Entscheidungsdatum: 05.12.2016
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2015 033 709.9
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 5. Dezember 2016 durch den Richter Hermann, die Richterin Seyfarth und den Richter Dr. Söchtig
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Das Wortzeichen
FAIRFASHION
ist zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
Klasse 25:
Bekleidungsstücke, nämlich Anzüge, Kittel, Mäntel, Überzieher [Bekleidung]; Regenanzüge; Unterhosen; Shorts; Jeanshosen; Röcke; Arbeitskittel; Hemden; T-Shirts; Wämser; Pullover; Strickwesten; Unterwäsche; Nachtwäsche; Sportanzüge; Badekleidung; Krawatten; Halstücher; Schultertücher; Handschuhe als Bekleidungsstücke; Socken; Strumpfhosen; Leggins; Sockenhalter; Strumpfhalter; Hosenträger für Bekleidungszwecke; Kleidung im japanischen Stil in Form von Kimonos; Schärpen; Brautkleider; Faschingskostüme; Karnevalskostüme; Taillengürtel für Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen, nämlich Mützen, Augenschirme, Hüte; Schuhwaren, nämlich Schuhwaren, Stiefel, Sportschuhe, Sandalen, Pantoffeln, Clogs und Sandalen im japanischen Stil.
Mit Beschluss vom 23. September 2015 hat das DPMA, Markenstelle für Klasse 25, nach vorangegangener Beanstandung vom 10. August 2015 die Markenanmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, die angemeldete Wortmarke bestehe aus dem allgemein verständlichen zusammengesetzten Begriff „FAIRFASHION“, wobei lediglich das Leerzeichen zwischen den einzelnen Begriffen weggelassen worden sei. Ansonsten sei die Wortfolge sprachüblich mit Adjektiv und Substantiv zusammengesetzt. Es stehe außer Frage, dass die englischen Wörter „FAIR“ und „FASHION“ in der deutschen Werbe- und Alltagssprache gebräuchlich seien und von den beteiligten Verkehrskreisen sofort im Sinne von „fairer Mode“ verstanden würden. Im Hinblick auf die beanspruchten Waren habe die Wortkombination „FAIRFASHION“ unmittelbar beschreibenden Charakter, denn sie weise werbetypisch darauf hin, dass die so gekennzeichneten Waren der Klasse 25 im Wesentlichen „faire Mode“ als Inhalt hätten, wobei „fair“ als fair produzierte (ökologisch/ aus biologischen Rohstoffen) Ware verstanden würde. Ferner handle es sich bei der Wortmarke „FAIRFASHION“ um eine sprachübliche, inhaltsbeschreibende Aussage, die in Verbindung mit den angebotenen Waren ein Angebot an fair produzierten modischen Artikeln verspreche. In diesem Zusammenhang erlaube auch die Neuheit einer Wortzusammenstellung allein keinen Schluss auf ihre Unterscheidungskraft. Hierfür wäre ein Mindestmaß an Eigenart erforderlich, welches die angemeldete Wortmarke jedoch nicht aufweise. Vielmehr sei diese glatt beschreibend für die angemeldeten Waren.
Ob auch eine freihaltebedürftige Sachangabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliege könne aufgrund des absoluten Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG dahingestellt bleiben.
Hiergegen richtet sich die am 28. Oktober 2015 erhobene Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 25, vom 23. September aufzuheben.
Zur Begründung führt die Beschwerdeführerin aus, es sei im insoweit maßgeblichen Bekleidungssektor üblich, dass Marken Bestandteile aufwiesen, die in ihrer Bedeutung auf Mode oder Kleidung hindeuteten. Unter Angabe einiger Beispiele verschiedener eingetragener Marken weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass die angesprochenen inländischen Verkehrskreise an Marken gewöhnt seien, die beschreibende Anklänge haben und Wörter beinhalten, die in der Werbung üblich sind, diese trotzdem als betriebliche Herkunftshinweise erkennen würden, was folglich auch auf die angemeldete Wortmarke „FAIRFASHION“ zutreffe. Die angesprochenen Verkehrskreise würden daher in der angemeldeten Marke einen Herkunftshinweis erkennen, selbst wenn die Worte „FAIR“ und „FASHION“ in der deutschen Werbesprache üblich seien. Das Wort Mode habe keinen unmittelbaren Bezug zu Kleidung, weshalb es keineswegs zwingend sei, dass die angesprochenen Verkehrskreise mit dem Begriff „FASHION“ Bekleidung assoziieren würden. So bestehe auch kein unmittelbarer Zusammenhang des Wortes „FAIR“ mit der Produktion eines Produktes. Insgesamt bestehe Zweifel daran, dass die angesprochenen Verkehrskreise unter „FAIR FASHION“ „nach fairen Gesichtspunkten produzierte Bekleidungsmode“ verstünden. Selbst wenn dem so wäre, könnten die angesprochenen Verkehrskreise unter der aus einem Wort bestehenden Bezeichnung einen Herkunftshinweis erkennen. Auch ein Freihaltebedürfnis bestehe nicht. Die angemeldeten Waren wie beispielsweises „Kleidung im japanischen Stil in Form von Kimonos“, „Clogs und Sandalen im japanischen Stil“, „Faschingskostüme“ und „Karnevalskostüme“ würden durch die angemeldete Marke „FAIRFASHION“ nicht beschrieben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin, über die nach Rücknahme des Terminsantrags ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, hat in der Sache keinen Erfolg, weil der angemeldeten Wortmarke für die beanspruchten Waren der Klasse 25 jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Die Markenstelle hat dem Anmeldezeichen daher zu Recht und mit zutreffender Begründung die Eintragung versagt.
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleitungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2015, 1198, 1201 Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH GRUR 2015, 173, 174 Rdnr. 15 – for you; GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12) – smartbook; GRUR 2013, 731, Nr. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143, Nr. 7 – Starsat; BGH GRUR 2012, 270, 271, Nr. 11 – Link economy). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228 Rdnr. 33 – Audi AG/HABM – Vorsprung durch Technik; BGH GRUR 2015, 173, 174 Rdnr. 15 – for you). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH GRUR 2015, 173, 174 Rdnr. 15 – for you; GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12 – smartbook). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 – Henkel; BGH GRUR 2015, 173, 174 Rdnr. 16 – for you).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143, 1144, Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 – grill meister).
Ausgehend davon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. BGH GRUR 2006, 850 Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2014, 872, 874 Rdnr. 21 – Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchen Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2014, 1204 Rdnr. 12 – DüsseldorfCongress). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 – DOUBLEMINT); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer Sachangabe entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnlichen Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH MarkenR 2007, 204 Rdnr. 11 f. – CELLTECH; BGH a. a. O. Rdnr. 16 – DüsseldorfCongress).
Gemessen an diesen Grundsätzen fehlt dem Anmeldezeichen für die beanspruchten Waren der Klasse 25 das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft.
Im Hinblick auf die beanspruchten Waren ist bei den angesprochenen Verkehrskreisen auf die Sicht des Endverbrauchers, also des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. –abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412, Nr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944, Nr. 24 – SAT.2; BGH GRUR 2010, 935, Nr. 8 – Die Vision; GRUR 2010, 825, 826, Nr. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854, Nr. 18 – FUSSBALL WM 2006).
Die angemeldete Wortmarke besteht aus den ohne Leerzeichen aneinandergereihten, allgemein verständlichen, englischen Begriffen „FAIR“ (=gerecht, anständig) und „FASHION“ (=Mode, Brauch), die von den beteiligten Verkehrskreisen sofort als „anständige Mode“ verstanden werden. Der Begriff „FAIR“ ist in der Werbesprache geläufig und wird regelmäßig im Sinne von „ökologisch/biologisch und/oder unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt/gewonnen“ verstanden. Es handelt sich um eine sprachübliche Wortkombination, welche die beanspruchten Waren glatt beschreibt und entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin von den beteiligten Verkehrskreisen nicht als Herkunftshinweis erkannt wird. Die Wortkombination „FAIRFASHION“ weist werbetypisch darauf hin, dass die so gekennzeichneten Waren der Klasse 25 im Wesentlichen „faire Mode“ darstellen. Dabei wird „fair“ als fair produzierte (ökologisch/ aus biologischen Rohstoffen/zu fairen Arbeitsbedingungen) Ware verstanden. In Verbindung mit den angebotenen Waren suggeriert die Wortkombination „FAIRFASHION“ ein Angebot an fair produzierten modischen Artikeln.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin liegt auch keine schutzbegründende Mehrdeutigkeit des Wortes „FASHION“ (=Mode) vor. Diese Frage darf nicht abstrakt-lexikalisch beurteilt werden, sondern muss im Zusammenhang mit den jeweils beanspruchten Waren gesehen werden (Ströbele in Ströbele/Hacker a. a. O. § 8 Rn. 146). Eine schutzbegründete Mehrdeutigkeit ist nach der Rechtsprechung zu verneinen, wenn sich im Hinblick auf die beanspruchten Waren der Bedeutungsgehalt auf nur eine naheliegende (beschreibende) Variante verengt (BGH GRUR 2003, 882, 883 – Lichtenstein; Ingerl/Rohnke Markengesetz, 3. Auflage, § 8 Rn. 132). In der Kombination mit dem Wort „FAIR“ ist hinsichtlich der beanspruchten Waren der Klasse 25 die Bedeutung „Mode“ in Bezug auf Kleidung naheliegend. Die Beschwerdeführerin trägt zwar zutreffend vor, dass der Begriff „FAIR“ nicht „nach ökologischen Gesichtspunkten produziert“ heißt, sondern mehrere Bedeutungen wie beispielsweise „Ausstellung, Messe“ haben kann, jedoch gilt auch hier, dass keine schutzbegründende Mehrdeutigkeit vorliegt, wenn sich der Bedeutungsgehalt hinsichtlich der beanspruchten Waren auf nur eine naheliegende Variante verengt (BGH GRUR 2003, 882, 883 – Lichtenstein; Ingerl/Rohnke Markengesetz, 3. Auflage, § 8 Rn. 132).
In Kombination mit dem Wort „FASHION“ sowie in Zusammenhang mit werbeüblichen, geläufigen Ausdrücken wie „fair trade“, wird der angesprochene Verkehr das Wort „FAIR“ als „fair produziert“ im Sinne von ökologisch/aus biologischen Rohstoffen verstehen. Ein zwangloses Verständnis des Zeichens in dieser Bedeutung belegt auch der der Anmelderin übermittelte Artikel im Lokalteil der Süddeutschen Zeitung vom 14. November 2016 über‚ die erste Munich Fair Fashion Show‘, in der menschen-, tier- und umweltfreundliche Mode gezeigt wurde und Publikumsreaktionen von ‚faire Mode ist teuer‘ über ‚wo kann man faire Mode kaufen‘ bis ‚Müslimode ist nicht so meins‘ beschrieben sind.
Selbst wenn schließlich der Verkehr das Wort „FAIR“ als „Ausstellung“ verstünde, wie die Beschwerdeführerin eher fernliegend annimmt, bestünde ein enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren. So würde der Verkehr das Kennzeichen „FAIRFASHION“ als „Ausstellung von Mode“ oder ähnliches verstehen und dem angemeldeten Zeichen wäre das Erfordernis jeglicher Unterscheidungskraft abzusprechen.
Da der Marke bereits wegen fehlender Unterscheidungskraft der Schutz für die beanspruchten Waren zu versagen ist, kann die Frage, ob einer Schutzgewährung auch § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, dahingestellt bleiben.
Auch die Eintragung von nach der Ansicht der Beschwerdeführerin vergleichbaren – aber möglicherweise löschungsreifen – Marken begründet letztlich keinen Anspruch auf Eintragung. Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (EuGH, Beschluss v. 12.02.2009 – C – 39/08, 43/08; GRUR 209, 667 Tz. 18 – Volks.Handy u. a.: BGH GRUR 2011, 230 – SUPER girl). Eine pauschale Betrachtungsweise ist nicht angezeigt, da jeder Fall unter Einbeziehung seiner Besonderheiten, insbesondere des beteiligten Publikums, zu beurteilen ist. Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage. Nach ständiger Rechtsprechung führen selbst Voreintragungen identischer oder vergleichbarer Marken nicht zu einem Anspruch auf Eintragung (vgl. EuGH, Beschluss v. 15.02.2008 – C – 243/07 P, MarkenR 2008, 163 Rn. 39 – Terranus; BGH, Beschluss v. 17.08.2011 – I ZB 70/10, GRUR 2012, 276 Rn. 18 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V. m. w. N.).
Die zulässige Beschwerde ist demnach unbegründet und zurückzuweisen.