Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 17.03.2015


BPatG 17.03.2015 - 27 W (pat) 544/14

Markenbeschwerdeverfahren – "CAS easy" – Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
17.03.2015
Aktenzeichen:
27 W (pat) 544/14
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2014 051 907.0

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Albrecht, des Richters Hermann und der Richterin Werner

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der Wortmarke 30 2014 051 907

2

CAS easy

3

mit Antrag vom 7. Juli 2014 nach Beanstandungsbescheid vom 8. August 2014 mit Beschluss vom 30. September 2014 nach § 37 Abs. 5 i. V. m. Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nur teilweise

4

als Kennzeichnung für die Waren und Dienstleistungen der

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Klasse 16: Schreibwaren und -geräte, insbesondere Füllfederhalter, Kugelschreiber, Bunt- und Bleistifte; Büroartikel, insbesondere Stempel, Stempelkissen, Stempelfarbe, Brieföffner, Papiermesser, Briekörbe, Aktenordner, Schreibunterlagen, Locher, Hefter, Büro- und Heftklammern, vorstehende Waren mit Ausnahme solcher in Bezug auf periodisch erscheinende Magazine und Zeitschriften im Bereich Lebensart, Mode und Design

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eingetragen und die Anmeldung im Übrigen für die weiter beanspruchten Waren und Dienstleistungen der

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Klasse 9: Bild-, Ton-, Bildton- und Datenträger aller Art [soweit in Klasse 9 enthalten], insbesondere Videokassetten, Schallplatten, Musikkassetten, CDs, Bildplatten, DVDs, CD-ROMs, CDIs, Disketten, nämlich als elektronische Publikationen zu Lehr-, Unterrichts- und Unterhaltungszwecken; elektronische Publikationen (herunterladbar) zu Lehr-, Unterrichts- und Unterhaltungszwecken; Software zu Lehr-, Unterrichts- und Unterhaltungszwecken; Video- und Computerspiele als Zusatzgeräte für Fernsehapparate, insbesondere zu Lehr-, Unterrichts- und Unterhaltungszwecken; Datenverarbeitungsgeräte [ausschließlich für Lehr- und Unterrichtszwecke]; Computer und sonstige Computerhardware sowie deren Teile und Zubehör hierfür, ausschließlich für Lehr- und Unterrichtszwecke [soweit in Klasse 9 enthalten]; vorstehende Waren mit Ausnahme solcher in Bezug auf periodisch erscheinende Magazine und Zeitschriften im Bereich Lebensart. Mode und Design,

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Klasse 16: Druckerei- und Verlagsdruckerzeugnisse aller Art [soweit in Klasse 16 enthalten], insbesondere Bücher, Hefte, Ordner, Zeitschriften, Zeitungen, Kalender, Plakate, Bögen, Transparente, Folien, Bild-, Kartei-, Land- und Wandkarten, insbesondere für Lehr- und Unterrichtszwecke; Lehr- und Unterrichtsmaterial [ausgenommen Apparate], insbesondere in Form von Druckereierzeugnissen, Spielen, Globen, Wandtafeln und Wandtafelzeichengeräten; Photographien [Abzügen und Originale]; Poster; Abziehbilder, Rubbelbilder, Papier- und Kunststoffaufkleber; vorstehende Waren mit Ausnahme solcher in Bezug auf periodisch erscheinende Magazine und Zeitschriften im Bereich Lebensart, Mode und Design,

9

Klasse 40: Reproduktion [Vervielfältigung] von Filmen, von Ton- und Bildaufnahmen, von Multimediawerken, von Rundfunk- und Fernsehsendungen sowie von elektronische wiedergebbaren Text-, Graphik -, Bild- und / oder Tonaufnahmen und -informationen zu Bildungs- und Unterrichtszwecken; Reproduktion von Filmen, Ton- und Bildaufnahmen, Multimediawerken, Rundfunk- und Fernsehsendungen sowie von elektronisch wiedergebbaren Text-, Graphik-, Bild- und / oder Tonaufnahmen und -informationen zu Bildungs- und Unterrichtzwecken [mit Ausnahme solcher Dienstleistungen, die in einer Veranstaltungsstätte erbracht werden], vorstehende Dienstleistung mit Ausnahme solcher in Bezug auf periodisch erscheinende Magazine und Zeitschriften im Bereich Lebensart, Mode und Design,

10

Klasse 41: Dienstleistungen eines Verlages [ausgenommen Druckarbeiten], insbesondere Veröffentlichungen und Herausgabe von Büchern, Heften, Ordnern, Zeitschriften, Zeitungen, Kalendern, Plakaten, Bögen, Transparenten, Folien, Bild-, Kartei-, Land-, Spiel- und Wandkarten sowie von sonstigen Druckerzeugnissen für Lehr- und Unterrichtszwecke, auch elektronisch über Datenträger und über das Internet; Bereitstellen von Spielen im Internet (nicht herunterladbar); Desktop-Publishing [Erstellen von Publikationen mit dem Computer]; Zusammenstellung von Fernseh- und Rundfunkprogrammen zu Bildungs- und Unterrichtszwecken [ausgenommen solche, die in einer Veranstaltungsstätte erbracht werden]; Produktion, Vorführung und Vermietung von Filmen, Ton- und Bildaufnahmen, Multimediawerken, Rundfunk- und Fernsehsendungen sowie von elektronisch wiedergebbaren Text-, Graphik-, Bild- und/oder Tonaufnahmen und -informationen zu Bildungs- und Unterrichtzwecken [mit Ausnahme solcher Dienstleistungen, die in einer Veranstaltungsstätte erbracht werden]; Organisation, Durchführung und Veranstaltung von Konferenzen, Tagungen, Seminaren, Lehrgängen, Symposien und Ausstellungen für Bildungs- und Unterrichtszwecke; Ausbildungs-, Fortbildungs- und Erziehungsberatung; Verleih von Büchern [Leihbücherei]; Dienstleistungen eines Redakteure oder eines Lektors; vorstehende Dienstleistungen mit Ausnahme solcher in Bezug auf periodisch erscheinende Magazine und Zeitschriften im Bereich Lebensart, Mode und Design,

11

zurückgewiesen.

12

„CAS easy“ gebe Auskunft über die Beschaffenheit bzw. Bestimmung der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen und sei damit eine freihaltebedürftige Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

13

Die Wortfolge sei aus der Abkürzung „CAS“ und dem ohne weiteres verständlichen englischen Wort „easy“, das mit der Bedeutung „leicht, einfach, nicht schwierig“ Eingang in die deutsche Sprache gefunden habe, gebildet.

14

Die Buchstabenfolge „CAS“ sei unter anderem die Abkürzung für „Computer-aided Styling“ und bezeichne damit den virtuellen Entwicklungsprozess im Design. Sie stehe außerdem für „Computerassistierte Chirurgie“, ein chirurgisches Konzept und eine Reihe von Methoden, bei denen Computertechnologie zur Operationsplanung und zum Leiten oder für die Ausführung chirurgischer Eingriffe genutzt würde. Überdies sei sie die Abkürzung für „computer-aided selling" und bezeichne damit den computerunterstützten Verkauf, der alle Aktivitäten in Vertrieb und Verkauf einschließe.

15

Die Buchstabenkombination „CAS“ werde auch bereits vielfach als Abkürzung für die genannten Begriffe verwendet. Die maßgeblichen Verkehrskreisen, insbesondere die Anwender der CAS-Systeme, die Ausbildern und Lehrkräften in diesen Bereichen sowie die am Handel mit hierfür benötigten Produkten beteiligten Personen würden die Abkürzung erkennen.

16

Infolgedessen bestünden konkrete Anhaltspunkte für ein Freihaltungsbedürfnis an der Bezeichnung „CAS easy“, die ausschließlich darauf hinweise, dass sich die so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen inhaltlich oder bestimmungsgemäß auf das „Computer-aided Styling“ bzw. die „Computerassistierte Chirurgie“ bzw. das „computer-aided selling“ bezögen und einfach zu handhaben seien bzw. das entsprechende Wissen in leicht verständlicher Form wiedergäben. Sowohl die beanspruchten Waren wie bspw. Datenträger, Software und Publikationen als auch die Dienstleistungen wie bspw. Verlags-, Veröffentlichungs-, Produktions-, Vorführungs-, Bildungsdienstleistungen könnten sich thematisch hiermit beschäftigen und Wissen auf dem jeweiligen Gebiet leicht verständlich vermitteln. Entsprechende Aufnahmen und leicht verständliche Informationen zu den vorgenannten Themengebieten könnten außerdem Gegenstand der Reproduktionsdienstleistungen sein. Die Hardware könne sich zudem bestimmungsgemäß hierauf beziehen, so etwa leicht zu bedienende, für „Computer-aided Styling“ bzw. „Computerassistierte Chirurgie" bzw. „computer-aided selling“ bestimmte Computer.

17

Zwar sei der Antragstellerin darin zuzustimmen, dass die Buchstabenkombination „CAS“ zahlreiche Bedeutungen haben könne, doch führe dies nicht zur Schutzfähigkeit. Das Freihaltebedürfnis sei auch dann zu bejahen, wenn dieselbe Buchstabenfolge als Abkürzung für unterschiedliche Wortfolgen verstanden werden könne und insofern mehrdeutig sei. Abkürzungen seien dann als beschreibend einzuordnen, wenn sie üblich seien und vom angesprochenen Publikum verstanden würden. Hiervon könne angesichts der dem Beanstandungsbescheid vom 8. August 2014 beigefügten Internet-Auszüge sowie den Anlagen zum Beschluss ohne weiteres ausgegangen werden.

18

Da das angemeldete Zeichen aus den vorgenannten Gründen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG für die im Tenor aufgeführten Waren und Dienstleistungen von der Eintragung ausgeschlossen sei, erfolge insoweit die teilweise Zurückweisung der Anmeldung gemäß § 37 Abs. 5 i. V. m. Abs. 1 MarkenG.

19

Der Beschluss ist der Anmelderin am 7. Oktober 2014 zugestellt worden.

20

Mit ihrer Beschwerde, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 17. Oktober 2014, wendet sie sich gegen die Wertung in der angegriffenen Entscheidung soweit sie zur Zurückweisung der Anmeldung geführt habe.

21

Die Anmelderin ist der Ansicht, der Wortbestandteil „CAS“ des angemeldeten Begriffs „CAS“ könne neben den im angegriffenen Beschluss genannten Bedeutungen die Abkürzung einer Vielzahl weiterer Wortkombinationen sein, so bspw. für Chemical Abstracts Service, Court of Arbitration for Sport, Computer Algebra System, Computer Assisted Surgery, Continental Automotive Systems, Channel Associated Signalling, Conditional Access System, Castrop-Rauxel (als KFZ Kennzeichen), Calciumsulfid, Kassiopeia als Sternzeichen.

22

Für die zurückgewiesenen und weiter beanspruchten Waren und Dienstleistungen habe „CAS easy“ keine beschreibende Bedeutung. Der Begriff sei nicht geeignet, aus Sicht des Publikums einen unmittelbaren und direkten Bezug zu den vorgenannten Waren sowie insbesondere zu den übrigen beanspruchten Waren der Klasse 16, insbesondere zu den Druckerei- und Verlagserzeugnissen herzustellen. Es sei für den Betrachter der Bezeichnung gänzlich unklar, ob und wenn ja, welchen Aussagegehalt „CAS easy“ in Bezug auf die vorgenannten Waren der Klasse 16 verkörpern sollte.

23

Gleiches gelte für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 40 und 41. Auch hier verfange das Argument der Markenstelle nicht, dass bspw. Datenträger, Software und Publikationen und auch Dienstleistungen wie Verlags-, Veröffentlichungs-, Produktions- Vorführungs-, Bildungs- und Reproduktionsdienstleistungen sich thematisch mit „Computer-aided Styling“ bzw. „Computerassisitierte Chirurgie" bzw. „computer-aided selling" beschäftigen könnten und Wissen auf dem jeweiligen Gebiet leicht verständlich vermitteln würden.

24

Die Bezeichnung „CAS easy" werde i.d.R. von den beteiligten Kreisen zunächst als [: kas isi] gelesen und gegebenenfalls erst in einem zweiten Schritt als „C - A - S easy" wahrgenommen. Erst wenn der aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher diesen gedanklichen Schritt gegangen sei, könne er sich fragen, ob ihm die Abkürzung „CAS“ bekannt vorkomme. Aber selbst dann liege darin noch nicht die Verknüpfung mit einem beschreibenden Aussagegehalt für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 40. Dies gelte auch für die Dienstleistungen der Klasse 41, nämlich vor allem jene eines Verlages, sowie die Zusammenstellung von Fernseh- und Rundfunkprogrammen zu Bildungs- und Unterrichtszwecken sowie die Produktion, Vorführung und Vermietung von Filmen, Ton- und Bildaufnahmen etc. und die Organisation, Durchführung und Veranstaltung von Konferenzen etc.

25

Entsprechend der Entscheidung des Europäischen Gerichts (erster Instanz) zu „EASYBANK“ (GRUR Int 2001, 756 Nr. 31) sei die Verbindung - sofern eine solche überhaupt gesehen werden könne - zwischen dem Zeichen „CAS easy" und den beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 40 und 41 derart unbestimmt, so dass sie nicht als beschreibende Angabe aufgefasst werden könne.

26

Die Anmelderin beantragt,

27

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. September 2014 aufzuheben, soweit die Eintragung zurückgewiesen wurde, und die angemeldete Marke wie beantragt insgesamt einzutragen.

28

In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin ihren Standpunkte aufrechterhalten und vertieft.

II.

29

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg (§§ 66, 64 Abs. 6 MarkenG).

1.

30

Einer Registrierung des angemeldeten Zeichens steht § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

a)

31

Diese Vorschrift verbietet es, Zeichen als Marken einzutragen, die ausschließlich aus Teilen bestehen, welche zur Bezeichnung der Art, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können, unabhängig davon, ob und inwieweit sie bereits bekannt sind oder verwendet werden (vgl. Ströbele, FS für Ullmann, S. 425, 428). Die aus Art. 3 Abs. 1 lit. c MarkenRL übernommene Regelung gebietet die Versagung der Eintragung auch dann, wenn die fragliche Benutzung als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, eine solche Verwendung aber jederzeit in Zukunft erfolgen kann (EuGH, Urteil v. 04.05.1999 - C-108 u. 109/97, GRUR 1999, 723 Tz. 37 - Chiemsee; BGH, Beschluss v. 17.07.2003 - I ZB 10/01, GRUR 2003, 882, 883 - Lichtenstein).

32

Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist dabei im Lichte des ihm zugrunde liegenden Allgemeininteresses an der Gewährleistung eines freien, nicht durch ungerechtfertigte markenrechtliche Monopole beeinträchtigten Warenverkehrs auszulegen (EuGH, Urteil v. 16.09.2004 – C-329/02 P, GRUR 2004, 943 Rn. 26 - SAT.2) und trägt dem im Allgemeininteresse liegenden Ziel Rechnung, dass beschreibende Zeichen oder Angaben von jedermann, insbesondere von Mitbewerbern des Anmelders, frei verwendet werden können. Es ist daher nicht erlaubt, solche Zeichen oder Angaben durch ihre Eintragung als Marke einem einzigen Unternehmen vorzubehalten (vgl. EuGH, Urteil v. 08.04.2003 – C-53/01; GRUR Int. 2003, 632 Rn. 73 - Linde).

33

§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG errichtet eine hohe Hürde für die Erlangung des Markenschutzes; die darin enthaltenen Formulierungen „dienen können“ und „Bezeichnung sonstiger Merkmale“ bilden einen sehr weit gefassten Versagungsgrund. Deshalb muss jegliche Möglichkeit einer unmittelbar merkmalsbeschreibenden Funktion eines Zeichens zur Subsumtion unter die zweite Alternative des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG führen (BPatG, Beschluss v. 18.02.2014 – 27 W (pat) 58/13 Rn. 19 f., BeckRS 2014, 06594 - Lupanar).

34

Dass ein beschreibender Ausdruck einen Wiedererkennungswert hat, berührt seine beschreibende Aussage nicht. Zur Beschreibung geeignet sind auch nicht im Duden verzeichnete Wörter. Ebenso spielt es keine Rolle, ob es Synonyme gibt. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG muss das angemeldete Zeichen zwar, um unter das dort genannte Eintragungshindernis zu fallen, „ausschließlich“ aus Zeichen oder Angaben bestehen, die zur Bezeichnung von Merkmalen der betreffenden Waren oder Dienstleistungen dienen können, doch verlangt dies nicht, dass diese die ausschließliche Bezeichnungsweise der fraglichen Merkmale sind (vgl. EuGH, Urteil v. 12.02.2004 – C-363/99, GRUR 2004, 674 LS 5, Tz. 57, 102 – Postkantoor). Beschreibend kann gleichwohl auch ein Begriff sein, der (noch) keine festen begrifflichen Konturen im Sinne einer einhelligen Auffassung zum Sinngehalt hat, sondern nur einen vagen Inhalt aufweist (BGH, Beschluss v. 19.02.2014 – I ZB 3/13, GRUR 2014, 569 Rn. 18 – HOT; Beschluss vom 13.08.2008 – I ZB 53/05, GRUR 2008, 900 Rn. 15 – SPA II; Beschluss v. 17.02.2000 - I ZB 33/97, GRUR 2000, 882, 883 – Bücher für eine bessere Welt) oder mehrdeutig ist (EuGH, Urteil v. 23.10.2003 - C-191/01, GRUR 2004, 146 Tz. 33 f. – DOUBLEMINT). Es genügt, dass das Zeichen in einer seiner möglichen Bedeutungen beschreibend ist (EuGH, Beschluss v. 05.02.2010 – C-80/09, GRUR Int. 2010, 503 Rn. 37 – Patentconsult; GRUR 2004, 680 Rn. 38 – BIOMILD; BGH GRUR 2009, 669 Rn. 11 – POST). Das „ausschließlich“ im Gesetzestext bezieht sich auf das Zeichen, nicht auf dessen mögliche Bedeutungen (vgl. EuGH a. a. O. Tz. 32 – DOUBLEMINT).

b)

35

Als eine in diesem Sinn beschreibende Angabe hat die Markenabteilung die hier in Rede stehende Wortfolge „CAS easy" zutreffend beurteilt.

36

Der angemeldete Begriff ist aus der Abkürzung „CAS“ und dem ohne weiteres verständlichen englischen Wort „easy“, das mit der Bedeutung „entspannt, leicht, locker, mühelos, simpel, spielend, unbefangen, ungehemmt, unkompliziert, unproblematisch“ Eingang in die deutsche Sprache gefunden hat (Duden, Die deutsche Sprache, Wörterbuch in drei Bänden, Bd. 1, 2014), gebildet.

37

Die Markenstelle hat einige häufig verwendete Bedeutungen der Abkürzung „CAS“ für „Computer-aided Styling“, „Computerassistierte Chirurgie“ und „computer-aided selling" belegt.

38

Nach den Recherchen des Senats, die er der Beschwerdeführerin vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung übersendet hat, hat sich für den hier beanspruchten Bereich der Lehr-, Bildungs- und Unterrichtszwecke inzwischen die weitere – auch von der Beschwerdeführerin bereits genannte - Bedeutung der Abkürzung „CAS“ für „Computer Algebra System“ in den Vordergrund geschoben. Die Belege weisen Berichte von Pilotprojekten zum Einsatz von Computer-Algebra-Systemen im Mathematikunterricht und Veröffentlichungen von Fachdidaktikern dazu aus. Danach erlaubt es die technische Entwicklung der informationsverarbeitenden Systeme, komplexe Computer-Algebra-Systeme im Unterricht einzusetzen. Sie ergänzen die Möglichkeiten des Mathematikunterrichts und eröffnen neue didaktisch-methodische Dimensionen (so u. a. Bericht des Staatsinstituts für Schulqualität und Bildungsforschung München von Juli 2011 zu Computeralgebrasystemen (CAS) im Mathematikunterricht des Gymnasiums Jahrgangsstufe 10, Landesbildungsserver Baden-Württemberg Mathematik Gymnasium Klassenstufe 7 und Sekundarstufe 2 Unterrichtsmaterialien zu Grundlagen CAS - Computer Algebra System, Pilotprojekt am Keppler-Gymnasium in der Sekundarstufe I mit TI-nspire CAS [Rechner mit Computeralgebra-System]).

39

Damit hat „CAS easy“ einen weiteren beschreibenden Sinngehalt.

40

Anders als die Beschwerdeführerin annimmt, wird das angesprochene Publikum die Abkürzung „CAS“ auch unmittelbar als solche erkennen und nicht zunächst als ein Wort [: kas] lesen. Aufgrund der alltäglichen Verwendung von zahlreichen Abkürzungen (z. B. ABS, BRD, CD, CEO, DFB, EDV, FC, IWF, JVA, PDF, RWE, SMS, VW u.v.m.), neigt der Leser dazu, kurze Begriff von jedenfalls bis zu drei gleich großen Buchstaben, dessen Wortsinngehalt er nicht unmittelbar aus dem Wort erkennt, in seinen einzelnen Buchstaben zu lesen.

41

In Kombination mit dem weiteren leicht erkennbaren Wort „easy“ wird die Aufmerksamkeit des Leser hier umso mehr auf die vorangestellten Buchstaben gelenkt, die für ihn kein lesbares Wort aufweisen.

42

Schließlich ist das angesprochene Publikum im Lehr- und Unterrichtsbereich unmittelbar in der Lage, das mit der hier beanspruchten Abkürzung bezeichnete Computer-Algebra-System zu erkennen und damit „CAS“ als dessen Abkürzung zu lesen.

43

Die Anmelderin weist zutreffend darauf hin, dass der Schutz einer fremdsprachigen Wortmarke nur dann versagt werden darf, wenn das angesprochene inländische Publikum bzw. die beteiligte inländische Fachleute die Bedeutung dieses Wortes erkennen. Dabei ist es jedoch ausreichend, wenn diese in der Lage sind, die Bedeutung des Wortes zu verstehen (Eichelberger in: Kur / v. Bomhard / Albrecht, BeckOK MarkenR, MarkenG § 8 Rn. 248).

44

Dies ist vorliegend der Fall. Die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen richten sich auch und gerade an Schüler und Lehrer, die komplexe Computer-Algebra-Systeme im Unterricht nutzen, einsetzen oder dafür entwickeln, pflegen und bereitstellen. Jedenfalls diese insoweit Angesprochenen weisen in der Regel sehr gute bis ausreichende Englischkenntnisse auf, da Englisch - wie allgemein bekannt - zu den Grundlagenfächern im Schulunterricht gehört. Sie verstehen „easy“ im Sinn von „leicht gemacht“ als die Möglichkeit, etwas leicht verständlich zu vermitteln oder auf einfache Art und Weise zu lernen, und kennen den Begriff „CAS“ als Abkürzung für Computer-Algebra-Systeme aus dem Schulunterricht.

45

Für die hier beanspruchten Waren und Dienstleitungen für Lehr-, Bildungs- und Unterrichtszwecke weist „CAS easy“ ausschließlich darauf hin, dass sich die so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen inhaltlich oder bestimmungsgemäß auf das „Computer Algebra System“ beziehen und einfach zu handhaben sind bzw. das entsprechende Wissen in leicht verständlicher Form wiedergeben.

46

Sowohl die beanspruchten Waren wie bspw. Datenträger, Software und Publikationen als auch die Dienstleistungen wie bspw. Verlags-, Veröffentlichungs-, Produktions-, Vorführungs-, Bildungsdienstleistungen können sich thematisch hiermit beschäftigen und Wissen über „Computer Algebra System“ leicht verständlich vermitteln. Druckerei- und Verlagsdruckerzeugnisse aller Art, so auch Hefte, Ordner, Kalender, Plakate, Bögen, Folien, Bild- und Karteikarten können Informationen zu „Computer Algebra System“ für Lehr- und Unterrichtszwecke enthalten, dieser Wissensvermittlung oder ihrem Einsatz dienen. Gleiches gilt für Lehr- und Unterrichtsmaterialien in Form von Druckereierzeugnissen und darunter auch für Poster; Abziehbilder, Rubbelbilder, Papier- und Kunststoffaufkleber. Hardware kann sich zudem bestimmungsgemäß auf „Computer Algebra System“ beziehen, so etwa leicht zu bedienende CAS-Computer (CAS-Rechner). Entsprechende Aufnahmen und leicht verständliche Informationen zu den vorgenannten Themengebieten können außerdem Gegenstand von Reproduktions-, Veröffentlichungs- und Veranstaltungsdienstleistungen zu Bildungs-, Lehr- und Unterrichtszwecken sein.

47

Entgegen der Annahme der Beschwerdeführerin gilt dies auch, soweit der Abkürzung „CAS“ mehrere Bedeutungen zugeordnet werden können.

48

Zunächst belegen bereits die o. g. Beispiele die allgemein beschreibende Verwendung des Begriffs „CAS" im dargestellten Sinn. Entgegen der Ansicht der Anmelderin kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob für sämtliche mit dem Begriff bezeichneten Waren und Dienstleistungen die Verwendung von „CAS“ zwingend erforderlich ist und ob „CAS“ nicht teilweise unklar ist bzw. ein beschreibender Bezug ggf. nicht unmittelbar zu erkennen ist.

49

Von einem die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Begriff kann nämlich auch auszugehen sein, wenn das Markenwort verschiedene Bedeutungen hat (vgl. BGH, Beschluss v. 19.01.2006 - I ZB 11/04, GRUR 2006, 760 Tz. 14 - LOTTO) oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt (BGH, Beschluss vom 13.08.2008 – I ZB 53/05, GRUR 2008, 900 Rn. 15 – SPA II; EuGH, Urteil v. 23.10.2003 - C-191/01, GRUR 2004, 146 Tz. 33 - DOUBLEMINT).

50

„CAS“ wird - wie die Markenstelle eingehend und zutreffend ausgeführt hat - vielfach als Abkürzung verwendet. Die Abkürzung „CAS“ ist weder phantasievoll noch mehrdeutig, sondern in jeder ihrer Bedeutungen beschreibend und freihaltebedürftig.

51

Etwas anderes ist auch der von der Anmelderin in Bezug genommenen Entscheidung des Europäischen Gerichts zu dem Begriff „EASYBANK“ (Urteil v. 05.04.2011 – Z-87/00, GRUR-RR 2001, 156) nicht zu entnehmen.

52

Das Gericht hat dort festgestellt (Tz. 31), dass der Zusammenhang zwischen der Bedeutung des Wortes „EASYBANK“ und den Dienstleistungen, die von einer Direktbank erbracht werden können, zu vage und zu unbestimmt sei, als dass dieser Ausdruck als Beschreibung der betreffenden Dienstleistungen verstanden werden könnte, und das fragliche Wort als solches den potenziellen Kunden nicht in die Lage versetze, die ihm eventuell zugänglichen konkreten Bankleistungen oder gar eines oder mehrere ihrer Merkmale sofort und genau zu identifizieren. Dem mag man folgen oder nicht, hier ist das angesprochene Publikum im Lehr- und Unterrichtsbereich jedenfalls unmittelbar in der Lage, das mit der hier beanspruchten Abkürzung bezeichnete Computer-Algebra-System zu identifizieren. Insoweit handelt es sich nicht wie bei „Bank“ in „EASYBANK“ um einen Oberbegriff für zahlreiche Bankdienstleitungen oder wie etwa bei Schule für sämtliche Unterrichtsfächer oder ggf. auch bei „Mathe“ um den gesamten Unterrichtsstoff auf dem Gebiet der Mathematik. Vielmehr beschreibt „CAS“ ein konkretes im Schulunterricht eingesetztes und genutztes computergestütztes System für Algebra.

53

Die beschreibende Verwendung von „CAS" bestand nach den von der Markenstelle wie auch vom Senat ermittelten Fundstellen bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung der Marke im Jahre 2014.

54

Damit ist das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben und es kann dahinstehen, ob „CAS easy“ darüber hinaus Unterscheidungskraft im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG aufweist, was allerdings aufgrund des dargelegten beschreibenden Sinngehalts ebenfalls nicht anzunehmen ist.