Entscheidungsdatum: 06.03.2017
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2016 017 629.2
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 6. März 2017 durch die Vorsitzende Richterin Klante, den Richter Dr. Himmelmann sowie die Richterin Lachenmayr-Nikolaou
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA), Markenstelle für Klasse 25, vom 22. September 2016 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung in Bezug auf die in Klasse 25 angemeldete Ware „Hüfthalter“ zurückgewiesen worden ist.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde der Anmelderin zurückgewiesen.
I.
Am 20. Juni 2016 ist das Zeichen
Wohlfühlen ohne Bügel
für die nachfolgend genannten Waren der Klasse 25 zur Eintragung als Wortmarke in das vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister angemeldet worden:
Bekleidungsstücke; Miederwaren; Unterwäsche; Unterwäsche für Damen; Korsetts; Büstenhalter; Hüfthalter; Nachtwäsche; Badebekleidung, einschließlich Badekappen; Shirts; Strickjacken und Pullover.
Das DPMA, Markenstelle für Klasse 25, hat die Anmeldung mit Beschluss vom 22. September 2016, zugestellt am 27. September 2016, wegen fehlender Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG i. V. m. § 37 Abs. 1 MarkenG teilweise zurückgewiesen, nämlich für die Waren
Bekleidungsstücke; Miederwaren; Unterwäsche; Unterwäsche für Damen; Korsetts; Büstenhalter; Hüfthalter; Badebekleidung.
Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, die schutzsuchende Marke bestehe aus den allgemein verständlichen hintereinander stehenden Begriffen „Wohlfühlen ohne Bügel“. Diese Angabe weise lediglich werbetypisch darauf hin, dass es sich bei den so gekennzeichneten Waren um solche handelt, die „keinen Bügel beinhalten“ und in denen man „sich wohlfühle“. Bei Unterwäsche, Miederwaren und vergleichbaren Waren seien oftmals Bügel zum Zwecke der Stabilisierung, des besseren Halts und der Formgebung eingearbeitet. Dies sei den angesprochenen Verkehrskreisen ebenso bekannt wie die Tatsache dass die Bügel auch als unangenehm empfunden werden könnten. Die Angabe „Wohlfühlen ohne Bügel“ werde aufgrund ihres bekannten Bedeutungsgehaltes von den Verkehrskreisen lediglich als sachbezogene Information über die unter dieser Bezeichnung angebotenen Waren verstanden, die sämtliche ein „Wohlfühlen ohne Bügel“ möglich machen könnten. Daher handele es sich bei der angemeldeten Wortkombination in Bezug auf die nunmehr beschwerdegegenständlichen Waren um eine beschreibende Angabe, die von den angesprochenen Verbrauchern dementsprechend nicht als individualisierendes Betriebskennzeichen eines bestimmten Unternehmens aufgefasst werde.
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde vom 11. Oktober 2016, beim DPMA eingegangen am 13. Oktober 2016.
Die Anmelderin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht in der Sache geäußert. Im Verfahren vor dem DPMA hat sie in ihrer Erwiderung auf den Beanstandungsbescheid ausgeführt, das angemeldete Zeichen „Wohlfühlen ohne Bügel" habe jedenfalls für Waren, die üblicherweise keine Bügel enthalten würden, keinen unmittelbar beschreibenden Charakter. Die angemeldete Wortkombination sei daher nicht glatt beschreibend, so dass ihr die erforderliche markenrechtliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden könne.
Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 25, vom 22. September 2016 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss, die Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige, insbesondere gem. § 64 Abs. 6 S. 1 MarkenG i. V. m. § 66 Abs. 1 MarkenG statthafte und gem. § 66 Abs. 2 MarkenG fristgerecht eingelegte Beschwerde bleibt in der Sache weitgehend erfolglos. Sie ist in dem aus dem Beschlusstenor Ziff. 1 ersichtlichen Umfang begründet, da insoweit Eintragungshindernisse nicht bestehen. Der angefochtene Beschluss war daher in diesem Umfang aufzuheben. Hinsichtlich der übrigen beschwerdegegenständlichen Waren steht der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung „Wohlfühlen ohne Bügel“ das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, so dass die Markenstelle die Anmeldung gem. § 37 Abs. 1 MarkenG zu Recht zurückgewiesen hat.
1. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG schließt von der Eintragung als Marke Zeichen aus, denen für die in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen zukommende Eignung, die von der Anmeldung erfassten Waren bzw. Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und so diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH, GRUR 2010, 228, Rn. 33 – Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; EuGH, GRUR 2004, 428, Rn. 30, 31 – Henkel; BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 9 – OUI; BGH, GRUR 2014, 569, Rn. 10 – HOT; BGH, GRUR 2013, 731, Rn. 11 – Kaleido; BGH, GRUR 2012, 1143, Rn. 7 – Starsat; BGH, GRUR 2012, 270, Rn. 8 – Link economy; BGH, GRUR 2009, 952, Rn. 9 – DeutschlandCard; BGH, GRUR 2006, 850, Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006).
Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH, GRUR 2008, 608, Rn. 66 – EUROHYPO; EuGH, GRUR 2006, 229, Rn. 27 – BioID; BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 9 – OUI; BGH, GRUR 2014, 565, Rn. 12 – smartbook; BGH, GRUR 2009, 952, Rn. 9 – DeutschlandCard). Dabei ist das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (EuGH, GRUR 2003, 604, Rn. 60 – Libertel; BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 9 – OUI; BGH, GRUR 2014, 565, Rn. 17 – smartbook).
Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Zeichen, die einen beschreibenden Begriffsinhalt enthalten, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht. Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder die Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht (BGH, GRUR 2014, 569, Rn. 10 – HOT; BGH, GRUR 2012, 1143, Rn. 9 – Starsat; BGH, GRUR 2009, 952, Rn. 10 – DeutschlandCard; BGH, GRUR 2006, 850, Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006). Kann dagegen einem Wortzeichen für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch nicht um Angaben, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihm die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 12 – OUI; BGH, GRUR 2013, 731, Rn. 13 – Kaleido; BGH, GRUR 2012, 270, Rn. 11 – Link economy; BGH, GRUR 2012, 1143, Rn. 9 – Starsat).
Die Bewertung der Verkehrsauffassung in Bezug auf die einschlägigen Waren und Dienstleistungen richtet sich insbesondere nach der Sicht des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers (EuGH, GRUR 2006, 411, Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; EuGH, GRUR 1999, 723, Rn. 29 – Chiemsee; Ströbele in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl. 2015, § 8 Rn. 42). Dieser wird die Marke so wahrnehmen, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtung zu unterziehen (BGH, GRUR 2012, 270, Rn. 12 – Link economy).
Bei der Beurteilung des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft kommt es auf das Verkehrsverständnis zum Zeitpunkt der Anmeldung des jeweiligen Zeichens an (BGH, GRUR 2013, 1143, Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten).
2. Nach diesen Grundsätzen ist die Unterscheidungskraft der angemeldeten Bezeichnung in Verbindung mit den Waren der Klasse 25 „Bekleidungsstücke; Miederwaren; Unterwäsche; Unterwäsche für Damen; Korsetts; Büstenhalter; Badebekleidung“ zu verneinen.
Die angemeldete Wortfolge „Wohlfühlen ohne Bügel“ setzt sich aus allgemein verständlichen Worten der deutschen Sprache zusammen. Der angesprochene Verkehr der beanspruchten Waren, zu dem neben dem Handel auch der Endverbraucher gehört, wird diese Worte hinsichtlich solcher Waren, die mit einem Bügel versehen sein können, dahingehend verstehen, dass die so bezeichnete Ware gerade nicht mit einem derartigen Bügel ausgestattet sei und dass man sich mit dieser Ware gerade aus diesem Grunde wohl fühlen könne.
Die beschwerdegegenständlichen Waren „Bekleidungsstücke; Miederwaren; Unterwäsche; Unterwäsche für Damen; Korsetts; Büstenhalter; Badebekleidung“ können alle mit eingearbeiteten Bügeln, denen eine stützende oder formgebende Funktion zukommt, versehen sein. Die Markenstelle hat ihrer Beanstandung vom 27. Juni 2016 sowie dem Beschluss vom 22. September 2016 jeweils Belege beigefügt, aus denen sich ergibt, dass insbesondere Büstenhalter und Unterhemden dahingehend bezeichnet bzw. beworben werden, dass sie „ohne Bügel“ seien; desgleichen können Miederwaren und Korsetts mit Bügeln ausgestattet sein. Schließlich sind bei den Bademoden insbesondere Bikinioberteile, die in ihrer Form Büstenhaltern ähneln, mit oder ohne Bügel erhältlich. Bei den weiteren Waren „Unterwäsche; Unterwäsche für Damen“ handelt es sich um Oberbegriffe, unter die die vorgenannten Büstenhalter und Unterhemden fallen. Alle diese Waren fallen schließlich unter den weiten Oberbegriff „Bekleidungsstücke“.
Die Markenstelle hat schließlich zutreffend ausgeführt, dass ein Teil der Verbraucher(innen) Kleidungsstücke mit Bügeln als unbequem empfinde, so dass der Verzicht auf Bügel dazu führen könne, dass sich diese Verbraucher(innen) besonders wohl fühlen können. Dies ergibt sich auch aus dem mit dem Beanstandungsbescheid zugesandten Beleg, in dem ausgeführt ist, dass „BH´s ohne Bügel“ „besonders bequem und angenehm zu tragen“ seien.
Aus diesen Gründen wird der angesprochene Verkehr der Bezeichnung „Wohlfühlen ohne Bügel“ hinsichtlich der Waren „Bekleidungsstücke; Miederwaren; Unterwäsche; Unterwäsche für Damen; Korsetts; Büstenhalter; Hüfthalter; Badebekleidung“ allein eine sachliche Information hinsichtlich der Beschaffenheit dieser Waren entnehmen und in dieser keinen Herkunftshinweis sehen.
3. Offen bleiben kann, ob die Eintragung hinsichtlich dieser Waren zugleich wegen eines Freihaltebedürfnisses gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu versagen ist. Für die Ablehnung der Eintragung des angemeldeten Zeichens als Marke ist das Vorliegen eines der voneinander rechtlich unabhängig anwendbaren Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 MarkenG ausreichend (EuGH, GRUR 2008, 608, Rn. 54 – EUROHYPO; BGH, GRUR 2012, 272, Rn. 22 – Rheinpark-Center Neuss).
4. Hinsichtlich der weiteren Ware „Hüfthalter“ ist die angemeldete Wortfolge dagegen keinem Eintragungshindernis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG ausgesetzt. Die Bügel, mit denen die unter Ziff. 2. Abgehandelten Waren ausgestattet sein können, haben jeweils die Funktion, die weibliche Brust zu stützen. Die Recherche des Senats hat demgegenüber keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Hüfthalter vertrieben werden, die Bügel aufweisen, so dass der Angabe „Wohlfühlen ohne Bügel“ im Zusammenhang mit dieser Ware kein sinnvoller beschreibender Gehalt entnommen werden kann.
5. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Anmelderin ihren Antrag auf Durchführung einer solchen (§ 69 Nr. 1 MarkenG) mit Schriftsatz vom 1. März 2017 zurückgenommen hat und der Senat eine mündliche Verhandlung auch nicht für geboten erachtet hat (§ 69 Nr. 3 MarkenG).