Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 14.10.2014


BPatG 14.10.2014 - 27 W (pat) 501/14

Markenbeschwerdeverfahren – "dirndl.com (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
14.10.2014
Aktenzeichen:
27 W (pat) 501/14
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2012 058 422.5

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 14. Oktober 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Albrecht sowie der Richter Hermann und Schmid

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Anmelder hat am 12. November 2012 beim deutschen Patent-und Markenamt beantragt, die Wort-/Bildmarke (schwarz/weiß)

Abbildung

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2

für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 25, 35, 39 und 41 in das Marken- register einzutragen.

3

Die Markenstelle für Klasse 25 hat die Anmeldung nach Beanstandung durch Beschluss vom 22. Oktober 2013 teilweise zurückgewiesen, nämlich bezogen auf die Waren bzw. Dienstleistungen

4

(25) Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen

5

(35) Einzel- und Großhandelsdienstleistungen auch über das Internet und/oder mittels Teleshoppingssendungen, sowie online-und/oder Katalogversandhandel in den Bereichen: Bekleidungsartikel, Schuhe, Textilwaren, Kopfbedeckungen.

6

Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die angesprochenen Verkehrskreise das angemeldete Zeichen als Internetadresse verstünden, die auf eine Internetpräsenz für Dirndl-/ und Trachtenausstattung und nicht auf die betriebliche Herkunft eines bestimmten Unternehmens hinweise.

7

Ein betrieblicher Herkunftshinweis ergebe sich auch nicht aus der grafischen Gestaltung der angemeldeten Marke. Die bildliche Darstellung unterstreiche mit der Umrahmung und der als Qualitätshinweis dienenden Sternendarstellung lediglich die inhaltliche Aussage. Sie verfüge nicht über fantasievollen Überschuss, sondern erschöpfe sich auch unter Einbeziehung der Kleinschreibung und Doppelrahmung in einer werbeüblichen Darstellung.

8

Angesichts des eindeutig beschreibenden Bedeutungsgehalts des Zeichens bestehe ferner ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

9

In seiner gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerde führt der Anmelder ein, dass Gegenstand der Prüfung von Eintragungshindernissen das angemeldete Zeichen in der Gesamtheit sei. Die angemeldete Zeichenkombinationen bestehe aus vielen willkürlich kombinierten Gestaltungselementen und beschränke sich nicht auf eine rein beschreibende Sachangabe. Das Vorliegen einer werbeüblichen Gestaltung sei eine bloße Behauptung. Die Marke müsse auch nicht über „fantasievollen Überschuss“ verfügen. Das angesprochene Publikum nehme das angemeldete Zeichen nicht lediglich als waren- bzw. dienstleistungsbeschreibenden Angabe wahr.

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Der Anmelder beantragt sinngemäß,

11

den angegriffenen Beschluss aufzuheben.

II.

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Über die Beschwerde kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war weder beantragt noch aus Sachdienlichkeit veranlasst (§ 69 MarkenG).

13

Die zulässige Beschwerde des Anmelders bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Eintragung des angemeldeten Zeichens als Marke steht bezogen auf die streitbefangenen Waren und Dienstleistungen das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft entgegen, § 8 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 37 Abs. 1 MarkenG entgegen.

14

Wie der Anmelder zu Recht annimmt und auch die Markenstelle nicht verkannt hat, die Prüfung der Marke im Eintragungsverfahren auf das angemeldete Zeichen als solches und nicht lediglich auf einzelne Bestandteile des Zeichens zu beziehen (s. § 37 Abs. 1 MarkenG; BGH GRUR 2008, 710 Rn. 20 – VISAGE).

15

Wenngleich auch jede noch so geringe Unterscheidungskraft ausreicht, um das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu überwinden, entbehrt das angemeldete Zeichen der erforderlichen (konkreten) Eignung, von den angesprochenen Verkehrskreisen als Mittel zur Unterscheidung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines bestimmten Unternehmens wahrgenommen zu werden.

16

Das Wortelement des Zeichens ist nach Art eines Domainnamens einer Internetadresse aufgebaut und umfasst die Bestandteile "dirndl" und „.com“. Dabei benennt die allenfalls als Individualisierungsmerkmal geeignete Second-Level-Domain „dirndl“ erkennbar ein baierisches und österreichisches Trachtenkleid und bezeichnet als solches die Art der beanspruchten Bekleidungsartikel einschließlich den Verwendungszusammenhang von Zubehörartikeln wie Schuhen und Kopfbedeckungen, die einen wesentlichen Bestandteil der Tracht bilden können.

17

Damit weist der Wortbestandteil, wie auch der Anmelder in der Beschwerdebegründung nicht in Zweifel zieht, für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt bzw. jedenfalls einen engen beschreibenden Bezug auf. Er beschränkt sich nämlich darauf mitzuteilen, dass diese besagten Artikel über Internet bezogen werden können bzw. die Dienstleistungen den Online-Vertrieb derartiger Waren zum Gegenstand haben.

18

Die Eignung der angemeldeten Bezeichnung als individueller betrieblicher Herkunftshinweis ergibt sich nicht daraus, dass eine Internetadresse nur einmal vergeben wird. Eine derartige Adresse, die lediglich aus einer gattungsmäßig beschreibenden Second-Level-Domain – wie hier "dirndl“ – und der Top-Level- Domain "com" besteht, weist nicht auf ein ganz bestimmtes Unternehmen hin, sondern bringt zum Ausdruck, dass unter der betreffenden Internet-Adresse ein Überblick über das auf dem Markt befindliche Dirndl-Angebot zu erhalten ist. Diese sog. generischen Domain-Namen sind daher in der Regel nicht geeignet, die Waren ihrer betrieblichen Herkunft nach zu identifizieren (vgl. aus der umfangreichen Rspr. EuGH, Entsch. v. 12.12.2013, C-70/13 P – PHOTOS.COM; BPatG, Beschl. v. 18. Januar 2012, 29 W (pat) 525/10 – fashion.de; m.w.N. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rn. 134).

19

Die Bildwirkung der angemeldeten Marke beschränkt sich auf eine werbeübliche Darstellung, die das in diesem Zusammenhang an akzentuierte und dekorative Darstellungen gewöhnte Publikum lediglich als Mittel zur Hervorhebung einer Sachangabe wahrnimmt. Einfache grafische Gestaltungen können eine fehlende Unterscheidungskraft des Wortbestandteils grundsätzlich nicht aufwiegen (vgl. BGH GRUR 2001, 1153– anti KALK; a.a.O., Rn. 32 – HOT). Dies bedeutet keineswegs, dass eine Marke über ausgeprägte gestalterische Originalität verfügen muss, um als unterscheidungskräftig wahrgenommen werden zu können (s. BGH GRUR 2001, 734, 735– Jeanshosentasche).

20

Die Schreibweise des Wortbestandteils, insbesondere die Kleinschreibung entspricht dem Wesen des Zeichens als Domainname. Die Umrahmung dient typischerweise der Hervorhebung von Angaben, gerade auch von sachbezogenen oder werbenden Aussagen (vgl. die Fallgestaltungen BGH GRUR 2014, 569 – HOT; GRUR 2014, 376 – grillmeister). Nichts anderes gilt für die grafische Variante einer zweifachen Umrahmung. Sterne sind einfache und klassische Gestaltungsmittel mit anpreisender oder dekorativer Zweckbestimmung (vgl. BPatG, Beschl. v. 28. Januar 2002 – 30 W (pat) 28/01), die gerade im Zusammenhang elektronischer Angebote vielfach als Mittel zur Bewertung oder Sympathiebekundung eingesetzt werden (etwa bei Ebay oder Facebook). Der hier oberhalb des i-Punktes aufgenommene fünfzackige Stern hat gerade im Hinblick auf seine geringe Größe und unauffällige Anordnung eine dem Wortbestandteil zu- und nachgeordnete Bedeutung. Eine eigenständig kennzeichnende Funktion kommt ihm nicht zu. Auch die Kombination der einfachen Elemente, die keinen unüblichen Effekt, insbesondere durch Zusammenwirken der Elemente, hervorbringt, ändert an der Wahrnehmung der Grafik als übliches Mittel der Wiedergabe von Werbeaussagen nichts.

21

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen. Ob auch das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zur Anwendung kommt, kann dahingestellt bleiben.

22

Zur Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand kein Anlass, weil die Entscheidung über den Einzelfall anerkannten rechtlichen Grundlagen beruht, vgl. § 83 Abs. 2 MarkenG.