; Automobile, Autobusse, Lastkraftwagen, Wohnwagen; Traktoren; Motorräder, Mopeds, Omnibusse“
und
„Motoren und Antriebe für Landfahrzeuge; Antriebe für Landfahrzeuge; Kupplungen für Landfahrzeuge; Fahrwerke für Landfahrzeuge; Reifen (Pneus); Schläuche für Reifen; Gleitschutzvorrichtungen für Fahrzeugreifen; Flickzeug für Reifenschläuche; selbstklebende Flickgummis für die Reparatur von Reifenschläuchen; Reifen für Fahrzeugräder; Spikes für Reifen; Gleitschutzketten; Schneeketten, Felgen für Fahrzeugräder; Vollgummireifen für Fahrzeugräder; Fahrzeugräder; Radnaben von Automobilen; Stoßdämpfer für Fahrzeuge; Stoßdämpferfeder für Fahrzeuge; Kopfstützen für Fahrzeugsitze; Fahrzeugsitze; Rückspiegel; Alarmanlagen für Fahrzeuge, Diebstahlsicherungen für Fahrzeuge; Anhänger und Sattelauflieger für Fahrzeuge, Anhängerkupplungen für Fahrzeuge“
unterscheiden sich nach ihrer Art und ihrer Beschaffenheit erkennbar so deutlich von „Transportbehältern aus Gewebe oder Kunststoff für den Kofferraum von Personenkraftwagen“, dass allenfalls eine unterdurchschnittliche Ähnlichkeit vorliegt. Dabei wird zugunsten des Widersprechenden davon ausgegangen, dass die Vergleichswaren von Kraftfahrzeugherstellern angeboten werden, wenngleich für ein derartiges Verkehrsverständnis bei den hier in Rede stehenden Kofferraumbehältnissen allenfalls punktuelle Anzeichen bestehen. Dabei ist auch zu beachten, dass selbst zwischen für die Konstruktion oder die Sicherheit wesentlichen Fahrzeugteilen und Kraftfahrzeugen regelmäßig keine engere als eine durchschnittliche Warenähnlichkeit besteht (vgl. BPatG, Beschluss vom 2. Mai 2001, 28 W (pat) 188/99 - RECREO).
c) Bei der Beurteilung des Vorliegens einer Verwechslungsgefahr ist auf das Verständnis eines gut informierten Abnehmers der in Rede stehenden Waren abzustellen. Die angegriffenen Waren der Klasse 12 der jüngeren Marke wenden sich sowohl an allgemeine Verbraucher als auch an das Fachpublikum, so dass von einer zumindest durchschnittlichen Aufmerksamkeit der Verkehrskreise auszugehen ist.
d) Die Widerspruchsmarke genießt originär eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Diese bestimmt sich bei zusammengesetzten Zeichen nach ihrem Gesamteindruck (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Auflage, § 9, Rdnr. 141). Die ältere Marke ist aus dem englischsprachigen Begriff „BAG“ mit der Bedeutung „Tasche“ (vgl. Pons, Großwörterbuch Englisch – Deutsch, 1. Auflage, Seite 54) und dem Wort „PAX“, das im Lateinischen für „Frieden“ steht, gebildet. Auch wenn sich dieses klanglich an die Pluralform des englischen Ausdrucks „pack“ für Bündel oder Packung anlehnt (vgl. Pons, a. a. O., Seite 628), wird das Gesamtzeichen angesichts des unüblichen und allenfalls eingeschränkt aussagekräftigen Elements „PAX“ nicht ohne Weiteres als Sachangabe verstanden.
Eine auf einer umfangreichen Benutzung beruhende Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke ist nicht geltend gemacht. Ebenso sind entsprechende Tatsachen nicht gerichtsbekannt. Für die Annahme einer gesteigerten Kennzeichnungskraft fehlen daher Anhaltspunkte.
e) Die zu vergleichenden Marken sind allenfalls unterdurchschnittlich ähnlich.
Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüber stehender Marken ist nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-) Bild und im Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die von ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können (vgl. BGH GRUR 2009, 1055, Rdnr. 26 - airdsl; GRUR 2011, 824, Rdnr. 26 - Kappa).
(1) Im klanglichen Gesamteindruck weist die angegriffene Wortmarke
BACKPACKER
gegenüber der älteren Wortmarke
BAG PAX
zu wenig Gemeinsamkeiten auf, um eine durchschnittliche Ähnlichkeit bejahen zu können. Die nicht geläufige und daher regelmäßig wortgetreu ausgesprochene Widerspruchsmarke „BAG PAX“ besteht aus zwei Wörtern, zwischen denen eine lautliche Zäsur besteht. Demgegenüber ist die jüngere Marke ein Gesamtbegriff mit der Bedeutung „Rucksackreisender“ (vgl. Pons, a. a. O. Seite 54), der demzufolge weitgehend zusammenhängend wiedergegeben wird. Die besonders beachteten Wortanfänge „BACK-“ und „BAG“ der Vergleichszeichen weisen zwar klangliche Annäherungen auf. Allerdings wird der in ihnen enthaltene, wie „ä“ artikulierte Vokal „a“ einerseits kurz („BACK-“) und andererseits lang ausgesprochen („BAG“). Nachdem es sich um sehr einfache und im Inland ohne Weiteres bekannte Wörter der englischen Sprache handelt (vgl. Background, Backup und Airbag), ist von einer weitgehend korrekten englischen Aussprache durch die Durchschnittsverbraucher und Fachkreise auszugehen. Die weiteren Zeichenkomponenten „-PACKER“ und „PAX“ klingen selbst bei identischer (englischer) Aussprache ihrer Anfänge („pä-“) durch die nach Art und Umfang abweichenden Enden „-CKER“ bzw. „X“ deutlich anders.
Die Erfassung der bestehenden klanglichen Unterschiede wird im Übrigen durch den erkennbaren Sinngehalt der jüngeren Marke unterstützt. Der englischsprachige Ausdruck „BACKPACKER“ ist bereits seit geraumer Zeit, jedenfalls vor dem Anmeldetag der angegriffenen Marke in die deutsche Gegenwartssprache eingegangen und wird im Inland vornehmlich im Sinne von Rucksacktourist verstanden (vgl. Duden, Die deutsche Rechtschreibung, 25. Auflage, Seite 243). Er weist zwar keinen direkten Zusammenhang zu den angegriffenen Waren der Klasse 12 der jüngeren Marke auf. Hierauf kommt es jedoch nicht an, da die Bedeutung des Worts für Abnehmer gleichwohl erkennbar bleibt.
Der Wortkombination „BAG PAX“ wird das Publikum dagegen nicht ohne Weiteres einen Begriffsgehalt entnehmen können. Die Bedeutung „Frieden“ des lateinischen Wortes „PAX“ drängt sich dem inländischen Publikum jedenfalls in der ungewöhnlichen Verbindung mit dem Ausdruck „BAG“ nicht auf. Für die vom Deutschen Patent- und Markenamt angenommene Gleichsetzung mit dem Ausdruck „bag packs“, der ebenfalls auf Rucksäcke hinweist, fehlen zureichende Anhaltspunkte. Hierauf kommt es aber nicht entscheidungserheblich an. Der Grundsatz, dass eine Verwechslungsgefahr trotz klanglicher Ähnlichkeit der Zeichen wegen eines ohne Weiteres erkennbaren eindeutigen Sinngehalts zu verneinen sein kann, gilt nämlich auch dann, wenn nur ein Zeichen, im Streitfall die angegriffene Marke „BACKPACKER“ über einen solchen verfügt (vgl. EuGH GRUR 2006, 237, Rdnr. 20 - PICASSO/PICARO; BGH GRUR 2003, 1047, 1049 - Kellogg's/Kelly's; GRUR 2010, 235, Rdnr. 21 - AIDA/AIDU).
(2) In schriftbildlicher Hinsicht ist der Abstand der Streitzeichen noch deutlicher ausgeprägt. Die Widerspruchsmarke wird als Kombination zweier gleich kurzer Wörter wahrgenommen, in deren Mitte jeweils der Buchstabe „A“ steht. Die angegriffene Marke erscheint demgegenüber als ein einziges Wort, das sich nicht nur von der Struktur, sondern auch von der Länge her deutlich von den beiden Bestandteilen der Widerspruchsmarke unterscheidet. Zudem fehlt der angegriffenen Marke der auffällige Endbuchstabe „X“. Dem klar erkennbaren Sinngehalt des Wortes „BACKPACKER“ kommt auch hier eine verwechslungsmindernde Bedeutung zu.
(3) Zwischen den Streitzeichen besteht ferner keine unmittelbare begriffliche Ähnlichkeit. Sie stimmen ihrem Sinn nach nicht vollständig oder im Wesentlichen über (vgl. BGH GRUR 2004, 779, 782, Rdnr. 61 f. - Zwilling/Zweibrüder). Die der Widerspruchsmarke allenfalls entnehmbare Aussage „Taschen Frieden“ weicht ersichtlich von der Bedeutung des Wortes „BACKPACKER“ ab.
Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr unter einem anderem tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkt ist weder durch den Widersprechenden geltend gemacht noch bestehen hierfür Anhaltspunkte.
Die Beschwerde des Widersprechenden war daher zurückzuweisen.
3. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof gemäß § 83 Abs. 2 MarkenG besteht kein Grund. Die hiesige Entscheidung hängt weder von einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung ab, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
4. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen noch ersichtlich sind.