Entscheidungsdatum: 17.06.2013
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2010 068 505.0
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. März 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Albrecht sowie des Richters Kruppa und der Richterin Hartlieb
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die Bezeichnung
Naturbursche
ist u.a. für:
„Waren aus Leder- und Lederimitationen, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Reise- und Handkoffer; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts – Erstprüferin - hat die Anmeldung wegen eines bestehenden Freihaltebedürfnisses mit Beschluss vom 8. Dezember 2011 teilweise, nämlich im Umfang der oben genannten Waren, zurückgewiesen.
Die angemeldete Marke bestehe für diese Waren ausschließlich aus einer freihaltungsbedürftigen Angabe, die zur Bezeichnung der Bestimmung bzw. des Abnehmerkreises der Waren dienen könne.
Der allgemein verständliche Begriff „NATURBURSCHE“ bezeichne üblicherweise eine urwüchsige, natürliche, meist robuste und die Natur liebende, unbekümmerte (junge) männliche Person. Im Hinblick auf die zurückzuweisenden Waren eigne sich dieser Begriff insbesondere zur Beschreibung von deren Bestimmung, nämlich als Hinweis auf deren Abnehmerkreis. Es sei nicht unüblich, die in Frage stehenden Waren, welche oftmals im rustikalen, maskulinen Stil gehalten seien, für Naturburschen, in Abgrenzung zum eleganten oder auch sportlichen Männertyp, anzubieten und entsprechend darauf hinzuweisen. Das Publikum werde aufgrund der Bezeichnung „NATURBURSCHE“ eine entsprechende Zuordnung erkennen, da entsprechende Beschreibungen und Bezeichnungen im vorliegenden Warenbereich – wie eine Internetrecherche belege - durchaus üblich seien. Verkehrsdurchsetzung sei nicht geltend gemacht; soweit sich die Anmelderin auf Voreintragungen berufe, handle es sich um anders gelagerte Fälle.
Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Die Bezeichnung „NATURBURSCHE“ komme als unmittelbar beschreibende Bestimmungsangabe über den Abnehmerkreis für die von der Zurückweisung betroffenen Waren nicht in Betracht. Das Markenwort „NATURBURSCHE“ sei völlig unscharf; einem Naturburschen würden viele verschiedenartige Eigenschaften zugeordnet. Darüber hinaus gebe es keine bestimmbare Gruppe, die sich selbst als „Naturbursche“ bezeichne oder von Dritten so bezeichnet werde. „NATURBURSCHE“ sei daher für die zurückgewiesenen Waren der Klassen 18 und 25 nicht als branchentypische Verwendung zur Angabe eines konkreten Abnehmerkreises dieser Waren geeignet. Es handle sich allenfalls um eine sprechende Marke. Zu den von der Markenstelle beigefügten Internetausdrucken führt die Anmelderin aus, diese seien für die Prüfung, ob absolute Eintragungshindernisse entgegenstünden, unerheblich.
Die Anmelderin beantragt,
den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 aufzuheben.
Im Übrigen regt sie hilfsweise die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg, da die angemeldete Marke eine für den Wettbewerb freizuhaltende beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist.
Nach dieser Vorschrift sind unter anderem Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geographischen Herkunft oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Die aus Art. 3 Abs. 1 Buchst. c MarkenRL übernommene Regelung gebietet die Versagung der Eintragung auch dann, wenn die fragliche Benutzung als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, eine solche Verwendung aber jederzeit in Zukunft erfolgen kann (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 95 bis 97 - Postkantoor; BGH GRUR 2008, 900 Rn. 12 - SPA II; GRUR 2009, 994 Rn. 14 – Vierlinden).
Der Begriff „Naturbursche“ bedeutet „im Hinblick auf sein Äußeres, seine Lebensform unbekümmerter, unkomplizierter (junger) Mann“ (vgl. www. duden.de).
In Bezug auf die von der Zurückweisung betroffenen Waren ergibt die angemeldete Bezeichnung „NATURBURSCHE“ die zur Beschreibung geeignete, naheliegende Sachaussage, dass es sich nach Beschaffenheit, Verwendung und Bestimmung um Waren handelt, die für im Hinblick auf ihr Äußeres und ihre Lebensform unkomplizierte (junge) Männer bestimmt sind und deren Anforderungen genügen. Derart gekennzeichnete Waren aus Leder- und Lederimitationen, Reise- und Handkoffer, Bekleidungsstücke, Schuhe oder Kopfbedeckungen können – z.B. aufgrund ihrer Materialbeschaffenheit, ihres Stoffmusters, ihrer Farbe und ihres Schnitts - besonders geeignet und bestimmt sein, von Männern getragen oder benutzt zu werden, die Wert darauf legen, Unkompliziertes, Bequemes und Pflegeleichtes zu tragen.
Entgegen der Ansicht der Anmelderin bedarf es - soweit die Eignung zur Beschreibung festgestellt worden ist - für die Begründung des Eintragungshindernisses wegen eines bestehenden Freihaltebedürfnisses keines weiteren lexikalischen oder sonstigen Nachweises, dass und in welchem Umfang die angemeldete Marke als beschreibende Angabe bereits bekannt ist oder verwendet wird. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergibt, dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck „dienen können“. Belege einer bereits erfolgten beschreibenden Benutzung der fraglichen Marke aus einer Internetrecherche stellen allerdings starke Indizien für deren tatsächliche Eignung zur Beschreibung dar (vgl. BGH GRUR 2008, 900 - SPA II; Ströbele/Hacker MarkenG, 10.Aufl., § 8 Rn. 287 m.w.N.).
Wie von der Markenstelle bereits festgestellt und in der mündlichen Verhandlung anhand der überreichten Verwendungsbelege ausführlich erörtert, wird der Begriff Naturbursche im Bereich Mode im Zusammenhang mit einer rustikalen Stilrichtung und einem entsprechenden Modetrend verwendet. Demnach zeichnet sich die aktuelle Mode für Naturburschen z.B. durch feste Stoffe, schmale Arbeiterhosen, schwere Stiefel, Jeans- und Karohemden, Daunenjacken oder Parkas aus.
Der Annahme einer beschreibenden Angabe steht auch nicht eine gewisse inhaltliche Unbestimmtheit der Bezeichnung entgegen.
Entgegen der Auffassung der Anmelderin weist die Bezeichnung „NATURBURSCHE“ im Zusammenhang mit den fraglichen Waren keinen mehrdeutigen Begriffsinhalt auf. Vielmehr verfügt die angemeldete Bezeichnung über den obengenannten, die beanspruchten Waren beschreibenden Inhalt, der ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Den beschreibenden Sinngehalt erkennt der Verbraucher unmittelbar und eindeutig, ohne dass es darauf ankommt, ob der Gegenstand der beanspruchten Waren inhaltlich exakt bezeichnet ist.
Die Annahme einer beschreibenden Sachangabe für die Waren setzt nicht voraus, dass die Bezeichnung über feste begriffliche Konturen verfügt (vgl. BGH, GRUR 2008, 900 Rn. 15 - SPA II). Die Beschaffenheit und Verwendung der beanspruchten Waren brauchen daher durch die Bezeichnung inhaltlich nicht genau konkretisiert zu sein. Von einer beschreibenden Angabe ist auch bei einer sehr allgemein gehaltenen Aussage auszugehen (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 – Bücher für eine bessere Welt; GRUR 2012, 276 – 277 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.).
Es handelt sich damit bei der angemeldeten Bezeichnung „NATURBURSCHE“ um eine im Allgemeininteresse freizuhaltende Angabe.
Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.
Für die hilfsweise angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es an den gesetzlichen Voraussetzungen des § 83 Abs. 2 MarkenG. Angesichts der vorliegenden konkreten, auf tatsächlichen Grundlagen beruhenden Einzelfallentscheidung sieht der Senat weder den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Rechtsfrage noch den der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung als gegeben.