Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 13.11.2015


BPatG 13.11.2015 - 27 W (pat) 515/15

Markenbeschwerdeverfahren – "Lieblingspaar" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
13.11.2015
Aktenzeichen:
27 W (pat) 515/15
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2014 007 182.7

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 13. November 2015 durch die Vorsitzende Richterin Kortge und die Richter Hermann und Reker

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

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Lieblingspaar

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ist am 15. Oktober 2014 unter der Nummer 30 2014 007 182.7 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

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Klasse 18: Taschen sowie Kleinlederwaren, soweit in Klasse 18 enthalten, insbesondere Handtaschen, Geldbörsen, Brieftaschen; Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Reisekoffer und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke;

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Klasse 25: Bekleidungsstücke; Strümpfe (Bekleidungsstücke); Schuhwaren; Einlegesohlen für Schuhe (soweit in Klasse 25 vorhanden); Kopfbedeckungen;

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Klasse 35: Einzelhandelsdienstleistungen mit Schuhwaren, Modeaccessoires und Bekleidungsstücken; Organisation von Modenschauen und Produktvorführungen mit Models zu Werbezwecken.

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Mit Beschluss vom 10. Februar 2015 hat die Markenstelle für Klasse 25 des DPMA die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete Bezeichnung bestehe aus allgemein verständlichen deutschen Wörtern, die je für sich gesehen und auch als Gesamtmarke schutzunfähig seien. Das Substantiv „Lieblings“ drücke aus, dass jemand oder etwas in höchster Gunst stehe, und „paar“ bedeute zwei zusammengehörende Dinge. In Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen sei die angemeldete Wortkombination lediglich ein beschreibender Hinweis darauf, dass diese in unmittelbarem Zusammenhang mit Lieblingspaaren von Waren stünden. Mit dieser positiv besetzten Aussage werde in werbeüblicher Weise nur zum Ausdruck gebracht, dass diese Waren für den Käufer „Lieblingsstücke“ darstellten.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des DPMA vom 10. Februar 2015 aufzuheben.

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Sie hat sich weder im Amts- noch im Beschwerdeverfahren geäußert.

II.

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1. Das Bundespatentgericht entscheidet über Beschwerden in Markensachen grundsätzlich im schriftlichen Verfahren (§ 69 MarkenG). Die Anmelderin hat eine mündliche Verhandlung nicht beantragt; diese ist nach Wertung des Senats auch nicht sachdienlich. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verlangt, den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit zu geben, Stellungnahmen zum Sachverhalt abzugeben, ihre Auffassung zu Rechtsfragen darzulegen sowie Anträge zu stellen. Die Beschwerdeführerin hat schon in der Beschwerdeschrift mitgeteilt und auf telefonische Nachfrage des Berichterstatters bestätigt, dass begründende Ausführungen nicht beabsichtigt seien.

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2. Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil der angemeldeten Bezeichnung für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

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a) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2010, 228 Rdnr. 33 - Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik];; BGH GRUR 2012, 270 Rdnr. 8 - Link economy). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH a. a. O. - Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH GRUR 2009, 949 Rdnr. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH GRUR 2014, 569, 570 Rdnr. 10 - HOT). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 - Henkel; BGH GRUR 2001, 1151 - marktfrisch).

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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143, 1144, Rdnr. 15 - Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 - grill meister).

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Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270 Rdnr. 11 - Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2014, 872, 874 Rdnr. 21 - Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2014, 1204 Rdnr. 12 - DüsseldorfCongress).

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b) Die angemeldete Wortmarke besteht, wie auch die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, aus der allgemein verständlichen und positiv besetzten Aussage „Lieblingspaar“.

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c) In Bezug zu den von der Anmeldung erfassten Waren wird mit dieser Wertaussage in werbeüblicher Weise zum Ausdruck gebracht, dass diese Produkte für die angesprochenen breiten Verbraucherkreise paarweise oder im Doppel Lieblingsstücke darstellen können oder werden. Diese Wortkombination ist keineswegs unklar oder interpretationsbedürftig. Das allgemeine Publikum sieht in ihr nur eine rein sachbezogene oder werbemäßig anpreisende Aussage, wonach diese Produkte, nämlich Taschen, Geldbörsen, Koffer, Schirme, Spazierstöcke, Bekleidungsstücke und Kopfbedeckungen, von so hoher Qualität sind, dass man zwei von ihnen als „Lieblinge“ bzw. „Lieblingsstücke“ erwerben oder als Doppel zum „Lieblingspaar“ erklären wird. Dies gilt insbesondere für Schuhwaren, Strümpfe und Einlegesohlen sowie andere Bekleidungsstücke, wie z. B. Handschuhe, die zwangsläufig paarweise gekauft werden. Dem Anmeldezeichen „Lieblingspaar“ kommt daher für die angemeldeten Waren ein im Vordergrund stehender, unmittelbar beschreibender Begriffsinhalt hinsichtlich der Begehrtheit und der Qualität zu.

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d) In Bezug zu den angemeldeten Waren wird somit nur zum Ausdruck gebracht, dass der Käufer zwei seiner Lieblingsstücke, also seiner besten und liebsten Dinge, erwerben kann. Diese Aussage ist weder mehrdeutig noch unklar, vielmehr wird eine grammatikalisch korrekt gebildete Wortkombination zu einer werbeüblichen Anpreisung verwendet. Es kann daher ausgeschlossen werden, dass die inländischen Verbraucher in dieser Wortkombination ein unternehmerisches Kennzeichen sehen werden, mit dem auf die betriebliche Herkunft der Waren hingewiesen werden soll.

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e) Im Rahmen der beanspruchten Einzelhandelsdienstleistungen in Klasse 35 „mit Schuhwaren, Modeaccessoires und Bekleidungsstücken“ wird das angesprochene Publikum das Anmeldezeichen wegen der funktionellen Nähe dieser Dienstleistungen zu den Waren, mit denen Handel getrieben werden soll, nicht als betrieblichen Herkunftshinweis, sondern nur als Sachhinweis auf den Gegenstand des Einzelhandels ansehen (vgl. BPatG 29 W (pat) 41/12 - CAMOMILLA; 29 W (pat) 525/10 – fashion.de).

20

f) Auch die Dienstleistungen „Organisation von Modenschauen und Produktvorführungen mit Models zu Werbezwecken“ können sich mit paarweise angebotenen oder im Doppel zu erwerbenden Lieblingsstücken ihrer Kunden und somit mit „Lieblingspaaren“ befassen.

21

3. Da dem angemeldeten Wortzeichen bereits wegen fehlender Unterscheidungskraft der Schutz für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu versagen war, kann die Frage, ob einer Schutzgewährung auch § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, dahingestellt bleiben.