Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 19.09.2017


BPatG 19.09.2017 - 27 W (pat) 506/13

Markenbeschwerdeverfahren – "Stadtwerke Bremerhaven" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis – keine Täuschungsgefahr – kein Hoheitszeichen


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
19.09.2017
Aktenzeichen:
27 W (pat) 506/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2012 003 642.2

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 19. September 2017 durch die Vorsitzende Richterin Klante, den Richter Paetzold und die Richterin Lachenmayr-Nikolaou

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA), Markenstelle für Klasse 41, vom 6. Dezember 2012 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Am 21. März 2012 ist das Zeichen

2

Stadtwerke Bremerhaven

3

von der B… GmbH Energie- und Kraftwerkstechnik für die nachfolgend genann- ten Waren und Dienstleistungen zur Eintragung als Wortmarke in das vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister angemeldet worden:

4

Klasse 4: technische Öle und Fette; Schmiermittel; feste, flüssige und gasförmige Brennstoffe (einschließlich Motorentreibstoffe) und Leuchtstoffe; Brennstoffmischungen, insbesondere Erdgas und Biogas; elektrische Energie; Erdöl, Heizöl, Gas, Erdgas und Flüssiggas;

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Klasse 9: wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, photografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten; Datenträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Software; Feuerlöschgeräte; wiederbeschreibbare bzw. wiederaufladbare Datenträger wie Chipkarten und Magnetkarten, insbesondere als Wertkarten mit Guthaben bzw. Kreditrahmen; elektronische Apparate und Geräte; Zähler, insbesondere Strom-, Gas-, Wasser-, Abwasser-, Wärmezähler, insbesondere von vorgenannten Datenträgern gesteuerte Zähler mit Strom-, Gas-, Wasser- und Wärmefrei- bzw. –abschaltung sowie Fernbedienungen dafür; Abrechnungssysteme; Schreib- und Lesegeräte für vorgenannte Datenträger;

6

Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten; Vermittlung von Handelsgeschäften für Dritte; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über die Erbringung von Dienstleistungen; Herausgabe von Statistiken; verwaltungstechnische Bearbeitung von Bestellungen; Öffentlichkeitsarbeit; Organisation und Durchführung von Ausstellungen und Messen für gewerbliche und Werbezwecke; Sponsoring in Form von Werbung; Aufstellung von Kosten-Preisanalysen; betriebswirtschaftliche Beratung; Beschaffungsdienstleistungen für Dritte im Bereich der Energie- und Wasserversorgung (Erwerb von Waren und Dienstleistungen für andere Unternehmen); Erteilung von Auskünften (Information) und Beratung für Verbraucher in Handels- und Geschäftsangelegenheiten; Systematisieren von Daten in Computerdatenbanken; Einzel- und Großhandelsdienstleistungen mit Abfall, wiederverwertbaren Stoffen, Strom oder Heizwärme; Vermittlung von Verträgen mit Stromlieferanten; Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen mit Waren der Klassen 4 und 9;

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Klasse 36: Finanzwesen, Inkasso und Abrechnung; Ausgabe von Wert- und Kreditkarten, insbesondere von wiederaufladbaren Wertkarten für den Bezug von Strom, Gas, Wasser und Wärme; Verwaltung von Gebäuden und Grundstücken;

8

Klasse 37: Bauwesen; Reparatur der in Klasse 9 genannten Waren; Installationsarbeiten; Straßenreinigung; Vermietung von Reinigungsmaschinen und Straßenkehrmaschinen; Installation, Wartung und Reparatur von Erzeugnissen der Elektrotechnik und des Maschinenbaus; Entstörung in elektrischen Anlagen; Bau von Messeständen; Leitung von Bauarbeiten (Oberaufsicht); Abbrucharbeiten und Abdichtungsarbeiten an Gebäuden; Schacht- und Brunnenbohrungen; manuelle und maschinelle Reinigungsleistungen im kommunalen Bereich, insbesondere von Straßen und Plätzen, Entleeren von Papierkörben und Mülleimern; Reparatur, Installation und technische Wartung von Straßenbeleuchtungsanlagen; Errichtung, Unterhaltung und Reparatur von Bauten, Straßen, Brücken, Dämmen, Telekommunikationseinrichtungen, Anlagen, wie Energieerzeugungs- und -verteilungsanlagen, insbesondere von Kraftwerken, insbesondere Kohlekraftwerken, Gas- und Dampfturbinenkraftwerken, Heizkraftwerken, Blockheizkraftwerken und Deponiegaskraftwerken, sowie Müllverbrennungsanlagen, Müllheizkraftwerken und Trafostationen und Netzen, die der Versorgung mit Elektrizität, Gas, insbesondere Erdgas, Erdöl, Heiz- bzw. Fernwärme, der Wasserversorgung, Abwasserableitung und -behandlung, insbesondere im kommunalen Bereich, und der Telekommunikation dienen, insbesondere von Leitungen wie Elektrizitäts-, Gas-, Heiz- bzw. Fernwärme-, Wasser-, Abwasser- und Telekommunikationsleitungen;

9

Klasse 38: Telekommunikation, einschließlich Mobilfunkdienste und Leitungs-, Routing- und Verbindungsdienstleistungen für die Telekommunikation; Vermietung von Geräten für die Nachrichtenübertragung über elektrische und faseroptische Netzwerke; Telekommunikation, nämlich Errichtung und Betrieb von Anlagen und Netzen zur Telekommunikation;

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Klasse 39: Transportwesen; Veranstaltung von Reisen; Verpackung und Lagerung von Waren; Verteilen von Energie und Elektrizität, Gas und Wasser; Pipeline-Transporte, einschließlich Abwasserkanaldienste; Durchleitung und Transport von elektrischem Strom, Heizwärme, Gas oder Wasser; Versorgung von Verbrauchern durch Anlieferung von elektrischem Strom, Heizwärme, Gas oder Wasser; Wasserversorgung; Vermietung von Parkplätzen; Lagerung von elektronisch gespeicherten Daten und Dokumenten; Rettungsdienste [Transport], Lotsendienste; Abtransport und Lagerung von Abfall- und Recyclingstoffen; Logistik-Dienstleistungen auf dem Transportsektor; Transport und Lagerung von Müll; Verteilung von Heizwärme; Transport von Fäkalien und Abwasser für nicht an das Abwassernetz angeschlossene Haushalte; Betrieb der öffentlichen Straßenbeleuchtung, nämlich Einspeisung von Energie für Straßenbeleuchtungsanlagen;

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Klasse 40: Materialbearbeitung; Erzeugung von Energie, einschließlich erneuerbarer Energien, insbesondere aus Solarkraft, Wind- und Wasserenergie; Holzfällen und -zuschneiden; Lötarbeiten; Luftreinigung und Luftauffrischung (Klimatisierung); Abfallverarbeitung (Umwandlung); Müll- und Abfallvernichtung sowie -sortierung, -verbrennung und -recycling; Wasserbehandlung, insbesondere Wasserenthärtung; Offsetdruckarbeiten; Gravuren; Sortierung von Müll und wiederverwertbaren Stoffen; Betrieb von Müllverbrennungsanlagen, insbesondere Verbrennung von Müll in Müllverbrennungsanlagen; Erzeugung von Energie; Erdöl- und Erdgasverarbeitung; Wasserbehandlung, insbesondere Gewinnung und Aufbereitung von Trinkwasser;

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Klasse 41: Ausbildung; Erziehung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Veranstaltungen; Organisation und Veranstaltung von Kongressen und Ausstellungen; Online-Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften und Stadtinformationsdokumenten; Veröffentlichung von Büchern und Zeitschriften und Videos; Betrieb von Sportanlagen und Kinder-Vergnügungsparks; Vermietung von Bühnendekoration; Aus- und Fortbildungsberatung, insbesondere im Bereich der örtlichen Infrastruktur; Platzreservierung für Unterhaltungsveranstaltungen;

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Klasse 42: wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistung; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software; Erstellen von technischen Gutachten; Bauberatung zur Infrastruktur-Anschluss-Planung und technische Projektplanung; Eichen (Kalibrieren), insbesondere von Messeinrichtungen, Dienstleistungen von Ingenieuren; Materialprüfung; Qualitätsprüfung, insbesondere von Wasser; technische Umweltschutzberatung; Beratung auf dem Gebiet der Energieeinsparung; Beratung bei der Gestaltung von Homepages und Internetseiten; Beratung für Telekommunikationstechnik; technische Beratung; technische Beratung für den Betrieb und die Betriebsführung von Energieerzeugungs- und -verteilungsanlagen, insbesondere von Kraftwerken, insbesondere Kohlekraftwerken, Gas- und Dampfturbinenkraftwerken, Heizkraftwerken, Blockheizkraftwerken und Deponiegaskraftwerken, sowie Müllverbrennungsanlagen, Müllheizkraftwerken, Trafostationen und Verteilnetzen für elektrischen Strom oder Heizwärme; technische Beratung auf dem Gebiet der Erzeugung von elektrischer und thermischer Energie, insbesondere im Zusammenhang mit energiesparenden Maßnahmen und der Optimierung von Kraftwerken, insbesondere Kohlekraftwerken, Gas- und Dampfturbinenkraftwerken, Heizkraftwerken, Blockheizkraftwerken und Deponiegaskraftwerken, sowie Müllverbrennungsanlagen, Müllheizkraftwerken, Trafostationen und Verteilnetzen für elektrischen Strom oder Heizwärme; technische und ökologische Beratungsdienstleistungen im Energiebereich, insbesondere technische Energieberatung für Haushalt, Gewerbe und Industrie; Ingenieurdienstleistungen für elektrische Strom- und Fernwärmenetze; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; wissenschaftliche und industrielle Forschung und Entwicklung; Umweltdienstleistungen, nämlich umweltbezogene Beratung, technische Entwicklung von Konzepten für das Umweltrisikomanagement; Dienstleistungen eines Ingenieurs, insbesondere die Erbringung von Ingenieurdienstleistungen für Anlagen zur Umwandlung und Anwendung von Energie, insbesondere Kraftwerke, insbesondere Kohlekraftwerke, Gas- und Dampfturbinenkraftwerke, Heizkraftwerke, Blockheizkraftwerke und Deponiegaskraftwerke, sowie Müllverbrennungsanlagen, Müllheizkraftwerke, Trafostationen und Verteilnetze für elektrischen Strom oder Heizwärme; Planung von Straßenbeleuchtungsanlagen.

14

Das DPMA, Markenstelle für Klasse 41, hat die Anmeldung mit Beschluss vom 6. Dezember 2012 wegen fehlender Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG i. V. m. § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen.

15

Zur Begründung ist ausgeführt, bei der angemeldeten Bezeichnung handele es sich um eine beschreibende Angabe, mit der darauf hingewiesen werde, dass die Waren und Dienstleistungen von einem kommunalen Versorgungsunternehmen für den Bereich Bremerhaven stammen. Die Wortfolge werde vom Verkehr daher lediglich als Sachangabe bezüglich der Art, Zweckbestimmung und Beschaffenheit der bezeichneten Waren und Dienstleistungen sowie als geographische Angabe über die Erbringungsstätte verstanden.

16

Gegen den ihr am 11. Dezember 2012 zugestellten Beschluss hat sich die ursprüngliche Anmelderin, die B… GmbH Energie- und Kraftwerkstechnik, mit ihrer am 4. Januar 2013 eingelegten Beschwerde gewendet. Während des Beschwerdeverfahrens hat sie die Markenanmeldung auf die nunmehrige Anmelderin und Beschwerdeführerin übertragen, die die Umschreibung der Marke im Register beantragt hat.

17

Im Rahmen der Beschwerdebegründung trägt sie vor, dass die Kombination des Begriffs „Stadtwerke“ mit einer Ortsangabe nach der Rechtsprechung des 27. Senats des Bundespatentgerichts eine unterscheidungskräftige und nicht freihaltebedürftige betriebliche Herkunftsangabe darstelle. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf Entscheidungen des Bundespatentgerichts in den Verfahren 27 W (pat) 166/09 „Stadtwerke Dachau“ und 27 W (pat) 83/12 „Stadtwerke Augsburg“ sowie auf diverse (Vor-)Eintragungen von aus dem Begriff „Stadtwerke“ und einer geographischen Angabe gebildeten Wortmarken durch das DPMA.

18

Auch das Schutzhindernis der Täuschungsgefahr gem. § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG liege nicht vor. Eine Täuschungsgefahr könne nicht aufgrund von solchen Umständen angenommen werden, die gerade die Anmelderin betreffen. Maßgeblich sei vielmehr, ob eine nicht irreführende Markenbenutzung möglich sei. Auf die Beteiligungsverhältnisse oder Gesellschafterstrukturen könne es bei der Beurteilung der Eintragungsvoraussetzung gem. § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG schon deshalb nicht ankommen, weil sich diese Verhältnisse jederzeit ändern könnten, und weil entsprechende Prüfungen die Möglichkeiten im registerrechtlichen Eintragungsverfahren übersteigen würden.

19

Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

20

 den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA), Markenstelle für Klasse 41, vom 6. Dezember 2012 aufzuheben.

21

Das Verfahren war im Hinblick auf das gleichgelagerte Verfahren 27 W (pat) 506/13 „Stadtwerke Bremen“ zum Ruhen gebracht worden und ist nach Entscheidung des Bundesgerichtshofs im dortigen Verfahren (BGH, GRUR 2017, 186 – Stadtwerke Bremen) wieder aufgenommen worden.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss, die Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

23

Die zulässige, insbesondere gem. § 64 Abs. 6 S. 1 MarkenG i. V. m. § 66 Abs. 1 MarkenG statthafte und gem. § 66 Abs. 2 MarkenG fristgerecht eingelegte Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Da der Anmeldung keine Schutzhindernisse gem. §§ 8 Abs. 2, 37 Abs. 1 MarkenG entgegenstehen, war der angegriffene Beschluss des DPMA, Markenstelle für Klasse 41, aufzuheben. Insbesondere sind die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 4 MarkenG zu verneinen.

24

1. Die Anmelderin ist berechtigt, die Rechte aus der Markenanmeldung geltend zu machen. Gem. § 28 Abs. 2 S. 1 MarkenG, § 33 Abs. 2 S. 1 MarkenG kann der Rechtsnachfolger, auf den das durch die Anmeldung einer Marke begründete Recht übertragen worden ist, in einem Verfahren vor dem Patentamt, einem Beschwerdeverfahren vor dem Patentgericht oder einem Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem BGH das durch die Anmeldung begründete Recht von dem Zeitpunkt an geltend machen, in dem dem DPMA der Umschreibungsantrag zugegangen ist (vgl. BGH, GRUR 2017, 186, Rn. 10 – Stadtwerke Bremen). Die ursprüngliche Anmelderin und Beschwerdeführerin B… GmbH Energie- und Kraftwerkstechnik hat den nach § 33 Abs. 2 S. 1 MarkenG durch die Markenanmeldung begründeten Anspruch auf Eintragung gem. § 27 Abs. 1 MarkenG auf die Anmelderin übertragen und die Anmelderin hat beim DPMA die Umschreibung der Anmeldung beantragt.

25

2. Der Anmeldung steht nicht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

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a) § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG schließt von der Eintragung als Marke Zeichen aus, denen für die in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen zukommende Eignung, die von der Anmeldung erfassten Waren bzw. Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und so diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH, GRUR 2010, 228, Rn. 33 – Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; EuGH, GRUR 2004, 428, Rn. 30, 31 – Henkel; BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 9 – OUI; BGH, GRUR 2014, 569, Rn. 10 – HOT; BGH, GRUR 2013, 731, Rn. 11 – Kaleido; BGH, GRUR 2012, 1143, Rn. 7 – Starsat; BGH, GRUR 2012, 270, Rn. 8 – Link economy; BGH, GRUR 2009, 952, Rn. 9 – DeutschlandCard; BGH, GRUR 2006, 850, Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006).

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Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH, GRUR 2008, 608, Rn. 66 – EUROHYPO; EuGH, GRUR 2006, 229, Rn. 27 – BioID; BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 9 – OUI; BGH, GRUR 2014, 565, Rn. 12 – smartbook; BGH, GRUR 2009, 952, Rn. 9 – DeutschlandCard). Dabei ist das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (EuGH, GRUR 2003, 604, Rn. 60 – Libertel; BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 9 – OUI; BGH, GRUR 2014, 565, Rn. 17 – smartbook).

28

Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Zeichen, die einen beschreibenden Begriffsinhalt enthalten, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht. Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder die Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht (BGH, GRUR 2014, 569, Rn. 10 – HOT; BGH, GRUR 2012, 1143, Rn. 9 – Starsat; BGH, GRUR 2009, 952, Rn. 10 – DeutschlandCard; BGH, GRUR 2006, 850, Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006). Kann dagegen einem Wortzeichen für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch nicht um Angaben, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihm die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 12 – OUI; BGH, GRUR 2013, 731, Rn. 13 – Kaleido; BGH, GRUR 2012, 270, Rn. 11 – Link economy; BGH, GRUR 2012, 1143, Rn. 9 – Starsat).

29

Die Bewertung der Verkehrsauffassung in Bezug auf die einschlägigen Waren und Dienstleistungen richtet sich insbesondere nach der Sicht des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers (EuGH, GRUR 2006, 411, Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; EuGH, GRUR 1999, 723, Rn. 29 – Chiemsee; Ströbele in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl. 2015, § 8 Rn. 42). Dieser wird die Marke so wahrnehmen, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtung zu unterziehen (BGH, GRUR 2012, 270, Rn. 12 – Link economy).

30

Bei der Beurteilung des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft kommt es auf das Verkehrsverständnis zum Zeitpunkt der Anmeldung des jeweiligen Zeichens an (BGH, GRUR 2013, 1143, Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten).

31

b) Nach diesen Grundsätzen kann der angemeldeten Bezeichnung in Verbindung mit den hier beanspruchten Waren und Dienstleistungen die Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.

32

Die angemeldete Bezeichnung setzt sich aus dem Begriff „Stadtwerke“ sowie der Ortsangabe „Bremerhaven“ zusammen.

33

Nach den Recherchen des Senats weist der Begriff „Stadtwerke“ auf ein Versorgungsunternehmen in kommunaler Trägerschaft hin. Bei einem solchen Unternehmen handelt es sich um einen Betrieb einer Kommune oder auch mehrerer Kommunen, der Leistungen der Daseinsvorsorge erbringt und sich um die Grundversorgung der Bevölkerung, insbesondere mit Strom, Wasser und Gas, oder um die Abfall- und Abwasserentsorgung etc. kümmert. Die Bezeichnung „Stadtwerke“ wird von den angesprochenen Verkehrskreisen, zu denen auch der Durchschnittsverbraucher gehört, insbesondere nicht als Synonym für (irgend)ein Energie(versorgungs)unternehmen verstanden. Ein entsprechendes Verständnis des angesprochenen Verkehrs konnte weder vom Senat im vorliegenden Verfahren ermittelt werden, noch ergibt sich ein solches aus den von der Präsidentin des DPMA im Parallelverfahren „Stadtwerke Bremen“ vorgelegten Unterlagen (vgl. BGH, GRUR 2017, 186, Rn. 34 – Stadtwerke Bremen).

34

In der an den Begriff „Stadtwerke“ angefügten Wort „Bremerhaven“ handelt es sich um eine Ortsangabe. Aufgrund der Kombination dieser Ortsangabe mit dem Begriff „Stadtwerke“ als einem Versorgungsunternehmen in kommunaler Trägerschaft erschöpft sich die angemeldete Bezeichnung „Stadtwerke Bremerhaven“ jedoch nicht in einem Sachhinweis beispielsweise auf den Erbringungsort der beanspruchten Dienstleistungen (anders als z. B. bei der Bezeichnung „Rheinpark-Center Neuss“, vgl. BGH, GRUR 2012, 272), vielmehr wird durch die Ortsangabe der kommunale Träger des Versorgungsunternehmens konkretisiert (vgl. BGH, GRUR 2017, 186, Rn. 3 – Stadtwerke Bremen).

35

Die Kombination des Begriffs „Stadtwerke“ mit der geographischen Angabe „Bremerhaven“ weist somit aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise auf einen ganz bestimmten kommunalen Betrieb hin – nämlich auf ein Versorgungsunternehmen, das mehrheitlich von der Stadt Bremerhaven betrieben wird bzw. auf das die Stadt Bremerhaven einen bestimmenden Einfluss hat – und stellt einen Herkunftshinweis in Bezug auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen dar.

36

3. Der Anmeldung steht auch nicht ein Freihaltebedürfnis gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

37

a) Nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind u. a. solche Zeichen von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Die Art. 3 Abs. 1 Buchst. c EU-Markenrechtsrichtlinie (RL 2008/95 EG) in nationales Recht umsetzende Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass sämtliche Zeichen oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren beschreiben, von allen Wirtschaftsteilnehmern, die solche Waren oder Dienstleistungen anbieten, frei verwendet werden können (EuGH, GRUR 2011, 1035, Rn. 37 – 1000; EuGH, GRUR 2004, 674, Rn. 56 – Postkantoor; EuGH, GRUR 1999, 723, Rn. 25 – Chiemsee; BGH, GRUR 2012, 272, Rn. 9 – Rheinpark-Center Neuss; BGH, BGH, GRUR 2017, 186, Rn. 38 – Stadtwerke Bremen). Diese Vorschrift gebietet die Versagung der Eintragung auch dann, wenn die fragliche Benutzung als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, eine solche Verwendung aber jederzeit in Zukunft erfolgen kann (vgl. EuGH, GRUR 2004, 674 – Postkantoor; BGH, GRUR 2017, 186, Rn. 42 – Stadtwerke Bremen; BGH, GRUR 2014, 565, Rn. 28 – smartbook; BGH, GRUR 2012, 276 Rn. 8 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e. V.). Für die Beurteilung der Eignung eines Zeichens als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. EuGH, GRUR 2006, 411, Rn. 24 – Matratzen Concord; EuGH, GRUR 1999, 723, Rn. 29 – Chiemsee).

38

b) Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kann ein gegenwärtiges oder zukünftiges Freihaltebedürfnis nicht angenommen werden.

39

Nach derzeitigem Verkehrsverständnis ist die angemeldete Wortmarke gerade nicht auf die beschreibende Angabe beschränkt, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen würden von einem in Bremerhaven ansässigen Versorgungsunternehmen oder für im Einzugsgebiet der Stadt Bremerhaven ansässige Kunden angeboten, vielmehr versteht der angesprochene Verkehr die Wortkombination „Stadtwerke Bremerhaven“ dahingehend, dass die Versorgungsleistungen von einem kommunalen Unternehmen erbracht werden, das zumindest mehrheitlich von der Stadt Bremerhaven betrieben wird bzw. auf das die Stadt Bremerhaven einen bestimmenden Einfluss hat.

40

Die angemeldete Wortmarke „Stadtwerke Bremerhaven“ ist auch nicht als zukünftig beschreibende Angabe für das Angebot von Grundversorgungsleistungen seitens eines Versorgungsunternehmens im Einzugsgebiet der Stadt Bremerhaven freizuhalten.

41

Zwar ist ein Freihaltebedürfnis entsprechend dem Wortlaut der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG („dienen können“) auch dann anzunehmen, wenn die Benutzung der angemeldeten Marke als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, eine solche Verwendung aber jederzeit in Zukunft erfolgen kann (vgl. BGH, GRUR 2012, 276, Rn. 8 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e. V.; BGH, GRUR 2017, 186, Rn. 42 – Stadtwerke Bremen).

42

Für die Annahme einer zukünftig beschreibenden Angabe bedarf es der Feststellung, dass eine derartige Verwendung des Zeichens vernünftigerweise in der Zukunft zu erwarten ist (EuGH, GRUR 1999, 723, Rn. 31 u. 37 – Chiemsee; BGH, GRUR 2003, 343 – Buchstabe „Z“; BGH, GRUR 2017, 186, Rn. 43 – Stadtwerke Bremen; Ströbele a. a. O., § 8 Rn. 356). Die damit verbundene Prognoseentscheidung darf nicht nur auf theoretischen Erwägungen beruhen, sondern muss anhand der voraussichtlichen wirtschaftlichen Entwicklung realitätsbezogen erfolgen (vgl. BGH, GRUR 2017, 186, Rn. 43 – Stadtwerke Bremen).

43

Angesichts der Privatisierungstendenzen im kommunalen Bereich und der Liberalisierung des Energiemarkts ist es theoretisch denkbar, dass in Zukunft weitere (private) Anbieter von Leistungen der Daseinsvorsorge mit Sitz in Bremerhaven auf dem Markt auftreten. Diese werden sich jedoch zur Kennzeichnung ihrer Waren oder Dienstleistungen nicht der Bezeichnung „Stadtwerke“ bedienen, weil es wettbewerbswidrig wäre, den Begriff ohne eine zumindest mehrheitliche Unternehmensbeteiligung der Stadt Bremerhaven zu verwenden. Denn das Verkehrsverständnis dahingehend, bei einem die Kennzeichnung „Stadtwerke Bremerhaven“ benutzenden Anbieter handele es sich um ein Unternehmen, das zumindest mehrheitlich von der Stadt Bremerhaven betrieben wird bzw. auf das die Stadt Bremerhaven einen bestimmenden Einfluss hat, ergibt sich aus dem Sinngehalt der Bezeichnung selbst (vgl. BGH, GRUR 2017, 186, Rn. 43 – Stadtwerke Bremen). Daher wäre die Verwendung dieser Bezeichnung durch ein Unternehmen, das sich nicht überwiegend in der Hand der Stadt Bremerhaven befindet, gem. § 5 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3 UWG irreführend, so dass eine entsprechende künftige Änderung des Sinngehalts der Bezeichnung „Stadtwerke Bremerhaven“ nicht zu erwarten ist (vgl. BGH, GRUR 2017, 186, Rn. 43 – Stadtwerke Bremen).

44

4. Schließlich ist auch das Schutzhindernis der Täuschungseignung gem. § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG nicht anzunehmen.

45

a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die geeignet sind, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geografische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu täuschen. Die Aufzählung der zur Täuschung geeigneten Umstände ist nicht abschließend (vgl. BGH, GRUR 2017, 186, Rn. 12 – Stadtwerke Bremen; Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl. 2015, § 8 Rn. 710).

46

Bei der Beurteilung, ob ein Schutzhindernis gem. § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG besteht, geht es um die Täuschung durch den Zeicheninhalt selbst und nicht um die Prüfung, ob das Zeichen bei einer besonderen Art der Verwendung im Geschäftsverkehr geeignet sein kann, irreführende Vorstellungen zu wecken. Ist für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen eine Markenbenutzung möglich, bei der keine Irreführung des Verkehrs erfolgt, liegt das absolute Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG insoweit nicht vor (vgl. BGH, GRUR 2002, 540 – OMEPRAZOK; BGH, GRUR 2012, GRUR 272 – Rheinpark-Center Neuss; BGH, GRUR 2014, 376, Rn. 23 – grill meister; BGH, GRUR 2017, 186, Rn. 21 – Stadtwerke Bremen).

47

Irreführende Angaben zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen, die nicht aus dem Inhalt oder der Aussage der Marke selbst folgen, sondern sich erst in Verbindung mit der Person oder dem Unternehmen des Markenanmelders ergeben, sind grundsätzlich nicht zur Täuschung i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG geeignet (vgl. BGH, GRUR 2017, 186, Rn. 22 – Stadtwerke Bremen; Ströbele in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl. 2015, § 8 Rn. 728).

48

b) Unter Beachtung dieser Grundsätze ist eine Täuschungseignung der Wortkombination „Stadtwerke Bremerhaven“ vorliegend zu verneinen.

49

Eine solche ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass die angesprochenen Verkehrskreise in der Bezeichnung „Stadtwerke Bremerhaven“ einen Hinweis auf die Trägerschaft der Stadt Bremerhaven sehen, auch wenn die Stadt Bremerhaven einen bestimmenden kommunalen Einfluss auf die Unternehmenspolitik der Anmelderin nicht sicherstellen kann.

50

Da der Markeninhaber das nicht an einen bestimmten Geschäftsbetrieb gebundene Zeichen nicht nur die Möglichkeit hat, dieses selbst zu benutzen, sondern auch, es gem. § 30 Abs. 1 MarkenG zu lizenzieren oder nach § 27 Abs. 1 MarkenG auf einen Dritten zu übertragen, kann eine in der angemeldeten Marke enthaltene unternehmensbezogene Angabe allenfalls zur Täuschung geeignet sein, wenn sie in Bezug auf den Geschäftsbetrieb sowohl des Markeninhabers als auch eines jeden Dritten irreführend ist (vgl. BGH, GRUR 2017, 186, Rn. 22 – Stadtwerke Bremen; Ströbele in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl. 2015, § 8 Rn. 728).

51

Dies ist hier nicht der Fall, vielmehr ist eine Benutzung in nicht irreführender Weise denkbar. So sind die Erlangung eines beherrschenden Einflusses der Stadt Bremerhaven auf die Anmelderin im Zuge einer Rekommunalisierung oder die Übertragung der Marke durch die Anmelderin auf einen von der Stadt Bremerhaven geführten Versorgungsbetrieb bzw. die Lizenzierung an einen solchen denkbar.

52

Etwas anderes ergibt sich vorliegend auch nicht aus dem Gedanken der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG, nach der die Eintragung staatlicher Hoheitszeichen als Marke ausgeschlossen ist, wenn nicht der Anmelder zur Führung des Zeichens befugt ist, § 8 Abs. 4 S. 2 MarkenG. Aus dieser Vorschrift kann nicht gefolgert werden, dass auch die Anmeldung eines Zeichens, das auf die Führung oder Beherrschung eines Versorgungsunternehmens durch eine Kommune hinweist, den Nachweis der entsprechenden Befugnis – also der entsprechenden Trägerschaft des Unternehmens – bereits im Eintragungsverfahren erfordert. Denn der Anbieter der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen nimmt mit der Anmeldung keine Hoheitsrechte für sich in Anspruch, sondern weist auf den bestimmenden Einfluss der Kommune auf die Geschicke des Unternehmens hin.

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5. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Anmelderin die Durchführung einer solchen für den Fall ihres Obsiegens nicht beantragt hat (§ 69 Nr. 1 MarkenG) und der Senat eine mündliche Verhandlung auch nicht für geboten erachtet hat (§ 69 Nr. 3 MarkenG).

B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2012 003 642.2

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 17. Oktober 2017 durch die Vorsitzende Richterin Klante, den Richter Paetzold und die Richterin Lachenmayr-Nikolaou

beschlossen:

Der Beschluss des Senats im vorliegenden Verfahren, Az. 27 W (pat) 506/13, vom 19. September 2017 wird dahingehend berichtigt, dass auf Seite 9 unter Ziff. II. im ersten Satz die Worte „in der Sache keinen“ durch die Worte „auch in der Sache“ ersetzt werden und der Satz nunmehr lautet:

„Die zulässige, insbesondere gem. § 64 Abs. 6 S. 1 MarkenG i. V. m. § 66 Abs. 1 MarkenG statthafte und gem. § 66 Abs. 2 MarkenG fristgerecht eingelegte Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.“

G r ü n d e

Gem. § 80 Abs. 1 MarkenG können Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in der Entscheidung – d. h. in der gesamten Entscheidung einschließlich der hier relevanten Entscheidungsgründe zu II. – jederzeit berichtigt werden.

Unrichtigkeiten im Sinne dieser Vorschrift sind anzunehmen im Falle der Diskrepanz zwischen dem erkennbar Gewollten einerseits und dem bei Niederlegung des Gewollten tatsächlich Erklärten andererseits, nicht jedoch bei inhaltlichen Mängeln oder Irrtümern bei der Entscheidungsfindung und -begründung (Ingerl/-Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage 2010, § 80 Rn. 2).

Eine derartige Unrichtigkeit ist offenbar, wenn sie für einen Außenstehenden aus der Entscheidung selber oder den mit ihr in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Vorgängen bei Erlass oder Verkündung ohne weiteres erkennbar ist (Ingerl/Rohnke a. a. O.; s. auch zu § 319 ZPO Vollkommer in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 319 Rn. 5).

Dies ist vorliegend der Fall. Der Senat hat im Tenor des Beschlusses vom 19. September 2017 auf die Beschwerde der Anmelderin hin den angegriffenen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts aufgehoben und damit der Beschwerde stattgegeben. In den Gründen zu II. folgt die mit diesem Tenor korrelierende inhaltliche Begründung der Entscheidung.

Bei der Formulierung im Einleitungssatz dieses Teils der Gründe, nach der die Beschwerde „keinen“ Erfolg habe, handelt es sich dementsprechend um ein aus der Entscheidung selber ersichtliches offensichtliches Schreibversehen, das gem. § 80 Abs. 1 MarkenG von Amts wegen berichtigt werden kann.

Klante                                                                                                   Paetzold                                                                                     Lachenmayr-Nikolaou