Entscheidungsdatum: 02.08.2016
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2013 045 535.5
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juni 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Metternich, des Richters Schmid sowie der Richterin am Landgericht Lachenmayr-Nikolaou
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I.
Die Anmelderin hat am 8. August 2013 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) beantragt, die Bezeichnung
FRITTEN
für die Waren
Klasse 30: Zuckerwaren, nämlich Kaubonbons, einschließlich Fruchtkaubonbons
in das beim DPMA geführte Markenregister einzutragen.
Die Markenstelle für Klasse 30 des DPMA hat die Anmeldung mit Beschluss vom 27. Mai 2014 und die hiergegen gerichtete Erinnerung mit weiterem Beschluss vom 8. September 2015 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die angemeldete Bezeichnung "FRITTEN" von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen im Sinn von "Pommes Frites" verstanden werde. Der Ausdruck sei damit unter Berücksichtigung der in Bezug auf Zuckerwaren feststellbaren Formenvielfalt geeignet, die Warenform der in der Anmeldung beanspruchten Kaubonbons anzugeben. Süßwarenangebote, die die Form von "Fritten" aufwiesen und die als "Fritten" beschrieben seien, seien sogar bereits nachweisbar. Das Zeichen sei daher als eine zur Beschreibung von Warenmerkmalen geeignete Angabe von der Eintragung ausgeschlossen und verfüge auch nicht über die erforderliche Unterscheidungskraft.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie meint, das angesprochene Publikum verstehe das Wort "FRITTEN" nicht in der Bedeutung "Pommes frites". Ferner verfügten "Pommes frites" bzw. "Fritten" nicht über eine spezifische Form. Die von der Markenstelle angesprochenen Verwendungsbeispiele "Frigeo Ahoj Brause Fritten" und "Saure Bären Fritten" seien ohne Aussagekraft.
Die Anmelderin beantragt,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Mai 2014 und vom 8. September 2015 aufzuheben.
Die Anmelderin hat in der mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2016 das Warenverzeichnis mit einer als 1. Hilfsantrag bezeichneten Erklärung (Bl. 36 d. A.) hilfsweise wie folgt beschränkt:
Klasse 30: Zuckerwaren, nämlich Kaubonbons der Marke FRITT, einschließlich Fruchtkaubonbons.
Mit einer als 2. Hilfsantrag bezeichneten Erklärung hat sie hilfsweise das Warenverzeichnis in der nachfolgenden Fassung beansprucht:
Klasse 30: Zuckerwaren, nämlich flache Kaubonbonstreifen, einschließlich flache Fruchtkaubonbonstreifen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Eingaben der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung "FRITTEN" stehen sowohl in der ursprünglichen als auch in der als Hilfsantrag 2 bezeichneten Fassung des Warenverzeichnisses die Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen. Die Fassung des Warenverzeichnisses in der als Hilfsantrag 1 bezeichneten Fassung ist mangels Unbestimmtheit unzulässig. Die Zurückweisung der Markenanmeldung durch die Markenstelle hat daher Bestand (vgl. § 37 Abs. 1 MarkenG § 37 Abs. 1 MarkenG).
1. Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der (beanspruchten) Waren oder der Erbringung der (beanspruchten) Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Der Zweck dieser Bestimmung besteht vor allem darin, beschreibende Angabe oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz auszuschließen, weil ihre Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit widerspricht. Sie erlaubt es daher nicht, dass die Verfügung über solche Zeichen und Angaben infolge ihrer Eintragung nur einem Unternehmen oder einzelnen Personen vorbehalten wird. Entscheidendes Kriterium für den Ausschluss der Eintragung ist allein die Eignung einer Bezeichnung zur beschreibenden Verwendung (vgl. EuGH, GRUR 1999, 723EuGH, GRUR 1999, 723 Rn. 25, 30, 32 - Chiemsee; GRUR 2004, 146Rn. 31 f. -EuGH, GRUR 1999, 723 Rn. 25, 30, 32 - Chiemsee; GRUR 2004, 146Rn. 31 f. - DOUBLEMINT; BGH, GRUR 2012, 272Rn. 9, 17 - Rheinpark-Center Neuss). Für die Eignung als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. EuGH, GRUR 1999, 723, Tz. 29 - Chiemsee; GRUR 2006, 411, Tz. 24 - Matratzen Concord).
Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht die Bezeichnung "FRITTEN" ausschließlich aus einer Angabe, die geeignet ist, Merkmale der in der Fassung der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen beanspruchten Waren "Zuckerwaren, nämlich Kaubonbons, einschließlich Fruchtkaubonbons" in Bezug auf ihre Form zu bezeichnen.
Die Bezeichnung "FRITTEN" wird im Inland als umgangssprachliche Kurzform des Begriffs Pommes frites verwendet (vgl. Deutsches Universalwörterbuch, 1989, S. 541, Anlage 1 zum Ladungshinweis vom 23. Mai 2016, und J. Herrmann, DAS GROSSE LEXIKON DER SPEISEN, 2012, S. 309, Anlage 2 zum genannten Ladungshinweis) und wird von den vorliegend angesprochenen Endverbrauchern ohne weiteres in diesem Sinn verstanden. Dies wird dadurch bestätigt, dass der Ausdruck "FRITTEN" auch in Bezug auf Zuckerwaren bereits als Sachhinweis verwendet wird (vgl. die im angegriffenen Beschluss vom 8. September 2015 genannten Beispiele: Frigeo Ahoj-Brause Fritten; Saure Fritten von Bären Company).
Die Eignung der Bezeichnung "FRITTEN" als eine im vorliegenden Warenzusammenhang beschreibende Sachangabe wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass Anbietern zur Bezeichnung vom Pommes frites ggf. weitere Ausdrücke wie etwa Pommes zur Verfügung stehen. Der Allgemeinheit muss nämlich die freie Wahl zwischen allen vernünftigerweise zur Beschreibung geeigneten Angaben erhalten bleiben (vgl. EuGH, GRUR 2004, 674, Rn. 55 - Postkantoor; m. w. N. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 367).
In der Bedeutung "Pommes frites" ist das Zeichen geeignet, die Form der im Warenverzeichnis in der Fassung der Anmeldungsunterlagen beanspruchten "Kaubonbons" zu bezeichnen. Der Produktbereich der Zuckerwaren einschließlich Kaubonbons ist durch eine überaus große Formen- und Farbenvielfalt geprägt. Zuckerwaren werden als Bären, Mäuse, Frösche, Totenköpfe, Brezeln, Fläschchen, Spiegeleier, Oktopusse, Smartphones und vieles mehr angeboten. Produkte aus Weingummi oder Schaumzucker unterschieden sich regelmäßig weniger im Geschmack als vielmehr durch ihre Formgebung, die entscheidend die Originalität des Produkts beeinflusst und an der sich auch die Benennung der Ware orientiert, vgl. schon gängige Warenformen wie "Gummibären" oder "Colaflaschen". Entsprechende Bezeichnungen sind daher geeignet, die Form und damit die Beschaffenheit der Waren anzugeben (vgl. BPatG, Beschl. vom 29. November 2010 – 25 W (pat) 195/09 - Schwarze Eulen, verfügbar in PAVIS PROMA). Das Interesse der Wettbewerber an einer freien Formgestaltung und einer entsprechenden Bezeichnung ihrer Waren bezieht sich danach gerade auch auf originelle Warenformen. Hiervon umfasst ist auch die für Pommes frites typische Form eines länglichen Stäbchens (vgl. o. g. Anlage 2 zum Ladungshinweis: "Kartoffelstäbchen" zum Ladungshinweis), zumal Zuckerwaren vielfach der Form anderer Lebensmittel nachempfunden sind (vgl. etwa Obstformen). Diese Sicht wird zudem dadurch bestätigt, dass, wie schon die Markenstelle angemerkt hat (vgl. Beschluss vom 8. September 2015, S. 2), Zuckerwaren auch bereits vor der Anmeldung des Zeichens der Anmelderin in "Frittenform" angeboten worden sind (vgl. ferner die Anlagen 3 und 4 zum Ladungshinweis vom 23. Mai 2016: "Haribo Saure Pommes" und "Red Band Saure Pommes frites").
Nachdem die angemeldete Bezeichnung hinsichtlich der ursprünglich beantragten Waren (Hauptantrag) über eine warenbeschreibende Bedeutung verfügt, wird der Verkehr die angemeldete Marke auch nicht als betrieblichen Herkunftshinweis, sondern lediglich als Angabe über die Beschaffenheit der Ware wahrnehmen, so dass das angemeldete Zeichen zudem auch jeglicher Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entbehrt.
Konkrete Tatsachen, die die Überwindung der genannten Schutzhindernisse im Hinblick auf das Vorliegen der Voraussetzungen einer nach § 8 Abs. 3 MarkenG infolge ihrer Benutzung in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzten Marke möglich erschienen ließen, hat die Anmelderin nicht geltend gemacht. Ihr Vorbringen betreffend eine umfangreiche Benutzung ihrer Marke "FRITT" für sich bietet insoweit keinen ausreichenden Anhalt, umso weniger als die Anmelderin eine nach § 8 Abs. 3 MarkenG erforderliche markenmäßige Benutzung der angemeldeten Bezeichnung "FRITTEN" für die beanspruchten Waren gar nicht behauptet hat.
2. Die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 und 1 MarkenG werden auch nicht durch die hilfsweise geltend gemachten Einschränkungen des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses in den von der Anmelderin als 1. und 2. Hilfsantrag bezeichneten Fassungen ausgeräumt.
Unabhängig von der Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit solcher bedingten Einschränkungen (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 39 Rn. 7) genügt die Fassung nach der als 1. Hilfsantrag bezeichneten Erklärung "Zuckerwaren, nämlich Kaubonbons der Marke FRITT, einschließlich Fruchtkaubonbons" nicht dem aus der Funktion des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses folgenden Bestimmtheitsgebot (vgl. EuGH, GRUR 2012, 822, Rn. 38 ff. - IP Translator; m. w. N. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 32 Rn. 105, § 8 Rn. 392). Denn die Beanspruchung der angemeldeten Marke für "Kaubonbons der Marke FRITT" enthält bereits keine unveränderlich feststehende Bestimmung der Waren, welche es dem Verkehr und insbesondere auch Konkurrenten der Anmelderin ermöglicht, den Schutzumfang einer gemäß dem 1. Hilfsantrag eingetragenen Marke sicher absehen zu können. Denn die konkrete Produktbeschaffenheit der "FRITT"-Kaubonbons, insbesondere ihre stoffliche Zusammensetzung und ihre Form, kann sich nach Maßgabe entsprechender unternehmerischer Entscheidungen jederzeit ändern.
Auch in Bezug auf "Zuckerwaren, nämlich flache Kaubonbonstreifen, einschließlich flache Fruchtkaubonbonstreifen", für die die Anmelderin die Eintragung in der als Hilfsantrag 2 bezeichneten Fassung des Warenverzeichnisses begehrt, besteht aus den unter 1. genannten Gründen kein Raum für die Eintragung des angemeldeten Zeichens. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass "flache Kaubonbonstreifen", sofern es sich dabei überhaupt um eine wirtschaftlich nachvollziehbare und damit zur objektiven Abgrenzung von anderen Waren geeignete Angabe handelt, die für Pommes frites typische Formgebung aufweisen. Daher ist die angemeldete Bezeichnung auch in Bezug auf diese beanspruchten Waren geeignet ist, die Form der beanspruchten Waren zu beschreiben. Streifen haben typischer Weise eine längliche Form und können damit auch Pommes frites umfassen (vgl. den Beanstandungsbescheid der Markenstelle vom 17.10.2013 zur Zubereitung von Pommes frites: "in Streifen schneiden"). Pommes frites nachempfundene Kaubonbons können auch als flache Streifen ausgebildet sein, da entsprechende Kartoffelstreifen und noch eher entsprechende, aber nicht zwingend in jeder Hinsicht dem natürlichen Vorbild nachgebildete Bonbons ohne weiteres breiter als hoch gestaltet sein können.
Andere Fassungen des Warenverzeichnisses hat die Anmelderin nicht geltend gemacht. Der Sachvortrag der Anmelderin insbesondere zu der tatsächlichen Verwendung der angemeldeten Bezeichnung und die aus den von der Anmelderin eingereichten Unterlagen ersichtliche Form der beanspruchten Waren bieten aus Sicht des Senats auch keinen Ansatzpunkt für eine einerseits die Erfordernisse des Bestimmtheitsgebots erfüllende und andererseits vom beschreibenden Sachgehalt der angemeldeten Bezeichnung wegführende Einschränkung des Warenverzeichnisses der Anmeldung.
Die Beschwerde der Anmelderin war nach alledem zurückzuweisen.