Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 03.05.2018


BPatG 03.05.2018 - 28 W (pat) 22/13

(Markenbeschwerdeverfahren – "grün/orange (konkrete Aufmachungsfarbmarke)" – eine gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG anmeldetagsbegründende Wiedergabe einer Farbzusammenstellung mit einer Zuordnung der Farben zu bestimmten Bauteilen von Waren muss nicht zwingend eine bestimmte Farbanordnung für jede denkbare Ware festlegen – zur grafischen Darstellbarkeit von konkreten Aufmachungsfarbmarken - abschließende Festlegungen zum quantitativen Verhältnis und zur räumlichen Verteilung der Farben werden nicht vorausgesetzt – grafische Darstellbarkeit bei einer im Kern homogenen Bildwirkung)


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
28. Senat
Entscheidungsdatum:
03.05.2018
Aktenzeichen:
28 W (pat) 22/13
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2018:030518B28Wpat22.13.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Konkrete Aufmachungsfarbmarke grün/orange

1. Eine gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG anmeldetagsbegründende Wiedergabe einer beanspruchten Farbzusammenstellung mit einer Zuordnung der Farben zu bestimmten Bauteilen von Waren (sog. konkrete Aufmachungsfarbmarke) muss nicht zwingend eine bestimmte Farbanordnung für jede denkbare Ware, die von dem im Warenverzeichnis beanspruchten Warenoberbegriff umfasst ist, festlegen.

2. Die nach § 8 Abs. 1 MarkenG erforderliche grafische Darstellbarkeit einer als konkrete Aufmachungsfarbmarke beanspruchten Farbzusammenstellung setzt keine abschließenden Festlegungen zum quantitativen Verhältnis und zur räumlichen Verteilung der Farben voraus.

3. Eine konkrete Aufmachungsfarbmarke ist jedenfalls grafisch darstellbar, wenn die zur Definition der Farbverteilung herangezogenen Bauteile trotz ihrer variablen Anordnung und Größe wenigstens typischerweise eine im Kern homogene Bildwirkung entfalten.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 063 586.2

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung am 3. Mai 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein und der Richter Schmid und Dr. Söchtig

beschlossen:

1. Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenstelle für Klasse 7, vom 4. März 2013 wird aufgehoben.

2. Die Sache wird zur anderweitigen Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Die Anmelderin hat am 23. November 2011 beim Deutschen Patent- und Markenamt beantragt, nachfolgendes Zeichen

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2

für die Waren

3

"Landwirtschaftliche Maschinen und Geräte, insbesondere Feldspritzen, Sämaschinen, Düngerstreuer, Bodenbearbeitungsgeräte“

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in das beim DPMA geführte Markenregister einzutragen.

5

In dem Anmeldeformular finden sich in dem Feld „Wiedergabe der Marke“ die ergänzenden Angaben „grün/orange“ sowie „PANTONE 7742C/1505C“. Des Weiteren ist in dem Feld „Zur Markenform werden folgende Angaben gemacht“ das Kästchen „Sonstige Markenform“ angekreuzt. Zusammen mit dem Formblatt hat die Anmelderin noch folgende Beschreibung eingereicht:

6

„Die Marke besteht aus einer Kombination der Farben Grün (PANTONE 7742 C) und Orange (PANTONE 1505 C). Der Rahmen der Maschinen und Geräte ist grün. Anbauteile, Behälter und Deckel sind orange.“

7

Weiter waren der Anmeldung zehn als „Benutzungsbeispiele“ bezeichnete Abbildungen von landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten beigefügt, darunter zwei Feldspritzen:

Abbildung

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8

Mit Erklärung vom 27. September 2012 hat die Anmelderin das Warenverzeichnis wie folgt geändert:

9

„Landwirtschaftliche Maschinen und Geräte, nämlich Feldspritzen, Sämaschinen, Düngerstreuer“.

10

Des Weiteren hat sie mit dieser Eingabe eine geänderte Fassung der Markenbeschreibung vorgelegt:

11

„Die Marke besteht aus einer Kombination der Farben Grün (PANTONE 7742C) und Orange (PANTONE 1505C). Bei Feldspritzen ist der Rahmen der Geräte grün, der Behälter ist orange; bei Sämaschinen ist der Rahmen der Maschine grün, der obere Bereich und/oder Deckel und/oder die Säschare sind orange. Bei Düngerstreuern ist der Rahmen der Maschine grün, der Deckel ist orange“.

12

Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 7, hat die Anmeldung nach vorausgegangener Beanstandung mit Beschluss vom 4. März 2013 zurückgewiesen.

13

Nach der Begründung des Beschlusses handele es sich bei dem Anmeldezeichen um eine konturlose Mehrfarbenkombination. Zwar seien ausweislich der Beschreibung des Zeichens im Schriftsatz vom 27. September 2012 die Farben auf bestimmte Teile der in allgemeiner Form im Verzeichnis genannten Waren verteilt. Eine konkrete Warengestaltung sei aber nicht Gegenstand des Zeichens.

14

Die angemeldete konturlose Mehrfarbenkombination sei von der Eintragung ausgeschlossen, weil sie sich nicht grafisch darstellen lasse. Das Erfordernis der grafischen Darstellbarkeit nach § 8 Abs. 1 MarkenG setze bei konturlosen Mehrfarbenkombinationen neben einer eindeutigen Bezeichnung der beanspruchten Farben auch konkrete Festlegungen zum quantitativen Verhältnis sowie zur räumlichen Anordnung der beanspruchten Farbtöne voraus. Jedenfalls seien der Anmeldung keine konkreten Aussagen zum quantitativen Verhältnis der beanspruchten Farbtöne zu entnehmen. Die Angabe, dass - in Bezug auf Feldspritzen - Rahmen und Behälter in einem grünen bzw. orangenen Farbton gehalten sein sollen, genüge diesem Erfordernis nicht. Das Größenverhältnis von Rahmen und Behältern könne bei Feldspritzen erheblich variieren. Es sei auch nicht deutlich, ob die Gestänge einer Feldspritze dem Rahmen zuzuordnen seien.

15

Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde erhoben. Sie beantragt,

16

den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 7, vom 4. März 2013 aufzuheben.

17

Im Beschwerdeverfahren verfolgt sie die Anmeldung nach einer ersten Beschränkung des Warenverzeichnisses auf „Landwirtschaftliche Maschinen und Geräte, nämlich Feldspritzen“ (vgl. Schriftsatz vom 28. Juni 2013) zuletzt noch für die Waren „Landwirtschaftliche Maschinen und Geräte, nämlich maschinelle Feldspritzen“ weiter (vgl. Schriftsatz vom 18. September 2017).

18

Zur Begründung der Beschwerde hat sie ausgeführt, dass die vorgelegte Markenbeschreibung ausreichend klare Aussagen zur räumlichen Anordnung der beanspruchten Farbtöne enthalte. Hieraus ergebe sich ungeachtet veränderlicher Größenverhältnisse der mit bestimmten Farben versehenen Geräteteile auch eine ausreichende Festlegung des quantitativen Verhältnisses der Farben. Der Eintragung des Anmeldezeichens stehe auch kein absolutes Eintragungshindernis entgegen. Ausweislich verschiedener Umfragen durch Fachverbände sei zudem vom Vorliegen der Voraussetzungen einer Verkehrsdurchsetzung auszugehen.

19

Die Anmelderin hat die Markenbeschreibung ausgehend von der ursprünglichen Fassung mehrfach modifiziert. Die letzte mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2017 eingereichte Fassung lautet wie folgt:

20

„Die Marke besteht aus einer Kombination der Farben Grün (Pantone 7742 C) und Orange (Pantone 1505 C). Der Rahmen einschließlich des Düsentragrahmens der Feldspritze ist grün. Anbauteile, einschließlich Düsenhalter, Behälter und Deckel sind orange“.

21

Ergänzend führt die Beschwerdeführerin aus, dass die zusätzlichen Aussagen zur Farbgebung der Düsenkomponenten als bloße Klarstellung des Schutzbegehrens zulässig seien. Die vorgesehene Farbverteilung ergebe sich bereits aus den am Anmeldetag vorgelegten Benutzungsbeispielen.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss und den sonstigen Akteninhalt verwiesen.

II.

23

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist begründet und führt zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat zu Unrecht die grafische Darstellbarkeit des Anmeldezeichens nach § 8 Abs. 1 MarkenG verneint.

24

1. Warenverzeichnis

25

Bei der Änderung des ursprünglich eingereichten Warenverzeichnisses

26

"Landwirtschaftliche Maschinen und Geräte, insbesondere Feldspritzen, Sämaschinen, Düngerstreuer, Bodenbearbeitungsgeräte“ (Anmeldung vom 23. November 2011)

in

27

„Landwirtschaftliche Maschinen und Geräte, nämlich Feldspritzen, Sämaschinen, Düngerstreuer“ (Schriftsatz vom 27. September 2012),

28

dann in

29

„Landwirtschaftliche Maschinen und Geräte, nämlich Feldspritzen“ (Schriftsatz vom 28. Juni 2013)

30

und abschließend in

31

„Landwirtschaftliche Maschinen und Geräte, nämlich maschinelle Feldspritzen“ (Schriftsatz vom 18. September 2017)

32

handelt es sich um eine zulässige Beschränkung gemäß § 39 Abs. 1, 2. Alt., MarkenG.

33

2. Anmeldegegenstand

34

Gegenstand der Anmeldung ist - entgegen der Auffassung der Markenstelle - eine Zusammenstellung der Farbtöne Grün (PANTONE 7742C) und Orange (PANTONE 1505C) dergestalt, dass der Rahmen einschließlich des Düsentragrahmens von - in ihrer Ausbildung nicht bestimmten - (maschinellen) Feldspritzen den genannten Grünton und deren Anbauteile einschließlich Düsenhalter, Behälter und Deckel den genannten Orangeton aufweisen. Es handelt sich hierbei um eine sog. „konkrete Aufmachungsfarbmarke“ (vgl. Grabrucker, Der Schutzgegenstand der Farbmarke, GRUR 1999, 850, 853, Ziffer 5., unter Verweis u. a. auf BPatG GRUR 1998, 1016, 1017; dagegen, mit unzutreffender Berufung auf Grabrucker, a. a. O., als „abstrakte Aufmachungsfarbmarke“ bezeichnet in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Auflage, § 3, Rdnr. 44 und 60).

35

a) Neben dem als Bestandteil der Anmeldeunterlagen vorgelegten Farbmuster und den Farbangaben „grün/orange“ sowie „PANTONE 7742C/1505C“ ergibt sich die Wiedergabe der Marke gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG aus der nach § 10a Abs. 2 MarkenV i. V. m. § 6a Abs. 2 Satz 1 MarkenV bzw. § 12 Abs. 3 MarkenV a. F. ergänzend eingereichten Markenbeschreibung in der Fassung des Schriftsatzes vom 18. Oktober 2017 (vgl. auch BGH GRUR 2007, 55, 57, Rdnr. 24 - Farbmarke gelb/grün II):

36

„Die Marke besteht aus einer Kombination der Farben Grün (Pantone 7742 C) und Orange (Pantone 1505 C). Der Rahmen einschließlich des Düsentragrahmens der Feldspritze ist grün. Anbauteile, einschließlich Düsenhalter, Behälter und Deckel sind orange.“

37

Hierin kommt klar zum Ausdruck, dass Gegenstand des Schutzes die körperliche Aufmachung von - nur allgemein im Warenverzeichnis genannten, im Zeichen selbst nicht konkret erscheinenden - Waren in den genannten Farben sein soll. Der beanspruchte Farbenschutz ist damit - ungeachtet der fehlenden Festlegung einer bestimmten Warengestalt - objektgebunden und konturbestimmt. Abweichend zur Auffassung der Markenstelle wird vorliegend mithin gerade keine „konturlose Mehrfarbenkombination“ begehrt (vgl. den angefochtenen Beschluss, Seite 3 unten; zur üblichen Terminologie „abstrakt-bestimmte Farbzusammenstellung“ vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 3, Rdnr. 43).

38

Dem steht nicht entgegen, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Anmeldung Schutz für eine „Sonstige Markenform“ beantragt hat. In dem zum Zeitpunkt der Anmeldung gültigen amtlichen Anmeldeformular, das auf § 6 Nr. 6 i. V. m. § 12 MarkenV i. d. F. vom 6. Dezember 2010 zurückgeht, ist die Farbmarke nicht als eigenständige Markenform ausgewiesen. Der Anmelderin kann es daher nicht angelastet werden, dass sie in dem Formular auf die damals die Farbmarke umfassende Markenkategorie „Sonstige Markenform“ zurückgegriffen hat (vgl. nunmehr § 6 Nr. 5 i. V. m. § 10a MarkenV i. d. F. vom 2. Juni 2016 in BlPMZ 2016, 245). Aus der eingereichten Markenwiedergabe und -beschreibung ergibt sich eindeutig, dass die Anmelderin nicht eine „Sonstige Markenform“ im heutigen Sinne gemäß § 12 MarkenV, sondern eine Farbmarke beansprucht hat.

39

b) Die mit der Anmeldung vorgelegte Beschreibung

40

„Die Marke besteht aus einer Kombination der Farben Grün (PANTONE 7742 C) und Orange (PANTONE 1505 C). Der Rahmen der Maschinen und Geräte ist grün. Anbauteile, Behälter und Deckel sind orange.“

41

wird durch die Beschreibung vom 18. Oktober 2017 in zulässiger Weise geändert. Zwar legt die ursprüngliche Beschreibung zusammen mit den weiteren Anmeldungsunterlagen den Anmeldegegenstand abschließend fest. Die in der Beschreibung vom 18. Oktober 2017 enthaltenen Modifikationen erschöpfen sich aber in klarstellenden Angaben und entsprechen damit dem Grundsatz der Unveränderlichkeit der Marke:

42

(1) Die ursprünglichen Anmeldeunterlagen vom 23. November 2011 lassen klar erkennen, was nach dem Willen der Anmelderin Gegenstand des beantragten Markenschutzes sein soll, so dass die Anforderungen an die Begründung eines Anmeldetags gemäß § 33 Abs. 1 i. V. m. § 32 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllt sind. Anhand dieser Unterlagen sind deshalb die mit Schriftsätzen vom 27. September 2012 und vom 18. Oktober 2017 nachgereichten Beschreibungen zu prüfen.

43

(a) Eine (teilweise) Unbestimmtheit des ursprünglichen Anmeldegegenstands folgt nicht daraus, dass in der Beschreibung vom 23. November 2011 nur bestimmte Maschinen- und Geräteteile genannt sind („Rahmen“ bzw. „Anbauteile, Behälter und Deckel“), auf denen die Farben Grün und Orange angebracht sind. Zwar umfassen die mit der Anmeldung beanspruchten Waren „Landwirtschaftliche Maschinen und Geräte“ und selbst die noch beschwerdegegenständlichen Waren „Landwirtschaftliche Maschinen und Geräte, nämlich maschinelle Feldspritzen“ auch Produkte, die die angesprochenen Bauteile nicht (z. B. Spaten) oder nicht vollständig aufweisen (z. B. maschinelle Feldspritzen ohne Rahmen). Hieraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass die Anmeldung in Bezug auf diesen Teil der beanspruchten Waren, die die zur Beschreibung der Marke herangezogenen Bauteile nicht besitzen, keinen Schutzgegenstand offenbart und ihr daher insgesamt kein (notwendig einheitlicher) Anmeldetag nach § 33 Abs. 1 MarkenG zukommt. Vielmehr ist die Anmeldung auf eine Farbanordnung beschränkt, die definitionsgemäß nur bei Waren mit den genannten Bauteilen in Erscheinung treten kann. Für Waren, die unter die beanspruchten abstrakten Warenbegriffe fallen, ohne diese Bauteile jedoch aufzuweisen, geht die Anmeldung dagegen ins Leere (vgl. zu einer Positionsmarke auch EuG, Urteil vom 4. Juli 2017, T-81/16 - Pirelli Tyre SpA/EUIPO). Das Anmeldebegehren kann nämlich insoweit nicht sinnvoll definiert werden. Die Regelung nach § 32 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verlangt nach Auffassung des Senats zudem nicht, dass ein beanspruchtes Farbzeichen, das an physische Merkmale von Waren anknüpft, jeder denkbaren Ware, die von dem beanspruchten Warenoberbegriff umfasst ist, - unabhängig vom Vorhandensein der anspruchsgemäßen Bauteile - stimmig zugeordnet werden kann.

44

Der Anmeldegegenstand ist unter diesen Umständen bereits dann ausreichend bestimmt, wenn bei den konkreten Waren, die unter die im Warenverzeichnis genannten Begriffe fallen, zum einen die zur Bestimmung des Zeichens erforderlichen Bauteile vorhanden sind, und zum anderen die Umrisse der Flächen, auf denen sich die beanspruchten Farben befinden, deutlich festliegen. Unter diesen Voraussetzungen besteht Klarheit über die warenabhängige Erscheinung der Farbanordnung, die Gegenstand des Schutzes sein soll.

45

Beide Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Die in der ursprünglichen Beschreibung zur Bestimmung der Farbverteilung herangezogenen Angaben - „Rahmen der Maschinen und Geräte“ bzw. „Anbauteile, Behälter und Deckel“ - sind geläufige technische Begrifflichkeiten mit grundsätzlich eindeutig besetztem Inhalt. Sie geben ausreichend Auskunft über das Vorhandensein und die räumliche Ausdehnung so bezeichneter Maschinen- bzw. Geräteteile der ursprünglich beanspruchten Waren „Landwirtschaftliche Maschinen und Geräte, insbesondere Feldspritzen, Sämaschinen, Düngerstreuer, Bodenbearbeitungsgeräte“.

46

Dies gilt insbesondere auch für die zuletzt noch beanspruchten „maschinellen Feldspritzen“, deren „Rahmen“ zumindest unter Berücksichtigung der eingereichten „Benutzungsbeispiele“ eindeutig als solche erkannt werden können. Dabei darf dahingestellt bleiben, ob - wie die Markenstelle in anderem Zusammenhang angezweifelt hat - der Begriff „Rahmen der Maschinen und Geräte“ die „Düsenvorrichtungen von Feldspritzen“ umfasst. Denn jedenfalls ist den mit den Anmeldungsunterlagen vorgelegten „Benutzungsbeispielen“ zu Feldspritzen klar zu entnehmen, dass deren „Düsenträger“ in Grün und deren „Düsenhalter“ in Orange gehalten sind. Hieraus ergibt sich naheliegend, dass die „Düsenträger“ einen Teil des „Rahmens“ im Sinn der Anmeldung bilden, während die „Düsenhalter“ als „Anbauteile“ behandelt werden. Dies wird bestätigt durch die letzte mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2017 eingereichte Beschreibung, die ausdrücklich den Düsentragrahmen dem Rahmen und die Düsenhalter den Anbauteilen zuordnet. Die „Benutzungsbeispiele“ dürfen zur Auslegung des Anmeldebegehrens herangezogen werden, da sie als Teil der Beschreibung gemäß § 12 Abs. 3 MarkenV i. d. F. vom 6. Dezember 2010 angesehen werden können, die zum Zeitpunkt der Anmeldung abweichend von der heutigen Rechtslage (vgl. § 6a Abs. 3 Satz 2 MarkenV i. d. F. vom 2. Juni 2016) nicht aus einem fortlaufenden Text bestehen musste. Im Übrigen können zur Auslegung des beanspruchten Anmeldegegenstands sämtliche Umstände, wozu auch die „Benutzungsbeispiele“ gehören, herangezogen werden (vgl. BPatGE 40, 76, 78 f. - Sportschuhmarkierung; BPatG MarkenR 2009, 569, 570 - Schultütenspitze; Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 32, Rdnr. 30).

47

(b) Der vorliegende Anmeldegegenstand wird auch nicht durch die weitergehenden Anforderungen an die grafische Darstellbarkeit gemäß § 8 Abs. 1 MarkenG in Frage gestellt, der die Eintragung der Marke in das Register ermöglichen und über das Register eine zuverlässige Unterrichtung der Allgemeinheit sicherstellen soll (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 32, Rdnr. 15). Demzufolge kommt es nach der Beschränkung des Warenverzeichnisses auf „Landwirtschaftliche Maschinen und Geräte, nämlich maschinenbetriebene Feldspritzen“ nicht darauf an, ob das Anmeldezeichen die Vorgaben nach § 8 Abs. 1 MarkenG für alle ursprünglich angemeldeten Waren erfüllt hat.

48

(c) Zudem kann dahingestellt bleiben, ob die ursprüngliche Anmeldung lediglich eine einzige Marke zum Gegenstand hatte. Selbst wenn man annähme, dass die beanspruchte Farbverteilung auf Grund ihrer Bezugnahme auf unterschiedliche landwirtschaftliche Maschinen und Geräte mehrere selbständige Anmeldezeichen umfasst, würde dies nicht der Zuordnung eines Anmeldetags gemäß § 33 Abs. 1 i. V. m. § 32 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehen. Die Vorschrift des § 2 Abs. 3 MarkenV i. d. F. vom 6. Dezember 2010 bzw. des § 2 Abs. 2 MarkenV i. d. F. vom 2. Juni 2016, wonach für jede Marke eine gesonderte Anmeldung erforderlich ist, enthält nämlich lediglich ein weiteres, für die Begründung eines Anmeldetags nicht erforderliches Anmeldeerfordernis gemäß § 32 Abs. 3 i. V. m. § 65 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 32, Rdnr. 31).

49

(2) Die Markenstelle hat ihrer Entscheidung die mit Schriftsatz vom 27. September 2012 vorgelegte Fassung der Beschreibung zugrunde gelegt:

50

„Die Marke besteht aus einer Kombination der Farben Grün (PANTONE 7742C) und Orange (PANTONE 1505C). Bei Feldspritzen ist der Rahmen der Geräte grün, der Behälter ist orange; bei Sämaschinen ist der Rahmen der Maschine grün, der obere Bereich und/oder Deckel und/oder die Säschare sind orange. Bei Düngerstreuern ist der Rahmen der Maschine grün, der Deckel ist orange.“

51

Sie enthält mehrere sachliche Änderungen des ursprünglichen Anmeldegegenstands und entfaltet daher unter Zugrundelegung des dem § 39 Abs. 2 MarkenG zu entnehmenden Grundsatzes der Unveränderlichkeit der Marke keine Wirkung (vgl. BGH GRUR 2007, 55, 57, Rdnr. 20 ff. - Farbmarke gelb/grün II, unter Bestätigung von BPatG GRUR 2005, 1049, 1051 - gelb/grün II). Insbesondere in Bezug auf Feldspritzen beschränkt sich diese Fassung nämlich auf Angaben zur Verteilung der beanspruchten Farben auf Rahmen und Behälter, ohne die in der Anmeldung vom 23. November 2011 vorgegebene Farbgebung der Anbauteile und Deckel festzulegen („Der Rahmen der Maschinen und Geräte ist grün. Anbauteile, Behälter und Deckel sind orange.“).

52

(3) Die Beschreibung in der Fassung des Schriftsatzes vom 18. Oktober 2017

53

„Die Marke besteht aus einer Kombination der Farben Grün (Pantone 7742 C) und Orange (Pantone 1505 C). Der Rahmen einschließlich des Düsentragrahmens der Feldspritze ist grün. Anbauteile, einschließlich Düsenhalter, Behälter und Deckel sind orange.“

54

beschränkt sich darauf, den bereits ursprünglich ausreichend bestimmten Anmeldegegenstand an das beschränkte Warenverzeichnis anzupassen bzw. lediglich mit anderen Worten wiederzugeben. Diese Modifikationen tragen dem Grundsatz der Unveränderlichkeit der Marke Rechnung, so dass diese Fassung der Beschreibung dem Verfahren zugrunde zu legen ist.

55

Insbesondere begegnet es keinen Bedenken, dass sich die Beschreibung vom 18. Oktober 2017 anstatt auf „Maschinen und Geräte“ nunmehr lediglich auf „Feldspritzen“ bezieht. Diese Änderung ist durch die zulässige Einschränkung des Warenverzeichnisses bedingt und stellt lediglich eine sprachliche Präzisierung der ursprünglichen Beschreibung dar, die dem Interesse der Allgemeinheit an einer klaren Bestimmung des Schutzgegenstands dient.

56

Die Ergänzung der Angabe „Rahmen“ durch „einschließlich des Düsentragrahmens der Feldspritze“ sowie der Angabe „Anbauteile“ durch „einschließlich Düsenhalter“ konkretisiert ebenfalls lediglich in zulässiger Weise den bereits ursprünglich festgelegten Schutzgegenstand. Aus den ursprünglich eingereichten „Benutzungsbeispielen“ von Feldspritzen geht deutlich hervor, dass die (grünen) „Düsentragrahmen“ einen Teil des „Rahmens“ im Sinne der Anmeldung bilden, während die in Orange gehaltenen „Düsenhalter“ darin als „Anbauteile“ erscheinen.

57

3. Grafische Darstellbarkeit

58

Entgegen der Auffassung des Deutschen Patent- und Markenamts lässt sich der Anmeldegegenstand auch grafisch darstellen und entspricht damit § 8 Abs. 1 MarkenG. Die grafische Darstellbarkeit bildet nach Art. 2 Markenrechts-Richtlinie ein materiell-rechtliches Grunderfordernis der Schutzfähigkeit von Marken, die zur Eintragung in das Register bestimmt sind. Ihr Zweck besteht darin, (1.) im Eintragungsverfahren der Beurteilung der Marke eine festgelegte Form zugrunde legen zu können, (2.) die Eintragung als solche in das Register zu ermöglichen und (3.) die Eintragung im Interesse der Allgemeinheit zur Unterrichtung über die in Kraft stehenden Marken zu veröffentlichen (vgl. EuGH GRUR 2003, 145, 148 - Sieckmann; GRUR 2004, 858, 859 - Heidelberger Bauchemie; BPatG GRUR 2005, 594, 595 - Hologramm).

59

Nach den vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Grundsätzen muss eine grafische Darstellung zur Erreichung dieser Zwecke eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv sein (vgl. EuGH GRUR 2003, 145, 147 - Sieckmann; GRUR 2004, 858, 859 - Heidelberger Bauchemie). Das Vorliegen dieser Anforderungen lässt sich vorliegend nicht verneinen.

60

Die Markenstelle hat ihre abweichende Auffassung damit begründet, dass das Anmeldezeichen weder Festlegungen zum quantitativen Verhältnis der angegebenen Farben noch zu ihrer räumlichen Verteilung treffe. Sie dienen nach der nationalen Rechtsprechung zu abstrakt-unbestimmten Farbzusammenstellungen der weiteren Ausformung des Erfordernisses einer systematischen Anordnung im Sinne einer vorher festgelegten und beständigen Verbindung der beanspruchten Farben, das der EuGH zur Konkretisierung der Kriterien „Eindeutigkeit“ und „Dauerhaftigkeit“ der Darstellung entwickelt hat (vgl. EuGH GRUR 2004, 858, 859, Rdnr. 32 ff. - Heidelberger Bauchemie; BGH GRUR 2007, 55, Rdnr. 13 - Farbmarke gelb/grün II; BPatG GRUR 2005, 1056, 1057 - Dunkelblau/Hellblau; Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 3, Rdnr. 60). Ausgehend von der durch die Markenstelle zugrunde gelegten Auslegung des Anmeldebegehrens als abstrakt-bestimmter Farbzusammenstellung ist die Anwendung dieses Maßstabs zwar folgerichtig. Die Anmeldung bezieht sich entgegen der Auffassung der Markenstelle aber nicht auf eine abstrakt-bestimmte Farbzusammenstellung, sondern auf eine konkrete Aufmachungsfarbmarke.

61

Die von der Markenstelle herangezogenen Kriterien einer festen quantitativen und räumlichen Zuordnung der angegebenen Farben sind spezifisch auf abstrakt-bestimmte Farbzusammenstellungen zugeschnitten, um die (unendliche) Vielfalt an Farbgestaltungen mit gegebenenfalls unterschiedlichsten Bildwirkungen in eine wenigstens annähernd festgelegte Form zu überführen. Eine vergleichbare Ausgangslage besteht bei Aufmachungsfarbmarken jedoch nicht. Diese weisen auf Grund der definitionsgemäß vorhandenen Bindung an bestimmte Waren und der durch die Umrisse von Geräte- bzw. Maschinenteilen vorgegebenen festen Kontur der Farbflächen wesensgemäß grundsätzlich eine überschaubare Bandbreite an Zeichenverwendungen auf. Die vorgenannten Kriterien würden sogar den Zweck der nach § 3 Abs. 1 MarkenG ausdrücklich vorgesehenen konkreten Aufmachungsfarbmarke in Frage stellen. Er liegt gerade darin, den beanspruchten Farbschutz auch bei Modell- und Größenvariationen innerhalb derselben Warengattung zu nutzen, ohne abschließend auf bestimmte Größen und Anordnungen der einzelnen Trägerflächen festgelegt zu sein.

62

Soweit ersichtlich, ist die grafische Darstellbarkeit von konkreten Aufmachungsfarbmarken mit Zuordnung der Farben zu bestimmten Bauteilen der Waren bislang unproblematisch bejaht worden (vgl. BGH GRUR 2002, 538 - grün eingefärbte Prozessorengehäuse; BPatG GRUR 1998, 1016, 1018 - grün/gelb; GRUR 2003, 883 - grün/grün; BPatG 28 W (pat) 126/02, Beschluss vom 12. November 2003 - gelb/lila; Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 3, Rdnr. 60; Grabrucker, a. a. O., 853). Diese Auffassung teilt der Senat jedenfalls unter der Voraussetzung, dass die zur Definition der Farbverteilung herangezogenen Bauteile trotz ihrer variablen Anordnung und Größe wenigstens typischerweise eine im Kern homogene Bildwirkung entfalten.

63

Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Die noch beanspruchten maschinellen Feldspritzen umfassen nach dem technischen Stand zum Anmeldezeitpunkt Anbau-, Anhänge- und Selbstfahrerspritzen. Jede dieser Feldspritzentypen weist ungeachtet typenbedingter Abweichungen im Einzelnen dieselben charakteristischen Bauteile, nämlich ein Behältnis, in dem sich die auszubringende Flüssigkeit befindet, eine Standfläche für dieses Behältnis und eine mit der Standfläche verbundene Düsentragvorrichtung auf. Die räumliche Zuordnung dieser wesentlichen Bauteile zueinander und ihre flächenmäßige Ausdehnung weichen auch bei unterschiedlichen Spritzentypen nicht erheblich voneinander ab (vgl. die obigen Darstellungen einer Selbstfahrer- und einer Anhängerfeldspritze). Auch die Variabilität der Behälter (nach den Ermittlungen des Senats bis zu 12.000 l) führt nicht zu einem grundsätzlich abweichenden Größenverhältnis zwischen Rahmen und Behälter, weil größere Behälter auch größere Standflächen und Düsenträger nach sich ziehen. Die von dem Anmeldebegehren umfassten Gestaltungen weisen damit regelmäßig eine ausreichend homogene Bildwirkung auf.

64

Der Beschwerde der Anmelderin war daher stattzugeben.

65

Nachdem die Behörde noch nicht über absolute Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 MarkenG entschieden hat und die Anmelderin in diesem Zusammenhang das Vorliegen einer Verkehrsdurchsetzung des Anmeldezeichens geltend macht, wird die Sache ungeachtet der hiermit verbundenen Verfahrensverzögerung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen (§ 70 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG). Hierdurch ist gewährleistet, dass der Anmelderin für das weitere Verfahren der volle Instanzenzug zur Verfügung steht (Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 70, Rdnr. 9).