Entscheidungsdatum: 13.06.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 305 38 285
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 2013 durch Richterin Dorn als Vorsitzende sowie die Richter Schwarz und Paetzold
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die Widersprechende hat gegen die am 7. Oktober 2005 veröffentlichte Eintragung der am 30. Juni 2005 angemeldeten, für
Elektrische Antriebe, insbesondere Elektromotoren
geschützten Marke Nr. 305 38 285
Lockmaster
Widerspruch eingelegt aus ihrer am 18. Juni 1997 angemeldeten und seit 24. September 1997 für
Schmiermittel, Fette, Öle; Waren aus Metall (soweit in Klasse 6 enthalten), Profilschienen, Metallrohre, Konsolen, Montageplatten, Ketten, Drahtseile, Schlosserwaren und Kleineisenwaren, Gelenke, Scharniere, Haken, Schrauben, ausgenommen Schließanlagen und zugehörige Kleineisenwaren; Maschinen und Geräte zum Heben und Verstellen, Hebezeuge, Kräne, Greifer, Lastenaufzüge, Hebebühnen, Hubtische, Pressen (Maschinen), Bohrmaschinen, Torantriebe, bühnentechnische Antriebe, Fenster- und Schattierungsantriebe für Gebäude und Gewächshäuser, Wickelantriebe, Absturzsicherungen und Überlastsicherungen, Zahnstangenwinden, Seilwinden, Spindelwinden, Kettenwinden, Zahnradgetriebe, Schneckengetriebe, Zahnstangengetriebe, Zahnriemengetriebe, Spindelgetriebe, Zahnräder, Schnecken, Gewindespindeln, Zahnstangen, Kettenräder, Seiltrommeln, Seilrollen, Kurbeln, Antriebswellen, Lager, Lagerböcke, Vorrichtungen zur Drehmomentübertragung (allesamt nicht für Landfahrzeuge), Kupplungen, Antriebswellen, Gelenkwellen, Teleskopgelenkwellen, Treibriemen, Antriebsketten, Motoren, Getriebemotoren und druckmittelbetriebene Motoren (nicht für Landfahrzeuge), Hubzylinder; handbetätigte Werkzeuge, Hand-Wellenantriebe, Hand-Seilwinden, Hand-Zahnstangenwinden, Hand-Spindelgetriebe, Flaschenzüge, Kettenzüge, Schmiergeräte; elektrische Apparate und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten), elektrische Geräte zur Steuerung von Belüftungs- und Beschattungsanlagen in Abhängigkeit von Zeit, Regen, Wind und Temperatur sowie zur Steuerung von Rauch- und Wärmeabzugsanlagen in Gebäuden, Klimacomputer, Software zur Berechnung und Auswahl technischer Produkte, Schaltapparate, Endschalter, Phasenfolgewächter, Stellungsrückmelder, Drehstellungsgeber, Funkfernsteuerungen, Heizungs-, Bewässerungs- und Düngeregler, Rauchmelder, Temperatur-, Feuchtigkeits-, Regen-, Wind-, Windrichtungs- und Helligkeitssensoren, Drehmoment- und Kraftmessgeräte; Kunststofffolien (nicht für Verpackungszwecke), Schattierfolien, technische Gewebe und Netze vorwiegend aus Kunststoff, Kunststoffseile, Kunststoffrohre, Kunststoffspritzteile
eingetragenen Marke Nr. 397 27 765
Lock.
Die Markenstelle für Klasse 07 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 20. September 2007 den Widerspruch mangels Bestehens einer Verwechslungsgefahr mit der Begründung zurückgewiesen, die gegenüberstehenden Marken seien ungeachtet der Frage der von der Markeninhaberin zulässigerweise bestrittenen rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke schon nicht ähnlich, weil sie sich wegen des in der Widerspruchsmarke nicht enthaltenen und auch nicht bei der Beurteilung zu vernachlässigenden Bestandteils „-master“ in der jüngeren Marke hinreichend unterschieden.
Die hiergegen eingelegte Erinnerung der Widersprechenden hat das Patentamt mit weiterem Beschluss vom 19. September 2011 ebenfalls zurückgewiesen; denn der Widerspruch der Widersprechenden sei schon deshalb unbegründet, weil sie auf die zulässige Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke für den nach § 42 Abs. 1 Satz 2 MarkenG relevanten Zeitraum vom September 2006 bis September 2011, für den sie keine Benutzungsunterlagen eingereicht habe, nicht hinreichend glaubhaft gemacht habe.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, mit der sie zum einen eine neue eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers vorlegt und im Übrigen auf ihr Vorbringen vor dem Patentamt Bezug nimmt, in dem sie eine Verwechslungsgefahr wegen des in beiden Marken enthaltenen übereinstimmenden Begriffs geltend gemacht hatte.
Die Widersprechende beantragt,
die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenstelle für Klasse 07, vom 20. September 2007 und 19. September 2011 aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen.
Die Markeninhaberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie bestreitet vorab weiterhin eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke, für welche sich die Widersprechende auch nicht auf die ihrer Meinung nach verspätet eingereichte neue eidesstattliche Versicherung berufen könne. Ungeachtet dessen bestehe aber auch keine Verwechslungsgefahr zwischen der Widerspruchsmarke und der angegriffenen Marke.
In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihre jeweiligen Standpunkte aufrechterhalten und vertieft. Eine hierbei vom Senat angeregte vergleichsweise Regelung hat die Markeninhaberin in der Folgezeit abgelehnt.
II.
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg, weil das Patentamt im Ergebnis zutreffend den Widerspruch der Widersprechenden mangels einer Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken i. S. d. § 43 Abs. 2 Satz 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen hat.
Die Eintragung einer Marke ist auf den Widerspruch aus einer prioritätsälteren Marke nach den vorgenannten Vorschriften zu löschen, wenn zwischen beiden Zeichen wegen Zeichenidentität oder -ähnlichkeit und Warenidentität oder -ähnlichkeit unter Berücksichtigung der Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens die Gefahr von Verwechslungen einschließlich der Gefahr, dass die Marken miteinander gedanklich in Verbindung gebracht werden, besteht. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stehen die vorgenannten Komponenten miteinander in einer Wechselbeziehung, wobei ein geringerer Grad einer Komponente durch den größeren Grad einer anderen Komponente ausgeglichen werden kann (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 [Rz. 16 f.] - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 [Rz. 19] - Lloyd/Loints; BGH GRUR 1999, 241, 243 - Lions). Der Schutz der älteren Marke ist dabei aber auf die Fälle zu beschränken, in denen die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der älteren Marke, insbesondere ihre Hauptfunktion zur Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f. [Rz. 51] - Arsenal Football Club plc; GRUR 2005, 153, 155 [Rz. 59] - Anheuser-Busch/Budvar; GRUR 2007, 318, 319 [Rz. 21] - Adam Opel/Autec).
Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend ungeachtet der Frage einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke der Grad der Markenähnlichkeit zu gering, um selbst bei unterstellter hochgradiger Warenähnlichkeit und normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine Verwechslungsgefahr zu begründen.
Marken sind als ähnlich anzusehen, wenn ihre Übereinstimmungen in der Erinnerung von nicht nur unmaßgeblichen Teilen der durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Abnehmer (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 605 - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2), an welche sich die jeweils beanspruchten Waren oder Dienstleistungen richten, die daneben vorhandenen Unterschiede nach dem Gewicht, das ihnen in der jeweiligen Marke zukommt, so stark überwiegen, dass die betreffenden Verkehrskreise die Zeichen nicht mehr hinreichend auseinander halten können (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl. 2011, § 9 Rn. 219 m. w. N.).
Nach ihrem jeweiligen Gesamteindruck, nach dem die Ähnlichkeit von Marken grundsätzlich vorrangig unabhängig vom Prioritätsalter zu beurteilen ist (vgl. EuGH GRUR 1998, 397, 390 Tz. 23 - Sabèl/Puma; GRUR 2005, 1043, 1044 [Rz. 28 f.] - Thomson Life; GRUR 2006, 413, 414 [Rn. 19] - SIR/Zirh; BGH GRUR 2000, 233 f. - Rausch/Elfi Rauch), unterscheiden sich die gegenüberstehenden Marken schon durch den Zusatz „-master“ in der jüngeren Marke, welcher in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung hat. Hierdurch weisen die beiden Marken erhebliche Unterschiede im Bild, im Klang und in der Bedeutung auf.
Eine Markenähnlichkeit kann vorliegend auch entgegen der Ansicht der Widersprechenden nicht damit begründet werden, dass beide Marken übereinstimmend den Begriff „Lock“ enthalten. Denn hierdurch wird weder die jüngere Marke allein geprägt noch hat dieser Begriff in der jüngeren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung (vgl. hierzu EuGH GRUR 2005, 1042 [Rz. 30] - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2006, 859, 860 f. [Rz. 18] - Malteserkreuz; GRUR 2002, 171, 174 - Marlboro-Dach; GRUR 2004, 865, 866 - Mustang), welche eine Verwechslungsgefahr in Form des gedanklichen Inverbindungbringens i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 zweiter Halbsatz MarkenG begründen könnte. Denn sowohl einer Prägung als auch der Annahme einer selbständig kennzeichnenden Stellung des Begriffs „Lock“ in der jüngeren Marke steht jeweils entgegen, dass die beiden Bestandteile „Lock“ und „master“ in der angegriffenen Marke zu einem einheitlichen Gesamtbegriff verschmolzen sind, bei dem der Verkehr - selbst wenn die von der Widersprechenden aufgestellte Behauptung, dass es sich hierbei um eine die beanspruchten Waren beschreibende Angabe handele, als zutreffend unterstellt würde - keine Veranlassung hat, sie voneinander zu trennen und die jüngere Marke irrtümlich der nur aus dem Bestandteil „Lock“ bestehenden Widerspruchsmarke unmittelbar oder mittelbar zuzuordnen.
Auch für eine gedankliche Verbindung zwischen den gegenüberstehenden Zeichen, insbesondere in Form einer Zeichenserie der älteren Marke (vgl. BGH GRUR 1999, 587, 589 - Cefallone; BGH WRP a. a. O. - BIG), sind Anhaltspunkte weder vorgetragen noch ersichtlich.
Da unter Berücksichtigung einer unterstellten engen Warenähnlichkeit und normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke im Ergebnis eine Verwechslungsgefahr mangels hinreichender Zeichenähnlichkeit nicht festgestellt werden kann, so dass sich der den Widerspruch der Widersprechenden zurückweisende Beschluss der Markenstelle im Ergebnis als zutreffend erweist, war der Beschwerde der Widersprechenden somit der Erfolg zu versagen.
Da Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich sind, hat es dabei zu verbleiben, dass beide Beteiligte ihre jeweiligen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG).