Entscheidungsdatum: 18.01.2018
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2013 055 305.5
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 18. Januar 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des Richters Schmid und des Richters Dr. Söchtig
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Anmelders werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 29, vom 1. Juli 2014 und vom 18. Oktober 2016 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren „Bratwürste“ zurückgewiesen worden ist.
I.
Der Anmelder hat am 16. Oktober 2013 beim Deutschen Patent- und Markenamt beantragt, das Zeichen
BRATWURST STERN
als Wortmarke für die nachgenannten Waren und Dienstleistungen in das dort geführte Markenregister einzutragen:
Klasse 29: Fleisch, Fisch, Geflügel, Wild; Fleisch-, Schinken- und Wurstwaren; Fleisch- und Wurstprodukte jeweils in Snackform; vorwiegend aus Fleisch und/oder Wurst bestehende Fertiggerichte;
Klasse 43: Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen.
Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 29, besetzt mit einem Beamten des gehobenen Dienstes, hat die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung mit Beschluss vom 1. Juli 2014 vollständig zurückgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete Erinnerung hat die Markenstelle mit Beschluss vom 18. Oktober 2016 den angegriffenen Beschluss aufgehoben, soweit die Anmeldung für „Fisch“ und „Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen“ zurückgewiesen worden ist, und die Erinnerung im Übrigen zurückgewiesen.
Zur Begründung der Teilzurückweisung hat die Erinnerungsprüferin ausgeführt, dass das Anmeldezeichen sich als Hinweis auf die Art und Form der einschlägigen Waren eigne und daher insoweit nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen sei. Fleisch- und Wurstwaren seien dem Publikum in vielfältigen Formen bekannt. Auch wenn eine Sternform für Würste gegenwärtig nicht feststellbar sei, liege es nicht fern, dass eine solche Warengestaltung zukünftig angeboten werde. Gerade mit Blick auf die Bedeutung des Sterns als christliches Symbol und den verbreiteten Brauch, an Weihnachten Bratwürste zu essen, erscheine ein solches Angebot nicht ausgeschlossen. Selbst wenn Bratwürste nur eingeschränkt formbar seien, könne eine Sternform jedenfalls durch eine sternförmige Anordnung mehrerer Bratwürste erreicht werden. Auch die getrennte Schreibweise der angemeldeten Wortkombination verhelfe dem Zeichen nicht zur Schutzfähigkeit. Hieraus ergebe sich keine Verfremdung seines sachlichen Bedeutungsgehalts.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders vom 21. November 2016. Im Beschwerdeverfahren hat er mit Schriftsatz vom 12. Januar 2018 das Verzeichnis der beanspruchten Waren und Dienstleistungen wie folgt gefasst:
Klasse 29: Bratwürste; Fisch;
Klasse 43: Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen.
Der Anmelder beantragt sinngemäß, die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 1. Juli 2014 und vom 18. Oktober 2016 aufzuheben, soweit mit ihnen die Anmeldung für die Waren „Bratwürste“ zurückgewiesen worden ist.
Er meint, das angemeldete Wortzeichen sei neben „Fisch“ und „Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen“ auch für die Waren „Bratwürste“ schutzfähig. Die Verwendung der angemeldeten Wortkombination als Hinweis auf die Form von Bratwürsten liege fern. Bratwürste seien wegen der geringen Festigkeit des sie umhüllenden Naturdarms kaum formbar. Nichts deute darauf hin, dass Bratwürste künftig mit anderen Hüllen ausgestattet und in verschiedenen Formen angeboten würden. Auch die sternartige Anordnung mehrerer Bratwürste sei insbesondere wegen ihres Vertriebs in Fertigpackungen nicht zu erwarten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Anmelders hat in Bezug auf die noch beschwerdegegenständlichen Waren „Bratwürste“ Erfolg. Insoweit stehen der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens keine absoluten Schutzhindernisse entgegen. Die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. Juli 2014 und vom 18. Oktober 2016 waren daher in diesem Umfang aufzuheben.
1. Der Anmelder hat das Verzeichnis der angemeldeten Waren und Dienstleistungen durch seine Erklärung vom 12. Januar 2018 wirksam beschränkt. Er hat die in Klasse 29 beanspruchten „Wurstwaren“ durch die Warenangabe „Bratwürste“ konkretisiert und auf die weiteren Waren der Klasse 29 - ausgenommen „Fisch“ - verzichtet. Beide Änderungen begegnen keinen rechtlichen Bedenken.
2. Die Ware „Fisch“ und die „Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen“ sind nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens, da insoweit der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Oktober 2016 der Erinnerung des Anmelders stattgegeben hat. Soweit die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. Juli 2014 und vom 18. Oktober 2016 Waren betreffen, für die der Beschwerdeführer die Anmeldung nicht weiter verfolgt, sind die angegriffenen Beschlüsse gegenstandslos.
3. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, welche ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Entscheidendes Kriterium für den Ausschluss der Eintragung ist allein die Eignung einer Bezeichnung zur beschreibenden Verwendung (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Rdnr. 25, 30, 32 - Chiemsee; GRUR 2004, 146, Rdnr. 31 f. - DOUBLEMINT; BGH GRUR 2012, 272, Rdnr. 9, 17 - Rheinpark-Center Neuss).
Das Anmeldezeichen eignet sich nicht zur Beschreibung eines wesentlichen Produktmerkmals von Bratwürsten, selbst wenn es trotz des Leerzeichens zwischen den Bestandteilen „BRATWURST“ und „STAR“ im Sinne von „Bratwurststern“ oder „Bratwurst-Stern“ verstanden wird.
Zwar kann die Angabe der Form einer Ware ein relevantes Beschaffenheitsmerkmal sein. Dies ist dann der Fall, wenn die benannte Warenform, wie etwa von Schokoladen- oder Zuckerwaren, eine wesentliche oder jedenfalls wichtige Produkteigenschaft verkörpert (vgl. BPatG, Beschluss vom 29. November 2010, 25 W (pat) 195/09 - Schwarze Eulen; Beschluss vom 2. August 2016 – 24 W (pat) 35/16 - FRITTEN; Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Auflage, § 8, Rdnr. 543 f.). Entgegen der Auffassung des Deutschen Patent- und Markenamts bestehen bei Bratwürsten jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass ihre sternförmige Form oder Anordnung ein im Verkehr bedeutsamer Umstand ist oder in Zukunft sein kann:
Es ist zunächst nicht erkennbar, dass Bratwürste im Verkehr vielfältige Formen aufweisen. Ihre Bestimmung, gebraten zu werden, und die dazu regelmäßig notwendige Umhüllung der Fleischmasse mit einem hitzebeständigen, nur bedingt formbaren Naturdarm erfordern grundsätzlich eine längliche Form. Dieser Zusammenhang hat auch im Sprachgebrauch seinen Niederschlag gefunden. So wird nicht selten von einer „bratwurstförmigen“ Gestalt gesprochen (vgl. Wikipedia, Suchbegriff „Bratwurst“). Andere Bratwurstformen konnten - abgesehen von bloßen Abwandlungen der länglichen Grundform wie im Fall der Bratwurstschnecke - nicht ermittelt werden. Auch ist eine vertikal und/oder horizontal sternförmige Ausbildung mit typischen Zacken künftig nicht zu erwarten, da keinerlei Hinweise auf eine technisch und wirtschaftlich sinnvolle Umsetzung der Sternform gefunden wurden. Soweit sie bei anderen Fleisch- oder Wurstwaren anzutreffen ist, berührt dies nicht den eigenständigen Bereich der Bratwürste, da es sich bei ihnen um ein besonderes Bratgut handelt.
Des Weiteren vermittelt das Anmeldezeichen keine relevante Sachaussage über die Beschaffenheit von Bratwürsten, wenn es dahingehend verstanden wird, dass mehrere herkömmlich geformte Bratwürste nach Art eines Sterns angeordnet sind. Rohe Bratwürste werden in einer geschweißten Kunststofffolie, in einer Dose, in einem Glas oder – an der Wursttheke – in einem beschichteten Papier veräußert. In allen Fällen richtet sich die Anordnung der noch nicht konsumfertigen Würste ganz überwiegend nach praktischen Gesichtspunkten. Eine platz- und verpackungsintensive Anordnung als Stern liegt daher fern. Bei bereits gebratenen Bratwürsten, die als traditionsgeprägte bodenständige Kost wahrgenommen werden, mag es nicht ausgeschlossen sein, dass mehrere Würste etwa in Gaststättenbetrieben sternförmig auf einem Teller oder einem Tablett serviert werden. Dabei handelt es sich indessen um eine besondere Art des Anrichtens der Speise, die in keinem nahe liegenden Zusammenhang mit der Beschaffenheit der Ware als solcher steht. Entsprechendes gilt, wenn auf Warenverpackungen, in Speisekarten oder Rezepten sternförmig angeordnete Bratwürste abgebildet sind.
4. Dem Anmeldezeichen kann auch die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.
Es verfügt aus den unter Ziffer 3. genannten Gründen nicht über einen unmittelbar beschreibenden Bedeutungsgehalt und erschöpft sich im Übrigen nicht in einer gebräuchlichen Wortfolge, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird.
Zum einen kann die angemeldete Begriffskombination nicht mit der Angabe „Bratwurst Star“, die als Qualitätsberühmung aufgefasst würde (vgl. m. w. N. BPatG, Beschluss vom 26. Oktober 2017, 28 W (pat) 1/17 – ÖkoStar), gleichgesetzt werden. Das deutsche Wort „STERN“ in Alleinstellung wird regelmäßig nicht wie der englischsprachige Ausdruck „Star“ als Hinweis auf eine berühmte Persönlichkeit bzw. – im übertragenen Sinn – auf ein Produkt, das über herausragende Eigenschaften verfügt, verstanden (vgl. Duden Online, Suchbegriff „Stern“).
Zum anderen handelt es sich – wie im Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Oktober 2016 zutreffend dargelegt – bei „BRATWURST STERN“ nicht um eine gängige Etablissementbezeichnung, sofern die Wortfolge als der Name des Anbieters von Bratwürsten aufgefasst werden sollte.
Der Beschwerde des Anmelders war daher im noch anhängigen Umfang stattzugeben.