Entscheidungsdatum: 29.10.2013
Manuel Luciano/Luciano
1. Der Namenscharakter einer Widerspruchsmarke schwächt deren originäre Kennzeichnungskraft nicht.
2. "Manuel Luciano" wird nicht auf "Luciano" verkürzt; ein Vorname nimmt am Gesamteindruck einer aus Vor- und Nachname bestehenden Marke – auch im Modebereich – teil.
3. Nachnamen prägen aus Vor- und Nachnamen bestehende Marken nicht generell.
In der Beschwerdesache
…
betreffend die eingetragene Marke 307 56 950
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. Oktober 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Albrecht sowie des Richters Kruppa und des Richters k.A. Schmid
beschlossen:
1. Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
I.
Gegen die angegriffene Wortmarke Nr. 307 56 950
Manuel Luciano
hat die Widersprechende aus der prioritätsälteren Wortmarke Nr. 927 474
LUCIANO
Widerspruch erhoben.
Die angegriffene Marke ist für die Waren
Klasse 14: Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit nicht in anderen Klassen enthalten; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente
Klasse 18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Reise- und Handkoffer; Taschen (soweit in Klasse 18 enthalten); Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke
Klasse 25: Bekleidungsstücke für Damen, Herren und Kinder, Ober-, Unter-, Freizeit- und Sportbekleidungsstücke, nämlich Oberbekleidung, nämlich Hemden, Krawatten, Pullover, Hosen, Blousons, Anoraks, Mäntel, Kittel, Blusen, Kleider, Mützen, Schürzen, Trainingsanzüge, Badebekleidung, Socken; Oberbe-kleidung für Damen und Herren, insbesondere Hemden, Blusen, Jacken, Hosen, T-Shirts, Pullover, Schals, Röcke; Damen-, Herren- und Kinder-Oberbekleidung (gestrickt/gewirkt) aus Le-der, Lederimitationen oder aus Pelz; Accessoires, nämlich Handschuhe, Tücher, Hüte, Mützen, Caps, Krawatten und Gürtel; Sport- und Freizeitbekleidung, Schuhwaren; Damen-, Herren- und Kinder-Hausschuhe, Straßenschuhe, Stiefel, Regenstiefel, Abendschuhe
eingetragen.
Der Schutz der Widerspruchsmarke umfasst die Waren
Klasse 25: Bekleidungsstücke, ausgenommen Stiefel, Schuhe und Hausschuhe.
Die Markenstelle für Klasse 25 des DPMA hat durch zwei Beschlüsse vom 4. November 2009 und – im Erinnerungsverfahren – vom 15. Mai 2012 den Widerspruch zurückgewiesen.
Zur Begründung hat die Markenstelle angenommen, die Widersprechende habe zwar die durch Erklärung vom 11. Februar 2011 wirksam bestrittene Benutzung in vollem Umfang der Eintragung glaubhaft machen können. Auch soweit danach von Identität gegenüber den für die angegriffene Marke geschützten Waren der Klasse 25 auszugehen sei, bestehe aber keine Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen.
Ungeachtet von durch die Drittzeichenlage nahe gelegten Anhaltspunkten für einen gewissen Verbrauch könne durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Wider-spruchsmarke zugrunde gelegt werden. Der angegebene Benutzungsumfang rechtfertige es dagegen nicht, überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke anzusetzen, zumal Verbraucher bei Aktionswaren eines Discount-Supermarkts nur eingeschränkt auf Kennzeichen achten würden.
Der Name „Luciano“ könne in der Widerspruchs- wie auch in der angegriffenen Marke entweder als Vorname oder als Nachname wahrgenommen werden. Auch als Nachname verstanden präge er den Gesamteindruck der angegriffenen Marke nicht. Das im Bereich der Modebranche im Allgemeinen markenbewusste Publikum pflege einen aus Vor- und Familiennamen gebildeten Personennamen grundsätzlich nicht zu verkürzen. Auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Markenusurpation liege nicht vor. Der Name „Luciano“ entbehre innerhalb der angegriffenen Marke nämlich einer selbständig kennzeichnenden Stellung, weil er mit dem Vornamen Manuel einen Gesamtnamen bilde.
Zur Begründung ihrer gegen den Erinnerungsbeschluss der Markenstelle gerichteten Beschwerde geht die Widersprechende von zumindest leicht erhöhter Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus, die sie insbesondere aus Umsätzen von jährlich teilweise über … Mio. Euro ableitet. In der angegriffenen Marke werde „Luciano“ als Nachname verstanden. Verbindungen von Vornamen, die unterschiedlichen Ursprungsländer zuzurechnen sind, seien ungewöhnlich. Werde „Luciano“ als Nachname aufgefasst, stelle dieser den prägenden Bestandteil dar. „Manuel“ sei ein in Deutschland verbreiteter Vorname, während „Luciano“ italienischen Anklang aufweise und als Nachname in Deutschland nur vereinzelt vorkomme.
Im Modesektor pflege das Publikum aus Vor- und Nachnamen bestehende Zeichen auf den Nachnamen zu reduzieren. Zumindest liege – wie auch auf Gemeinschaftsebene durch eine Beschwerdekammer des HABM entschieden wurde – eine mittelbare Verwechslungsgefahr vor.
Die Widersprechende beantragt in der mündlichen Verhandlung,
die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen.
Der Markeninhaber beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Nach Auffassung des Markeninhabers bestehe keine Grundlage, zugunsten der Widerspruchsmarke erhöhte Kennzeichnungskraft anzusetzen. Umsatzzahlen als solche ließen nicht auf eine Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke schließen.
Die angegriffene Marke werde unabhängig davon, wie Verbraucher das Element „Luciano“ auffassen, nicht durch diese Komponente geprägt. Der Vorname „Manuel“ trete unter Berücksichtigung der Bezeichnungsgepflogenheiten in der Textilbranche im Gesamteindruck der angegriffenen Marke nicht zurück. Besondere Umstände, unten denen „Luciano“ in der angegriffenen Marke als selbständig kennzeichnend wahrgenommen werde, seien nicht gegeben.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Markenstelle für Klasse 25 hat die Löschung der angegriffenen Marke zu Recht abgelehnt, da zwischen den streitbefangenen Marken selbst im Bereich identischer Waren der Klasse 25 keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG i.V.m. § 42 MarkenG besteht.
Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofs als auch des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere dem Grad der Bekanntheit der Marke im Markt sowie dem Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem beanstandeten Zeichen und zwischen den damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen (EuGH GRUR Int. 1998, 875 – Canon; BGH GRUR 2006, 859, 860 – Malteserkreuz).
1. Für die Widerspruchsmarke kann der eingetragene Warenoberbegriff „Bekleidungsstücke, ausgenommen Stiefel, Schuhe und Hausschuhe“ in vollem Umfang bei der Entscheidung berücksichtigt werden.
Sofern der Markeninhaber die mit Schriftsatz vom 7. Juli 2008 erhobene und zwischenzeitlich nicht mehr aufrecht erhaltene Einrede nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG zuletzt wieder wirksam geltend gemacht hat, konnte jedenfalls die Widersprechende die Benutzung der Widerspruchsmarke (s. § 26 MarkenG) innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke bezogen auf diverse Bekleidungsartikel (v.a. Hemden, Pullover, Hosen, Shirts, Jacken) insbesondere anhand eidesstattlicher Versicherungen glaubhaft machen. Ein auf das Filialnetz der Gruppe A… beschränkter Vertrieb der Waren ist in diesem Zusammenhang unschädlich (Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 26 Rn. 176). Auch die Verwendung der Marke zur Kennzeichnung von Aktionsware steht einer ernsthaften Benutzung nicht entgegen (BPatG vom 28. August 2002, 32 W (pat) 183/01 – Tucano/tucan).
Die Einrede der Nichtbenutzung nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG ist nicht erhoben worden. Die Ausführungen des Markeninhabers mit Schriftsatz vom 11. Februar 2011 beziehen sich ausschließlich auf die zunächst mit Schriftsatz vom 7. Juli 2008 erhobene Einrede nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG.
2. Auf dieser Grundlage kann Identität der durch die konkurrierenden Marken erfassten Waren bestehen, soweit die angegriffene Marke für Klasse 25 eingetragen ist. Auch im Übrigen hat - ausgenommen lediglich „Edelmetalle und deren Legierungen“ sowie „Leder und Lederimitationen“ - Warenähnlichkeit vor. Einer abschließenden Einordnung bedarf es insofern nicht, nachdem der Widerspruch selbst bezogen auf identische Waren erfolglos bleibt.
3. Der Schutzumfang der Widerspruchsmarke ist durchschnittlich bemessen.
a) Der Namenscharakter der Widerspruchsmarke als solcher vermag ihre originäre Kennzeichnungskraft nicht zu schwächen.
Eigennamen, deren Urfunktion die Individualisierung bzw. Identifizierung von Personen ist, dienen seit jeher auch der Unterscheidung von Produkten verschiedener Hersteller. Sie verkörpern geradezu den Grundfall eines unterscheidungskräftigen Kennzeichens (Onken, Die Verwechslungsgefahr bei Namensmarken, 2011, S. 92). § 3 Abs. 1 MarkenG stellt Personennamen als Kategorie von Wortzeichen heraus. Sie verfügen grundsätzlich auch über konkrete Unterscheidungskraft (vgl. BPatG Mitt 2009, 37 Rn. 13 – Charlotte von Mahlsdorf).
Auch soweit das ältere Zeichen „LUCIANO“ durch inländische Verbraucher als Vorname wahrgenommen wird, berührt dies sein Kennzeichnungsniveau grundsätzlich nicht. Vornamen mögen zwar im geschäftlichen Umgang in Alleinstellung nur eingeschränkt zur Individualisierung bestimmter Personen dienen (vgl. BGH GRUR 1983, 262 (263) – Uwe). Aufgrund der strukturellen Unterschiede zwischen Namens- und Markenrecht sind diese Grundsätze jedoch nicht auf die Beurteilung der markenrechtlichen Kennzeichnungskraft reiner Vornamen übertragbar (BPatG Mitt. 1996, 247 – Monsieur Michel; Onken, a.a.O., S. 94 f.).
Die branchenspezifisch für Kinderpuppen vertretene Annahme geringer Kennzeichnungskraft insbesondere weiblicher Vornamen (BGH GRUR 1991, 760 Rn. 12 – Jenny/Jennifer; auch für den Parfümeriebereich EuG GRUR Int 2003, 840, Rn. 50 und GRUR Int 2003, 843 Rn. 81 zu Giorgi bzw. Giorgio) kann schon deswegen nicht pauschal auf den Modebereich übertragen werden, weil eine vergleichbare Dichte an Vornamensmarken im Textilbereich gegenwärtig abgesehen von spezifischen Waren nicht feststellbar ist (vgl. BPatG vom 17. Mai 2011, 27 W (pat) 266/09 (20) – Luci; Onken, a.a.O., S. 96; anders noch BPatG GRUR 1997, 54, 57 – S.OLIVER).
Anhaltspunkte für eine originäre Originalitätsschwäche gerade des Vornamens „LUCIANO“ im Bereich des Bekleidungssektors sind nicht ersichtlich. Ohne Auswirkung auf die Kennzeichnungskraft wäre das Verbraucherverständnis in Italien, insbesondere eine dort nicht auszuschließende Wahrnehmung als Allerweltsname.
b) Die Drittzeichenlage führt nicht zur nachträglichen Schwächung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke.
Selbst wenn bezogen auf die vier durch den Markeninhaber benannten Markennamen eine hinreichend starke Annäherung an die Widerspruchsmarke unterstellt wird, sind verwertbare Benutzungstatsachen für Deutschland nicht vorgetragen (insbesondere „Luciano Padovan“ und „Luciano Barbera“) bzw. jedenfalls bestritten („Luciano Soprani“ und „Luciano Brillini“). Im Übrigen könnte von einer relevanten Schwächung der Kennzeichnungskraft nur bei einer beträchtlichen Anzahl benutzter Drittmarken ausgegangen werden (vgl. BGH GRUR 1967, 246, 248 – Vitapur; m.w.N. Ströbele/Hacker, a.a.O., § 9 Rn. 154 ff.).
Eingetragene Drittzeichen, deren Benutzung zum Prioritätszeitpunkt nicht liquide ist, sind zwar nicht schlechthin unbeachtlich (vgl. BGH GRUR 1999, 241, unter III. 3. – Lions). Die Registerlage, die für das Inland insgesamt 29 Marken (davon 10 jüngere) bestehend aus oder mit dem Namen „Luciano“ ergibt, lässt jedoch schon aufgrund der überschaubaren Anzahl der nach Warengebiet und Nähe zur Widerspruchsmarke tatsächlich relevanten Zeichen keine auffällig intensive Verwendung dieses Namens erkennen.
c) Umgekehrt ist auch nicht festzustellen, dass der Widerspruchsmarke zum Prioritätszeitpunkt der angegriffenen Marke, dem 30. August 2007, eine durch Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft, die unterhalb des Kennzeichnungsgrades einer bekannten Marke ansetzt (s. BGH GRUR 2006, 937 Rn. 28 f. – Ichthyol II), zukäme (vgl. zur Frage des relevanten Zeitpunkts Ströbele/Hacker, a.a.O., § 9 Rn. 187).
Zur Beurteilung des Bekanntheitsgrades einer Marke sind alle relevanten Umstände heranzuziehen, insbesondere der Marktanteil der mit der Marke versehenen Produkte, die Intensität, die geographische Ausdehnung und die Dauer der Benutzung der Marke und der für die Marke investierte Werbeaufwand (BGH GRUR 2002, 1067 Rn. 26 – DKV/OKV).
Ob die Beschränkung des Warenvertriebs über Filialen der Unternehmensgruppe A… (mit lt. Wikipedia … Filialen, gg. … Filialen von A1…) aus sich heraus bereits der Annahme gesteigerter Kennzeichnungskraft der bundesweit geschützten Widerspruchsmarke entgegensteht, kann dahinstehen (vgl. m.w.N. Ströbele/Hacker, § 9 Rn. 141).
Ungeachtet entsprechender Hinweise im Beschluss der Markenstelle hat die Widersprechende auch im Beschwerdeverfahren davon abgesehen, die von ihr genannten Umsatzzahlen durch belastbare Aussagen zu Marktanteilen in das Umfeld des sehr breiten (private Ausgaben seit Jahren jährlich über … Mrd. Euro, Statistisches Jahrbuch 2013, 12.8) und differenzierten Textilmarktes einzuordnen (s. zur Bedeutung von Marktanteilen OLG Köln Marken 2007, 126 – Schlaufuchs und Lernfuchs; BPatG, Beschl. v. 16.9.2009, 29 W (pat) 15/09 – BLUE PANTHER/Panther).
Die von der Widersprechenden glaubhaft gemachten Verkaufsmengen bzw. Umsatzangaben in Verbindung mit ihrem weiteren Vortrag lassen für sich jedenfalls keine sicheren Schlüsse auf eine hinreichende Bekanntheit der Marke in der Gesamtbevölkerung, an die hier betroffene Konsumgüter des täglichen Bedarfs gerichtet sind, zu.
Den vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen vom 17. September 2008 und vom 16. Februar 2010 nebst Anlagen ist lediglich die Benutzung der Marke ab dem Jahr 2003 zu entnehmen. Innerhalb dieses überschaubaren und – angesichts der Verwendung für Aktionsware – lediglich temporären Benutzungszeitraums konnten zwar stattliche Warenmengen abgesetzt werden. Auch zusammen mit kontinuierlichen Werbeanzeigen in … Tageszeitungen, in denen die Marke unter verschiedenen anderen Angeboten allerdings nur zurückgenommen erkennbar ist, lässt die über diesen Zeitraum abgesetzte Stückzahl einzelner Waren, wie insbesondere für Hemden bis zu maximal … Einzelstücke jährlich, nicht auf einen Bekanntheitswert schließen, der auch nur einen – deutlich zu niedrigen (vgl. BGH GRUR 2005, 513, 514 - MEY/Ella May, 30 % ausreichend) – Wert von 10 % der angesprochenen Verbraucher umfasst. Aus der verkauften Menge kann im Übrigen nicht unmittelbar auf die Anzahl der Personen geschlossen werden, die die Marke kennen, schon weil ein einmaliger Warenerwerb nicht notwendig zur beständigen Einprägung der Marke führt und die angegebene Stückzahl auch Mehrfachkäufe enthält.
Die Einlassung der Widersprechenden, 85 % der Deutschen kauften zumindest gelegentlich bei A2… ein, rechtfertigt keine andere Bewertung. Abgesehen davon, dass hier ohnehin nur die Kunden der Filialen A… einzubeziehen wären, können hieraus keine verwertbaren Schlüsse auf die Nachfrage nach – innerhalb des Gesamtsortiments nur eingeschränkt bedeutenden – Kleidungsangeboten und noch weniger nach Aktionswaren der Marke „Luciano“ gezogen werden. Angesichts einer Vielzahl von Billiganbietern im Textilsektor dürfte demgegenüber der Anteil des Publikums, der Bekleidung bei A2… erwirbt, mangels anderer Anhalts punkte eher niedrig anzusetzen sein.
Dabei kann zugunsten der Widersprechenden unterstellt werden, dass die Widerspruchsmarke, auch wenn Sie Aktionsware in einem Discountmarkt kennzeichnet, dadurch nicht von vornherein geringeres Verbraucherinteresse genießt als etwa Kaufhausware. Gerade bei preisgünstigen Waren kann Anlass bestehen, die Warenqualität zu prüfen. Eine Handelsmarke kann dabei Vertrauen in die Warenqualität ausbilden.
Die Widerspruchsmarke verfügt daher im Ergebnis nicht über gesteigerte Kennzeichnungskraft. Eine graduelle Differenzierung innerhalb des hier gegebenen durchschnittlichen Kennzeichnungsgrades ist nicht zulässig (vgl. BGH WRP 2013, 1038 (55) – Villa Culinaria/Culinaria).
4. Unter diesen Voraussetzungen hat die angegriffene Marke zur Vermeidung von Verwechslungen einen deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke einzuhalten, soweit identische Waren der Klasse 25 betroffen sind. Dieser Anforderung genügt die angegriffene Marke. Eine verwechslungsbegründende Zeichenähnlichkeit ist erst recht nicht bezogen auf Waren mit geringerem Ähnlichkeitsgrad gegeben.
a) Unmittelbare Verwechslungsgefahr im Sinn irriger Gleichsetzung der Vergleichsmarken ist nicht festzustellen. Insofern ist der Gesamteindruck, den eine Marke hervorruft, maßgebend (EuGH GRUR 2005, 1042, 1044 – Thomson Life; BGH GRUR 2005, 326, 327 – il Padrone/il Portone).
Dabei verhindert der in der jüngeren Marke enthaltene zusätzliche Bestandteil „Manuel“ unmittelbare Verwechslungen in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht.
b) Mit Verkürzungen der angegriffenen Marke auf die Komponente „Luciano“ ist selbst bei unterstelltem Verständnis als Nachname nicht in beachtlichem Umfang zu rechnen. Dies wäre nur dann anders zu bewerten, wenn der Gesamteindruck des mehrteiligen Zeichens gerade durch den mit der Gegenmarke übereinstimmenden Bestandteil geprägt würde und die übrigen Bestandteile demgegenüber weitgehend in den Hintergrund träten (BGH GRUR 2004, 598, 599 – Kleiner Feigling).
Das Publikum pflegt Marken nicht zu analysieren. Mehrteilige Marken werden daher in der Regel in der Weise aufgenommen, in der sie dem Verbraucher entgegentreten, es sei denn die Markengestaltung böte ohne weiteres Anlass und Gelegenheit, Bezeichnungen in einer die Merkbarkeit und Aussprechbarkeit erleichternden Weise zu verkürzen (BGH GRUR 1991, 475, 477 – Caren Pfleger; GRUR 1999, 241, 244 – Lions).
Ein Erfahrungssatz des Inhalts, dass sich die Verbraucher bei einer erkennbar aus Vor- und Nachnamen gebildeten Marke allein oder vorrangig am Nachnamen orientieren, besteht nicht (BGH GRUR 2000, 233 – RAUSCH/ELFI RAUCH; GRUR 2000, 1031 (III.3.b) – Carl Link; GRUR 2005, 513, 514 – MEY/ELLA May; im Ansatz bereits a.a.O. – Lions; BPatGE 35, 58 – Ada Grimaldi; anders noch BGH GRUR 1961, 628 – Umberto Rosso; GRUR 1991, 475 – Caren Pfleger).
Demgegenüber nimmt das HABM fast durchweg dominierenden Einfluss eines Familiennamens an (z.B. Entscheidung Nr. 3472/2002 vom 29. November 2002 – Allison Wingatel/Winegate; m.w.N. Tyra, GRUR 2004, 981, Fn. 14). Dies sei darauf zurückzuführen, dass Familiennamen gegenüber Vornamen, deren Anzahl deutlich geringer sei als die der Familiennamen, die maßgebliche ldentifizierungs- und Hinweisfunktion zukomme. Das kann jedoch schon deshalb keine allgemeine Gültigkeit beanspruchen, weil das Verständnis von Zeichen, die aus Personennamen bestehen, in den verschiedenen Staaten der Europäischen Gemeinschaft unterschiedlich sein kann (vgl. EuG GRUR Int. 2005, 846 Tz. 63 ff. – Julián Murúa Entrena/Murúa; Bender, MarkenR 2011, 89, C.l.2.).
Ein Vorname nimmt an dem Gesamteindruck, der einer aus Vor- und Nachname bestehenden Marke zu eigen ist, regelmäßig teil. Erst der Vorname ergibt ein ausgewogenes Bild von der vermeintlich hinter der Marke stehenden Person und trägt so nicht unerheblich zur Einprägsamkeit und Individualisierung des Gesamtnamens bei.
Abgesehen von etwa in Island oder in Osteuropa verbreiteten Nachnamensformen ist allein der Vorname geeignet, das Geschlecht des Namensträgers zu bestimmen. Zudem kann der Vorname beim Publikum bestimmte Assoziationen bezüglich des Alters, der Religionszugehörigkeit, der regionalen und sozialen Herkunft und sogar bestimmter Charaktereigenschaften der betreffenden Person vermitteln (Kube, Vornamensstudie 2009, www.kinderforschung.unioldenburg.de/download/masterarbeit). Hieraus können sich auch Rückschlüsse oder Assoziationen auf Wareneigenschaften, z.B. deren stilistische Ausrichtung, ergeben. Der Vorname bestimmt daher auch den Eindruck, den der Verbraucher von der hinter einer Gesamtnamensmarke stehenden Person gewinnt und in sein Erinnerungsbild aufnimmt (Onken, a.a.O., S. 152-154). Darüber hinaus ermöglicht der Vorname, mehrere Träger des gleichen Nachnamens voneinander zu unterscheiden.
Nachnamen sind dementsprechend nur bei Vorliegen besonderer Umstande geeignet, einen von aus Vor- und Nachnamen bestehenden Marken ausgehenden Gesamteindruck zu prägen, namentlich wenn entweder besondere Branchengewohnheiten eine andere Wahrnehmung tragen (vgl. BGH, a.a.O. – Rausch/Elfi Rauch; GRUR 2000, 1031 – Carl Link) oder – innerhalb der o.g. Regel – im Einzelfall der Nachname über erhöhte Kennzeichnungskraft (BGH a.a.O. Mey/Ella May; s. auch BGH GRUR 2003, 880 – City Plus) oder der Vorname lediglich über geringe Kennzeichnungskraft verfügt (BPatG vom 10. Oktober 2001, 28 W (pat) 150/00 RICCI/NINA RICCI).
In der Textilbranche herrschen keine abweichenden Branchengewohnheiten. Das Publikum ist auf diesem Gebiet mit Markennamen, die Vor- und Zunamen umfassen und häufig auf einer stilprägenden Person oder einer bezeichnenden Kunstfigur beruhen, vertraut (BGH a.a.O. Rn. 35 – Patric Lions; BPatG a.a.O. – Ada Grimaldi; BPatG v. 27.05.2002, 27 W (pat) 73/02 – Mori/Francesco Morri). Marken können im Textilbereich ein maßgebliches, ggf. sogar gegenüber objektiven Wareneigenschaften vorrangiges Kaufkriterium bilden. Konsumenten verhalten sich in der Regel markentreu und -bewusst, was auf verschiedenen Motiven beruhen kann, häufig auch auf bloßer Gewohnheit. Die genaue Individualisierung einer Marke auch durch den Vornamen hat daher insofern typischerweise hohe Bedeutung.
Weder ist die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke erhöht (s.o.) noch ist dem ohne Weiteres als solchen erkennbaren Vornamen „Manuel“ der angegriffenen Marke eine Kennzeichnungsschwäche zu eigen, die ihn als Individualisierungsmittel nicht oder eingeschränkt geeignet erscheinen ließe.
Auf nur schwer objektivierbare Überlegungen zum Binnenverhältnis zwischen Vor- und Nachname kommt es jedenfalls seit der Entscheidung BGH GRUR 2000, 233 RAUSCH/ELFI RAUCH grundsätzlich nicht mehr an (m.w.N. Onken, a.a.O., S. 139). Inwieweit das inländische Publikum „Luciano“ in der angegriffenen Marke tatsächlich als Nachnamen wahrnimmt, kann daher zunächst offen bleiben.
Verstehen die Verkehrskreise „Luciano“ innerhalb der angegriffenen Marke als zweiten Vornamen, ist eine umso geringere Verkürzungsneigung gegeben. Zwar verkörpert die Marke offenbar keinen klassischen Doppelnamen, bei dem sich die Einzelkomponenten von vornherein einer isolierten Betrachtung entziehen (z.B. wohl Klaus Peter, Eva Maria). Auch im Verhältnis zweier Vornamen dürfte der Verbraucher im Textilbereich regelmäßig von einer Verkürzung absehen, was gerade angesichts der hier gegebenen charakteristischen Namensverbindung, deren Aufspaltung zu einer substantiell veränderten Wahrnehmung führen kann, nahe liegt.
c) Eine Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt eines Serienzeichens (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG) scheidet vorliegend ebenfalls aus.
Sie wäre gegeben, wenn die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den das Publikum als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens ansieht und deshalb andere Zeichen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, demselben Inhaber zuordnet (vgl. BGH GRUR 2009, 484 Rn. 38 – METROBUS).
Das Vorliegen einer Zeichenserie setzt nach neuerer Rechtsprechung zwingend die Benutzung mehrerer Marken mit einem gemeinsamen Stammbestandteil voraus, damit die angesprochenen Verkehrskreise das gemeinsame Element kennen und mit der Zeichenserie in Verbindung bringen (EuGH MarkenR 2007, 427 – BAINBRIDGE; BGH GRUR 2013, 840 Rn. 23 – PROTI II).
Die Widersprechende hat nicht für sich in Anspruch genommen, mehrere Marken, in denen der Name „LUCIANO“ als Stammbestandteil wirkt, zu halten.
d) Über die Grundsätze der (modifizierten) Prägetheorie hinaus kann eine Verwechslungsgefahr auch dann vorliegen, wenn ein mit einer älteren Marke übereinstimmender Bestandteil identisch oder ähnlich in eine aus mehreren Komponenten gebildete Marke aufgenommen wird, in der er neben dem anderen Bestandteil eine selbstständig kennzeichnende Stellung behält, und die Übereinstimmung die angesprochenen Verkehrskreise veranlassen kann, die so gekennzeichneten Waren demselben oder wirtschaftlichen verbundenen Unternehmen zuzurechnen (EuGH GRUR 2005, 1042 Rn. 32 ff. – THOMSON LIFE; BGH GRUR 2006, 859 Rn. 21 – Malteserkreuz).
Damit ist allerdings nicht gemeint, dass jede (selbst identische) Übernahme einer älteren Marke in ein jüngeres Kombinationszeichen zwangsläufig zur Annahme einer Verwechslungsgefahr führt; vielmehr müssen besondere Umstände vorliegen, die abweichend vom Normalfall die Annahme rechtfertigen, dass der betreffende Bestandteil in dem jüngeren Zeichen – ohne dessen Gesamteindruck zu prägen – eine selbständig kennzeichnende Stellung einnimmt (vgl. BGH GRUR 2013, 833 Rn. 50 – Culinaria/Villa Culinaria).
Das kann insbesondere der Fall sein, wenn der älteren Marke lediglich der Handelsname oder eine bekannte Marke hinzugefügt wird oder – soweit dann nicht bereits eine Prägung gegeben ist – die ältere Marke über überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft verfügt. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
Auch sonstige Erwägungen greifen im Streitfall nicht durch.
Zunächst könnte dem Bestandteil „Luciano“, obwohl er den Gesamteindruck der jüngeren Marke nicht prägt, kraft Wahrnehmung als Familienname, der seiner Funktion entsprechend im Verhältnis zum Vornamen über gewisses Eigengewicht verfügt, eine selbständig kennzeichnende Stellung zuzuerkennen sein. Eine derartige Generalisierung hat allerdings auch der EuGH abgelehnt (GRUR 2010, 933 Rn. 38 – Barbara Becker/Becker).
Im Streitfall ist eine selbständig kennzeichnende Stellung des Bestandteils „Luciano“ im Einklang mit den durch den EuGH aufgestellten Einzelfallkriterien bereits dadurch ausgeschlossen, dass das Publikum diesen Bestandteil bei intuitiver Aufnahme gar nicht eindeutig als Nachnamen verstehen wird. Schon dieser Aspekt steht der Annahme einer an strenge Voraussetzungen gebundenen selbständig kennzeichnenden Stellung entgegen.
Der Name „Luciano“ ist im Inland als männlicher Vorname bekannt. Zu seiner Bekanntheit tragen bekannte Namensträger (insbesondere Luciano Pavarotti) und abgewandelte Namensformen wie „Lucian/Lucien“ oder „Lucia“ bei. Sein Verständnis als Nachname, das auch bei originären Vornamen nicht ausgeschlossen ist, kann sich aus seiner nachgeordneten Stellung gegenüber dem Vornamen „Manuel“ ergeben. Allerdings unterwirft das Publikum Marken in der Regel gerade keiner analytischen Betrachtung. Auch soweit das Publikum diese Auslegung in Betracht zieht, bleibt das Verständnis als zweiter Vorname eine gleichwertige Alternative. Auch dieser ohnehin überschaubare Anteil des Publikums wird daher zur klaren Identifikation der Produkte den Bestandteil „Manuel“ einbeziehen und dem Bestandteil „Luciano“ keine selbständig kennzeichnende Stellung zuschreiben.
Eine selbständig kennzeichnende Stellung ergibt sich hier auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Wahrnehmung der angegriffenen Marke als besondere Ausstattungslinie der Widerspruchsmarke (vgl. BGH GRUR 2008, 1002 – Schuhpark; systematisch abweichend Onken, a.a.O., 192 f.).
Zwar mag im Textilsektor die Verwendung von Vor-, Nach- und/oder von Gesamtnamensmarken bekannter Anbieter als Mittel der Unterscheidung von Produktlinien eingeführt sein (z.B. „Tommy Hilfiger“ für das Basisangebot, „Tommy“ für junges Publikum, „Hilfiger“ für besonders hochwertige Angebote, mit zwei weiteren Nachweisen Onken, a.a.O., S. 192). Jedenfalls stellen sich die Vergleichszeichen nicht als Marken dar, die bei intuitiver Aufnahme plausibel verschiedenen Ausstattungslinien zugeordnet werden können, da die Widerspruchsmarke bei unbefangener Betrachtung als Vorname und die angegriffene Marke vorrangig als Kombination zweier Vornamen wirkt.
5. Die Beurteilung des Streitfalls auf Gemeinschaftsebene, der eine unterschiedliche Bewertung von Namensmarken und der Voraussetzungen wie Grenzen einer selbständig kennzeichnenden Stellung zugrunde liegt, hat der Senat berücksichtigt. Sie entbindet aber nicht von der eigenen Bewertung der Sach- und Rechtslage.
6. Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 83 Abs. 2 MarkenG in Verbindung mit § 574 ZPO zugelassen. Die Beurteilung von Namensmarken im markenrechtlichen Widerspruchsverfahren wirft jedenfalls unter dem Blickwinkel einer selbständig kennzeichnenden Stellung Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, die einer höchstrichterlichen Klärung bedürfen.