Entscheidungsdatum: 15.06.2018
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2016 203 883.0
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch die Vorsitzende Richterin Klante, den Richter Paetzold und die Richterin Werner am 15. Juni 2018
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die am 5. Februar 2016 angemeldete Wortmarke 30 2016 203 883.0
Jagdmensch
für die Dienstleistungen der
Klasse 41: Dienstleistungen eines Jagdaufsehers; Dienstleistungen eines Jagdführers; Organisation von Jagdgesellschaftsveranstaltungen; Organisation von Jagdveranstaltungen
hat das Deutsche Patent- und Markenamt durch die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 nach Beanstandung mit Bescheid vom 4. April 2016 mit Beschluss vom 29. August 2016 nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
Zur Begründung ist ausgeführt, wegen der ohne weiteres verständlichen rein sachbezogenen Bedeutung sei die angemeldete Wortkombination „Jagdmensch“ markenrechtlich nicht unterscheidungskräftig, weil sie nur in ihrem beschreibenden Sinn, nicht aber als betrieblichen Herkunftshinweis aufgefasst werde. „Jagdmensch“ sei daher nicht geeignet, die angemeldeten Dienstleistungen hinsichtlich ihrer Herkunft von denjenigen anderer Anbieter zu unterscheiden.
Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt sei neben den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen auch auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen. Bei den in der Anmeldung genannten weiten Dienstleistungsbegriffen („Dienstleistungen eines Jagdaufsehers; Dienstleistungen eines Jagdführers; Organisation von Jagdgesellschaftsveranstaltungen; Organisation von Jagdveranstaltungen“) sei entgegen der Auffassung des Anmelders daher nicht nur der „internetnutzende Jägerkreis“, sondern ganz allgemein die „an Jagd Interessierten“ (das könnten auch Laien sein) angesprochen.
Die angemeldete Wortkombination setze sich aus den allgemein verständlichen und gebräuchlichen Wörtern „Jagd“ und „Mensch“ zusammen. Dies sei eine sprachübliche Verknüpfung, wie etwa auch in Büchermensch, Genussmensch, Sinnesmensch usw. Darin reihe sich „Jagdmensch“ (ein Mensch, der sich mit der Jagd befasst, der Jagd widmet) nahtlos ein. In dieser Bedeutung finde der Begriff in Artikeln oder Internetforen bereits Verwendung, um auf Jäger hinzuweisen.
Mit dem vorgenannten Bedeutungsgehalt werde das angesprochene allgemeine und das allgemein an der Jagd interessierte Publikum das angemeldete Zeichen im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen lediglich als beschreibenden Sachhinweis auffassen, dass diese Dienstleistungen von bzw. für jemanden angeboten und erbracht werden, der sich dem Thema Jagd widme. Die im Rahmen der Markenanmeldung beanspruchten Dienstleistungen könnten sich mit Themen der Jagd auseinandersetzen bzw. diese zum Inhalt haben und somit speziell für Jäger bzw. für Menschen, die sich für die Jagd interessieren, erbracht werden bzw. von einem Jäger bzw. einem Menschen, der sich mit Jagd beschäftigt, angeboten bzw. erbracht werden.
Es sei auch nicht ausschlaggebend, ob eine Wortverbindung lexikalisch belegbar sei oder nachweislich verwendet werde oder ob angenommen werden könne, dass es sich um eine möglicherweise neue Wortbildung oder Wortkombination handle. Das Publikum sei daran gewöhnt, ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die sachbezogene Informationen lediglich in einprägsamer Form übermittelt werden sollen.
Da der beschreibende Sinn der Einzelwörter auch in der Zusammenstellung unverändert bliebe und ihrer Kombination kein neuer, individuell prägender Eindruck entnommen werden könne bzw. kein merklicher Unterschied zwischen der Kombination und der bloßen Summe ihrer Bestandteile bestehe, führe auch die Kombination hier nicht zu Unterscheidungskraft.
Die vom Anmelder angeführten Voreintragungen beträfen andere Marken und könnten keinen Anspruch auf Eintragung begründen.
Gegen diesen an ihn am 1. September 2016 zugestellten Beschluss wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde vom 28. September 2016, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am selben Tag, und verfolgt seinen Eintragungsantrag weiter.
Bei der vorliegenden Bezeichnung „Jagdmensch“ hätten die beiden Wortbestandteile „Jagd“ und „Mensch“ jeweils einen beschreibenden Bedeutungsinhalt. Die Wortkombination „Jagdmensch“ sei indes nicht gebräuchlich. Bezeichnenderweise sei deshalb der Begriff „Jagdmensch“ lexikalisch nicht nachweisbar. Aus den vom Deutschen Patent und Markenamt vorgelegten Fundstellen könne nicht auf die Gebräuchlichkeit des Begriffs „Jagdmensch“ in der deutschen Sprache geschlossen werden. Ganz im Gegenteil werde bei den gängigen Suchen unter dem Begriff „Jagdmensch“ im Internet ausschließlich auf die von ihm betriebene Homepage www.ein-jaqdmensch.de verwiesen. Bei Suchen nach „Jagender Mensch“ werde auf verschiedene Buchempfehlungen und unterschiedliche Wortaneinanderreihungen hingewiesen. Somit bestehe keine Austauschbarkeit der Begriffe „Jagdmensch“ und „jagender Mensch“. Im Übrigen seien auch die Wortmarken „Circus Mensch“ (Registernummer 30762702) oder „Lehrprinz“ (Registernummer 302012006944J eingetragen.
Er habe den Begriff als Reizbegriff gewählt. Den Begriff „Jagdmensch“ gebe es im allgemeinen Sprachgebrauch nicht, und er werde auch nicht unmittelbar verstanden. Unter Jägern, zumindest denen, die per Internet vernetzt oder ihm persönlich bekannt seien, werde „Jagdmensch“ mittlerweile und zunehmend schon jetzt als Markenzeichen verstanden. Er werde in Foren und Debatten oft mit „Nolting der Jagdmensch“ zitiert. Hier sei also nicht eine Person gemeint, sondern übergeordnet der Markenbegriff. „Nichtjäger“ könnten sich unter „Jagdmensch“ nichts vorstellen.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Deutschen Patent und Markenamts, Markenstelle für Klasse 41, vom 29. August 2016 aufzuheben und die angemeldete Wortkombination „Jagdmensch“ für die beanspruchten Dienstleistungen einzutragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Beschwerdebegründung, den gerichtlichen Hinweis vom 17. April 2018 und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige, insbesondere statthafte Beschwerde (§ 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG) hat in der Sache keinen Erfolg.
1.
Über die zulässige Beschwerde kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden, nachdem der Beschwerdeführer keine mündliche Verhandlung beantragt hat und auch der Senat eine solche für entbehrlich hält.
Der Beschwerdeführer hatte, auch auf den gerichtlichen Hinweis vom 17. April 2018, ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme (§ 69 MarkenG).
2.
Zu Recht und mit eingehender und zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt und auf die daher umfassend Bezug genommen wird, hat das Deutschen Patent- und Markenamt, die Markenstelle für Klasse 41, der angemeldeten Wortkombination die Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt.
Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass.
Der angemeldeten Wortkombination „Jagdmensch“ fehlt für die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 41 (Dienstleistungen eines Jagdaufsehers; Dienstleistungen eines Jagdführers; Organisation von Jagdgesellschaftsveranstaltungen; Organisation von Jagdveranstaltungen) die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
a)
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG sind Zeichen von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ihnen die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt.
Unterscheidungskraft nach dieser Vorschrift ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH, Urteil vom 21. Januar 2010 – C-398/08 –, GRUR 2010, 228, Rn. 33 – Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2017 – I ZB 97/16 –, GRUR 2018, 301, Rn. 11 – Pippi-Langstrumpf- Marke; BGH, Beschluss vom 31. Mai 2016 – I ZB 39/15 –, GRUR 2016, 934, Rn. 9 – OUI; BGH, Beschluss vom 19. Februar 2014 – I ZB 3/13 –, GRUR 2014, 569, Rn. 10 – HOT; BGH, Beschluss vom 22. November 2012 – I ZB 72/11 –, GRUR 2013, 731, Rn. 11 – Kaleido; BGH, Beschluss vom 4. April 2012 – I ZB 22/11 –, GRUR 2012, 1143, Rn. 7 – Starsat, jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH, Urteil vom 8. Mai 2008 – C-304/06 P –, GRUR 2008, 608, Rn. 66 – EUROHYPO; EuGH, Urteil vom 15. September 2005 – C-37/03 P –, GRUR 2006, 229, Rn. 27 – Bio-ID; BGH, Beschluss vom 6. November 2013 – I ZB 59/12 –, GRUR 2014, 565, Rn. 12 – smartbook; BGH a. a. O., Rn. 9 – OUI, jeweils m. w. N.).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Kreise, wobei auf die Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers und / oder die Sicht des Handels der fraglichen Waren oder Dienstleistungen zum Zeitpunkt der Anmeldung abzustellen ist (BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2013 – I ZB 11/13, GRUR 2014, 376 Rn. 11 – grill meister; BGH, Beschluss vom 10. Juli 2014 – I ZB 81/13, GRUR 2015, 173 Rn. 15 – for you; BGH, a. a. O.; Rn. 11 – Pippi-Langstrumpf- Marke; BGH, a. a. O., Rn. 10 – HOT; BGH, a. a. O. Rn. 29 – Stadtwerke Bremen, jeweils m. w. N.; EuGH, Urteil vom 9. März 2006 – C-421/04 –, GRUR 2006, 411, Rn. 24 – Matratzen Concord / Hukla).
Keine Unterscheidungskraft besitzen ausgehend hiervon insbesondere Zeichen, die einen beschreibenden Begriffsinhalt enthalten, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2011 – I ZB 56/09, GRUR 2012, 270 Rn. 12 – Link economy; BGH, a.a.O., Rn. 10 – Starsat, jeweils m. w. N.). Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass die angesprochenen Kreise sie als Unterscheidungsmittel verstehen. Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder die Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass die Angesprochenen den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfassen und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sehen (BGH, Beschluss vom 9. November 2016 – I ZB 43/15 –, GRUR 2017, 186, Rn. 32 – Stadtwerke Bremen; BGH, Beschluss vom 22. Januar 2009 – I ZB 52/08, GRUR 2009, 952 Rn. 10 – DeutschlandCard; BGH, Beschluss vom 27. April 2006 – I ZB 96/05 –, BGHZ 167, 278, Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006; BGH, a. a. O., Rn. 10 – HOT; BGH, a. a. O., Rn. 9 – Starsat, jeweils m. w. N.). Ferner kommt die Eignung, Waren oder Dienstleistungen ihrer Herkunft nach zu unterscheiden, solchen Angaben nicht zu, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Publikum – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH, Beschluss vom 10. Juli 2014 – I ZB 18/13 –, GRUR 2014, 872, Rn. 21 – Gute Laune Drops; BGH, a. a. O. Rn. 12 – OUI; BGH, a. a. O. Rn. 26 – HOT; BGH, a. a. O., Rn. 10 – DeutschlandCard). Weil die Angesprochenen eine Marke so wahrnehmen, wie sie ihnen entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtung zu unterziehen, kann ein Bedeutungsgehalt, der erst in mehreren gedanklichen Schritten ermittelt wird, die Annahme einer fehlenden Unterscheidungskraft nicht tragen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2011 – I ZB 56/09, GRUR 2012, 270 Rn. 12 – Link economy; BGH, a. a. O., Rn. 10 – Starsat; BGH, a. a. O., Rn. 24 – smartbook; BGH, a. a. O., Rn. 50 - Gute Laune Drops; BGH, a. a. O., Rn. 18 – OUI).
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers handelt es sich bei „einem im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt“, „einem engen beschreibenden Bezug“ und „gebräuchlichen Wörtern“ nicht um Voraussetzungen, die kumulativ vorliegen müssen, um Unterscheidungskraft zu verneinen. Vielmehr handelt es sich um drei unterschiedliche Fallgruppen fehlender Unterscheidungskraft.
Wenn einem Wortzeichen für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen weder ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet noch ein enger beschreibender Bezug festgestellt werden kann und es sich auch nicht um gebräuchliche Wörtern oder Wendungen der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, die von den Angesprochenen stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihm die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH, Beschluss vom 10. Juli 2014 – I ZB 18/13 –, GRUR 2014, 872, Rn. 21 – Gute Laune Drops; BGH, a. a. O., Rn. 12 - OUI; BGH, a. a. O., Rn. 13 – Kaleido; BGH, a. a. O., Rn. 9 – Starsat).
Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH, Beschluss v. 15.01.2009 – I ZB 30/06, GRUR 2009, 411 Rn. 8 – STREETBALL).
An die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen sind keine strengeren Maßstäbe anzulegen als bei sonstigen Wortzeichen (EuGH, Urteil vom 12. Juli 2012 – C-311/11 –, GRUR Int. 2012, 914 Rn. 25 – Smart/HABM [WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH]; EuGH, a. a. O., Rn. 36 – Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; EuGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 – C-64/02 P –, GRUR 2004, 1027, Rn. 33 und 34 – Erpo Möbelwerk [Das Prinzip der Bequemlichkeit]; BGH, a. a. O., Rn. 14 – Gute Laune Drops; BGH, a. a. O., Rn. 14 – smartbook). Vielmehr ist in jedem Fall zu prüfen, ob die Wortfolge einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ihr über diesen hinaus eine, wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zukommt (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2009 – I ZB 34/08 –, GRUR 2009, 949 Rn. 10 – My World; BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2008 – I ZB 48/08 –, GRUR 2009, 778 Rn. 11 – Willkommen im Leben; BGH, Beschluss vom 1. Juli 2010 – I ZB 35/09 -, GRUR 2010, 935 Rn. 8 – Die Vision).
b)
Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt die angemeldete Wortkombination „Jagdmensch“ nicht.
Sie ist zwar einfach gehalten und treffend. In Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 41 ist sie jedoch weder interpretationsbedürftig noch löst sie einen Denkprozess aus, da sie nur eine aus gebräuchlichen Wörtern der deutschen Sprache formulierte Sachaussage enthält, die sich in der Beschreibung der beanspruchten Dienstleistungen von bzw. für Menschen, die sich für die Jagd interessieren bzw. mit ihr befassen, erschöpft.
Dabei ist hier maßgeblich auf die Wahrnehmung all jener abzustellen, die sich für die beanspruchten Dienstleistungen, also die Jagd im weiteren Sinn, interessieren bzw. mit ihnen in Berührung kommen und so auf das angemeldete Zeichen treffen können. Dies ist nicht nur ein begrenzter Personenkreis, der sich im Internet über die Jagd austauscht, sondern auch darüber hinaus alle an der Jagd Interessierten, die sich in jeglicher Form über die Jagd informieren und mit ihr befassen. Dieses angesprochene inländische an der Jagd interessierte Publikum, wie im Übrigen auch das ganz allgemeine Publikum, wird den Begriff „Jagdmensch“ ohne besonderen gedanklichen Aufwand ausschließlich mit dem beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen verstehen, so dass sie sich nicht als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen eignet.
Denn die angemeldete Wortfolge „Jagdmensch“ ist in sprachüblicher Weise aus den allgemein verständlichen und gebräuchlichen deutschen Substantiven „Jagd“ und „Mensch“, die auch in ihrer Kombination nur mit ihrer Ursprungsbedeutung verstanden werden, gebildet. Entsprechend etwa den Begriffen „Blumenmensch“, „Büchermensch“, „Genussmensch“, „Kunstmensch“, „Modemensch“, oder auch „Zaubermensch“ weist der Begriff auf Menschen hin, die sich mit den jeweils verbundenen Elementen befassen. Auch wenn der Begriff „Jagdmensch“ bislang nicht lexikalisch nachweisbar ist, ist er leicht verständlich und folgt sprachüblichen mit „Jagd-“ am Wortanfang gebildeten Kombinationen, etwa „Jagdfieber“, „Jagdszene“ oder „Jagdglück“, die auch Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden haben.
Es stellt bei diesen zusammengesetzten Wortmarken keine (unzulässige) zergliedernde Betrachtungsweise dar, wenn zunächst die Bedeutung jedes einzelnen Wortes oder einzelnen Bestandteile gesondert im Hinblick auf die Unterscheidungskraft zu prüfen und im Ergebnis auf den beschreibenden Gesamteindruck der zusammengesetzten Marke abgestellt wird (vgl. hierzu auch EuGH, Urteil vom 19. April 2007 – C-273/05 P –, MarkenR 2007, 204 Rn. 79 – CELLTECH; EuGH, Beschluss vom 14. Mai 2012 – C-453/11 –, MarkenR 2012, 485 Rn 41 – Timehouse/HABM; BGH, Beschluss vom 22. Mai 2014 – I ZB 64/13 –, MarkenR 2014, 503 Rn. 10 – ECR-Award; BGH, Beschluss vom 10. Juni 2010 – I ZB 39/09, GRUR 2011, 65 Rn. 10 - Buchstabe T mit Strich). Der beschreibende Charakter mehrerer Begriffe geht regelmäßig nicht bereits durch das Zusammenfügen verloren, auch wenn dadurch eine sprachliche Neuschöpfung entsteht. Denn die bloße Verbindung von beschreibenden Bestandteilen bleibt im Allgemeinen selbst beschreibend, sofern nicht durch das Zusammenfügen vor allem in syntaktischer oder semantischer Art eine besondere sprachliche Ausgestaltung oder eine ungewöhnliche Kombination entsteht, deren Wirkung über das bloße Summieren und Zusammenstellen der Bestandteile hinausgeht (vgl. Eichelberger in BeckOK Markenrecht, Kur / v. Bomhard / Albrecht, 12. Ed., 01.01.2018, MarkenG § 8 Rn. 122 m. w. N.). Das ist vorliegend wie beschrieben angesichts der einheitlich sachbezogenen Aussage der Wortkombination nicht der Fall.
Zudem wird „Jagdmensch“ in der genannten beschreibenden Weise – worauf das Deutsche Patent- und Markenamt und auch der Senat unter Übersendung der entsprechenden Ausdrucke bereits hingewiesen haben – bereits gebraucht, etwa in
• „JagdWissen“ („…Wenn ein Wolfsrudel einen Rothirsch reißt, ist das geradezu toll – wenn ein Jagdmensch einen Rothirsch schießt, ist das neandertaloides Gehabe. …“, http://www.jagdwissen.net/das-oekologische-gleichgewicht/9/) oder
• „chienNormandie – Urlaub mit Hund in der Normandie“ („…In Deutschland gehört die natürliche Feindschaft zwischen Hundemensch und Jagdmensch schon fast zur Tradition. ..., https://www.chiennormandie.de/2017/09/15/ vorsicht-wild/) oder
• Naturheilverfahren: Leitfaden für die ärztliche Aus-, Fort- und Weiterbildung, Rainer Brenke Schattauer Verlag; Auflage: September 2007, Seite 363 („...Aus dem früheren Lauf- und Jagdmenschen ist zwar inzwischen ein Sitzmensch geworden und damit könnten wohl die Probleme mit der Schwerkraft geringer geworden sein. ... Ernsthafte Funktionsstörungen konnte sich der frühere Lauf- und Jagdmensch nicht leisten, denn er brauchte sein Bewegungssystem zum täglichen Nahrungserwerb. …“, https://books.google.de/books?id=Jf8-RKnbLF8C&pg= PA363&dq=jagdmensch &hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiTwp2cpLLaAhXJJFAK Haf_AXQQ6AEILzAB#v=onepage&q=jagdmensch&f=false ) oder
• „Wenn Großvater erzählt…“ („…Doch dann kam so ein Jagdmensch auf ihn zu und legte noch einmal dieses lange Feuerrohr auf ihn an. …“, http://www.franz-lorber.de/buch4/thema1.htm) oder
• „Die Wolfsfamilie“ („…Aus dem Jagdmensch, der ursprünglich wie der Wolf, umherzog um Beute zu finden, konnte nun am selben Platz bleiben. …“, siehe „http://www.wolf-kinderclub.de/03%20Wolfsfamilie/01Mensch.html) oder
• „Der Karpfen“ („…Aber der Mensch ist nicht therapierbar. seit der Wolf domestiziert wurde, haben wir uns weg vom Weide- und Jagd-Mensch hin zum dritte Etage Stadt-Mensch entwickelt und halten uns dennoch eine Töle. …“, https://www.taunus4family.de/allgemein/der-karpfen/) oder
• „Blind Date Blog“ („…Der Widder ist ein Jagdmensch. …“, http://www.blinddateclub.de/blog/das-liebeshoroskop/).
„Jagdmensch“ weist demnach mit seiner leicht verständlichen Sachaussage ausschließlich auf Inhalt und Gegenstand der in Frage stehenden Dienstleistungen hin, die für bzw. von einem Jagdaufseher oder Jagdführer erbracht bzw. von oder für den Jagdgesellschaften veranstaltet werden können. Sofern die Wortkombination damit für die in Frage stehenden Dienstleistungen nicht schon als unmittelbar beschreibend anzusehen ist, stellt sie jedenfalls ein eng beschreibenden Bezug zu den angemeldeten Dienstleistungen her.
„Jagdmensch“ wird, worauf der Senat unter Übersendung der entsprechenden Ausdrucke auch bereits hingewiesen hat, im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen u.a. Organisation von Jagdgesellschaftsveranstaltungen und Jagdveranstaltungen bereits verwendet und nicht nur vom Beschwerdeführer oder mit Bezug auf ihn („Jagdfunk“ von erdebene | Jochen Schumacher auf Apple Podcasts JF016 Jagdmensch, https://itunes.apple.com/de/podcast/ jagdfunk/). Die Bezeichnung „Jagdmensch“ weist daher auch nicht zwingend nur auf den Beschwerdeführer hin. Das angesprochene Publikum wird auch nicht annehmen, dass nur eine Person oder ein Unternehmen Dienstleistungen eines Jagdaufsehers oder Jagdführers bzw. die Organisation von Jagdgesellschaftsveranstaltungen oder Jagdveranstaltungen anbietet.
3.
Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt, kann dahinstehen, ob das angemeldete Zeichen darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG – wofür im Hinblick auf die oben genannten Verwendungen durch Dritte einiges spricht – für die beanspruchten Dienstleistungen freihaltungsbedürftig ist.
4.
Soweit sich der Beschwerdeführer auf die Eintragung seiner Ansicht nach vergleichbarer Drittmarken, etwa „Lehrprinz“ und „Circus Mensch“, beruft, entfalten diese, unabhängig davon, dass es sich schon um andere Begriffe handelt, und ungeachtet der hier ohnehin fehlenden Vergleichbarkeit in rechtlicher Hinsicht keine Bindungswirkung. Aus einer Schutzgewährung für andere Marken kann ein Beschwerdeführer, entgegen seiner Annahme, keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Voreintragungen führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben. Die Frage der Schutzfähigkeit einer angemeldeten Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein anhand des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist. (vgl. EuGH, Beschluss vom 15. Februar 2008 – C-243/07 P, MarkenR 2008, 163 Rn. 39 – Terranus; BPatG, Beschluss vom 26. Januar 2010 – 24 W (pat) 142/05, GRUR 2010, 425 – Volksflat). Im Übrigen geben selbst identische Voreintragungen keinen Anspruch auf eine Eintragung (BGH, Beschluss v. 17. August 2011 – I ZB 70/10, GRUR 2012, 276 Rn. 18 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e. V. m. w. N.).
Nach alledem ist der Beschwerde des Anmelders der Erfolg zu versagen.
5.
Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht kein Anlass.
6.
Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 83 Abs. 2 MarkenG i. V. m. § 574 ZPO) liegen nicht vor, weil keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung einer höchstrichterlichen Klärung bedürfen und der Senat mit dieser Entscheidung nicht von Entscheidungen anderer Gerichte abweicht.