Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 07.12.2016


BPatG 07.12.2016 - 28 W (pat) 17/15

Markenbeschwerdeverfahren – Kostenauferlegung und Gegenstandswertfestsetzung - "das MEISTERSTÜCK (Wort-Bild-Marke)/MeisterStück" – Kostenentscheidung – Kosten in Nebenverfahren - Gegenstandswert


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
28. Senat
Entscheidungsdatum:
07.12.2016
Aktenzeichen:
28 W (pat) 17/15
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke …

(hier: Kostenauferlegung und Gegenstandswertfestsetzung)

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts im schriftlichen Verfahren am 7. Dezember 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, der Richterin Uhlmann und des Richters Dr. Söchtig

beschlossen:

1. Der Antrag der Inhaber der angegriffenen Marke, der Widersprechenden die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

2. Die Inhaber der angegriffenen Marke haben die Verfahrenskosten, die auf Grund ihres Kostenantrags entstanden sind, zu tragen.

3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf € 50.000,-- festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Widersprechende hat aus ihrer am 27. Juni 2002 angemeldeten und am 25. Juli 2002 für Waren der Klassen 29 und 30 eingetragenen Wort-/Bildmarke

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2

Widerspruch gegen die Eintragung der am 20. Februar 2012 angemeldeten und am 21. Juni 2012 für Waren der Klassen 29, 30 und 32 eingetragenen Wort-/Bildmarke

Abbildung

3

eingelegt.

4

Das Deutsche Patent- und Markenamt hat mit Beschlüssen vom 9. Dezember 2013 und vom 23. Januar 2015, wobei letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, den Widerspruch mangels Vorliegens einer kennzeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Gegen letztgenannte Entscheidung hat die Widersprechende am 4. Februar 2015 Beschwerde eingelegt. Mit Schriftsatz vom 1. September 2016 hat sie ihren Widerspruch gegen die Eintragung der angegriffenen Marke zurückgenommen. Dem vorausgegangen war ein gerichtlicher Hinweis vom 24. August 2016, in welchem der Senat seine vorläufige rechtliche Einschätzung unter Übersendung zahlreicher Recherchebelege mitgeteilt hat, nach der die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg haben dürfte.

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Die Inhaber der angegriffenen Marke tragen vor, die Beschwerde der Widersprechenden habe offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg gehabt, was diese auch hätte erkennen könne. Unbeschadet dessen entspreche es der Billigkeit, aufgrund der Beschwerderücknahme der Widersprechenden entsprechend der Regelung der §§ 536 Abs. 3, 567 ZPO die Kosten der Beschwerdeinstanz aufzuerlegen.

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Die Inhaber der angegriffenen Marke beantragen sinngemäß,

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der Widersprechenden die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen

8

und

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den Gegenstandswert auf € 20.000,-- festzusetzen.

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Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

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den Kostenantrag zurückzuweisen

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und

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den Inhabern der angegriffenen Marke die Verfahrenskosten, die auf Grund ihres Kostenantrags entstanden sind, aufzuerlegen.

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Die Inhaber der angegriffenen Marke beantragen daraufhin die Zurückweisung des letztgenannten Antrags.

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Zur Begründung führt die Widersprechende aus, die von den Inhabern der angegriffenen Marke ins Feld geführten Regelungen der §§ 536 Abs. 3, 567 ZPO seien vorliegend nicht einschlägig. Das Markengesetz regele die Kosten des Beschwerdeverfahrens in § 71 MarkenG abschließend. Für einen Rückgriff auf die Vorschriften der Zivilprozessordnung sei daher kein Raum. Nach vorgenannter Norm sei es die Regel, dass jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten selber trage. Davon sei auch bei Beschwerden mit unsicheren Erfolgsaussichten auszugehen, da der Grundsatz nicht durch eine ohnehin nicht unproblematische Aussichtenprüfung zu sehr relativiert werden dürfe. Die von ihr eingelegte Beschwerde sei nicht von Anfang an offensichtlich unbegründet gewesen. Dies habe sich erst aus dem gerichtlichen Hinweis des Senats ergeben, in welchem dieser ausführlich zu der Frage der Verwechslungsgefahr der Vergleichszeichen Stellung genommen habe. Die Verfahrenskosten, die auf Grund des Kostenantrags der Inhaber der angegriffenen Marke entstanden sind, seien von diesen zu tragen, da angesichts der eindeutigen Kasuistik, der noch eindeutigeren Rechtslage und der einhelligen Kommentarmeinungen ein Abweichen von der grundsätzlichen Regelung des Markengesetzes, nach der jeder Beteiligte seine Kosten selber trage, von vornherein nicht angebracht gewesen sei.

II.

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1. Der Kostenantrag der Inhaber der angegriffenen Marke ist zurückzuweisen, da die Voraussetzungen einer von § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG abweichenden Kostenentscheidung nicht gegeben sind.

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§ 71 MarkenG enthält eine abschließende Regelung für die Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundespatentgericht und lässt damit keinen Raum für eine entsprechende Anwendung der Kostenregelungen nach der ZPO (Ströbele/ Hacker, Markengesetz, 11. Auflage, 2015, § 71, Rdnr. 1). Sie geht davon aus, dass jeder Beteiligte eines Beschwerdeverfahrens die ihm entstandenen Kosten grundsätzlich selbst zu tragen hat. Eine einseitige Kostenauflegung kommt – gemäß § 71 Abs. 4 Satz 1 MarkenG auch im Fall der Rücknahme des Widerspruchs – nur in Ausnahmefällen aus Billigkeitsgründen in Betracht. Dabei stellt der Verfahrensausgang insoweit noch keine Vermutung für die Billigkeit einer Kostenauferlegung dar (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 71, Rdnr. 5, 11). Im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens gibt das Verhalten des Widersprechenden dann Anlass, ihm die Kosten aufzuerlegen, wenn eine Verwechslungsgefahr nach anerkannten Beurteilungsgrundsätzen offensichtlich nicht gegeben ist. Dies ist nicht zuletzt bei ersichtlich fehlender Ähnlichkeit der Vergleichsmarken der Fall (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 71, Rdnr. 14).

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Die insoweit erforderlichen Voraussetzungen für eine – ausnahmsweise – einseitige Kostenauferlegung sind vorliegend nicht gegeben. Entgegen der Auffassung der Inhaber der angegriffenen Marke kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beschwerde der Widersprechenden offensichtlich keinen Erfolg gehabt hätte. Sie hat in nachvollziehbarer Weise erst auf den gerichtlichen Hinweis des Senats vom 24. August 2016 ihren Widerspruch zurückgenommen. In diesem Hinweis hat sich der Senat in über 3 Seiten und unter Übersendung zahlreicher Recherchebelege mit den Erfolgsaussichten des Widerspruchs ausführlich auseinandergesetzt und im Ergebnis der Widersprechenden zur Rücknahme geraten. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass das Rechtsmittel der Widersprechenden von vornherein offensichtlich unbegründet war. Andernfalls hätte es des genannten ausführlichen Hinweises seitens des Senates nicht bedurft. Darin ist ausführlich zu der bereits von dem Deutschen Patent- und Markenamt behandelten Frage, ob der Zeichenbestandteil „Meisterstück“ den jeweiligen Gesamteindruck der Vergleichszeichen prägt oder aus ihm selbständig Rechte hergeleitet werden können, Stellung genommen worden. Da es hierbei maßgeblich auf seinen beschreibenden Sinngehalt ankommt, sind alle verfahrensgegenständlichen Waren in die Betrachtung mit einzubeziehen, was der Annahme eines von vornherein feststehenden Ergebnisses der Prüfung der Verwechslungsgefahr entgegensteht. Somit reicht auch vorliegend die bloße Rücknahme des Widerspruchs nicht aus, der Widersprechenden die Kosten aufzuerlegen.

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2. Die durch den Kostenantrag der Inhaber der angegriffenen Marke verursachten Kosten sind von ihnen zu tragen.

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In Nebenverfahren, wozu auch ein Kostenauferlegungsverfahren gehört, entspricht es im Allgemeinen der Billigkeit, dem Unterlegenen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O., § 71, Rdnr. 18; zum Akteneinsichtsverfahren vgl. BPatG GRUR 2006, 614 – MOON). Anhaltspunkte von vorstehendem Grundsatz abzuweichen, sind vorliegend nicht gegeben. Der erwähnte ausführliche Hinweis des Senats ist auch den Inhabern der angegriffenen Marke zugestellt worden. Wie bereits ausgeführt rechtfertigt er nicht die Annahme, die Beschwerde der Widersprechenden hätte von Anfang an offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg gehabt. Der Umstand, dass seitens der Inhaber der angegriffenen Marke dennoch ein Kostenantrag gestellt wurde, ist mit ihren prozessualen Sorgfaltspflichten nicht vereinbar. Insofern sind ihnen lediglich die dadurch entstandenen Verfahrenskosten aufzuerlegen. Eine solche teilweise Auferlegung ist gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG zulässig (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 71, Rdnr. 7).

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3. Der Gegenstandswert ist wie aus dem Tenor ersichtlich festzusetzen.

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Da in den markenrechtlichen Verfahren vor dem Bundespatentgericht für die Anwaltsgebühren keine speziellen Wertvorschriften existieren, ist der Gegenstandswert gemäß §§ 33 Abs. 1, 23 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen. Maßgeblich für die Bestimmung des Gegenstandswerts im Widerspruchsverfahren ist nach ständiger Rechtsprechung das wirtschaftliche Interesse des Inhabers der mit dem Widerspruch angegriffenen Marke an der Aufrechterhaltung seiner Marke (BGH GRUR 2006, 704 – Markenwert). Dieses wirtschaftliche Interesse bemisst der BGH bei unbenutzten Marken regelmäßig mit € 50.000,-- (BGH, a. a. O.). Der erkennende Senat hält mit der Mehrheit der Senate des Bundespatentgerichts (vgl. BPatG GRUR-RR 2016, 381 – Universum) einen Regelgegenstandswert von € 50.000,-- für angemessen.

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