Entscheidungsdatum: 20.03.2012
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2011 010 892.7
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 20. März 2012 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Kruppa und Richterin Werner
beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle vom 1. Dezember 2011 wird aufgehoben.
I.
Die Anmeldung des Zeichens
„Jagdschloss Platte“
als Wortmarke für die Dienstleistungen
35: Veranstaltung von Messen zu gewerblichen oder zu Werbezwecken;
41: Organisation und Durchführung von kulturellen und/oder sportlichen Veranstaltungen; Organisation und Veranstaltung von Konferenzen; Organisation und Veranstaltungen von Kongressen; Organisation und Veranstaltung von Konzerten; Organisation und Veranstaltung von Symposien; Platzreservierungen für Unterhaltungsveranstaltungen; Ticketverkauf für Veranstaltungen; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren; Veranstaltung und Durchführung von Workshops (Ausbildung); Veranstaltung und Leitung von Kolloquien; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke; Veranstaltung von Bällen; Veranstaltung von Unterhaltungsshows;43: Vermietung von Versammlungsräumen
hat die Markenstelle mit Beschluss vom 1. Dezember 2011 zurückgewiesen. Das hat sie damit begründet, das Zeichen sei gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, da es ausschließlich aus Angaben bestehe, die zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Dienstleistungen dienten oder dienen könnten.
Da nicht nur Namen von Ländern, Regionen, Großstädten und Landschaften einem Freihaltbedürfnis unterlägen, sondern ebenso Ortnamen im weiteren Sinne, könnten auch die Namen von bekannten Gebäuden von der Eintragung ausgeschlossen sein, insbesondere regional bekannte (vgl. Ströbele/Hacker MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rn. 357 m. w. N.; BPatG GRUR 2009, 1175 - Burg Lissingen).
„Jagdschloss Platte“ bezeichne ein ursprünglich klassizistisches Jagdschloss im Naturpark Rhein-Taunus an der Nordgrenze des Stadtgebiets von Wiesbaden. Nach Zerstörung im Zweiten Weltkrieg werde es seit Ende der 1980er-Jahre von einer Stiftung wieder aufgebaut.
Wie die Anmelderin selbst vortrage, verfüge das Schloss über attraktive Räumlichkeiten für Tagungen, Seminare, Veranstaltungen und sonstige Events. Es beherberge zudem einen Gasthof. „Jagdschloss Platte“ sei demnach ohne weiteres als geografische Herkunftsbezeichnung für sämtliche beanspruchten Dienstleistungen zu bewerten. Es bezeichne ein zumindest regional bekanntes Gebäude, welches sich hervorragend als Veranstaltungsort für Messen, Veranstaltungen, Konferenzen, Kongresse, Konzerte, Symposien, Seminare, Workshops, Kolloquien, Ausstellungen, Bälle oder Shows sowie als Erbringungsstätte für die „Vermietung von Versammlungsräumen“ eigne bzw. auf welches sich die Dienstleistungen „Platzreservierungen, Ticketvorverkauf“ beziehen könnten.
Das Allgemeininteresse an der freien Verwendbarkeit entfalle auch nicht deshalb, weil das Jagdschloss Platte im Eigentum der Anmelderin stehe, da die Besitz- und Nutzungsverhältnisse sich jederzeit ändern könnten, das Markenrecht aber zeitlich unbegrenzt verlängert werden könne.Aktuelle Eigentumsverhältnisse könnten nur in besonderen Ausnahmefällen Berücksichtigung finden, nämlich wenn deren Veränderung völlig auszuschließen sei, was etwa bei seit Jahrhunderten unveränderten Besitzverhältnissen angenommen werde. Solche Umstände seien hier nicht ersichtlich.
Ob „Jagdschloss Platte" einen Teil des Geschäftsbetriebs der Anmelderin (Unternehmenskennzeichen i. S. v. § 5 Abs. 2 MarkenG) bezeichne, sei im vorliegenden Verfahren nicht von Bedeutung, da es sich bei einem Unternehmenskennzeichen um ein streng von einer Marke zu unterscheidendes Schutzrecht handle, welches nicht zwangsläufig auch die Voraussetzungen für die Schutzfähigkeit als Marke erfüllen müsse.
Der Beschluss ist der Anmelderin am 12. Dezember 2011 zugestellt worden.
Die Anmelderin hat dagegen am 12. Januar 2012 Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, „Jagdschloss Platte“ sei keine geographische Angabe, sondern der Name ihres Betriebs.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle aufzuheben.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.
Einer Registrierung der angemeldeten Marke stehen für die streitgegenständlichen Dienstleistungen keine Schutzhindernisse entgegen.
a) Die Bezeichnung „Jagdschloss Platte“ entbehrt für die strittigen Dienstleistungen nicht jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie von denjenigen anderer zu unterscheiden. Zeichen besitzen nur dann keine Unterscheidungskraft, wenn sie lediglich eine im Vordergrund stehende beschreibende Bedeutung vermitteln oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern bestehen, die stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden.
„Jagdschloss Platte“ ist heute ein Etablissementname und nicht vergleichbar mit allgemein gebräuchlichen Bezeichnungen, wie „Kulturzentrum“ o. ä. Das Publikum wird deshalb in „Jagdschloss Platte“ einen betrieblichen Herkunftshinweis sehen (vgl. BPatG, Beschluss vom 15. Juli 2008, Az: 33 W (pat) 91/06, BeckRS 2008, 17248 - Gut Darß). Auch bei Sportstätten hat das Bundespatentgericht für Namen wie „Bodensee-Arena“ angenommen, dass sie trotz örtlicher Bezüge auf einen bestimmten Anbieter hinweisen (BPatG, Beschluss vom 30. Mai 2001, Az: 32 W (pat) 11/01, BeckRS 2009, 26912 - Bodensee-Arena).
Unterscheidungskraft ist auch gegeben für Dienstleistungen, die sich auf Angebote beziehen, die im Jagdschloss Platte stattfinden (können). Etablissementbezeichnungen, die für das Etablissement selbst unterscheidungskräftig sowie nicht beschreibend sind, sind ebenso für Dienstleistungen um Veranstaltungen, die dort nur im Einverständnis mit dem Betreiber, wer immer das im Zeitpunkt der Anmeldung oder später sein mag, stattfinden können, unterscheidungskräftig.
b) Das angemeldete Zeichen unterliegt auch keinem Freihaltungsbedürfnis im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, weil „Jagdschloss Platte“ keine Merkmalsbezeichnung ist.
Unter die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG fallen nämlich nur solche Angaben, die im normalen Sprachgebrauch die angemeldeten Dienstleistungen entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale beschreiben.
Bei der angemeldeten Bezeichnung handelt es sich nicht um eine freihaltungsbedürftige geographische Angabe, sondern um die Bezeichnung eines Gebäudes, das nicht allgemein zugänglich ist.
Eine beschreibende Aussage liegt auch nicht bei Dienstleistungen vor, die sich auf Angebote beziehen, die im Jagdschloss Platte stattfinden können. Zwar beschreibt „Jagdschloss Platte“ hier den Ort, an dem die Veranstaltung stattfindet. Etablissementbezeichnungen sind jedoch für Dienstleistungen um Veranstaltungen, die dort nur im Einverständnis mit dem Inhaber des Hausrechts stattfinden können, nicht freihaltungsbedürftig.
c) Dass Schloss Platte zum nationalen kulturellen Erbe gehört, hat weder die Markenstelle belegt, noch ist dies dem Senat bekannt. Die Frage, ob andernfalls Unterscheidungskraft fehlen könnte (so BPatG GRUR 2011, 922 - Neuschwanstein), kann daher dahingestellt bleiben.