Entscheidungsdatum: 19.09.2018
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2015 011 584.3
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 19. September 2018 durch Richterin Werner als Vorsitzende, den Richter Paetzold und die Richterin Bayer
beschlossen:
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
I.
Die Widersprechende hat gegen die Eintragung der für die Waren und Dienstleistungen
Klasse 16: Druckereierzeugnisse; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Handbücher, Handbücher für Anleitungszwecke; Lehrbücher
Klasse 41: elektronische Veröffentlichung von Texten, Schriften und sonstigen Druckerzeugnissen über eine Vielzahl von Themen, darunter Online- und über ein weltweites Computernetzwerk; Bereitstellung von elektronischen Online-Veröffentlichungen (nicht herunterladbar); elektronische Online-Veröffentlichung von Büchern und Zeitschriften; Veröffentlichung auf elektronischem Wege; Durchführung von Schulungen; Ausbildung; Bildungsberatung, Durchführung von Ausbildungsseminaren; Durchführung von Workshops (Ausbildung); Veranstaltung und Durchführung von Workshops (Ausbildung)
Klasse 44: Lifestyle Beratung (psychologische); psychologische Beratung; psychologische oder psychiatrische Beratung; Lebensstilberatung (medizinische); Gesundheitsberatung
angemeldeten Wortmarke 30 2015 011 584
MACE ENERGY METHOD
aus einem in Anspruch genommenen Werktitel
Die Mace Energy Method
Widerspruch eingelegt.
Die Widersprechende ist Autorin des am 9. November 2011 in Deutschland erstmals erschienenen Werks „Betrachte das Blau – Die Mace Energy Method“ mit der ISBN 978-3-8423-7476-8. Sie macht Werktitelschutz geltend für „Druckereierzeugnisse sowie elektronische Publikationen betreffend Ausbildung, Schulung und Coaching auf psychologischem und medizinischem Gebiet.“ Ihr Werk sei sowohl in gedruckter Form als auch als eBook erhältlich.
Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit Beschluss vom 14. März 2015 zurückgewiesen.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass der gemäß § 42 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG in Verbindung mit §§ 5 und 12 MarkenG statthafte Widerspruch fristgemäß erhoben worden und auch im Übrigen zulässig sei. Die gemäß § 30 MarkenV erforderlichen Angaben seien gemacht worden. Der angegebene Zeitrang vom 9. November 2011 weise das Widerspruchszeichen als prioritätsälteres Recht aus. Der Widerspruch sei jedoch nicht begründet. Ein Löschungsanspruch gemäß § 12 in Verbindung mit § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG bestehe, wenn die zu unterstellende markenmäßige Benutzung der angegriffenen Marke geeignet sei, Verwechslungen mit dem Titel der Widersprechenden hervorzurufen. Der Werktitel sei allerdings werkbezogen und seine Funktion bestehe darin, geistige Leistungen namensmäßig zu benennen und von anderen Leistungen geistiger Art unterscheidbar zu machen. Dagegen gehöre es nicht zur originären Funktion des Werktitels, auf die betriebliche Herkunft der Ware, in der das Werk gegebenenfalls verkörpert sei, oder der Dienstleistung, durch die das Werk produziert werde, hinzuweisen. Aus diesem Grund seien Werktitel in der Regel nur gegen eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinne einer Werkverwechslung geschützt. Aus der auf das Werk bezogenen und begrenzten Kennzeichnungsfunktion des Werktitels folge, dass aus einem Werktitel grundsätzlich nur gegen die titelmäßige Benutzung einer angegriffenen Bezeichnung vorgegangen werden könne, also gegen die Benutzung der betreffenden Bezeichnung zur Unterscheidung eines Werkes von anderen Werken, nicht aber mit Erfolg gegen eine jüngere Marke vorgegangen werden könne. Ein Eingriff in den Schutzbereich eines Werktitels sei lediglich in den Fällen denkbar, bei denen es sich um den Ausnahmefall eines herkunftshinweisenden Werktitels handele, der vom Verkehr über seinen werkindividualisierenden Charakter hinaus auch mit dem dahinter stehenden Unternehmen in Verbindung gebracht werde. Bejaht werde dies lediglich für bekannte Titel regelmäßig erscheinender Druckschriften (Zeitungen, Zeitschriften, auch regelmäßig aktualisierte Standardwerke) sowie für Titel von Fernseh und Hörfunksendungen, also für bekannte Reihentitel. Vorliegend handele es sich jedoch um ein Einzelwerk, das für sich nicht die Annahme einer besonderen Herkunftsvorstellung des Verkehrs rechtfertigen könne.
Gegen diesen, der Beschwerdeführerin am 18. März 2016 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, eingegangen mit Fax vom 23. März 2016. Eine Beschwerdebegründung ist nicht eingegangen.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. März 2016, aufzuheben und die Marke 30 2015 011 584 wegen des Widerspruchs aus der geschäftlichen Bezeichnung „Die Mace Energy Method“ zu löschen.
Der Markeninhaber hat sich zur Beschwerde nicht geäußert.
II.
Da die Widersprechende nunmehr um eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren bittet und ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen hat, die der Senat auch nicht für geboten hält, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenstelle hat zu Recht und mit zutreffender Begründung den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den Beschluss der Markenstelle vom 14. März 2015 Bezug genommen.
Der Widerspruch ist zulässig erhoben worden, wie bereits die Markenstelle ausgeführt hat. Im Übrigen wird aus dem Widerspruch deutlich, dass die Widersprechende als Werktitel den Untertitel ihres Buches geltend machen will. Durch die Anlage TMP1 hat sie die Form des Werktitels angegeben. Diese Anlage zeigt u. a. die Titelseite, auf der die Widersprechende als Autorin aufgeführt ist, den Haupttitel „Betrachte das Blau“ sowie den Untertitel „Die Mace Energy Method“. Ob die Widersprechende allein am Untertitel tatsächlich Titelschutz erlangt hat, ist keine Frage der Zulässigkeit des Widerspruchs.
Gemäß § 42 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG in Verbindung mit §§ 5 und 12 MarkenG kann eine Marke wegen eines Widerspruchs aus einem Werktitel mit älterem Zeitrang gelöscht werden, wenn aufgrund dieses Werktitels die Benutzung der eingetragenen Marke im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland untersagt werden kann. Wann die Benutzung eines Werktitels untersagt werden kann, ergibt sich aus § 15 MarkenG.
Grundsätzlich kann aus einem Werktitel nur gegen die titelmäßige Benutzung des Werktitels vorgegangen werden, nicht gegen eine jüngere Marke (vgl. Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Aufl., § 12 Rdnr. 12 und § 15 Rdnr. 27). Allerdings gibt es Werktitel, die wie eine Marke auch mit dem dahinterstehenden Unternehmen in Verbindung gebracht werden, was für bekannte Reihentitel anerkannt wird (vgl. Hacker a. a. O., § 12 Rdnr. 13). Bei der Widerspruchsmarke handelt es sich allerdings um ein Einzelwerk und nicht um einen bekannten Reihentitel. Zudem wurde auch keine Bekanntheit des Werktitels geltend gemacht.
Da ein Löschungsanspruch gemäß § 12 in Verbindung mit § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG besteht, wenn die zu unterstellende markenmäßige Benutzung der angegriffenen Marke geeignet ist, Verwechslungen mit dem Titel der Widersprechenden hervorzurufen, muss als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des Löschungsanspruchs zudem von einer fiktiven Benutzung der angegriffenen Marke ausgegangen werden (vgl. Hacker a. a. O., § 12 Rdnr. 4), wobei die zu fingierende Benutzung auf Formen der markenmäßigen Benutzung im engeren Sinne einer rechtserhaltenden Benutzung zu beschränken ist (vgl. Hacker a. a. O., 12. Aufl. § 2 Rdnr. 7). Die bloß titelmäßige Benutzung der jüngeren Marke ist im Regelfall nicht rechtserhaltend, so dass die Benutzung einer Marke nicht automatisch als Benutzung eines Titels fingiert werden kann. Allerdings ist im Verzeichnis der angegriffenen Marke u. a. der Oberbegriff „Druckereierzeugnisse“ enthalten, unter den auch solche Erzeugnisse wie z. B. Zeitschriften fallen können, bei denen eine markenmäßige Benutzung des Titels unterstellt werden kann (vgl. Hacker a. a. O., 12. Aufl. § 12 Rdnr. 14), da es sich um einen Reihentitel handeln kann. Dies führt aber auch insoweit nicht zu einer Werksverwechslung, da es sich bei dem Werktitel der Widersprechenden gerade nicht um einen Reihentitel handelt.
Mangels einer entsprechenden Bekanntheit des Titels des Werks der Widersprechenden besteht auch kein Löschungsanspruch gemäß § 12 in Verbindung mit § 15 Abs. 3 MarkenG.
Da es sich bei dem Werktitel, aus dem Widerspruch eingelegt wurde, nicht um einen Werktitel einer Reihe und erst recht nicht einer bekannten Reihe handelt, kann aus ihm nicht gemäß § 12 MarkenG die Berechtigung abgeleitet werden, die Benutzung der angegriffenen Marke im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu untersagen, selbst wenn man fingiert, dass bei der angegriffenen Marke z. B. für bestimmte Druckereierzeugnisse ein Werktitel als markenmäßig rechtserhaltend benutzt anzusehen wäre.
Nachdem schon aus den genannten Gründen der Widerspruch zu Recht zurückgewiesen worden ist, kann dahinstehen, ob der vorliegende Untertitel überhaupt ein eigenständiger Werktitel ist, da Untertitel eher weggelassen werden (vgl. Hacker, 12. Aufl., § 15 Rdnr. 80). Es ist nicht anzunehmen, dass im vorliegenden Fall eher der Haupttitel weggelassen wird, da dies nur in besonderen Einzelfällen im Anschluss an die Rechtsprechung zum Zurücktreten bekannter oder sonst als solcher erkennbarer Firmenkennzeichen innerhalb einer Gesamtbezeichnung vorkommt (vgl. Hacker a. a. O., 12. Aufl., § 15 Rdnr. 81)
Nachdem keine Beschwerdebegründung eingegangen ist, ist im Übrigen nicht ersichtlich, in welcher Hinsicht die Widersprechende den Beschluss der Markenstelle für angreifbar hält.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeit besteht kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).